Aktuelle Dermatologie 2020; 46(11): 464-465
DOI: 10.1055/a-1214-8372
Derma-Fokus

Nicht pigmentiertes Basalzellkarzinom: Diagnostische Bedeutung von MAY-Globuli

Navarrete-Dechent C. et al.
Association of Multiple Aggregated Yellow-White Globules With Nonpigmented Basal Cell Carcinoma.

JAMA Dermatol 2020; e201450
DOI: 10.1001/jamadermatol.2020.1450.
 

Das Basalzellkarzinom stellt weltweit den häufigsten Hautkrebs dar. Insbesondere die Diagnose der nicht pigmentierten Form ist allerdings nach wie vor schwierig – die dermatoskopischen Kriterien beschränken sich auf arborisierende Gefäßmuster, Ulzerationen sowie weiße Strukturen. Ein Team internationaler Forscher untersuchte nun die diagnostische Bedeutung multipler aggregierter gelb-weißer (Multiple Aggregated Yellow-white/MAY) Globuli.


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Im Rahmen einer retrospektiven Fall-Kontroll-Studie werteten die Wissenschaftler die dermatoskopischen Aufnahmen von 643 Patienten mit 656 klinisch als nicht pigmentiert eingestuften Hauttumoren aus. Patienten mit Rezidivtumoren oder kollidierenden Tumoren schlossen sie von der Analyse aus. Das Studienkollektiv umfasste 291 Basalzellkarzinome bei 278 Patienten sowie 365 Kontrollläsionen (z. B. Plattenepithelkarzinom, intradermaler Naevus, amelanotisches Melanom, Adnextumore, inflammatorische Erkrankungen) bei 365 Patienten. Anhand der Dermatoskopieaufnahmen objektivierten die Wissenschaftler die Prävalenz von MAY-Globuli bei Basalzellkarzinomen sowie anderen Tumoren. Von einem Teil der MAY-Globuli aufweisenden Tumoren erfolgten präbioptisch eine konfokale Reflexionsmikroskopie sowie eine optische Kohärenztomografie. Hier korrelierten die Forscher die Bildgebung mit dem mittels Präzisionsbiopsie gewonnenen histopathologischen Befund. Als primären Studienendpunkt definierten sie die diagnostische Genauigkeit der MAY-Globuli im Hinblick auf die Identifikation der Basalzellkarzinome. Ferner prüften sie, inwiefern sich die verschiedenen Basalzellkarzinom-Subtypen (z. B. Hochrisiko: morpheaformes/infiltratives vs. Niedrigrisiko: superfizielles/noduläres Basalzellkarzinom) an verschiedenen anatomischen Lokalisationen bezüglich der MAY-Globuli-Verteilung unterschieden.

Ergebnisse

Das Durchschnittsalter der gesamten Studienkohorte – 58,1 % der Patienten waren Männer – betrug rund 63 Jahre. 194 aller 656 Läsionen (29,6 %), darunter 124 der 291 Basalzellkarzinome (42,6 %), befanden sich in der Kopf-Hals-Region. MAY-Globuli stellten die Forscher bei 61 der 291 Basalzellkarzinome (21,0 %) aber nur bei 3 der 365 Kontrollläsionen (0,8 %) fest (p < 0,001). Bezüglich der Diagnose des Basalzellkarzinoms hatten MAY-Globuli eine Sensitivität von 20,9 %, eine Spezifität von 99,2 % und einen positiven bzw. negativen Vorhersagewert von 95,3 bzw. 61,0 %. Es errechnete sich hier eine Odds Ratio von 32,0 (95 % KI 9,9 – 103,2). Die Analyse der anatomischen Lokalisationen ergab: 38,7 % der in der Kopf-Hals-Region gelegenen Basalzellkarzinome, aber nur 4,2 % der in der Kopf-Hals-Region gelegenen anderen Tumore wiesen MAY-Globuli auf (p < 0,001). Diesbezüglich errechnete sich eine Odds Ratio dieser dermatoskopischen Charakteristika von 14,1 (95 % KI 4,2 – 47,4). Die Subtypenanalyse zeigte: 56,2 % der Hoch- und 19,5 % der Niedrigrisiko-Basalzellkarzinome (p < 0,001) wiesen MAY-Globuli auf, was einer Odds Ratio von 6,5 (95 % KI 3,1 – 14,3) entsprach. Bei keinem der superfiziellen Basalzellkarzinome beobachteten die Forscher MAY-Globuli. Die Analyse der Präzisionsbiopsien ergab: Die aggregierten gelben Globuli korrelierten histopathologisch mit isolierten, runden Arealen dystropher Kalzifikationen in Tumorknoten oder in deren Umgebung sowie mit dem Vorhandensein kalzifizierter Keratozysten.

Fazit

MAY-Globuli sind nahezu ausschließlich in Basalzellkarzinomen nachweisbar und stellen daher möglicherweise ein neues, hochspezifisches dermatoskopisches Diagnosekriterium dar, so die Autoren. Offenbar bestehe ein negativer Zusammenhang mit dem superfiziellen und ein positiver mit tiefer gelegenen Hochrisiko-Subtypen des nicht pigmentierten Basalzellkarzinoms. Histopathologisch scheinen die Strukturen Kalzifikationen zu entsprechen. Weitere Studien müssen diese Ergebnisse nun bestätigen.

Dr. med. Judith Lorenz, Künzell


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Publication History

Article published online:
18 November 2020

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