Phlebologie 2020; 49(04): 199-203
DOI: 10.1055/a-1208-0291
Originalarbeit

Krankheitsprogression in frühen Stadien von COVID-19 und Gerinnungshemmer: Die Möglichkeiten und Schwierigkeiten einer sinnvollen Untersuchung

Article in several languages: English | deutsch
Erika Mendoza
Venenpraxis Wunstorf
› Author Affiliations
 

Zusammenfassung

Die COVID-19-Pandemie hat die Welt verändert und wird sie noch für eine geraume Zeit in Schach halten. Ziemlich bald nach der Verbreitung der Erkrankung in Wuhan und dann in Italien und Spanien wurde klar, dass Thrombosen in Venen und Arterien eine Rolle bei den tödlich verlaufenden Fällen spielen.

Der Artikel stellt die Hypothese auf, dass Patienten mit COVID-19 in einer frühen Phase (leichte Symptome, ohne Atemnot) von Heparin in prophylaktischer Dosierung oder ASS profitieren könnten, wenn der Krankheitsprogress Thrombose-getriggert wäre. Verschiedene Studienmodelle, dies zu beweisen, werden vorgestellt, aber auch die Schwierigkeit, eine derartige Studie durchzuführen, vor allem vor dem Hintergrund, dass die eingesetzten Medikamente sehr günstig sind und daher kein finanzielles Interesse seitens der Industrie besteht.

Die meiste Forschung rund um COVID-19-Patienten geschieht nach der stationären Aufnahme wegen einer Symptomverschlimmerung – Studien zum Vorbeugen dieser Verschlimmerung sind nicht abgeschlossen. Vielleicht wäre aber – auch ohne Studien – eine generelle Testung der D-Dimere (quantitativ) von Patienten mit SARS-CoV-2-Infektion und Symptomen zielführend, um bei Erhöhung der D-Dimere eine Prophylaxe einzuleiten, die von der Gesellschaft für Thrombose und Hämostaseologie (GTH) auch großzügig gefordert wird.


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Hintergrund

Die COVID-19-Pandemie hält die ganze Welt seit Februar/März 2020 in Atem und hat weitreichende Folgen für Menschen und Wirtschaft. Ist die genaue Pathogenese der Erkrankung noch nicht bekannt, kristallisiert sich schon seit Anfang der Pandemie heraus, dass eine gesteigerte Aktivierung der Gerinnung eine Rolle spielt. Bereits im März war bei einer Untersuchung auf einer Intensivstation in Wuhan aufgefallen, dass bei Patienten, die Heparin (prophylaktisch für 7 Tage) erhielten, die Sterblichkeit gesenkt wird [1].

Weitere Studien aus Italien und später aus den USA [1] [2] [3] [4] [5] [6] [7] [8] [9] [10] – und dann Ende April auch aus Deutschland – haben gezeigt, dass die Infektion mit COVID-19 eine höhere Rate an Thrombosen bedingt, nicht nur in den Beinvenen mit Lungenembolie, sondern auch in den Arterien der diversen Organe, z. B. Lunge, Nieren und Leber, was zum Organversagen führt. Daher hat die GTH (Gesellschaft für Thrombose- und Hämostaseforschung) bereits Mitte April Empfehlungen zum Umgang mit Heparin als Prophylaxe herausgegeben und in der letzten Aktualisierung besonders auch auf einen großzügigen Umgang in frühen Stadien der Erkrankung hingewiesen [11].

Der Lockdown hatte zur Folge, dass wir weniger Patienten betreuen konnten und mehr Zeit hatten, uns mit dem Weltgeschehen auseinanderzusetzen. Die Autorin hat viele Freunde in Italien und Spanien und konnte daher (leider) hautnah die Ausmaße der Schwierigkeiten bei der Beatmung verfolgen, die nicht von üblichen Lungenentzündungen bekannt sind. Im April folgten dann Autopsie-Berichte aus Italien mit homogener Thrombosierung der Lungenarterien, und in internationalen Chats mit Phlebologen die Frage, warum die Sterblichkeit in Deutschland proportional deutlich geringer ist als in anderen Ländern.

Der Autorin lag eine Antwort auf der Hand: In Deutschland wird routinemäßig jedem stationär aufgenommenen Patienten mit einem Infekt – und auf jeden Fall mit Beatmung – Heparin in Prophylaxe-Dosierung gespritzt. Und damit stehen wir weltweit ziemlich allein da. Aus Kostengründen wird dies in anderen Ländern nur bei Patienten mit erhöhtem Thromboserisiko so gehandhabt. Inzwischen ist es weltweite Routine, jedem stationären Patienten (Phase C oder höher, vgl. [Tab. 1]) mit COVID-19-Infektion Heparin zu verabreichen.

Tab. 1

Phasen der COVID-19-Infektion nach der WHO.

A

nicht im Krankenhaus, keine Einschränkungen

B

nicht im Krankenhaus, Einschränkungen

C

Krankenhaus (KH), kein Sauerstoff notwendig

D

KH, Sauerstoff ergänzend notwendig

E

KH, nichtinvasive Beatmung oder High-Flow-Sauerstofftherapie

F

KH, invasive maschinelle Beatmung oder ECMO

G

Tod

Aber, was wäre, wenn Patienten mit COVID-19-Infektion bereits bei geringen Symptomen (in der Phase B) mit Heparin behandelt würden? Wäre es möglich, eine Progression zu vermeiden oder zu verringern? Könnten wir damit der Krankheit einen Teil des Schreckens nehmen?

Studien in den Phasen C-F haben schon im März beweisen, dass die frühe Gabe von prophylaktisch dosiertem NMH nach Krankenhausaufnahme die Sterberate deutlich senkt [6]. Eine noch nicht veröffentlichte Kohortenstudie aus Italien legt nahe, dass Patienten mit NMH in den Phasen A und B weniger stationäre Aufnahmen haben. Es sind jedoch noch nicht viele Patienten eingeschlossen und sie wurden nicht randomisiert [10]. In Zürich ist laut einer Pressemitteilung vom 24.04.2020 eine Nicht-Placebo-kontrollierte Studie zur Prophylaxe mit NMH in der Phase B angelaufen.


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Protokoll 1 – niedermolekulares Heparin vs. Placebo

Ein erstes Studienprotokoll entstand mit der Idee, Patienten in Phase B prospektiv randomisiert mit Heparin oder Placebo zu behandeln. Da Personen über 50 Jahre besonders anfällig für die Entwicklung von Symptomen nach Infektion mit COVID-19 sind, sollten nur Patienten über 50 Jahre aufgenommen werden. Das lokale Gesundheitsamt erklärte sich bereit, Patienten, die positiv getestet wurden, mit Informationen auszustatten. Die lokale Abstrichpraxis wollte dann im Rahmen eines Hausbesuchs den Einschluss in die Studie nebst Einwilligung, die körperliche Untersuchung, sowie eine Blutentnahme mit Blutbild, CRP und D-Dimer Bestimmung übernehmen und die Weiterleitung der Unterlagen an die Studienzentrale.

Der Zeitraum, in dem eine klinische Verschlechterung mit stationärer Aufnahme üblicherweise geschieht, beläuft sich laut Studienlage auf 7 Tage. Daher wird die Gabe der Heparine für 7 Tage gewählt. Damit entfällt die nach 7 Tagen erforderliche Kontrolle der Thrombozyten.

Das Ziel des ersten Studienprojekts war es, Placebo-kontrolliert, randomisiert prospektiv und doppelblind zu erfassen, ob die Gabe von niedermolekularem Heparin in prophylaktischer Dosierung die Progression der Symptome der leichten COVID-19-Infektion zu einer schweren Erkrankung mit stationärer Aufnahme verringern kann. Es musste ein Heparin gewählt werden, dessen Zulassungsindikationen auf COVID-19 in der ambulanten Phase passte und das im stärkeren prophylaktischen Bereich aktiv ist. Das einzige Heparin, auf das diese Kriterien zutrifft, ist in Deutschland Dalteparin 5000 – da es für nichtchirurgische Patienten mit eingeschränkter Mobilität zugelassen ist.

Hypothese: NMH verringert das Auftreten von Komplikationen nach Infektion mit COVID-19, wenn man es in einem frühen Krankheitsstadium verabreicht.

Zielgruppe

  • Personen in Quarantäne nach positivem COVID-19-Abstrich und klinisch in der Phase B (mit Husten, Fieber, Anosmie, Kopfschmerzen und/oder Durchfall)

  • Alter über 50 Jahre

  • keine Kontraindikation gegen Heparine (z. B. gastrointestinale Blutung)

  • keine Einnahme oraler Antikoagulanzien

  • keine Zeichen eines akuten Organversagens

  • keine klinischen Zeichen einer Thrombose

Endpunkte

  • primäre Endpunkte: Verschlechterung mit Aufnahme ins Krankenhaus, Tod

  • sekundäre Endpunkte: Dauer der Symptome

    Korrelation zwischen Laborwerten und Verlauf

Verlauf

  • Rekrutierung (über Abstrichpraxen, Corona-App, Gesundheitsämter, Medien etc.)

  • Randomisierung in 2 Gruppen (Heparin/Placebo)

  • der Patient erhält vom Arzt das Studienmedikament und weder Arzt noch Patient wissen um den Inhalt; tägliche Injektion von Placebo oder einer Prophylaxe-Dosierung von NMH für 7 Tage (Dalteparin 5000 IE)

  • Labor (Blutbild, D-Dimer, CRP) und körperliche Untersuchung am Aufnahmetag

  • die Studienzentrale nimmt alle 7 Tage telefonisch Kontakt zum Patienten auf, um zu fragen, wie es ihm geht (mindestens bis Tag 28, längstens bis zur Genesung/zum Tod)

  • Vorgehen bei Verschlechterung: Entblindung

  • Patient willigt ein, den Krankenhausentlassungsbericht an die Studienzentrale zu senden

  • laut Power-Analyse aufgrund der veröffentlichten Zahlen wären zwischen 300 und 500 Patienten je Arm nötig, um eine Signifikanz zu erreichen, wenn man eine Halbierung der Progression von Phase B zu Phase E/F/G durch Heparingabe unterstellt

Aufgrund der erfreulicherweise geringen Fallzahl in Deutschland sollte die Studie multinational durchgeführt werden. Alle involvierten Stellen waren absolut begeistert über die pragmatische Idee – die Industrie sowie die Kollegen im In- und Ausland. Allerdings ist für Dalteparin das Patent schon lange abgelaufen, der Hersteller sieht keine Möglichkeit der Finanzierung von Studien. Leo Pharma hat die Möglichkeit erwogen, diese Indikation für Tinzaparin 4500 zu testen (Zulassungsstudie), hat leider dann davon abgesehen. In den meisten anderen Ländern mit hohen Fallzahlen wurde im April/Mai erst bei Krankenhausaufnahme getestet, somit konnte dort die Studie nicht durchgeführt werden.

Interessant ist die Situation in Ägypten, wo positiv getestete Patienten oder deren Verwandte zur Sicherung der Einhaltung der Quarantäne in Krankenhäusern oder Hotels untergebracht werden. Somit wären die Bedingungen optimal, um dort die Studie durchzuführen. Mit großer Begeisterung von dortigen Kollegen und auch ausgeprägtem Interesse seitens der Krankenhäuser wurde das Projekt nach vorn gebracht, schließlich aber vom Ministerium so nicht finanziert. Immerhin wurde aber festgelegt, dass alle positiv getesteten Patienten mit Symptomen ab Ende Mai Heparin erhalten und prospektiv erfasst werden sollen – und dann mit den historischen Fällen ohne Heparin verglichen werden. In Deutschland waren die Fallzahlen zunehmend rückläufig, ein Sponsor nicht zu finden...


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Protokoll 2 – retrospektive Auswertung der Patienten mit oralen Antikoagulanzien (OAK)

Als sich die Studie mit Heparin zu zerschlagen schien, schlug Kollege Joseph Grace (Sydney) vor, eine retrospektive Auswertung der bereits behandelten Patienten durchzuführen. Der Hintergrund seiner Idee war es, dass viele Menschen orale Antikoagulanzien nehmen. Sollte ein Teil des Krankheitsbildes Corona durch Thrombosen getriggert sein, müssten Patienten mit OAK geschützt sein.

Es müssten also bei den Patienten, die stationär aufgenommen werden oder an COVID-19 versterben, anteilig weniger Patienten unter OAK aufzufinden sein als in der vergleichbaren Allgemeinbevölkerung.

Hypothese: Orale Antikoagulation schützt vor Symptomentwicklung nach Ansteckung mit COVID-19.

Endpunkt: Proportionaler Anteil der Patienten mit OAK in der Allgemeinbevölkerung und bei COVID-19-Erkrankten im Vergleich.

Verlauf:

  • Erhebung der Anzahl an Personen mit Antikoagulation in der Allgemeinbevölkerung

  • Erhebung der Anzahl an Personen mit Antikoagulation unter den Patienten, die wegen COVID-19-Infektion in einer Intensivstation aufgenommen wurden oder die daran verstorben sind.

Der Vergleich wäre sehr einfach mit einem Chi-Quadrat-Test durchzuführen:

Personen über 70 Jahre

allgemeine Bevölkerung

Aufnahme Intensivstation

Tod

mit OAK

ohne OAK

100 %

Dieses Studienprotokoll wurde in Deutschland verschiedenen Krankenkassen (die der Autorin mitteilten, dass sie über diese Daten verfügen könnten) vorgeschlagen. Leider lag diese Auswertung nicht in der Priorität der Krankenkassen. Hersteller oraler Antikoagulanzien zeigten Interesse, eine derartige Studie über einen Aufruf in der Bevölkerung zur Teilnahme an einer Umfrage durchzuführen. Allerdings waren die Bedenken (berechtigterweise) auch sehr hoch: Würden nur besonders kranke oder besonders gesunde Menschen reagieren? Könnte man überhaupt eine derartige Datenerhebung als statistisch relevant auswerten? Und somit wurde sich dann gegen eine Finanzierung entschieden.

Daraufhin erfolgte eine Kontaktaufnahme wieder mit den Ländern, in denen die Epidemie besonders stark aufgetreten war. Die meisten Krankenhäuser konnten diese Daten nicht erarbeiten, sie waren zu stark unter Druck mit der Versorgung der Patienten. Das RIETE-Register aus Spanien fand die Idee spannend und wollte sie auswerten; leider gab es diesbezüglich bis heute (2 Monate später) keine Rückmeldung.


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Protokoll 3

Die Evidenz für die Thrombosierung auch im arteriellen Schenkel der Organe veranlasste die Autorin zu der Überlegung, nicht nur Heparin, sondern auch Antiaggregation zu testen. Außerdem gibt es in einigen Ländern inzwischen die Vorgehensweise, Patienten mit Symptomen auf ihren D-Dimer-Wert zu untersuchen und bei Erhöhung direkt mit Heparin zu behandeln. Daher wäre – in Anlehnung an die Vorgehensweise von Protokoll 1 (s. o.) – die Vorgehensweise wie folgt:

Patienten mit COVID-19-Infektion und Symptomen (Phase B) werden einer Blutuntersuchung zugeführt (die in den Augen der Autorin bei jedem Patienten sinnvoll wäre) mit Blutbild, CRP und D-Dimer.

  • bei erhöhtem D-Dimer: automatische Gabe von Heparin (in Deutschland wäre dazu nur Dalteparin 5000 zugelassen) und Randomisierung in 2 Gruppen:

    • ASS 100 1-mal täglich für 4 Wochen

    • Placebo-Tablette 1-mal täglich für 4 Wochen

  • bei normalem D-Dimer: Randomisierung in 4 Gruppen:

    • Heparin 1-mal täglich für 7 Tage plus Placebo-Tablette für 4 Wochen

    • Heparin 1-mal täglich für 7 Tage plus ASS-Tablette für 4 Wochen

    • ASS 100 1-mal täglich für 4 Wochen

    • Placebo-Tablette 1-mal täglich für 4 Wochen

Alle weiteren Schritte s. Protokoll 1.


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Ist so eine Studie überhaupt möglich?

Die Autorin hat in den letzten 3 Monaten erstaunlich viele Menschen in sehr unterschiedlichen Positionen kontaktiert und sehr interessante Gespräche geführt. Professorale Mitglieder von Universitäten konnten sich nicht vorstellen, an so einer Studie außerhalb der Klinik teilzunehmen. Stationäre Patienten fallen aber per Definition nicht in dieser Studie. Dass eine Praxis so eine Studie „leiten“ kann, scheint hierzulande nicht im Bereich des Möglichen zu liegen. Die Kosten für die Durchführung von Protokoll 1 würden bei circa 80 000–130 000 Euro liegen (Ethik-Votum, Druckkosten, Personalkosten für Telefonate, Eingabe der Daten, Laborkosten und Entschädigung der Abstrichpraxen, Statistik). Das ist für eine Studie dieses Ausmaßes sehr wenig.

Die Autorin ging davon aus, dass es sich bei einem für die Indikation zugelassenen Medikament um eine Studie ohne behördliche Genehmigung handeln würde. Wie jedoch wenige Tage vor Niederschrift dieses Artikels die Ethik-Kommission der Autorin mitteilte, handelt es sich bei der Studie um eine Studie nach Arzneimittelgesetz (eine Untersuchung eines zugelassenen Arzneimittels gegen Placebo und die damit verbundene Randomisierung ist eine (interventionelle) klinische Prüfung (Phase IV), für die die §§ 40 bis 42b des Arzneimittelgesetzes zur Anwendung kommen).

Die AWMF kommentiert die Novellierung des Gesetzes zu klinischen Studien mit Medikamenten wie folgt:

„Dennoch sieht die AWMF mit großer Sorge die negativen Auswirkungen dieses Gesetzes für die akademische klinische Forschung in Deutschland“.
Die AWMF begründet diese Auffassung wie folgt:

Das Gesetz regelt den formellen Ablauf klinischer Prüfungen global, ohne auf unterschiedliche Arten von Studien abzuheben. Insbesondere wird keine Unterscheidung zwischen Industrie-initiierten und -gesponserten Studien einerseits und ausschließlich wissenschaftsgetriebenen klinischen Studien andererseits getroffen. Letztere werden durch das neue Gesetz erheblich erschwert, wenn nicht gar unmöglich gemacht. Während Zulassungsstudien in der Regel von Unternehmen aus der Pharmaindustrie angestoßen und finanziert werden, werden Therapieoptimierungsstudien, die Entwicklung neuer therapeutischer Prinzipien und Ansatzpunkte für Therapeutika, die Prävention von Volkskrankheiten, die Aufdeckung ggf. vorhandener Nebenwirkungen oder Indikationserweiterungen sehr häufig von Universitätskliniken, außeruniversitären Forschungseinrichtungen oder sonstigen Krankenhäusern und Versorgungseinrichtungen alleine, d. h. ohne Beteiligung eines industriellen Partners, durchgeführt.

...

Mit diesen Auflagen im neuen AMG wird die akademische klinische Forschung massiv behindert. Dies führt dazu, dass die Entwicklung von Therapieprinzipien in der klinischen Forschung in Zukunft überwiegend, wenn nicht gar ausschließlich, von der Industrie betrieben werden wird. Dies kann nicht Sinn eines Gesetzes sein, das nach § 1 der Verordnung vom 9.08.2004 den Zweck verfolgt „... dass die Rechte, die Sicherheit und das Wohlergehen der betroffenen Person geschützt werden und die Ergebnisse der klinischen Prüfung glaubwürdig sind.“ (Quelle: https://www.awmf.org/forschung-lehre/stellungnahmen/wissenschaft-forschung/auswirkungen-des-neuen-amg-auf-die-forschung.html).


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Schlusswort

Somit scheint leider jegliche Forschung zu dieser wichtigen Frage in Deutschland nicht mehr möglich. Die Auflagen treiben die Kosten in die Höhe, Versicherungen müssen abgeschlossen werden – das liegt weit außerhalb der Möglichkeiten einer Praxis oder einer Initiative. Heparine und ASS bringen keinem Industrieunternehmen mehr so einen Profit, dass sich eine derartige Studie lohnen würde. Dass die – nach aktuellem Stand der Forschung sicherlich zu erwartende – Verringerung der Todesfälle und der stationären Aufnahmen durch COVID-19-Infektion nicht nur menschlich den Vorteil bringen würde, weniger Leid zu verursachen, sondern auch finanziell mit starken Einsparungen einhergehen würde, ist bei dieser Entwicklung letztlich irrelevant: Würde Antikoagulation oder Antiaggregation den Progress der Infektion von leicht zu intensivpflichtig auch nur numerisch halbieren, wären die Lockdown-Maßnahmen und alle wirtschaftlichen Folgen nicht mehr so streng anzusetzen. Nicht nur direkt würden Kosten eingespart durch weniger medizinische teure Versorgung auf Intensivstationen, sondern auch makroökonomisch wären deutlich weniger Folgekosten zu erwarten. Am wichtigsten aber wäre der menschliche Aspekt: wir würden weniger Menschenleben verlieren, wir könnten unsere Lieben wieder besuchen und umarmen und besonders die Schwachen und Älteren in unserer Gesellschaft müssten nicht mehr in Einsamkeit leben aus Angst vor Ansteckung.


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Conflict of Interest

Die Autorin wurde von Bristol-Myers Squibb 2019 eingeladen, einen Vortrag zum Ultraschall der tiefen und oberflächlichen Beinvenenthrombose zu halten und wurde dafür honoriert. Sowohl Bristol-Myers Squibb als auch Leo-Pharma unterstützen von der Autorin organisierte Tagungen mit Industrie-Ständen (keine direkte Bezahlung an die Autorin).

Diese Aktivitäten haben keinen Einfluss auf den vorliegenden Artikel.

Danksagung

Ich danke den vielen Kollegen, die mir mit Ideen, Diskussionen und Begeisterung für dieses Studienvorhaben zur Seite gestanden haben, besonders Dr. Joseph Grace, Sydney, Felix Amsler, Basel, Dr. Mohamed Omar Elfarok und Dr. Mohamed Ayman Fakhry, Kairo, Prof. Holger Kiesewetter, Berlin, und Prof. Oscar Bottini, Buenos Aires. Auch Mitarbeiter vor Ort von Leo-Pharma, Pfizer und Bristol-Myers-Squibb haben sich enorm engagiert, um eine Unterstützung seitens der Firmenleitung zu erwirken – das war eine tolle Erfahrung. Vielen Dank an alle Beteiligten!

  • References

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  • 9 Marietta M, Ageno W, Artoni A. et al COVID-19 and haemostasis: a position paper from Italian Society on Thrombosis and Haemostasis (SISET). Blood Transfus 2020; [Epub ahead of print] DOI: 10.2450/2020.0083-20.
  • 10 Belcaro G, Corsi M, Agus GB, Corneli U. Thromboprophylaxis prevents thrombotic events in home managed COVID patients. A Registry Study – personal information of author with permission to spread the information, submitted for publication.
  • 11 GTH, Aktualisierte Empfehlungen zur Thromboseprophylaxe bei SARS-CoV-2 (COVID-19). http://gth-online.org/wp-content/uploads/2020/04/Aktualisierte-GTH-Empfehlungen-COVID-19-1.pdf

Correspondence

Erika Mendoza
Venenpraxis
Speckenstr. 10
31515 Wunstorf

Publication History

Article published online:
03 August 2020

© Georg Thieme Verlag KG
Stuttgart · New York

  • References

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