Zusammenfassung
Hintergrund Mit § 5 Abs. 12 BtMVV wurde die
Bundesärztekammer beauftragt, in einer Richtlinie den allgemein
anerkannten Stand der Erkenntnisse der medizinischen Wissenschaft zur
Substitutionsbehandlung Opioidabhängiger festzustellen.
Methode Für die initiale Fassung der Richtlinie der
Bundesärztekammer (BÄK) von 2002 war eine umfangreiche
wissenschaftliche Literaturrecherche durchgeführt und deren
Ergebnisse nach Evidenzklassen kategorisiert worden. Für die
nachfolgenden Überarbeitungen 2010 und 2017 wurden neuere
systematische Übersichtsarbeiten und Studien der Evidenzklassen
I–III ergänzt und mit internationalen Leitlinien zur
Substitutionsbehandlung abgeglichen.
Ergebnisse Mit einer Substitutionsbehandlung können
verschiedene gesundheitliche, suchtbezogene sowie psychische und soziale
Ziele verfolgt werden. Die Mortalitätsrate wird durch die Behandlung
reduziert, und bei 70 bis 80 % der Behandelten lässt sich
durch die Substitution der meist hochriskante Konsum illegal erworbener
Opioide weitgehend eindämmen. Durch eine psychosoziale Begleitung
kann der Behandlungserfolg verbessert werden, weshalb sie regelhaft
empfohlen werden soll. Für die Frage, wann bei welchen Patienten
für welchen Zeitraum eine Take-home-Verordnung gerechtfertigt ist,
fehlt es an wissenschaftlichen Erkenntnissen.
Schlussfolgerungen Die Richtlinie der Bundesärztekammer wurde
mit ihrer Novellierung 2017 auf der Grundlage des aktuellen Standes der
Wissenschaft zur Substitutionsbehandlung überarbeitet. Damit wird
für die behandelnden Ärztinnen und Ärzte mehr
Rechtssicherheit geschaffen, und die Behandlung kann an dem bestehenden
wissenschaftlichen Erkenntnisstand ausgerichtet werden. Es muss nun
evaluiert werden, ob dies auch positive Auswirkungen auf die
Versorgungssituation Opioidabhängiger hat und mehr Ärztinnen
und Ärzte sich an der Versorgung beteiligen.
Abstract
Background According to the Narcotic Drugs Prescription Ordinance
(BtMVV), the German Medical Association was commissioned to issue a
directive on opioid substitution treatment (OST) based on the current state
of scientific medical knowledge.
Method For the publication of the initial version of the German
Medical Association‘s directive in 2002, an extensive literature
research had been conducted, categorizing the results by levels of evidence.
Subsequent revisions in 2010 and 2017 included recent systematic reviews,
studies of evidence levels I–III and international guidelines.
Results OST showed its potential in the pursuit of health- and
addiction-related as well as psychological and social goals. There was a
decline in the rate of mortality, and high risk consumption of illegally
acquired opioids was eliminated in 70 to 80% of patients in OST.
Psycho-social assistance was found to enhance treatment outcome. Scientific
evidence was lacking for the identification of patient groups suitable for
different duration of take-home prescription.
Conclusions With its 2017 amendment, the guideline of the German
Medical Association was revised on the basis of the current state of science
on substitution treatment. This creates more legal certainty for doctors,
and treatment can be delivered in accordance with the existing scientific
knowledge. Whether the effects of OST observed in this study have an impact
on the care of opioid addicts by attracting more doctors to participate in
their treatment needs further evaluation.
Schlüsselwörter Substitutionsbehandlung - Therapieziele - Therapiekontrolle - Take-home-Verordnung - Psychosoziale Betreuung - Substitutionsmittel
Key words Opioid substitution treatment - treatment goals - treatment monitoring - take-home prescription - psycho-social assistance - medication