Aktuelle Rheumatologie 2020; 45(05): 381
DOI: 10.1055/a-1219-8998
Für Sie notiert

Postpartal häufig Spondyloarthritis-artige ISG-Veränderungen

Rezensent(en):
Marisa Kurz
Renson T. et al.
High prevalence of spondyloarthritis-like MRI lesions in postpartum women: a prospective analysis in relation to maternal, child and birth characteristics.

Ann Rheum Dis 2020;
79: 929-934
 

    Knochenmarködeme der Iliosakralgelenke (ISG) sind Teil der ASAS (Assessment of Spondyloarthritis International Society)-Klassifikationskriterien der axialen Spondyloarthritis (axiale SpA). Die Veränderungen treten allerdings auch bei nicht-entzündlichen Erkrankungen auf, v. a. in Folge mechanischen Stresses. Eine neue Studie hat die Prävalenz von iliosakralen Knochenmarködemen bei Frauen nach vaginaler Geburt untersucht.


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    In der belgischen Studie wurde untersucht, wie häufig kernspintomografisch-nachweisbare iliosakrale Knochenmarködeme nach vaginaler Geburt bei den Probandinnen vorliegen, wie sie sich im Verlauf entwickeln und wie die Ödeme mit mütterlichen, kindlichen oder Geburts-assoziierten Parametern zusammenhängen.

    Insgesamt wurden 35 Frauen zwischen 18 und 45 Jahren (im Mittel 29,7 Jahre) in die Studie eingeschlossen. Ausschlusskriterien waren unter anderem vorliegende Spondyloarthritiden, entzündliche Darmerkrankungen, Mehrlingsschwangerschaften und Geburt per Sectio.

    Bei den Frauen wurde innerhalb von 10 Tagen nach einer unkomplizierten, vaginalen Geburt eine Magnetresonanztomografie (MRT) der Iliosakralgelenke angefertigt. Die Aufnahmen wurden nach der Spondyloarthritis Research Consortium of Canada (SPARCC) Methode bewertet. Die MRT wurde nach 6 Monaten wiederholt. Wenn die Kriterien einer Sakroiliitis nach ASAS erfüllt waren (erfasst werden u. a. Knochenmarködem, Kapsulitis, Enthesitis, hohe Signalintensität im Gelenkspalt, Erosionen, Sklerose, Fettmetaplasie, Ankylose), wurde nach 12 Monaten eine weitere Aufnahme angefertigt.

    Im Schnitt hatten die Probandinnen einen BMI von 25 und hatten im Rahmen der Schwangerschaft 10 Kilogramm zugenommen. Bei 63% war diese Geburt die erste. Im Mittel dauerten die Geburten acht Stunden, 63% der Probandinnen hatten während der Geburt eine Periduralanästhesie bekommen. Die Neugeborenen wogen im Mittel 3341 g, waren 50 cm groß und hatten einen Kopfumfang von 34 cm. Eine Teilnehmerin war HLA-B27 positiv.

    Bei 77% (27/35) der Probandinnen zeigte sich kurz nach der Geburt (nach höchstens 10 Tagen, im Mittel nach 5 Tagen) ein sakroiliakales Knochenmarködem, bei 60% war die ASAS-Definition einer Sakroiliitis erfüllt. Nur 31% der Frauen litten zu dem Zeitpunkt der Aufnahme an Rückenschmerzen.

    Nach 6 Monaten zeigten sich die Veränderungen noch bei 46% der Probandinnen (15/33. Zwei Probandinnen nahmen nicht mehr teil), 15% erfüllten die Sakroiliitis-Definition. Nach 12 Monaten lag bei 12% (4/33) der Probandinnen noch eine Sakroiliitis vor. Der Rückgang der Knochenmarködeme, die mit dem SPARCC Score erfasst wurden, war statistisch signifikant.

    Die Patientinnen, bei denen die Ödeme bestehen blieben, waren zum größten Teil über 30 Jahre alt. In der Studie wurden wenige strukturelle Gelenkveränderungen (etwa Fett-Metaplasien), Kapsulitiden und Enthesitiden nachgewiesen. Die Autoren deuten das als Bestätigung dafür, dass es sich eher um mechanische und nicht entzündliche Veränderungen handelt.

    Die Wissenschaftler konnten keine Korrelation zwischen dem Vorliegen von Knochenmarködemen und kindlichen Parametern (Gewicht, Kopfumfang, Geschlecht) feststellen.

    Allerding war das Vorliegen eines Knochenmarködems statistisch mit einer kürzeren Dauer der Geburt und dem Fehlen einer Periduralanästhesie assoziiert. Die Autoren argumentieren, dass der mechanische Stress bei einer kürzeren Geburt und bei einer Geburt unter Schmerzen höher sein könnte.

    Fazit

    Die Studie zeigt, dass sakroiliakale Knochenmarködeme bei Frauen nach der Geburt häufig vorkommen und oftmals die Kriterien einer Sakroilitis erfüllen. Allerdings bilden sich die Veränderungen zum größten Teil innerhalb von Monaten zurück. Die Autoren empfehlen, die Indikation zur MRT der Iliosakralgelenke bei postpartalen Frauen vor allem in den ersten sechs Monaten nach der Geburt zurückhaltend zu stellen und die Diagnose einer axialen Spondyloarthritis kurz nach der Geburt im Verlauf zu überprüfen. Auffällige Befunde wenige Monate nach der Geburt sollten weiter beobachtet werden, bevor die Diagnose gestellt wird.

    Marisa Kurz M.Sc. B.A. München


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    Publikationsverlauf

    Artikel online veröffentlicht:
    14. Oktober 2020

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