Phlebologie 2021; 50(02): 98
DOI: 10.1055/a-1214-8304
Literatur weltweit

Bei postoperativen Thromboembolien an Antiphospholipidsyndrom denken

Wahl U, Hirsch T.
The importance of antiphospholipid syndrome testing in venous thromboembolism after varicose vein surgery.

J Vasc Surg: Venous and Lym Dis 2020;
DOI: 10.1016/j.jvsv.2020.03.008.
 

    Die deutschen Leitlinien sehen eine medikamentöse Thromboseprophylaxe bei Varizen nur dann vor, wenn zusätzliche Risikofaktoren bestehen. Für die Bestimmung des präoperativen Risikos sind im Unterschied zu amerikanischen Empfehlungen Instrumente wie der Caprini-Score nicht in der Routine vorgesehen. Wenn bereits thromboembolische Komplikationen (VTE) eingetreten sind, ist die Differenzierung nach provozierten und unprovozierten Ereignissen relevant für das Management. Bei den sekundären Thromboembolien kann die Unterscheidung schwacher und starker Trigger hilfreich sein und die Therapiewahl beeinflussen. Bei augenscheinlich operationsinduzierten VTE ist ein Thrombophilie-Screening nicht zwingend vorgesehen. Dies berge die Gefahr, Antiphospholipidsyndrome (APS) zu spät zu erkennen und die notwendige Umstellung auf Vitamin-K-Antagonisten zu unterlassen, so die Autoren. Die Kasuistik zeige, dass in bestimmten Konstellationen ein APS-Ausschluss erfolgen sollte.

    Ein 44-jähriger, übergewichtiger Patient stellte sich mit Luftnot und trockenem Husten, aber zirkulatorisch stabil in der Notaufnahme vor. Drei Wochen zuvor erfolgte eine Varizenoperation der V. saphena magna (hohe Ligatur, subtotales Stripping, Phlebektomie), die problemlos verlief. Drei Monate vor dem Eingriff erlitt der Mann eine stumpfe Weichteilverletzung, die zu einer ausgeprägten Varikophlebitis geführt hatte. Bis zur Operation erfolgte eine Therapie mit einem Faktor-Xa-Inhibitor. Postoperativ spritzte der Patient 1 Woche niedrigmolekulares Heparin, eine Kompression erfolgte 4 Tage. Eine postoperative Immobilität hatte nicht bestanden. In der Notaufnahme erfolgten nun Laboruntersuchungen, die erhöhte D-Dimere und einen verminderten Sauerstoffpartialdruck ergaben. Die anschließende Diagnostik belegte Thrombosen in der Femoral- und Iliakalvene sowie Lungenarterienembolien in der A. pulmonalis und den Segmentarterien. Die Antikoagulation erfolgte mit Apixaban. In der Vorgeschichte und Familienanamnese war keine Thromboseneigung bekannt. Die Operation als mutmaßlicher Trigger wurde als schwacher Risikofaktor für eine provozierte Thromboembolie eingestuft. Da gleichzeitig eine verlängerte aPTT vorlag, erfolgte ein APS-Screening, das einen 3-fach positiven Befund ergab (Lupus-Antikoagulans, Cardiolipin-Antikörper, β2-Glykoprotein-Antikörper). Nach 12 Wochen erfolgte die Bestätigung. Unter Berücksichtigung der TRAPS-Studie (Trial on Rivaroxaban in AntiPhospholipid Syndrome) erfolgte der Abbruch der bei Hochrisiko-APS kontraindizierten DOAC-Therapie und die Umstellung auf einen Vitamin-K-Antagonisten. Die Autoren fassen zusammen, dass bei schwachen Triggern für ein VTE und verlängerter aPTT, positiver Familienanamnese oder Rezidivereignissen bereits im akuten Stadium ein APS-Screening erfolgen sollte. Dies beeinflusse entscheidend die richtige Medikamentenwahl und Therapiedauer.

    Dr. med. Susanne Krome, Melle


    #

    Publication History

    Article published online:
    09 April 2021

    © 2021. Thieme. All rights reserved.

    Georg Thieme Verlag KG
    Rüdigerstraße 14, 70469 Stuttgart, Germany