Einleitung
Das Auftreten einer pulmonalen Hypertonie (PH) ist eine regelmäßige Komplikation unterschiedlicher
Kollagenosen [1 ] sowie von Lungen- und Linksherzerkrankungen [2 ]
[3 ]. Zunehmend wird die pulmonalarterielle Hypertonie (PAH) bei älteren Patienten diagnostiziert
[4 ]. Das führt dazu, dass i. d. R. weitere Erkrankungen vorliegen, die selbst eine PH
hervorrufen können oder als Komorbiditäten einer echten PAH vorliegen.
Aufgrund des systemischen Charakters dieser Bindegewebserkrankungen und der damit
möglichen Multiorganbeteiligung stellt sich ein interdisziplinäres Behandlungsteam
i. d. R. aus den Fachdisziplinen zusammen, die die jeweils im Vordergrund stehende
Organmanifestation adressieren. Die pneumologische Fachexpertise innerhalb dieses
Teams ist u. a. wegen des möglichen Auftretens einer die Prognose limitierenden Lungenhochdruckerkrankung
aber auch wegen anderer Lungenmanifestationen zwingend.
Es sind sehr unterschiedliche klinische Szenarien für Kollagenosepatienten mit einer
möglichen PH vorstellbar, in denen unterschiedliche Gruppen der klinischen Klassifikation
der PH zugeordnet werden können. Diese umfassen Patienten mit assoziierter PAH APAH
Gruppe 1 (i. e. Kollagenose-assoziierte PAH) ebenso wie Patienten der Gruppe 2 (mit
führender linkskardialer Beteiligung) oder der Gruppe 3 (mit führender parenchymatöser
Lungenerkrankung), der Gruppe 4 (chronisch thromboembolische PH) und letztlich der
Gruppe 5 (z. B. bei terminaler Niereninsuffizienz und Dialysepflicht). Die abnehmende
Trennschärfe zwischen den einzelnen PH-Gruppen aufgrund von Komorbiditäten ist dabei
eine große klinische Herausforderung.
Daher sind eine sehr sorgfältige Differenzialdiagnostik und sehr differenzierte Betrachtungsweise
erforderlich, um einen Patienten mit einer PH und einer Kollagenose korrekt zu klassifizieren
und die entsprechenden Therapien einzuleiten.
Klinische Klassifikation der pulmonalen Hypertonie
Klinische Klassifikation der pulmonalen Hypertonie
Ziel der Klassifikation ([Abb. 1 ]) ist es, die klinisch heterogene Population von PH-Patienten gemäß der jeweils zugrunde
liegenden Ätiologie, gemeinsamer Krankheitsmechanismen, hämodynamischer Kriterien
und dem therapeutischen Vorgehen zu unterteilen. Unter diesem Aspekt entstehen 5 Gruppen
[5 ].
Abb. 1 Klinische Klassifikation der pulmonalen Hypertonie (WSPH 2018) und mögliche differenzialdiagnostische
Überlegungen für die Gruppe der Kollagenosen [5 ]. PAH = pulmonalarterielle Hypertonie; PVOD = pulmonal-venookklusive Erkrankung; PCH = pulmonale
kapilläre Haemangiomatose; LVEF = linksventrikuläre Ejektionsfraktion; CCB = Kalziumantagonisten
In Gruppe 1 befinden sich Patienten mit pulmonalarterieller Hypertonie (PAH). Diese
Gruppe umfasst sowohl die idiopathische und hereditäre PAH (IPAH, HPAH) als auch die
Medikamenten- und Toxin-induzierte PAH und solche mit assoziierter PAH (APAH). Die
Gruppe 2 umfasst Patienten mit einer PH in der Folge linkskardialer Erkrankungen mit
und ohne eingeschränkte systolische Funktion bzw. Vitien der Mitral- und/oder Aortenklappe.
In Gruppe 3 werden Patienten mit PH aufgrund signifikanter Lungenerkrankung und/oder
Hypoxie zusammengefasst. In Gruppe 4 werden Patienten mit PH durch eine pulmonalvaskuläre
Obstruktion subsumiert, klassischerweise im Sinne einer chronisch thromboembolischen
PH (CTEPH), die sich auf dem Boden einer oder mehrerer nicht rekanalisierter Lungenembolien
entwickelt. Die Gruppe 5 umfasst eine in sich heterogene Gruppe von Erkrankungen,
die durch nicht vollständig geklärte und/oder mehrere Mechanismen zu einer PH führen
können.
Es ist offensichtlich, dass die Trennschärfe zwischen den einzelnen Gruppen nicht
in jedem Fall so groß ist, dass eine Eingruppierung von Patienten in die eine oder
andere klinische Gruppe immer auf den ersten Blick möglich ist. Bspw. können innerhalb
der Gruppe 1 mehrere („konkurrierende“) Assoziationen vorliegen, die jede für sich
mit der Entwicklung einer PAH verbunden sein kann. Aufgrund des zum Teil systemischen
Charakters von zu einer PH führenden Erkrankungen, z. B. Kollagenosen, können darüber
hinaus Überschneidungen zwischen einzelnen PH-Gruppen entstehen ([Abb. 1 ], [Abb. 2 ]). Aufgrund des zunehmenden Alters bei Erstdiagnose einer IPAH [4 ] nimmt auch die Anzahl von Komorbiditäten bis zu diesem Zeitpunkt zu. Insbesondere
bei gleichzeitig bestehenden Lungen- und oder Linksherzerkrankungen, deren Prävalenz
mit dem Alter zunimmt, kann eine genaue Differenzierung zwischen einer zeitgleich
bestehenden Komorbidität und einer der PH zugrunde liegenden Erkrankung erschwert
und damit eine eindeutige Klassifikation nicht immer möglich sein.
Abb. 2 Differenzialdiagnose der pulmonalen Hypertonie bei Kollagenosen. Der Fokus liegt
auf der Differenzierung zwischen PAH und PH bei chronischen Lungenerkrankungen (Gruppe
3 PH) **[2 ]
[73 ]
[74 ], ***[2 ]. Auf die Darstellung der Gruppe 5 wird verzichtet, da definitionsgemäß mehrere Mechanismen
für die Entstehung der PH verantwortlich sein können. PH = pulmonale Hypertonie; PAH = pulmonalarterielle Hypertonie; CTEPH = chronisch
thromboembolische PH; PH CLD = pulmonale Hypertonie bei chronischen Lungenerkrankungen;
ILD = interstitielle Lungenerkrankung; VC = Vitalkapazität; TLC = totale Lungenkapazität;
PH LHD = pulmonale Hypertonie bei Linksherzerkrankungen; WSPH = 6. World Symposium
zur Pulmonalen Hypertonie 2018; mPAP = mittlerer Pulmonalarteriendruck; CI = Cardiac
Index
Die Differenzialdiagnose der verschiedenen P(A)H-Gruppen steht im Fokus dieses Artikels
und wird anhand folgender Schwerpunkte dargestellt 1) P(A)H bei Kollagenosen, 2) PAH
mit linkskardialen Komorbiditäten oder pulmonale Hypertonie infolge Linksherzerkrankung
und 3) PH bei Lungenerkrankungen und Differenzierung gegenüber der PAH.
Pulmonale Hypertonie im Kontext von Bindegewebserkrankungen
Pulmonale Hypertonie im Kontext von Bindegewebserkrankungen
Epidemiologie und allgemeine Überlegungen
Kollagenosen stellen die größte Gruppe der assoziierten Formen der PAH (APAH, Gruppe
1 der klinischen Klassifikation) [6 ]
[7 ]
[8 ].
Im überwiegend deutschen Register für pulmonale Hypertonie (COMPERA) werden 22 % der
Patienten als Kollagenose-assoziierte PAH geführt [8 ]. Dies ist international gut vergleichbar, z. B. mit dem REVEAL-Register (USA), in
dem 24 % der registrierten PAH-Fälle der Kollagenose-assoziierten PAH zuzuordnen sind
[9 ].
Innerhalb dieser Gruppe wiederum ist die Systemsklerose (SSc) (62 %) und hier insbesondere
die zirkumskripte, limitierte Form die häufigste Ätiologie einer Kollagenose-assoziierten
PAH, gefolgt vom systemischen Lupus erythematodes, Mischkollagenose, rheumatoider
Arthritis, Dermatomyositis und dem Sjögren-Syndrom [1 ]
[10 ], ([Abb. 3 ]). Die gepoolte Prävalenz einer PAH steht dem gegenüber und liegt bei Kollagenosepatienten
bei ca. 13 % [11 ].
Abb. 3 Differenzierung der Kollagenose APAH nach [10 ]. Darstellung erfolgt ohne Dezimalstellen, Rundungsfehler möglich. SSc-zirkumskript = limitierte kutane Form der Systemsklerose; SSc-diffus = diffuse
Manifestation der Systemsklerose; sLE = systemischer Lupus erythematodes; MCTD = Mischkollagenose;
RA = rheumatoide Arthritis; nicht klass. = unklassifizierte Kollagenose
Mehr als jeder 8. Patient mit einer Systemsklerose zwischen 18 und 65 Jahren (Prävalenz
13 %) und sogar jeder 5. Patient ab dem 65. Lebensjahr (Prävalenz 20 %) leidet an
einer den Krankheitsverlauf komplizierenden und Prognose bestimmenden PAH [11 ]
[12 ]. Dies entspricht einer Prävalenz von ca. 3000 SSc-assoziierten PAH-Fällen in Deutschland.
Die Diagnosenstellung einer präkapillären PH bei diesen Patienten hat durchaus prognostische
Implikation. In einer Metaanalyse, basierend auf 22 Publikationen, die insgesamt 2244
Patienten umfassten, wurde ein 1-, 2- und 3-Jahres-Überleben von 81 %, 64 % bzw. 52 %
bei Patienten mit systemischer Sklerose und P(A)H beobachtet. Dabei fällt auf, dass
die Patienten mit einer PH und einer zusätzlichen interstitiellen Lungenerkrankung
(ILD) eine deutlich schlechtere Prognose hatten (1-, 2- und 3-Jahres-Überleben) (77 %,
48 % und 35 %) im Vergleich zu den Patienten ohne zusätzliche ILD (82 %, 67 % und
56 % für das [13 ].
Mögliche klinische Szenarien, die eine Auseinandersetzung mit der (Differenzial-)Diagnose
der PH bei Kollagenosen erfordern
Unterschiedliche Szenarien können für den Kliniker zur Fragestellung nach einer PH
führen. Von diesen differenzialdiagnostischen Betrachtungen ist die therapeutische
Weichenstellung abhängig.
Szenario 1: Asymptomatische Patienten mit Kollagenose (Screening)
Asymptomatische Kollagenosepatienten können sich mit der Frage vorstellen, ob es Hinweise
für das Vorliegen einer signifikanten oder sich anbahnenden und funktionell noch kompensierten
PAH gibt.
Wegen des gehäuften Auftretens einer PH im Verlauf einer Bindegewebserkrankung ist
bei diesen Patienten eine besondere Aufmerksamkeit geboten. Deswegen besteht die Empfehlung
zur Screeninguntersuchung asymptomatischer Patienten. Für diese ist eine jährliche
Evaluation unter Einschluss einer Echokardiografie empfohlen [1 ].
Darüber hinaus hat sich ein 2-stufiges Screening-Verfahren in der DETECT-Studie als
praktikabel erwiesen. Dieses stützt sich im ersten Schritt auf Laborparameter (NT-proBNP,
Anti-Zentromer-AK, Harnsäure), Lungenfunktion mit Diffusionsmessung und Elektrokardiogramm
und im zweiten Schritt auf die transthorakale Echokardiografie [14 ].
Belastungsuntersuchungen wie Spiroergometrie und Stressechokardiografie könnten –
insbesondere unter Berücksichtigung der neuen PH-Definition – die Sensitivität erhöhen
und eine frühere Diagnose ermöglichen [15 ]
[16 ]. Insbesondere der Stellenwert der Spiroergometrie zur frühzeitigen Detektion einer
zirkulatorischen Limitation und einer Gasaustauschstörung soll hier hervorgehoben
werden (siehe dazu Definition und Diagnostik der PH).
Szenario 2: Symptomatische Patienten mit Kollagenose
Die differenzialdiagnostische Einbeziehung einer (A)PAH gehört schlichtweg in die
Abklärung einer Dyspnoe (nicht nur) in diesem Risikokollektiv.
Spätestens beim Auftreten einer Kurzatmigkeit oder anderer klinischer Zeichen der
PH bzw. Rechtsherzinsuffizienz muss (nicht nur) bei Patienten mit Kollagenose an das
Vorliegen einer PH gedacht werden.
Kriterien, die neben der Dyspnoe und eingeschränkter Belastungsfähigkeit im Rahmen
der nichtinvasiven Diagnostik das Vorliegen einer PH vermuten lassen bzw. diese wahrscheinlich
machen, sind in [Tab. 1 ] zusammengefasst (siehe dazu Definition und Diagnostik der PH).
Tab. 1
Klinische und technische Hinweise auf das Vorliegen einer pulmonalen Hypertonie.
Klinische Zeichen
beschleunigte Ruhe-Atemfrequenz
beschleunigter Ruhe-Puls
Zyanose
betonter JVP
betonter 2. Herzton
mögliche TK-Insuffizienz
Unterschenkel-/Knöchelödeme
Technische Zeichen
EKG: RH-Belastung, z. B.
BGA: respiratorische Insuffizienz
Diffusionskapazität (DLCO ) < 80 %
Laborchemische Parameter:
Zentromer-AK positiv
BNP/NT-proBNP > Normwert
UKG: RH-Belastung/-Insuffizienz:
rechtsatriale Fläche vergrößert
rechtsventrikuläre Diameter vergrößert
TK-Insuffizienz
beschleunigte TK-Refluxgeschwindigkeit
eingeschränkte RV-Pumpfunktion (TAPSE)
Spiroergometrie[* ]
Thorakale Bildgebung[** ]
JVP = Jugularvenenpuls; TK = Trikuspidalklappe; EKG = Elektrokardiogramm; BGA = Blutgasanalyse;
DLCO = Diffusionskapazität für Kohlenmonoxid; RH = Rechtsherz-; BNP = Brain natriuretic
peptide; NT-BNP = n-terminales Brain natriuretic peptide (Spaltprodukt des BNP); TAPSE = tricuspid
annular plane systolic excursion; V/P = Ventilation/Perfusion; VCI = Vena Cava inferior
* Spiroergometrie [19 ]: Zeichen der zirkulatorischen Kombination und des V/P Mismatch
** Thorakale Bildgebung: erweiterte Dimensionen PA und RH-Insuffizienz
Szenario 3: Erstdiagnose einer Kollagenose i. R. einer PH-Abklärung
Der differenzialdiagnostische Algorithmus für eine PH umfasst auch eine Einbeziehung
serologischer Tests, u. a. um Patienten mit einer APAH bei Kollagenose zu identifizieren
[1 ]. Sollte in diesem Rahmen, oder bereits im Vorfeld durch typische Stigmata, z. B.
bei Systemsklerose, eine Kollagenose in Betracht gezogen werden, so ist zu empfehlen,
ein interdisziplinäres Team zur vollständigen Diagnostik und Therapie zu bilden. Insbesondere
die rheumatologische Fachexpertise ist hier entscheidend. Ergänzend muss die mögliche
Multiorganbeteiligung berücksichtigt und eine entsprechende Abklärung ggfs. unter
Einbeziehung von Dermatologie, Nephrologie, Gastroenterologie (z. B. Abklärung einer
Dysphagie) erfolgen.
Unabhängig von der klinischen Eingangssituation ist die weitere Abklärung bei Verdacht
auf das Vorliegen einer PH einheitlich. Besteht nach Abschluss der im Folgenden genannten
Untersuchungen der Verdacht auf das Vorliegen einer PH, so schließt sich der komplette
diagnostische Algorithmus für die Differenzialdiagnose PH an ([Abb. 4 ]) und mündet letztlich in der Indikationsstellung für eine invasive Abklärung durch
eine Rechtsherzkatheteruntersuchung (RHK) [17 ] (siehe dazu Definition und Diagnostik der PH).
Abb. 4 Diagnostischer Algorithmus der Kollagenose-assoziierten PAH. PH = pulmonale Hypertonie;
CPET = kardiopulmonaler Belastungstest (Spiroergometrie); LHD = Linksherzerkrankung;
CLD = chronische Lungenerkrankung; V/P = Ventilation/Perfusion; CTEPH = chronisch
thromboembolische PH; RHK = Rechtsherzkatheter; PAH = pulmonalarterielle Hypertonie
Szenario 4: Differenzialdiagnose zwischen einzelnen PH-Gruppen
Eine weitere relevante klinische Fragestellung stellt die Differenzialdiagnose einer
PH bei Kollagenosepatienten dar, u. a. zwischen PAH und PH bei Lungenbeteiligung bzw.
Linksherzerkrankung zu unterscheiden ist eine große Herausforderung für den im interdisziplinären
Team beteiligten Pneumologen.
Nach dem vorgeschlagenen diagnostischen Algorithmus soll möglichst früh differenziert
werden ob, und, falls ja, welche (klinische) Form der PH vorliegt. Dies geschieht
mittels ergänzender bildgebender (i. e. hochauflösende CT zum Ausschluss signifikanter
parenchymatöser Lungenerkrankungen), echokardiografischer und ergänzender Verfahren
(zum Ausschluss einer signifikanten Linksherzerkrankung) sowie der Ventilations-/Perfusionsszintigrafie
der Lunge (z. A. nicht rekanalisierter Perfusionsdefekte).
Schwerpunktdiagnostik der pulmonalen Hypertonie bei Kollagenosen
Schwerpunktdiagnostik der pulmonalen Hypertonie bei Kollagenosen
Auf die Diagnostik der PH wird ausführlich an anderer Stelle eingegangen (siehe Definition
und Diagnostik der PH). Deswegen wird hier nur punktuell auf einige Schwerpunkte eingegangen.
Transthorakale Echokardiografie
Der transthorakalen Echokardiografie kommt bei der nichtinvasiven Abklärung von potenziellen
Patienten mit PH eine zentrale Rolle zu [1 ].
Dabei ist anzumerken, dass der vorgeschlagene Algorithmus [14 ], wie auch die bisherigen Empfehlungen zur transthorakalen Echokardiografie, darauf
ausgelegt ist, Patienten mit einem mittleren PA-Druck von ≥ 25 mmHg zu detektieren
(bisherige Definition). Um dies zu erreichen, wurden echokardiografische Kriterien
der pulmonalen Druckerhöhung und Rechtsherzbelastung definiert, anhand derer auf die
Wahrscheinlichkeit einer invasiv bestätigten PH geschlossen werden kann [1 ].
Sollte es das Ziel sein, zukünftig auch Patienten mit einem niedrigeren Druckniveau
(mPAP ≥ 21 mmHg) in der Echokardiografie zu erkennen, so sind hier zusätzliche und
noch zu definierende echokardiografische Kriterien notwendig.
Stellenwert Spiroergometrie
In Ergänzung zu den Ruheuntersuchungen, die eine Verdachtsdiagnose PH ermöglichen,
ist auch wieder die Spiroergometrie zu nennen, die möglicherweise früher den Verdacht
auf das Vorliegen einer zirkulatorischen Limitation und/oder Gasaustauschstörungen
ermöglicht, die mit einer PAH vergesellschaftet sein können. Zudem stellt sie eine
Untersuchung dar, die eine Differenzierung zwischen einer zirkulatorischen und einer
ventilatorischen Limitation ermöglichen kann und bei der Differenzialdiagnose PAH
vs. PH bei parenchymatöser Beteiligung hilfreich ist [2 ]
[18 ].
Definitive Diagnosenstellung mittels Rechtsherzkatheter – Implikationen der aktualisierten
PH-Definition
Die Diagnose einer PH ist zwingend an den RHK geknüpft. ([Abb. 4 ] und [Abb. 5 ], [Tab. 2 ]).
Abb. 5 Vom klinischen Verdacht zur Differenzialdiagnose der PH bei CLD, modifiziert nach
WSPH 2018 [2 ]. PAH = pulmonalarterielle Hypertonie (Gruppe 1-PAH); CLD-PH = pulmonale Hypertonie
auf dem Boden chronischer Lungenerkrankungen (Gruppe 3 PH); CT = Computertomografie
Tab. 2
Hämodynamische Definition der pulmonalen Hypertonie.
Tabelle 2 a: Definition der PH nach Leitlinien ESC/ERS 2015
[2 ]
präkapilläre PH
postkapilläre PH
Ipc*PH
Cpc**PH
mPAP (mmHg)
≥ 25
≥ 25
≥ 25
mPAWP (mmHg)
≤ 15
> 15
> 15
DPG (mmHg)
PVR (WE)
DPG ≤ 7 und/oder
≤ 3
DPG ≥ 7 und/oder
> 3
Tabelle 2 b: Definition der PH nach WSPH Nizza 2018
[5 ]
präkapilläre PH
postkapilläre PH
Ipc*PH
Cpc**PH
mPAP (mmHg)
> 20
> 20
> 20
mPAWP (mmHg)
≤ 15
> 15
> 15
PVR (WE)
≥ 3
< 3
≥ 3
Tabelle 2 c: Definition der PH bei CLD nach KKK und WSPH Nizza 2018
[2 ]
[69 ]
nach KKK
nach WSPH Nizza 2018
PH bei CLD
schwere PH bei CLD
mPAP (mmHg)
≥ 35
21 – 24
≥ 35
PVR (WE)
> 6
≥ 3
nicht genannt
oder
mPAP (mmHg)
≥ 25 und
25 – 34
≥ 25 und
CI (l/min/m2 )
< 2
nicht genannt
< 2
2 von 3 Kriterien müssen erfüllt sein
mPAP = mittlerer Pulmonalarteriendruck; mPAWP = mittlerer pulmonalarterieller Verschlussdruck;
DPG = diastolischer Druckgradient; IpC = isoliert postkapilläre PH; kombiniert post-
und präkapilläre PH; PVR = pulmonaler Gefäßwiderstand; WSPH=Weltsymposium Pulmonale
Hypertonie; CLD=chronische Lungenerkrankung; KKK=Kölner Konsensus Konferenz
Aufgrund des erhöhten Risikos für Kollagenosepatienten, an einer PH zu erkranken,
und der Prognoserelevanz einer PH für diese Patienten, sollte diese hämodynamische
Konstellation im RHK so frühzeitig wie möglich festgestellt werden, um therapeutische
Konsequenzen ziehen zu können. Keine der nichtinvasiven Methoden ist in der Lage,
eine PH auszuschließen. Insbesondere bei Patienten, bei denen die o. g. Diagnostik
nur eingeschränkt aussagefähig ist und/oder eine nicht vollständig geklärte Belastungsdyspnoe
vorliegt, kann die Durchführung einer Rechtsherzkatheteruntersuchung auch zum Ausschluss
einer PH klinisch sinnvoll sein.
Auf eine vollständige Diagnostik zu verzichten, weil in der hochauflösenden CT-Diagnostik
eine parenchymatöse Beteiligung oder in der Anamnese bzw. Echokardiografie der Verdacht
auf eine Linksherzerkrankung und/oder -beteiligung bestehen, ist nicht gerechtfertigt
(s. dazu auch Differenzialdiagnose PH-Gruppen 2 und 3).
Auf die speziellen praktischen Aspekte der invasiven Diagnostik wird an anderer Stelle
eingegangen.
Hämodynamische Definition der pulmonalen Hypertonie
Nach den aktuellen ERS/ESC-Leitlinien ([Tab. 2 a ]) ist die pulmonale Hypertonie definiert als eine (invasiv gemessene) Druckerhöhung
im Lungenkreislauf mit einem Mitteldruck (mPAP) von ≥ 25 mmHg. Bei gleichzeitigem
Vorliegen eines pulmonalarteriellen Verschlussdruckes (mPAWP) von ≤ 15 mmHg spricht
man von einer präkapillären PH. Die hämodynamische Definition der pulmonalarteriellen
Hypertonie (PAH) umfasst zudem einen erhöhten pulmonalvaskulären Widerstand (PVR)
von > 3 Wood-Einheiten (WE) [1 ].
Wichtig ist, darauf hinzuweisen, dass in einer gesunden Lungenstrombahn der mPAP 20 mmHg
nicht übersteigt [19 ]. Dies hat eine besondere Relevanz für Patienten mit Kollagenose, die ein erhöhtes
Risiko zur Entwicklung einer PH haben und damit diese grenzwertige Druckerhöhung eine
Vorstufe einer manifesten und behandlungsbedürftigen PH sein könnte. Nach den ESC/ERS-Empfehlung
sollten Patienten mit Kollagenose und einem über die Norm erhöhten mPAP (21 – 24 mmHg),
der die Definitionskriterien einer PH nicht erreicht (Borderline), engmaschig kontrolliert
werden [1 ].
Ausgehend von den Normwerten in der pulmonalen Zirkulation (mPAP ≤ 20 mmHg) [19 ] und der derzeitigen Datenlage wurde während des 6. Weltsymposiums zur pulmonalen
Hypertonie eine Aktualisierung der gültigen Definition vorgeschlagen [5 ] ([Tab. 2 b ]). Dieser Vorschlag definiert präkapilläre PH ab einer pulmonalen Druckerhöhung von
mPAP > 20 mmHg, bei einem mPAWP ≤ 15 mmHg und einer PVR ≥ 3 WE.
Auch wenn diese Definition aufgrund der unzureichenden Datenlage zunächst keine generelle
Therapiekonsequenz nach sich zieht, so könnte dieser Vorschlag für Patienten mit einem
erhöhten Risiko, an einer PAH zu erkranken, relevant sein [20 ]. Insbesondere trifft dies auch für Patienten mit Kollagenosen zu, da diese im weiteren
Verlauf ihrer Erkrankung aus der bisher sogenannten grenzwertigen PH heraus häufig
eine manifeste PAH entwickeln [21 ]
[22 ]
[23 ], die möglicherweise therapeutisch beeinflussbar ist [24 ].
Die Rationale, ein Fortschreiten der pulmonalvaskulären Pathologie therapeutisch aufzuhalten,
liegt auf der Hand. Die Entscheidung, ob einer (noch) moderaten pulmonalen Druckerhöhung
auch tatsächlich eine pulmonalvaskuläre Pathologie zugrunde liegt, die auch ein therapeutisches
Ziel für die verfügbaren Substanzen darstellt, ist allerdings äußerst komplex – zumal
Patienten mit diesen neuen hämodynamischen Kriterien nicht in den Zulassungsstudien
für die pulmonal vasoaktiven Substanzen eingeschlossen waren. Zusätzlich wird die
Entscheidung durch die Tatsache erschwert, dass mögliche überlappende Komponenten,
wie eine begleitende ILD vorliegen können.
Deshalb sollte die Indikationsstellung für (oder gegen) eine pulmonal vasoaktive Therapie
in spezialisierten Zentren erfolgen und sollten solche Patienten, wenn möglich, in
Therapiestudien eingeschlossen werden.
Differenzialdiagnostische Aspekte der pulmonalen Hypertonie i. R. von Kollagenosen
Differenzialdiagnostische Aspekte der pulmonalen Hypertonie i. R. von Kollagenosen
Aufgrund der unterschiedlichen Organmanifestationen der Kollagenosen ist es möglich,
Patienten zur Abklärung einer möglichen Kollagenose-assoziierten PAH aus unterschiedlichen
Kollektiven zu sehen ([Abb. 1 ], [Abb. 2 ], [Abb. 4 ]). Dann ist eine differenzierte Betrachtungsweise erforderlich, um einen Patienten
mit einer PH und einer Kollagenose korrekt zu klassifizieren.
Da jede Form einer PH, die im Gefüge einer Kollagenose diagnostiziert wird, eine eigene
spezifische therapeutische Konsequenz erfordert, ist eine korrekte klinische Einordnung
und Klassifikation essenziell. Denn es besteht für die Kollagenose-assoziierte PAH
eine eindeutige Indikation zur Therapie mit den zugelassenen pulmonal vasoaktiven
PAH-Medikamenten. Dies trifft aber für die anderen Formen der PH (Gruppe 2 – 5) nicht
oder nur eingeschränkt zu [1 ].
Nach der o. g. klinischen Klassifikation ist es innerhalb des Kollagenosekollektivs
möglich, eine PH der Gruppe 1 (Kollagenose-assoziierte PAH) ebenso zu diagnostizieren
wie eine PH der Gruppe 2 (linkskardiale Beteiligung), Gruppe 3 (parenchymatöse Lungenerkrankung),
Gruppe 4 (CTEPH) oder Gruppe 5 (bei terminaler Niereninsuffizienz und Dialysepflicht)
([Abb. 1 ]).
Dabei scheint es wichtig, nicht voreilig auf die Kausalität von unterschiedlichen
Organbeteiligungen für die Entstehung der PH zu schließen. In diesem Sinne sind bei
der Abklärung einer PH im Rahmen einer Kollagenose folgende besondere Aspekte zu berücksichtigen.
Zudem entsteht zunehmend der klinische Eindruck, dass insbesondere bei der Erstdiagnostik
die möglicherweise multifaktorielle Genese beachtet werden muss. Allerdings zeigt
sich die führende Ätiologie möglicherweise erst im Verlauf der (behandelten) Erkrankung
unter weiterer Diagnostik und Beobachtung. Somit ist die Differenzialdiagnostik der
P(A)H nicht zwangsweise mit ihrer Erstdiagnose abgeschlossen.
1 Differenzialdiagnose innerhalb der Gruppe 1 (PAH)
1 Differenzialdiagnose innerhalb der Gruppe 1 (PAH)
Pulmonale venookklusive Erkrankung (PVOD)
Selbst innerhalb der Gruppe 1 (PAH) können bei einer Kollagenose-assoziierten PAH
Charakteristika zumindest einer weiteren Assoziation vorliegen, z. B. der PVOD.
Aus histologischen Untersuchungen an Lungenpräparaten von Patienten, die als PAH bei
Kollagenose klassifiziert wurden, weiß man, dass Obstruktionen der postkapillären
Venolen keine ungewöhnliche Erscheinung in diesem Kollektiv sind [25 ]. Da die genannten histomorphologischen Veränderungen zwar charakteristisch sind,
sich Lungenbiopsien allerdings in dieser klinischen Konstellation verbieten, bleibt
die PVOD eine klinische Verdachtsdiagnose. Diese stützt sich durch den klinischen
Verlauf (rasche Progredienz der Symptomatik und Aggravierung einer respiratorischen
Insuffizienz, möglicherweise verstärkt durch pulmonale vasoaktive Substanzen) und
auf die Beurteilung der hochauflösenden CT. Letztere wird erschwert durch die Überlagerung
Kollagenose-assoziierter interstitieller Veränderungen, wodurch die Differenzialdiagnose
PVOD bei der Kollagenose-assoziierten PAH vermutlich ein unterschätztes Problem ist.
Damit könnte in diesem Phänomen ein weiterer Erklärungsansatz für ein eingeschränktes
Therapieansprechen pulmonalvasoaktiver Medikamente liegen.
Portopulmonale PH
Die Leber ist ein immunologisch aktives Organ und kann Zielorgan von Autoimmunreaktionen
i. S. einer Autoimmunhepatitis, primär biliären Zirrhose oder der primär sklerosierenden
Cholangitis sein. Aber auch ohne diese gehen Kollagenosen nicht selten mit der Erhöhung
von Leberwerten einher, die primär cholestatisch oder hepatozellulär geprägt sind
[26 ]. Grundsätzlich können Autoimmunreaktion und primäre Umbauprozesse i. R. der Kollagenosen
überlappen. Ein ausgeprägter zirrhotischer Umbau mit folgender portaler Hypertonie
ist in diesem Zusammenhang sehr selten. Allerdings kommen auch andere, ungewöhnliche
Leberprozesse vor, wie die noduläre regenerative Hyperplasie und das Budd-Chiari-Syndrom
[26 ]. Insgesamt ist die portopulmonale Hypertonie, als Komplikation der portalen Hypertonie
im Kontext der Bindegewebserkrankungen, insbesondere bei systemischer Sklerose eine
seltene vaskuläre Komplikation [27 ]
[28 ] und wird dann diagnostiziert, wenn außer der portalen Hypertonie keine weiteren
Ursachen für die präkapilläre PH evaluiert werden können und der PVR > 3 WU ist.
2 Differenzialdiagnose zwischen Gruppe 1 (Kollagenose PAH) und Gruppe 2 (PH bei LH-Erkrankungen)
2 Differenzialdiagnose zwischen Gruppe 1 (Kollagenose PAH) und Gruppe 2 (PH bei LH-Erkrankungen)
Pulmonale Hypertonie bei linkskardialer Beteiligung, linkskardinaler Komorbidität
und auf dem Boden einer Linksherzerkrankung
Bei gut einem Drittel der Patienten mit Bindegewebserkrankung besteht eine kardiale
Affektion. Aus dieser Korrelation ergibt sich nicht zwanglos die Kausalität für die
Entstehung einer linkskardial bedingten (Gruppe 2) PH, und es muss genau differenziert
werden, welche Pathologie im Vordergrund steht.
Beobachtet werden eine myokardiale Beteiligung mit reduzierter Pumpfunktion, eine
eingeschränkte diastolische Funktion, ein Perikarderguss und Rhythmusstörungen. Daher
kann die die Kollagenose begleitende PH durchaus auch postkapillär geprägt sein. Auch
das Auftreten einer (okkulten) Linksherzerkrankung ist in diesem Kontext zu nennen
[29 ].
Betrachtet man wiederum das größte Kollektiv unter den Kollagenose-Patienten – die
Patienten mit systemischer Sklerose, so findet man in bis zu 12 % der Fälle eine postkapilläre
PH [30 ]. Weitere Zahlen sollen die Genese illustrieren: In einer Publikation zum EUSTAR-Register
werden unter mehr als 7000 Patienten 5,4 % mit einer unter 55 % reduzierten LVEF gefunden
[31 ]. Erwartungsgemäß häufiger ist auch in diesem Kollektiv eine diastolische Funktionsstörung
zu finden – in 17 – 30 % der Fälle [32 ]. Auch für die kardiale Beteiligung bei Systemsklerose findet sich eine Assoziation
zu Anti-U3RNP-Antikörpern, wenngleich schwächer als bei PAH [33 ].
Für die Detektion einer linkskardialen Beteiligung durch die Grunderkrankung als Ursache
einer PH (Gruppe 2; PH bei Linksherzkrankungen) spielt die Echokardiografie die entscheidende
Rolle. Eine zunehmende Bedeutung gewinnt hierbei die Magnetresonanztomografie [32 ].
Bereits hier wird rasch ersichtlich, dass die Trennschärfe zwischen PAH und/oder linkskardinaler
Beteiligung/Ursache oder Komorbidität nicht sehr hoch ist. Deswegen wird auf diesen
Aspekt hier gesondert eingegangen.
Pulmonalarterielle Hypertonie mit linkskardialen Komorbiditäten oder pulmonale Hypertonie
in der Folge einer Linksherzerkrankung
Die pulmonale Hypertonie (PH) infolge einer Linksherzerkrankung stellt weltweit die
häufigste Form der pulmonalen Hypertonie dar [34 ]. Nach wie vor steht bei dieser Form des Lungenhochdrucks die Therapie der Grunderkrankung
im Vordergrund [1 ]
[2 ]
[3 ]. Medikamente, die zur Therapie der pulmonalarteriellen Hypertonie (PAH) zugelassen
sind, sind dies nicht für die PH infolge einer Linksherzerkrankung. Trotz pathophysiologisch
sinnvoll erscheinender Überlegungen zu möglichen Therapieindikationen und einzelner
positiver Berichte [35 ] haben weitere durchgeführte Studien keinen Beleg für eine Wirksamkeit einer solchen
Therapie erbringen können [36 ]
[37 ]
[38 ]
[39 ].
Andererseits wird die PAH zunehmend häufiger auch bei älteren Patienten diagnostiziert
[4 ]. Patienten mit einer PAH und CTEPH können kardiale Komorbiditäten aufweisen, die
der PH nicht als kausal zugrunde liegend eingestuft werden [40 ]
[41 ].
Der Differenzialdiagnose einer PH infolge einer Linksherzerkrankung gegenüber einer
PAH mit linkskardialen Komorbiditäten kommt somit große Bedeutung zu.
Bei PH infolge einer Linksherzerkrankung wird hämodynamisch zwischen einer isolierten
postkapillären PH und einer kombiniert postkapillären PH unterschieden [3 ] ([Tab. 2 a ] und 2 b ).
Einer postkapillären PH können eine Erkrankung der linksseitigen Herzklappen, systolische
Linksherzinsuffizienz (HFrEF), aber auch eine diastolische Linksherzinsuffizienz (HFpEF)
zugrunde liegen [3 ].
Besonders anspruchsvoll, da möglicherweise zu Fehleinschätzungen prädisponierend,
erscheint in diesem Zusammenhang die Bewertung einer diastolischen Herzinsuffizienz.
Zur Differenzialdiagnose einer PAH mit linkskardialen Komorbiditäten von einer PH
infolge einer Linksherzerkankung spielen die Erfassung eines „links- oder rechtskardialen
Phänotyps“ und die nicht invasive Abschätzung der Wahrscheinlichkeit einer postkapillären
PH eine wichtige Rolle. Vor diesem Hintergrund erfolgt die Bewertung des pulmonalarteriellen
Verschlussdruckes (PAWP, Wedge) sowie ggf. die Empfehlung zur zusätzlichen Testung
oder Messung des linksventrikulären enddiastolischen Druckes [3 ].
Differenzierung prä- und postkapilläre PH
Das entscheidende hämodynamische Kriterium zur Differenzierung einer PH mit/bei Linksherzerkrankung
ist die Erhöhung des pulmonalarteriellen Verschlussdruckes ([Tab. 2 ]). Man geht davon aus, dass infolge eines erhöhten linksventrikulären enddiastolischen
Druckes durch Fortleitung ein erhöhter linksatrialer Druck, ein erhöhter pulmonal-venöser
und schließlich auch erhöhter pulmonalarterieller Druck resultieren können [42 ]. Die PH ist dabei durch einen mPAP von mindestens 25 mmHg charakterisiert und geht
i. d. R. mit einem PAWP von mehr als 15 mmHg einher. Nicht immer ist der PAWP einfach
zu messen und zweifelsfrei bestimmbar [43 ]. Atemabhängige intrathorakale Druckschwankungen, Vorhofflimmern und auch Veränderungen
im Volumenstatus eines Patienten können Einfluss auf die Höhe des gemessenen PAWP
haben [3 ]
[43 ]. Eine besondere Bedeutung hat auch die Erkennung von v-Wellen als Folge einer endsystolischen
Druckerhöhung bei eingeschränkter linksventrikulärer Compliance und einer Mitralklappeninsuffizienz
[45 ]
[46 ]
[47 ].
Eine falsch niedrige Abschätzung des pulmonalarteriellen Verschlussdruckes könnte
zur Fehleinschätzung einer PH als einer PAH führen.
Neben Patienten mit einer isolierten PAH gibt es auch Patienten mit einer PAH und
Komorbiditäten. Eine solche Konstellation wird gelegentlich als atypische PAH beschrieben
[48 ]. Es zeigte sich, dass Patienten mit einer PAH mit Komorbiditäten ähnliche Therapieeffekte
aufweisen wie Patienten mit einer PAH ohne relevante linkskardiale Komorbiditäten
[49 ]. Eine Fehlklassifikation von Patienten mit PAH als Patienten mit PH infolge von
Linksherzerkrankungen könnte dazu führen, dass diesen Patienten sinnvolle Therapieoptionen
vorenthalten werden. Die korrekte Klassifizierung ist somit überaus bedeutsam.
Zusätzliche Informationen zur verbesserten Abschätzung des pulmonalarteriellen Verschlussdruckes
können sowohl ein Volumenbelastungstest, eine körperliche Belastung oder auch die
direkte Messung des linksventrikulären enddiastolischen Druckes liefern [50 ]
[51 ]
[52 ]
[53 ].
Definition IpcPH/CpcPH
Eine postkapilläre PH mit einem pulmonalvaskulären Widerstand unter 3 Wood-Einheiten
wird als isolierte postkapilläre PH bezeichnet und reflektiert eine rein passive Druckfortleitung
aus den linksseitigen Herzhöhlen in die Lungengefäße [3 ] ([Tab. 2 a ] und 2 b ).
Infolge einer pulmonalen Druckerhöhung als Konsequenz einer Linksherzinsuffizienz
kann es zu einem pulmonalarteriellen Remodeling kommen [54 ]. Kommt es auf diesem Wege bei einer initial postkapillären PH zu einer Erhöhung
des pulmonalvaskulären Widerstandes auf mehr als 3 Wood-Einheiten spricht man von
einer kombinierten (prä- und) postkapillären PH [3 ] ([Tab. 2 a ] und 2 b ).
Die Berechnung des pulmonalvaskulären Widerstandes ist aber erheblich von der Güte
der Bestimmung des pulmonalarteriellen Verschlussdruckes abhängig. Eine Fehleinschätzung
desselben führt über eine falsche Einschätzung des pulmonalarteriellen Widerstandes
zur Fehl-Klassifikation der PH.
Kritischer Parameter – Wie soll der PAWP bestimmt werden?
Es wird empfohlen, den PAWP am Ende der Exspiration zu messen. Dies soll nicht durch
ein Anhalten des Atmens geschehen, da es hierdurch selbst zu artifiziellen Druckänderungen
kommen kann. Man kann die Atemlage jedoch anhand von Atemkurven, die auf Thoraximpedanzmessungen
beruhen, abschätzen. I. d. R. entspricht die Messung in der Mitte der A-Welle endexspiratorisch
dem PAWP. Diese fehlt bei Vorhofflimmern. Es wird daher eine Messung des PAWP 130 – 160 ms
nach Beginn des QRS-Komplexes und in jedem Falle vor der v-Welle empfohlen. Wichtig
ist eine Messung in Rückenlage mit ausgestreckten Beinen und eine korrekte Eichung
der Nulllinie auf Höhe der Mitte des Thorax. Eine mindestens 3-fache Messung mit einer
Variabilität unter 10 % wird ebenso empfohlen. Bei fragwürdigen Werten wird die Bestimmung
der Sauerstoffsättigung in der mutmaßlichen Verschlussdruckposition mittels Blutgasanalyse
empfohlen. Liegt diese unter 90 % und bestehen damit Zweifel an der Güte der Messung,
kann eine Bestimmung des linksventrikulären enddiastolischen Druckes sinnvoll sein.
Das Vorliegen überhöhter v-Wellen weist unabhängig vom mittleren PAWP immer auf eine
postkapilläre PH hin [3 ] (siehe dazu Teil 1, Definition und Diagnostik der PH).
Diagnostische Strategie und Differenzialdiagnose von einer PH der Gruppe 2 und PAH
mit Komorbiditäten
Aufgrund der Komplexität mit einerseits der Möglichkeit einer PAH mit Komorbiditäten
und andererseits einer PH infolge Linksherzerkrankung und potenziellen Schwierigkeiten
in der Bestimmung des PAWP empfiehlt die Weltkonferenz zur pulmonalen Hypertonie einen
3-stufigen Algorithmus zur Differenzialdiagnose [3 ]:
Klärung des klinischen Phänotyps
Bestimmung der Prätest-Wahrscheinlichkeit
Hämodynamische Testung inkl. Provokationstestung
1 Klinischer Phänotyp
Sowohl valvuläre Erkrankungen als auch eine systolische und diastolische Herzinsuffizienz
können zur PH führen. Bei der diastolischen Herzinsuffizienz ist das Risiko einer
möglichen Fehlklassifikation am größten.
2 Bestimmung der Vortest-Wahrscheinlichkeit
Anhand von Alter, klinischen Parametern wie Adipositas, arterielle Hypertonie, Fettstoffwechsel
und Glukosestoffwechselstörungen, vorausgegangenen kardialen Interventionen, dem Vorliegen
von Vorhofflimmern, Zeichen einer strukturellen Herzerkrankung, EKG-Zeichen eines
Linksschenkelblockes, linksatrialer Größe, Abnormitäten des Gradienten zwischen transmitralem
Blutfluss und Gewebedopplergeschwindigkeiten, einer spiroergometrisch erfassbaren
Atemeffizienzstörung und MRT-Befunden kann eine niedrige, mittlere oder hohe Prätest-Wahrscheinlichkeit
für das Vorliegen einer postkapillären PH abgeschätzt werden ([Tab. 3 ]).
Tab. 3
Abschätzung der Vortest-Wahrscheinlichkeit für das Vorliegen einer Gruppe 2-PH [3 ].
Parameter
Hohe Vortest-Wahrscheinlichkeit
Intermediäre Vortest-Wahrscheinlichkeit
Niedrige Vortest-Wahrscheinlichkeit
Alter (Jahre)
> 70
60 – 70
< 60
Adipositas, arterielle Hypertonie, Fettstoffwechselstörung, latenter/manifester Diabetes
> 2 Faktoren
1 – 2 Faktoren
kein Faktor
Vorausgegangene kardiale Intervention[* ]
ja
nein
nein
Vorhofflimmern
anhaltend
paroxysmal
nein
Strukturelle LH-Erkrankung
ja
nein
nein
EKG
LSB oder LV-Hypertrophie
milde LV-Hypertrophie
normal oder Zeichen der RH-Belastung
Echokardiografie
LA-Dilatation; MK-Insuffizienz > 2
keine LA-Dilatation; MK-Insuffizienz < 2
keine LA-Dilatation; E/e’ < 13
CPET
VE/VCO2 slope gering erhöht; EOV
VE/VCO2 slope erhöht; EOV
VE/VCO2 slope stark erhöht; keine EOV
Herz-MRT
LA strain oder LA/RA > 1
linkes Herz unauffällig
LH = Linksherz; LSB = Linksschenkelblock; LV = linksventrikulär; RH = Rechtsherz;
LA = linkes Atrium; MK = Mitralklappe; CPET = kardiopulmonaler Belastungstest (Spiroergometrie);
EOV = belastungsinduzierte oszillatorische Ventilation; RA = rechtes Atrium
* Koronar- und/oder Klappen-OP und/oder nicht chirurgische Intervention, inklusive
perkutaner Interventionen
3 Hämodynamische Testung
Beim Vorliegen einer hohen Prätest-Wahrscheinlichkeit für eine postkapilläre PH steht
die Behandlung der linkskardialen Grunderkrankung im Vordergrund.
Bei intermediärer Prätest-Wahrscheinlichkeit sollten Risikofaktoren für PAH oder CTEPH
und auch ein echokardiografisch rechtskardialer Phänotyp eher eine komplette hämodynamische
Charakterisierung anstreben lassen.
Je nach gemessenem pulmonalarteriellem Verschlussdruck kommt der Prätest-Wahrscheinlichkeit
weitere Bedeutung zu:
Bei einem PAWP von 13 – 15 mmHg und niedriger Prätest-Wahrscheinlichkeit erscheint
eine PAH wahrscheinlich, während eine intermediäre oder hohe Prätest-Wahrscheinlichkeit
für eine postkapilläre PH entweder einen Volumenbeslastungstest oder eine physikalische
Belastung nach sich ziehen sollte, um eine postkapilläre PH zu demaskieren.
Bei einem PAWP von mehr als 15 mm Hg und intermediärer und hoher Prätest-Wahrscheinlichkeit
für eine postkapilläre PH ist eine postkapilläre PH anzunehmen. Bei PAWP von über
15 mmHg und niedriger Prätest-Wahrscheinlichkeit sollte eher eine zusätzliche LVEDP-Messung
erwogen werden, um eine PAH nicht zu übersehen.
Nach differenzierter Diagnostik steht für die PAH i. d. R. eine Kombinationstherapie
mit Medikamenten aus 3 verschiedenen Gruppen zur Verfügung [1 ]
[55 ]. Bei Diagnose einer PH infolge einer Linksherzerkrankung ist die Therapie der Wahl
die Behandlung der linkskardialen Grunderkrankung [1 ].
Zur Evaluierung der Therapie einer kombiniert prä-postkapillären PH können Patienten
bei passenden Ein- und Ausschlusskriterien ggf. in eine eigens dafür aufgelegte Studie
(PASSION) eingeschlossen werden.
3 Differenzialdiagnose zwischen Gruppe 1 (PAH) und Gruppe 3 (PH bei chronischen Lungenerkrankungen)
3 Differenzialdiagnose zwischen Gruppe 1 (PAH) und Gruppe 3 (PH bei chronischen Lungenerkrankungen)
Die meisten Daten zu chronischen Lungenerkrankungen und PH liegen für die COPD und
für die idiopathische pulmonale Fibrose (IPF) vor. Möglicherweise weil diese traditionell
als Prototypen von Erkrankungen mit einer obstruktiven bzw. restriktiven Ventilationsstörung
gelten und darüber hinaus in Lungentransplantationskohorten vertreten sind, zu denen
invasiv hämodynamische Daten vorliegen [56 ]
[57 ]
[58 ]
[59 ]
[60 ]. Allerdings bestehen pathophysiologische Zusammenhänge, die durchaus auch auf andere
Lungenerkrankungen übertragbar sind.
Zunächst erscheint es intuitiv, dass mit zunehmender Parenchymschädigung der Lunge
auch der pulmonale Druck ansteigt. Dabei ist aber zu berücksichtigen, dass z. B. eine
Pneumektomie nicht zwangsweise zu einer PH führt bzw. die Schwere der lungenfunktionellen
Einschränkung nicht unbedingt mit der pulmonalen Hämodynamik korreliert, wohl aber
solche Patienten mit fortgeschrittener PH Charakteristika einer PAH haben können [2 ]
[56 ]
[57 ]
[61 ]
[62 ].
Bemerkenswert ist dabei, dass bereits eine milde Druckerhöhung in der pulmonalen Strombahn
(ab mPAP 19 mmHg) mit einer Prognoseverschlechterung sowohl bei Patienten mit einer
COPD als auch bei Patienten mit einer idiopathischen pulmonalen Fibrose (IPF) einhergeht
[63 ]
[64 ]. Andererseits können auch bei Patienten mit PAH milde strukturelle Lungenveränderungen
vorliegen, die mit einem schlechten Überleben vergesellschaftet sind [65 ]
[66 ].
Unabhängig von der zugrunde liegenden Lungenerkrankung führt das Auftreten einer komplizierenden
PH zu einer zusätzlichen funktionellen Einschränkung und ist mit erhöhter Mortalität
assoziiert [56 ]
[59 ]
[67 ].
Der klinische Verdacht auf das Vorliegen einer die chronische Lungenerkrankung (CLD)
komplizierenden PH kann geäußert werden, falls eine Belastungsdyspnoe vorliegt, die
nicht mit der lungenfunktionellen Einschränkung korreliert, ein betonter 2. Herzton
zu auskultieren ist und/oder Zeichen der Rechtsherzinsuffizienz vorliegen. Technisch
kann dies verbunden sein mit einer betonten Reduktion der Diffusionskapazität (DLCO;
z. B. < 40 % d. N.), Rechtsherzbelastungszeichen im EKG und erhöhten natriuretischen
Peptidspiegeln [2 ]
[68 ]
[69 ].
In diesem Fall sollte als nächster Schritt echokardiografisch die Wahrscheinlichkeit
einer PH geklärt werden. Danach ist, bei erhärteter Verdachtsdiagnose für das Vorliegen
einer PH und zu erwartender klinischer Konsequenz, die hämodynamische Diagnosesicherung
mittels RHK indiziert ([Abb. 5 ]).
Im Folgenden wird auf die Differenzialdiagnostik der PH bei chronischen Lungenerkrankungen
(CLD) mit besonderer Berücksichtigung der interstitiellen (ILD) und der chronisch
obstruktiven Lungenerkrankung (COPD) und deren Abgrenzung zur pulmonalarteriellen
Hypertonie (PAH) eingegangen ([Tab. 4 ], [Abb. 4 ] und [Abb. 5 ]).
Tab. 4
Differenzierung zwischen einer PAH und einer CLD PH[* ].
Kriterien für eine PAH
Kriterium
Kriterien für eine CLD PH
Schweregrad der chronischen Lungenerkrankung
Normale oder milde Einschränkung:
Lungenfunktion
Moderate oder schwere Einschränkung:
keine oder moderate Atemwegs- oder Parenchymveräanderungen
hochauflösende CT
charakteristische Atemwegs- oder Parenchymveränderungen
Hämodynamischer Schweregrad
moderate bis schwere PH
RHK
Echokardiografie
milde bis moderate PH
Unterstützende Hinweise und Tests
vorhanden
weitere PAH-Risikofaktoren (z. B. HIV-Test, Kollagenosen, BMPR II-Mutationen usw.)
nicht vorhanden
Zeichen der zirkulatorischen Limitation
CPET (Spiroergometrie)
Zeichen der ventilatorischen Limitation
Überwiegend ventilatorisches Profil
Überwiegend hämodynamisches Profil
RHK = Rechtsherzkatheter; CPET = kardiopulmonaler Belastungstest (Spiroergometrie);
IPF = idiopathische pulmonale Fibrose; BMPR II=Bone morphogenetic protein receptor
type II
* WSPH 2018 [2 ]
Pulmonale Hypertonie bei (begleitender) parenchymatöser Lungenerkrankung (ILD)
Bei der zunehmend sensitiven Schnittbildgebung der Lunge und der Aufmerksamkeit gegenüber
der interstitiellen Lungenerkrankung (ILD) im Kollagenosekollektiv, nicht zuletzt
durch eine kürzlich positive Therapiestudie bei Systemsklerosepatienten [70 ], kommt der Differenzierung zwischen 1) PAH und 2) PH auf dem Boden einer chronischen
Lungenerkrankung insbesondere in diesem Kollektiv eine große Bedeutung zu. Dabei sind
folgende Konstellationen denkbar: PH ohne ILD = PAH; PH mit ILD – entweder als PH
in der Folge einer ILD oder tatsächlich als koinzidente PAH.
Diese Differenzierung hat einen direkten Einfluss auf die Therapieentscheidung, ob
eine pulmonalvasoaktive Therapie eingesetzt werden sollte oder kann bzw. ob eine solche
Therapie sogar negative Auswirkungen haben kann [2 ]
[69 ].
Orientiert man sich an der systemischen Sklerose, ist Folgendes festzuhalten: Sowohl
für die diffus kutane Sklerodermie als auch für die limitierte Form kommt die PH in
ca. einem Drittel der Fälle ohne Fibrose vor – in diesem Fall fällt die Zuordnung
der PH zur Gruppe der PAH leicht. In zwei Dritteln der Fälle jedoch liegt gleichzeitig
zur PH auch eine (unterschiedlich ausgeprägte) ILD vor. In dieser Situation ist eine
PAH zwar möglich, mit zunehmendem Anteil der ILD steigt aber auch die Möglichkeit
einer PH infolge der ILD ([Abb. 2 ]), wenngleich es Argumente für eine Koexistenz von Vaskulopathie und Fibrose gibt
[30 ]. Unterstützt wird dies z. B. durch Beobachtungen im Kollektiv der Patienten mit
idiopathischer Lungenfibrose (IPF) – also vermutlich ohne immunologisch vermittelter
Vaskulopathie. In einer Studie an 488 IPF-Patienten mit moderat eingeschränkter Lungenfunktion
fand sich z. B. in 14 % dieser Patienten eine PH [71 ]. Wobei bei der Interpretation der lungenfunktionellen Daten darauf zu achten ist,
dass auch i. R. einer Kollagenose mit einer ILD im Sinne eines kombinierten Auftretens
von Fibrose und Emphysem (combined pulmonary fibrosis and emphysema – CPFE) zu rechnen
ist. Studien zur Häufigkeit von CPFE bei Kollagenose fehlen, möglicherweise weil bisher
der Emphysemaspekt außerhalb des Fokus lag. Möglicherweise ist die Entität, die zur
Entwicklung einer PH führt, unterschätzt [72 ].
Auch eine pulmonalvaskuläre Widerstandserhöhung infolge einer Obliteration durch eine
Kapillaritis, als ein die Fibrose begleitender Prozess, mag hier eine Rolle spielen.
Eine Grauzone wird hier immer bleiben.
Da die Übergänge zwischen den einzelnen Entitäten (PAH vs. CLD PH) fließend sind,
kann als Gedankenmodell die Aufteilung in einen (überwiegend) parenchymatösen und
einen (überwiegend) pulmonalvaskulären Phänotyp dienen, die jeweils zu einer PH bei
Kollagenosen führen können ([Abb. 2 ]). Dabei kann die Perspektive auf eine solche Gemengelage, welcher Phänotyp patientenindividuell
führt, unterschiedlich sein. Deshalb ist es erforderlich, möglichst objektive Kriterien
anzuwenden, die bei der Entscheidungsfindung helfen [2 ] ([Abb. 5 ]).
Die aktuelle Sichtweise auf die Differenzierung PAH vs. CLD PH nähert sich dem Problem
einerseits über die funktionelle Einschränkung durch das ventilatorische Defizit bzw.
den hämodynamischen Schweregrad und andererseits über den bildmorphologischen Eindruck
in der CT-Diagnostik [2 ]. Dieser Ansatz kann natürlich gut auf die Kollagenosen-assoziierte PAH und ILD angewandt
werden.
Betrachtet man den (lungen-)funktionellen Ansatz zur Unterscheidung, so scheint aufgrund
der Daten, die hauptsächlich aus den großen Zulassungsstudien für pulmonal vasoaktive
Substanzen bei PAH stammen, ein Cut off für die forcierte Vitalkapazität (FVC) von
60 – 70 % des Solls gerechtfertigt [73 ]
[74 ]. Mit zunehmend lungenfunktioneller Einschränkung (und morphologischen Veränderungen)
wird dann eine PH mit bzw. bei Lungenerkrankung wahrscheinlicher [2 ] ([Abb. 5 ]). Insbesondere weil die Funktionsdaten in Ruhe nicht vollständig auf die Belastungssituation
schließen lassen, kann es mittels Spiroergometrie zudem möglich sein, Zeichen einer
ventilatorischen bzw. zirkulatorischen Limitation unter Belastung zu unterscheiden
[2 ].
Auch das serologische Antikörpermuster könnte bei der Zuordnung der PH helfen. So
ist die PAH bei systemischer Sklerose häufiger beim Vorkommen von Antikörpern gegen
U3RNP zu beobachten, während Antikörper gegen Topoisomerase 1 eher mit der ILD assoziiert
sind [33 ]. Überdies besteht eine Korrelation zwischen einer vermehrten Genexpression für S100
calcium bindig protein P bei Patienten mit systemischer Sklerose und PH im Vergleich
zu solchen Patienten ohne PH. Für die Genexpression von Thrombospondin 1 konnte zudem
ein Unterschied zwischen Patienten mit PH und denen mit Fibrose gezeigt werden [75 ].
Auch beim systemischen Lupus erythematodes ist das Auftreten einer PAH signifikant
mit Antikörpern, diesmal gegen Ribonukleoprotein assoziiert [76 ].
COPD und pulmonale Hypertonie
Aufgrund der großen klinischen Relevanz und der bedeutenden Anzahl an COPD-Patienten
wird auf diese Konstellation und Besonderheiten hier gesondert eingegangen.
Da die COPD in Deutschland ca. 6 % der Gesamtbevölkerung betrifft [77 ], ist davon auszugehen, dass auch ca. 6 % der PAH-Patienten eine COPD als Komorbidität
haben.
Bei COPD-Patienten wird bei der Rechtsherzkatheteruntersuchung aufgrund eventuell
stark schwankender, intrathorakaler Druckwerte – bedingt durch das Air-Trapping bei
der Exspiration – eine digitale Mittelwertberechnung der aufgezeichneten Druckwerte
über mehrere Atemzyklen empfohlen [78 ].
Die Genese der COPD-assoziierten PH scheint multifaktoriell zu sein. So werden Tabakrauch,
endotheliale Dysfunktion, Inflammation, genetische Faktoren und strukturelle bzw.
funktionelle Lungenabnormalitäten mit den Veränderungen der Lungengefäße bei COPD
[78 ] und zudem genetische Varianten des Serotonin-Transporter-Gens mit der PH-Entstehung
bei COPD in Zusammenhang gebracht [79 ].
Die endotheliale Dysfunktion systemischer Gefäße ist ein weiterer Faktor und kann
bei COPD-Patienten zu einer systemischen Hypertonie und zu einer linksventrikulären
diastolischen Dysfunktion als einer alternativen Ursache einer PH (siehe PH bei Linksherzerkrankung;
PH Gruppe 2) führen. Dabei liegt bei bis zu 30 % der COPD-Patienten eine systolische
und/oder diastolische Herzinsuffizienz vor, die zu einer Erhöhung des PAWP und PAP
führen können [80 ]
[81 ]
[82 ]
[83 ]
[84 ].
Die Prävalenz der PH bei der COPD ist infolgedessen nicht nur abhängig vom Grad der
Atemwegsobstruktion (Global Initiative for Obstructive Lung Disease [GOLD] Stadium
2: ca. 6 %, GOLD Stadium 3 und 4: ca. 24 %) [85 ]
[86 ]. Ca. 50 % aller COPD-Patienten, die für eine Lungentransplantation oder für eine
chirurgische Lungenvolumenreduktion evaluiert werden, haben eine i. d. R. milde bis
moderate PH [61 ]
[85 ]
[87 ]
[88 ].
Auch in dieser COPD-Gruppe scheinen solche Patienten mit einer eher milden bis moderaten
Atemwegsobstruktion aber einer deutlichen PH eine getrennt zu beurteilende Patientengruppe
darzustellen [57 ]
[61 ]
[89 ].
Diese COPD-Patienten sind dadurch charakterisiert, dass sie neben ihrer eher weniger
stark ausgeprägten Atemwegsobstruktion eine deutlich erniedrigte Diffusionskapazität
für Kohlenmonoxid (DLCO) aufweisen und konsekutiv eine schwere Hypoxämie vorliegt,
diese Patienten eher hyperventilieren und über eine schwere Belastungsdyspnoe klagen
[57 ]. Des Weiteren ist die Belastbarkeit dieser Patienten vorwiegend zirkulatorisch limitiert,
wohingegen die Belastbarkeit der COPD-Patienten mit weniger stark ausgeprägter PH
typischerweise kombiniert zirkulatorisch und ventilatorisch limitiert ist [90 ].
Diese Patienten entwickeln im Gegensatz zu den COPD-Patienten mit einer mild bis moderaten
PH häufiger ein Rechtsherzversagen und haben eine schlechtere Prognose [57 ]
[89 ]
[90 ].
Die pulmonalvaskuläre Druckerhöhung dieser Patienten ist morphologisch durch eine
Rarefizierung der pulmonalen Strombahn von zentral nach peripher gekennzeichnet, sodass
der Begriff eines „pulmonalvaskulären Phänotyps“ [78 ] ([Tab. 5 ]) auch hier etabliert wurde. Ehemals wurde für diese Konstellation auch der Begriff
„out-off-proportion PH“ verwendet [78 ]
[90 ]
[91 ].
Tab. 5
Vorschlag zur Definition eines pulmonalvaskulären Phänotyps bei COPD [79 ].
Schwere pulmonale Hypertonie in Kombination mit
4 Differenzialdiagnose zwischen Gruppe 1 (Kollagenose-PAH) und Gruppe 4 (chronisch
thromboembolische PH)
4 Differenzialdiagnose zwischen Gruppe 1 (Kollagenose-PAH) und Gruppe 4 (chronisch
thromboembolische PH)
Das Vorliegen nicht rekanalisierter Lungenembolien diagnostisch auszuschließen ist
essenziell, da das therapeutische Vorgehen für diese Gruppe der Patienten mit PH sich
grundlegend von den anderen Formen der PH unterscheidet. Die Differenzierung ist insbesondere
bei partiell immobilisierten Patienten und beim Nachweis von assoziierten Thrombophilien
(z. B. i. R. eines Antiphospholipid-Antikörper-Syndroms) zu bedenken.
Insbesondere der systemische Lupus erythematodes ist mit dem Vorkommen von Antiphospholipid-Antikörpern
oder gar einem Antiphospholipid-Syndrom verbunden. In einer Studie an 178 SLE-Patienten
konnten bei 42,7 % der Patienten wenigstens einer der klassischen Antiphospholipid-Antikörper
nachgewiesen werden [92 ]. Insofern ist eine Risikokonstellation für die Entstehung einer CTEPH vorstellbar.
In einer Kohorte von 203 Patienten mit SLE fand sich jedoch lediglich ein CTEPH-Patient
[93 ]. Insgesamt gibt es zur Prävalenz von Lungenembolien und CTEPH bei Patienten mit
Kollagenose kaum belastbare Zahlen.
5 Differenzialdiagnose zwischen Gruppe 1 (Kollagenose-PAH) und Gruppe 5 (z. B. PH
bei terminaler Niereninsuffizienz und Hämodialysepflicht)
5 Differenzialdiagnose zwischen Gruppe 1 (Kollagenose-PAH) und Gruppe 5 (z. B. PH
bei terminaler Niereninsuffizienz und Hämodialysepflicht)
In der Folge einer renalen Manifestation einer Kollagenose kann eine Niereninsuffizienz
bis bin zu ihrer terminalen Form mit Dialysepflicht auftreten. Diese wiederum ist
selbst ein Risikofaktor für das Auftreten einer PH, sodass auch in diesem Kollektiv
(subsumiert in der Gruppe 5 der klinischen Klassifikation der PH) eine signifikante
Anzahl von Patienten mit Kollagenose und PH erwartet werden kann.
Zusammenfassung der differenzialdiagnostischen Überlegungen
Zusammenfassung der differenzialdiagnostischen Überlegungen
Aus den hier aufgezeigten Korrelationen und Häufungen auch, aber nicht nur, im Kollektiv
der Kollagenosepatienten geht hervor, wie schwierig die differenzialdiagnostische
Abgrenzung einer PH sein kann. Letztlich müssen die Einzelbefunde immer in ein Gesamtgefüge
eingebettet werden, zur Charakterisierung eines Phänotyps führen und dürfen den vollständigen
diagnostischen Zugang (bis zum RHK) nicht verwehren. Oftmals ist der Schweregrad der
invasiv gemessenen hämodynamischen Parameter (z. B. bei der Definition einer schweren
PH bei CLD) sowie deren differenzierte und detaillierte Messung (z. B. bei der Verschlussdruckmessung
bei PH und einer Linksherzerkrankung) der entscheidende Marker, um das weitere Vorgehen
festzulegen und die Diagnose einer relevanten und limitierenden pulmonalvaskulären
Erkrankung mit PH zu ermöglichen. Trotz aller Anstrengungen ist es in manchen Fällen
i. R. der Erstdiagnose nicht möglich, eine Differenzierung zwischen den einzelnen
Ätiologien der PH zu erlangen. In solchen Fällen ist es essenziell, die weitere klinische
Entwicklung und die unterschiedlichen Parameter im Verlauf zu reevaluieren.