manuelletherapie 2020; 24(04): 153
DOI: 10.1055/a-1213-0095
Editorial

Gut zu(m) Fuß sein!

Trisha Davies-Knorr

Herzlich willkommen zur 4. Ausgabe der manuelletherapie in 2020. Diese erscheint in außergewöhnlichen Zeiten mit großen Herausforderungen für uns alle.

Der Schwerpunkt widmet sich diesmal einem häufig vernachlässigten Teil unseres neuromuskuloskelettalen Systems: den Füßen. Sogar in Inhaltsverzeichnissen von Anatomiebüchern kommen die Füße meist an letzter Stelle [1], [2].

Diese beiden Körperkleinteile bilden jedoch die meiste Zeit des Tages unsere Stützfläche und vollbringen eine sensomotorische Wunderleistung, indem sie als Stoßdämpfer fungieren und Stress aus verschiedensten Richtungen absorbieren. Dafür müssen sie sowohl ausreichend beweglich als auch rigide sein, um die notwendige Stabilität während der Standbeinphase des Ganges zu gewährleisten. In unseren Füßen finden sich mehr Sinnesorgane als in unserem Gesicht. Das biomechanische Zusammenspiel ihrer multidimensionalen Wölbung ist ein Meisterwerk der Natur.

Die Komplexität des Fußes führte zur Entwicklung mehrerer theoretischer biomechanischer Erklärungsmodelle, wie unsere Füße mit und ohne Belastung funktionieren. Sie werden jedoch zum Großteil infrage gestellt [3], [4]. Unumstritten ist jedoch, dass wir die Füße nie als alleinstehende Strukturen betrachten dürfen. Sie sind vielmehr Teil einer Funktionskette. Um gehen zu können, sind einige 100 Muskeln und Knochen in Aktion, und der gesamte Körper passt sich an die Fortbewegung an. In ihrem Klassiker machen Perry und Burnfield [5] klar, welche weitreichenden Auswirkungen Störungen der Fußfunktion haben können. Christian Heels Einführungsartikel verdeutlicht dies.

In letzter Zeit wird die Rolle der Sensomotorik und zentral regulierender Systeme in der Wirkung der Physiotherapie und insbesondere von passiver manueller Therapie stärker diskutiert [6], [7]. Alex Ranker greift mit seinem Beitrag genau diese Frage auf und beschreibt die Auswirkung von „sensomotorisch wirkenden Fußorthesen“ auf die Muskelaktivität und posturale Kontrolle.

Schließlich verdeutlichen die beiden Fallbeispiele, wie einerseits die Behandlung der Füße auf proximale Beschwerden einwirken und andersherum Beschwerden im Fuß durch das Einbeziehen von proximaler Behandlung beeinflusst werden können.

Als muskuloskelettal (MSK) tätige Physiotherapeuten ist es unsere Aufgabe, Bewegung zu rehabilitieren. Ich hoffe, diese Ausgabe bietet eine praxisrelevante Unterstützung für die Integration der Füße in diese Aufgabe.

Bleiben Sie neugierig und bleiben Sie gesund!
Trisha Davies-Knorr



Publication History

Article published online:
14 September 2020

© Georg Thieme Verlag KG
Stuttgart · New York

 
  • Literatur

  • 1 Standring S. Gray’s Anatomy. The Anatomical Basis of Clinical Practice. Amsterdam: Elsevier; 2015
  • 2 Netter FH, Hammer CM. Atlas der Anatomie. München: Urban & Fischer; 2020
  • 3 Jarvis HL, Nester CJ, Bowden PD. et al. Challenging the foundations of the clinical model of foot function: further evidence that the root model assessments fail to appropriately classify foot function. J Foot Ankle Res 2017; 10: 7 DOI: 10.1186/s13047–017–0189–2.
  • 4 Harradine P, Gates L, Bowen C. If it doesn’t work work, why do we still do it? The continuing use of subtalar joint in neutral theory in the face of overpowering critical research. J Orthop Sports Phys Ther 2018; 48: 130-132 doi:10.2519/jospt.2018.0604
  • 5 Perry J, Burnfield JM. Gait analysis: Normal and Pathological Function. New Jersey: Slack Incorporated; 1992
  • 6 Bialosky JE, Bishop MD, Price DD. et al. The mechanisms of manual therapy in the treatment of musculoskeletal pain: A comprehensive model. Man Ther 2009; 14: 531-538 DOI: 10.1016/j.math.2008.09.001.
  • 7 Schmid A. Wie beeinflusst Manuelle Therapie den Schmerz?. manuelletherapie 2013; 17: 162-167 doi:10.1055/s-0033–1356788