Aktuelle Dermatologie 2020; 46(07): 293-294
DOI: 10.1055/a-1185-3115
Editorial

Handekzem – wieder von Interesse

Hand Eczema – Back in Focus
C. Bayerl
 
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Prof. Dr. med. Christiane Bayerl

In der Corona-Zeit waschen wir häufig und gründlich die Hände und tragen Desinfektionsmittel auf – und das mehrmals täglich. Das irritative Handekzem sehen wir daher durchaus häufiger in den Sprechstunden. Das chronische Handekzem (CHE) galt als vernachlässigte Erkrankung [1]. Erfreulicherweise lesen wir nun wieder vermehrt zum CHE in unseren dermatologischen Zeitschriften und das ist gut so und wichtig.

Ein Großteil des beruflichen Lebenswerks unseres geschätzten und früh verstorbenen Kollegen Diepgen hat sich mit dieser Thematik befasst. Die Leitlinie zum CHE hat er maßgeblich geprägt [2]. Sie steht nun zur Überarbeitung an. Die Jahres-Inzidenzrate des CHE liegt bei 5 – 8 %. Nur ein Drittel der Betroffenen suchen den Arzt auf. 90 % der Berufserkrankungen sind durch das chronische Handekzem bedingt. Die direkten Kosten für die Medizinische Versorgung belaufen sich auf 2650 Euro pro Patient und Jahr. Die indirekten Kosten, die durch das Fehlen am Arbeitsplatz und den Produktionsverlust bedingt sind, liegen bei 6150 Euro pro Jahr [3].

Das klinische Bild des CHE ist heterogen und es besteht kein Konsens zur Einteilung. Bisher übliche Klassifikationen richten sich nach der Ätiologie (allergisch, irritativ, atopisch) oder/und der Morphologie (dyshidrotisch, hyperkeratotisch) [1] [4]. Charakteristisch für die Proteinkontaktdermatitis (Bäcker, Fleischer, Köche) ist die berufliche Auslösung und der frühe Beginn unter 40 Lebensjahren [5]. Evidenzbasierte Hautschutzprogramme beinhalten Patientenschulung, Vermeidung der Allergene und Irritantien, Substitution und Protektion. Über §3-Maßnahmen der Berufsgenossenschaften wird versucht, einem CHE, bevor es zur Umschulung zwingt, frühzeitig entgegenzuarbeiten. Das Heidelberger Register CARPE sammelt Daten zum Handekzem und wertet den Erfolg von Schulungsmaßnahmen aus [4] [6].

Die Therapie des CHE besteht in Pflegemitteln, topischen Steroiden mit günstiger Benefit-Risk-Ratio, topischen Calcineurin-Inhibitoren und Teer-Zubereitungen, deren Wirkung wir nun seit den Forschungen zum Arylhydrokarbonrezeptor besser verstehen [2] [7] [8]. Weitere Maßnahmen sind Iontophorese und UV-Therapien wie Schmalspektrum-UVB, UVA-1 und Psoralen-UVA. Systemische Immunsuppresiva und orale Retinoide/Alitretinoin werden bei schweren Fällen eingesetzt. Langzeittherapien mit systemischen Steroiden verbieten sich, Antihistaminika sind ohne Effekt [2]. Eine neue Studie hat sich mit dem Einsatz von Alitretinoin bei Kindern auseinandergesetzt; Kopfschmerzen waren die häufigste Nebenwirkung [9]. Deglotinib, ein Pan-Januskinase-Inhibitor für die topische Anwendung, war in einer Behandlungszeit von 8 Wochen nicht signifikant besser als die Grundlage im Kontrollarm der klinischen Studie. Es wird diskutiert, dass die Behandlungszeit im Therapiearm zu kurz gewählt worden war [10]. Calcipotriol, als topisches Therapeutikum bei Psoriasis bekannt, konnte beim CHE bei allen klinischen Typen gute Wirkung zeigen [11]. Bei atopischem Handekzem mit Therapieversagen auf die üblichen systemischen Immunsuppressiva der bisherigen Leitlinie war Dupilumab effektiv. Im Handekezem-Score (HECSI) zeigte sich bei 60 % der Probanden eine Besserung um 75 % [12]. Studien mit der Indikation CHE sind notwendig, und das scheint nun verstanden zu werden.


Ihre

Christiane Bayerl, Wiesbaden


Interessenkonflikt

Die Autorinnen/Autoren geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht.


Korrespondenzadresse

Prof. Dr. med. Christiane Bayerl
Klinik für Dermatologie und Allergologie Wiesbaden
Helios, Dr. Horst Schmidt Kliniken
Hauttumorzentrum Wiesbaden
Ludwig-Erhard-Straße 100
65199 Wiesbaden

Publication History

Article published online:
14 July 2020

© Georg Thieme Verlag KG
Stuttgart · New York


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Prof. Dr. med. Christiane Bayerl