Aktuelle Rheumatologie 2020; 45(05): 366
DOI: 10.1055/a-1190-9073
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Prävalenz von Kiefergelenkbeteiligung bei juveniler idiopathischer Arthritis

Contributor(s):
Marisa Kurz
Glerup M. et al.
Longterm outcomes of temporomandibular joints in juvenile idiopathic arthritis: 17 years followup of a nordic juvenile idiopathic arthritis cohort.

J Rheumatol 2020;
47: 730-738
 

    Eine Kiefergelenkbeteiligung bei juveniler idiopathischer Arthritis (JIA) kann nicht nur die Gelenkfunktion und Lebensqualität der Betroffenen erheblich einschränken, sondern auch zu dento-fazialen Deformitäten wie Retrognathie oder Mikrognathie, oder zu Gesichtsasymmetrien führen. Eine neue Studie untersucht die Prävalenz der Kiefergelenkbeteiligung bei Patienten mit JIA 17 Jahre nach Krankheitsbeginn. Bestimmte Prädikatoren können die Entwicklung radiologisch nachweisbarer Kiefergelenkdeformitäten vorhersagen.


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    Die Probanden der Studie wurden aus der Nordic JIA Cohort, einer prospektiven Studie, die zwischen 1997 und 2000 Patienten einschloss, ausgewählt.

    Von insgesamt 510 Probanden in der Kohorte kamen 420 für die Untersuchung orofazialer Beschwerden in Frage, von ihnen wurden 265 (63,1%) in die Studie eingeschlossen. Die Patienten wurden klinisch untersucht und sollten einen Fragebogen zu ihren Beschwerden ausfüllen, bei 245 Patienten wurde außerdem eine Computertomografie des Gesichts angefertigt. Das mittlere Alter der Teilnehmer lag bei 23,5±4,2 Jahren, 186 von ihnen (70,2%) waren weiblich. Die mittlere Zeit vom Krankheitsbeginn bis zur Follow-Up Untersuchung der orofazialen Symptome lag bei 17,3±1,3 Jahren. Bei 61,1% der Teilnehmer war die Krankheit beim Follow-Up inaktiv, 12,8% von ihnen nahmen Medikamente und 37,4% keine. 10,9% hatten eine inaktive Krankheit, erfüllten die formalen Remissionskriterien aber nicht. 200 gesunde Teilnehmer bildeten eine Vergleichsgruppe, das mittlere Alter lag bei 23,6±2,9 Jahren, 52,5% waren weiblich.

    87 der 265 JIA-Patienten (32,8%) berichteten über mindestens ein orofaziales Symptom, dies war in der Kontrollgruppe ähnlich (p=0,11). Die Probanden berichteten im Vergleich zur Kontrollgruppe allerdings signifikant häufiger über Kiefergelenkschmerzen, Steifigkeit, Einschränkungen beim Kauen und hatten häufiger mehrere Symptome gleichzeitig.

    Die maximale Mundöffnung war bei den Probanden signifikant geringer als in der Kontrollgruppe (p<0,001). Auch litten die JIA-Patienten häufiger an Schmerzen bei der Palpation des Gelenks. Bei 60,8% der Probanden wurden in der CT Deformitäten und/oder Erosionen des Gelenks festgestellt. Deformitäten und Erosionen lagen bei 43,5% der Probanden vor. In 69,8% der Fälle gab es beidseitige Veränderungen. Am häufigsten waren die Veränderungen bei Patienten mit negativen Rheumafaktoren, am seltensten in der Gruppe der Patienten mit Enthesitiden.

    Als statistischen Risikofaktor für kondyläre Deformitäten konnten die Autoren eine orofaziale Dysfunktion und Behandlungen mit Biologicals identifizieren. Ein protektiver Faktor war eine Arthritis mit Enthesitis.

    Fazit

    17 Jahre nach Krankheitsbeginn leidet eine Mehrzahl von Patienten mit juveniler idiopathischer Arthritis an Deformitäten und/oder Erosionen der Kiefergelenke mit entsprechenden Beschwerden – auch, wenn die Krankheit inaktiv ist. Eine orofaziale Dysfunktion und eine Therapie mit Biologicals sind Prädikatoren für kondyläre Deformitäten. Die Autoren schlagen ein interdisziplinäres Follow-Up von JIA-Patienten auch im Erwachsenenalter vor, das eine Untersuchung auf orofaziale Dysfunktionen beinhaltet.

    Marisa Kurz M. Sc. B. A. München


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    Publication History

    Article published online:
    14 October 2020

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