Pneumologie 2020; 74(11): 710-711
DOI: 10.1055/a-1208-8072
Pneumo-Fokus

Lockdown in der Schlafmedizin

Grote L, McNicholas WT, Hedner J.
Sleep apnoea management in Europe during the COVID-19 pandemic: data from the European Sleep Apnoea Database (ESADA).

Eur Respir J 2020;
55: 2001323
DOI: 10.1183/13993003.01323-2020.
 

    Die Risikofaktoren für schlafassoziierte Atemstörungen (SDB) und COVID-19 überlappen sich stark. Für Patienten mit einer Schlafapnoe und Viruserkrankung könnte eine effektive SDB-Therapie den Verlauf positiv beeinflussen. Daten der European Sleep Apnoea Database (ESADA) signalisieren Handlungsbedarf, denn die Diagnostik, das Monitoring und der Personalaufwand wurden in der Pandemie deutlich zurückgefahren.


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    Adipositas, Hypertonie, Herzinsuffizienz und Vorhofflimmern sind Risikofaktoren der Schlafapnoe. Die kardiometabolische Komorbidität, höheres Lebensalter und bevorzugt männliches Geschlecht sind Charakteristika, die auch auf Patienten mit COVID-19 zutreffen. Die Autoren sehen einen potenziellen Link zwischen einer Dysbalance des Angiotensin-II-Rezeptors, ACE2 und schweren COVID-Verläufen, der auch bei SDB bedeutsam sein könnte.

    Die Daten der ESADA zeigen deutlich, dass sich die notwendigen Präventionsmaßnahmen zur Eindämmung der Pandemie auch auf die Schlafmedizin auswirkten. Die ESADA sammelt Informationen aus schlafmedizinischen Zentren in Europa. In die Studie flossen weitere Daten aus akkreditierten Schlafzentren der Deutschen Gesellschaft für Schlafmedizin (DGSM) ein. 25 ESADA- und 15 DGSM-Zentren beantworteten Fragebögen zu Änderungen der klinischen Routine, Diagnostik von SDB, Initiierung, Titration und dem Follow-up von PAP-Beatmungen, der Personalsituation und Pandemie-assoziiert aktualisierten Leitlinien.

    Aus der Auswertung folgten 5 Kernaussagen:

    • Während der ersten beiden Monate führte die Pandemie zu einem 80 %-igen Rückgang der schlafmedizinischen Versorgung.

    • Aufwendigere Schlafanalysen (Polysomnografie) und PAP-Titrationen in den Abteilungen fanden nur noch sehr selten statt.

    • In den meisten Ländern wurden PAP-Therapien ähnlich weniger aufgenommen.

    • Das Follow-up erfolgte überwiegend telefonisch.

    • Telemedizinische Mitigationsstrategien wurden nicht ausreichend erprobt.

    Polysomnografien führten vor der Pandemie 92,5 % der Zentren und während der Krise 20 % regelmäßig durch. Die Einleitung einer PAP-Therapie erfolgte nur noch in < 20 % der Abteilungen. 36 von 39 schlafmedizinischen Einrichtungen gaben an, ein regelmäßiges Follow-up fortzuführen, das überwiegend über das Telefon und Videos erfolgte. Telemedizinische Schlafdiagnosen nahmen von 30 % auf 27,5 % ab.

    Änderung beim Personal waren regional unterschiedlich. Reduktionen kamen seltener in nördlichen Ländern und am häufigsten in Süd- und Zentraleuropa vor. Eine Assoziation mit den Infektionsraten und der COVID-Mortalität bestand nicht. Insgesamt arbeiteten in den Zentren 75 % weniger Ärzte und 81 % weniger Pflegekräfte/Techniker. Nur 28 % der Abteilungen hatten spezielle Leitlinien für das schlafmedizinische Personal.

    Fazit

    Es bestehe eine medizinische Notwendigkeit für das kontinuierliche Management von Patienten mit SDB, so die Autoren. Insbesondere schwere SDB-Fälle müssten versorgt werden und eine Therapieeinleitung möglich sein. Die Autoren verweisen darauf, dass nur 45 % der Länder nationale, angepasste Empfehlungen für Patienten mit SDB herausgaben.

    Dr. med. Susanne Krome, Melle


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    Publication History

    Article published online:
    17 November 2020

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