Phlebologie 2020; 49(05): 283-288
DOI: 10.1055/a-1171-4996
Kasuistik

Ulzerationen der unteren Extremität – nicht immer venös bedingt

Ulcers of the lower limb – not always due to chronic venous insufficiency
Greta Zinser
Klinik für Dermatologie, Venerologie und Allergologie, UKSH Campus Lübeck
,
Birgit Kahle
Klinik für Dermatologie, Venerologie und Allergologie, UKSH Campus Lübeck
,
Anna Lena Recke
Klinik für Dermatologie, Venerologie und Allergologie, UKSH Campus Lübeck
,
Nathalie Stutz
Klinik für Dermatologie, Venerologie und Allergologie, UKSH Campus Lübeck
› Author Affiliations
 

Zusammenfassung

Ulzerationen der unteren Extremität sind ein häufiger Vorstellungsgrund in der phlebologischen Sprechstunde. Dementsprechend können dem phlebologisch tätigen Arzt neben gängigen Differenzialdiagnosen wie dem venösen, arteriellen und gemischten Ulkus auch weniger häufige, mit Ulzerationen assoziierte Krankheitsbilder begegnen. Eine sorgfältige Anamnese und eventuelle Umfelddiagnostik sind neben der sonografischen Untersuchung essenziell.

Wir berichten über einen 77-jährigen Patienten, der vom Hausarzt zur Abklärung von vor 3 Jahren aufgetretenen Ulzerationen am Oberschenkel vorgestellt wurde.

Die vorliegende Kasuistik beschreibt die differenzialdiagnostische Aufarbeitung, an deren Ende die Ulzerationen am Oberschenkel, ursprünglicher Grund der Vorstellung, als ulzerierte Granulome im Rahmen der bekannten Sarkoidose diagnostiziert wurden. In den Vordergrund der ausführlichen Umfelddiagnostik geriet allerdings das Aderhautmelanom mit multiplen Metastasen-verdächtigen Befunden insbesondere im Gehirn und pulmonal.

Bedauerlicherweise verstarb der Patient unerwartet kurz vor Abschluss der Diagnostik und vor der Einleitung einer spezifischen Therapie aufgrund einer akuten Einblutung in einen Metastasen-verdächtigen zerebralen Rundherd.


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Abstract

Ulcerations of the lower extremity are a common reason for consultations in phlebology outpatient clinics. In addition to common differential diagnoses, such as venous, arterial and mixed ulcers, phlebologists may also encounter less frequent clinical causes of ulcerations. Careful assessment of the patient’s medical history and a critical evaluation of possible differential diagnoses are therefore essential in addition to the sonographic examination.

Here, we report the case of a 77-year-old patient presented by the general practitioner for the diagnostic clarification of ulcerations on the thigh that appeared three years ago.

The case report describes the differential diagnostic work-up, at the end of which the ulcerations on the thigh were diagnosed as ulcerated granulomas in the context of a known sarcoidosis. However, the comprehensive diagnostic tests additionally uncovered a choroidal melanoma with multiple findings suspected of being metastatic, particularly in the brain and lungs.

Regrettably, the patient died unexpectedly slightly prior to completion of the diagnostic process and before a specific therapy could be initiated, due to an acute hemorrhage in a cerebral round focus suspected of being metastatic.


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Kasuistik – Anamnese

Der 77-jährige Patient stellte sich mit der Diagnose „Ulcus cruris“ in unserer Venensprechstunde vor. Er berichtete über 2 Ulzerationen am rechten Oberschenkel im Bereich einer Narbe, welche seit 3 Jahren bestünden. Schmerzen bestünden vor allem bei Berührung, die Läsionen würden sich langsam vergrößern. Erstmalig aufgetreten seien die Ulzerationen nach einer Thrombose im rechten Bein 3 Jahre zuvor. Ob es sich um eine tiefe oder eine oberflächliche Venenthrombose gehandelt hatte, war nicht eruierbar. Zudem bestünde am Oberschenkel eine Narbe als Folge einer Verletzung in der Kindheit (Pferdetritt). An Vorerkrankungen gab der Patient ein Aderhautmelanom, eine Sarkoidose, eine koronare Herzerkrankung, einen Diabetes mellitus Typ 2 und eine Hypothyreose an.

Das Aderhautmelanom bestünde am linken Auge und sei 6 Jahre zuvor auswärts diagnostiziert und im selben Jahr mittels Brachytherapie behandelt worden. Weitere Therapien seien nicht durchgeführt worden, eine Therapie mit Anti-VEGF-Präparaten sei vom Patienten abgelehnt worden. Eine Nachsorge hätte ebenfalls nicht regelmäßig stattgefunden. Zudem bestehe eine Sarkoidose seit 5 Jahren. Vorbekannt waren sowohl bipulmonale Rundherde als auch eine mediastinale Lymphadenopathie, keine nachgewiesene Hautbeteiligung. Bei normwertiger Spirometrie und Bodyplethysmografie habe keine Indikation für eine spezifische Therapie der Sarkoidose bestanden. Zudem bestand eine koronare Herzerkrankung, welche zum Zeitpunkt der Aufnahme nicht behandelt wurde. Bezüglich eines Diabetes mellitus Typ 2 nahm der Patient orale Antidiabetika ein und spritzte zudem Insulin zur Nacht. Seit wann der Diabetes bestand war nicht eruierbar. Eine Hypothyreose wurde mit Schilddrüsenhormonen behandelt.

Aufgrund der atypischen Morphologie und Lokalisation der Ulzera, des hochsuspekten sonografischen Befundes ([Abb. 2]) und der Vorgeschichte erfolgte eine stationäre Aufnahme zur ausführlicheren Umfelddiagnostik.

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Abb. 2 Sonografie des rechten Oberschenkels im Bereich der Narbe.

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Diagnostik – Hautbefund bei Erstvorstellung

Am rechten Oberschenkel zeigte sich eine 20 cm lange Narbe mit 2 Ulzerationen, jeweils ca. 1 × 3 cm messend ([Abb. 1]). Subkutan ließen sich mehrere derbe, knotige Raumforderungen tasten. Rechts inguinal keine vergrößerten Lymphknoten. Das übrige Integument zeigte sich unauffällig, keine tastbaren Knoten, keine Ulzerationen.

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Abb. 1 Hautbefund Oberschenkel rechts bei Erstvorstellung.

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Duplexsonografie der Beinvenen, Sonografie der Haut und Subkutis bei Erstvorstellung

Es erfolgte eine ausführliche phlebologische Diagnostik mittels Duplexsonografie. Die Stammvenen zeigten sich kompetent, rechtsseitig zeigte sich ein kurzstreckiger Reflux der Vena accessoria superficialis der Vena saphena magna im Bereich der Narbe. Die tiefen Leitvenen zeigten sich beidseits kompressibel, glattwandig, frei durchgängig und kompetent. Sowohl in den Stamm- als auch in den Leitvenen ließen sich beidseits keine Residuen einer stattgehabten venösen Thrombose nachweisen.

Auffällig zeigte sich der Befund im Bereich des rechten Oberschenkels. Dort fanden sich im Bereich der Narbe multiple subkutane, teils echoarme, teils echoreiche Raumforderungen in der Subkutis ([Abb. 2]).

In der rechten Leiste zeigten sich zudem auffällig vergrößerte Lymphknoten ([Abb. 3]).

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Abb. 3 Sonografie der Lymphknoten in der rechten Leiste.

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MRT Oberschenkel (erster stationärer Aufenthalt)

Befund: Es zeigten sich mehrere subkutane Läsionen entlang des Musculus vastus intermedius des medialen linken Oberschenkels. Kein sicherer Ausschluss von Metastasen möglich.


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Ophthalmologischer Befund (erster stationärer Aufenthalt)

Eine Untersuchung des linken Auges zeigte eine Fovea-nahe Strahlennarbe nach temporal auslaufend, mittig darum einen prominenten Tumor, im Sinne des bekannten Aderhautmelanoms.


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CT Thorax/Abdomen (erster stationärer Aufenthalt)

Bipulmonale Rundherde und Mikronoduli sowie mediastinale und bihiläre Lymphknoten bis 14 mm im Diameter. Anzahlvermehrte und pathologisch vergrößerte Lymphknoten in der Leberpforte, im mesenterialen Fettgewebe sowie paraaortal und parailiakal, am ehesten vereinbar mit bipulmonalen Lungenmetastasen. Dringender Verdacht auf multiple abdominelle Lymphknotenmetastasen.


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MRT Gehirn (erster stationärer Aufenthalt)

Rundliche, 8 × 9 mm messende Läsion an der Mark-Rinden-Grenze des Cuneus links. Links lateral Kontrastmittel-anreichernde Raumforderung der Bulbuswand des linken Auges, als Korrelat für das beschriebene Aderhautmelanom. Hochgradiger Verdacht auf eine einzelne Hirnmetastase im Cuneus.


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Laborparameter (erster stationärer Aufenthalt)

S-100 (Serum): 0,03 µg/l (Referenz: < 0,11 µ/l)
IL-2-Rezeptor (Serum): 1252 kU/l (Referenz: < 623 kU/l)
LDH (Heparin-Plasma): 180 U/l (Referenz: < 250 U/l)
Kleines Blutbild im Normbereich, geringfügig erhöhter Natriumwert [148 mmol/l (Referenz 136–145 mmmol/l)], erniedrigte GFR [83 ml/min/1 (Referenz: > 90 ml/min/1)], erhöhte gamma-GT [144 U/l (Referenz < 60 U/l)].


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Histologie Ulkusrand (erster stationärer Aufenthalt)

In der entnommenen Spindelbiopsie zeigten sich ausgedehnte, bis in die Subkutis reichende epitheloide, CD68-positive Granulome, mit einem nur geringen begleitenden lymphozytären Entzündungsinfiltrat im Randbereich ([Abb. 4], [5]). Daneben teils ausgedehnte Areale mit einer zellarmen Nekrose mit einem vollständigen Verlust der Hautadnexe. Multifokal zeigten sich zentral innerhalb der epitheloiden (sarkoiden) Granulome komprimierte Gefäßlumina ([Abb. 6]). Zum Ausschluss einer Melanommetastase erfolgte noch eine immunhistochemische Färbung mit Antikörpern gegen S100, hier färbten sich die Granulome nicht an ([Abb. 7]).

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Abb. 4 Histologie Ulkusrand Oberschenkel rechts, HE-Färbung, 20-fache Vergrößerung.
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Abb. 5 Histologie Ulkusrand Oberschenkel rechts, CD68-Färbung, 20-fache Vergrößerung.
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Abb. 6 Histologie Ulkusrand Oberschenkel rechts, CD34-Färbung, 20-fache Vergrößerung.
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Abb. 7 Histologie Ulkusrand Oberschenkel rechts, S100-Färbung, 20-fache Vergrößerung.

Bei bekannter systemischer Sarkoidose zeigte sich der Befund vereinbar mit einer kutanen Sarkoidose. Der Befund zeigte sich bei fehlender Nekrobiosezone nicht typisch für die sowohl von der Lokalisation als auch von der Histologie granulomatöser Erkrankungen möglichen Differenzialdiagnosen, wie ein tiefes Granuloma anulare oder eine Necrobiosis lipoidica. Gegen eine infektiöse Genese sprach das sehr geringe entzündliche Begleitinfiltrat ohne Nachweis vermehrter neutrophiler Granulozyten. Asteriod-Bodies und Schaummann-Bodies ließen sich zwar nicht finden, jedoch zeigte sich ein repräsentativer Befund für Granulome.

Ungewöhnlich war die Anordnung der Granulome um Gefäße und teilweise auch um kleine Nerven. Die hieraus resultierende Okklusion der Gefäße erklärte jedoch die ausgedehnten ischämischen Nekroseareale und Ulzerationen des Patienten.


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CT Thorax/Abdomen (Kontrolle)

Progrediente Lungenmetastasen, Verdacht auf eine Pleurakarzinose. Lymphknotenvergrößerungen abdominell, größenkonstant, Verdacht auf Metastasen DD Sarkoidose. Neue Läsionen in der Leber, ebenfalls Metastasen-suspekt.


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MRT Hirn (Kontrolle)

Erheblicher Größenprogress der mutmaßlichen Metastase links okzipital mit einem maximalen Durchmesser von etwa 23 mm. Im Bulbus oculi links weiterhin die bekannte Raumforderung.


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Verlauf

Nach der Erstvorstellung wurde aufgrund des hochsuspekten Befundes in der Sonografie ([Abb. 2]) die stationäre Abklärung veranlasst. In diesem Rahmen erfolgte eine ausführliche Umfelddiagnostik. Die radiologische Diagnostik zeigte sich nicht wegweisend in Bezug auf die Genese der Ulzerationen. In der histologischen Untersuchung einer Probe aus dem Ulkusrand zeigte sich diese schließlich vereinbar mit einer sarkoiden granulomatösen Dermatitis. Besonders auffällig waren das perivaskuläre Wachstum der Granulome und die resultierende Okklusion von Gefäßen, durch welche sich die Entstehung der Ulzera erklären ließ ([Abb. 6]). Eine Metastase des Aderhautmelanoms ließ sich zudem ausschließen.

Im weiteren Verlauf erfolgten aufgrund der radiologischen Befunde weitere Kontrolluntersuchungen. Hier zeigten sich eine deutliche Progredienz des Tumorgeschehens mit größenprogredienten Metastasen in der Lunge und einer Pleurakarzinose sowie Metastasen-suspekte Läsionen in der Leber und die Größenprogredienz der Raumforderung im Cuneus. Eine Punktion der Metastasen-verdächtigen Läsionen sowohl im Hirn als auch in der Lunge wurde zeitnah geplant. Diese Diagnostik konnte jedoch nicht mehr durchgeführt werden, da der Patient kurze Zeit später eine akute intrakranielle Blutung, am ehesten aufgrund einer Einblutung in die bekannte Metastasen-verdächtige Raumforderung im Cuneus, erlitt, an der er verstarb. Eine Obduktion posthum erfolgte nicht.


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Diskussion

Der vorgestellte Fall zeigt deutlich, dass Ulzerationen der unteren Extremität einer komplexen Genese zugrunde liegen können. Besonders auffällig ist, dass die initiale Verdachtsdiagnose im Hinblick auf die Vorgeschichte des Patienten eine Vielzahl von Differenzialdiagnosen wahrscheinlich machte. Allein die histologische Untersuchung machte es in diesem Falle möglich, die korrekte Diagnose zu stellen, denn sowohl klinische als auch radiologische Untersuchungen konnten keine wegweisenden Aussagen hervorbringen.

Generell können Ulzerationen der unteren Extremität verschiedenste Ursachen aufweisen. Am häufigsten sind venöse und arterielle Erkrankungen. In diesem Fall zeigten sich die Läsionen in der Magnetresonanztomografie in der Subkutis am Oberschenkel rechts vereinbar mit entzündlichen Veränderungen nach Varikosisentfernung. Operative Eingriffe an Venen können zur Ausschüttung von Entzündungsmarkern führen und das manipulierte Gewebe anschwellen lassen [1]; bei interventionellen Eingriffen wie der Schaumsklerosierung ist zudem das Auftreten von atypischen Ulzerationen im Bereich der Applikation beschrieben [2]. Interventionen an den Venen waren im Vorfeld in diesem Fall jedoch nicht erfolgt.

Zudem können sich Systemerkrankungen wie die Sarkoidose an der Haut als Ulzeration manifestieren [3]. Die Hautbeteiligung einer Sarkoidose ist mit 25–30 % [4] eine häufige Manifestation dieser Erkrankung und kann in ihrer Erscheinung deutlich variieren. Häufig ist die Manifestation an der Haut als papulöse bzw. knotige Form [5]. Es wurde beobachtet, dass diese im Verlauf ulzerieren können [6]. Das Auftreten von primären Ulzerationen bei Sarkoidose gilt als selten und wurde bisher vor allem bei Patienten mit zusätzlicher Organbeteiligung beobachtet [4]. Eine Narbensarkoidose wird häufiger beobachtet, stellt sich jedoch in der Regel als Form der papulösen kutanen Sarkoidose dar [4]. In der Literatur sind Fälle von Patienten mit Ulzerationen vor allem der unteren Extremitäten beschrieben, welche sich aufgrund einer Sarkoidose manifestiert hatten. Bei 3 beschriebenen Fällen war zum Zeitpunkt des Auftretens der Ulzerationen keine Sarkoidose bekannt [7] [8] [9].

Als wichtige Differenzialdiagnose kam beim hier vorgestellten Patienten auch das bekannte Aderhautmelanom als Ursache für die Ulzerationen infrage. Subkutane Metastasen maligner Melanome kommen in ca. 2–5 % der Fälle vor und können im Verlauf ulzerieren [10] [11].

Zu den genannten Differenzialdiagnosen bei Ulzerationen der unteren Extremität zählen auch diabetogene Ulzera. Das Lebenszeitrisiko für einen an Diabetes mellitus erkrankten Patienten, ein diabetisches Ulkus zu erleiden, liegt bei ca. 25 % [12]. Häufig manifestieren sich solche Ulzerationen an den Füßen, der sogenannte diabetische Fuß [13]. Pathogenetisch sind vor allem die sensorische Neuropathie und Ischämie der peripheren Gefäße relevant. Klinisch zeigte sich bei dem Patienten allerdings kein Hinweis auf eine diabetische Genese der Ulzerationen.

Weiterhin können auch seltenere Ursachen wie Vaskulitiden oder maligne Geschehen für die Entstehung einer Ulzeration verantwortlich sein [14].

Zudem können auch andere maligne Hautveränderungen zu ulzerierenden Tumoren an der Haut führen. Besonders zu nennen ist in diesem Zusammenhang das Narbenkarzinom oder Majorlin-Ulkus. Es handelt sich hierbei häufig um ein Plattenepithelkarzinom der Haut, seltener auch Basalzellkarzinom, welches auf chronisch entzündeter oder irritierter Haut entsteht. Meist bilden sich diese Tumoren auf chronischen Wunden, jedoch entstehen sie ebenfalls auf Narben [15]. Die meisten Fallberichte finden sich zu Plattenepithelkarzinomen, welche auf Brandnarben entstanden, jedoch finden sich auch Fallberichte zu malignen Hautveränderungen auf Narben durch Schnitt- oder Riss-Quetschverletzungen [16] [17] [18] [19].

Bei dem hier vorgestellten Patientenfall wurden bei der Erstvorstellung wichtige Differenzialdiagnosen in Betracht gezogen und die notwendige Diagnostik veranlasst. Der klinische Befund und auch die Ergebnisse der Duplexsonografie machten eine venöse Genese der Ulzerationen unwahrscheinlich. Dagegen legte die Sonografie zunächst ein malignes Geschehen als Ursache nahe. Die pulmonalen Rundherde wurden radiologisch am ehesten als Metastasen-suspekt eingeordnet und weniger als Ausdruck einer Zunahme der Krankheitsaktivität der Sarkoidose. Die weiteren radiologischen Befunde legten nach und nach einen Progress des vorbekannten Aderhautmelanoms nahe. Schlussendlich war es der histologische Befund, welcher sich als wegweisend in Hinblick auf die Genese der Ulzerationen zeigte. Die sarkoide granulomatöse Dermatitis zeigte sich gut vereinbar mit einer kutanen Manifestation der vorbekannten Sarkoidose.

Leider zeigten sich im weiteren Verlauf deutliche Anzeichen für einen Progress des Aderhautmelanoms, welche eine Abklärung erforderten. Trotz der zeitnahen Terminplanung war es jedoch aufgrund des unerwarteten Todes des Patienten nicht möglich, eine histologische Abklärung der Lungenrundherde bzw. des Rundherdes im Hirn durchzuführen. Ob eine Melanom-Filia für den Tod des Patienten verantwortlich war, ist weiterhin unklar. Bei einer histologischen Sicherung von Melanom-Metastasen hätten sonst am ehesten eine Immunkombinationstherapie mit PD-1-Blockern bzw. MEK-Inhibitoren oder ein Studieneinschluss als Therapieoptionen in Betracht gezogen werden können.

Der vorgestellte Fall zeigt deutlich, dass eine umfassende Umfelddiagnostik in Bezug auf die Abklärung von komplexen Ulzerationen unabdingbar ist. Sie zeigt, dass der ursprüngliche Vorstellungsgrund einen weitaus kritischeren Verlauf nahm, als es zunächst den Anschein hatte, und sich neben einer neuen, am ehesten kutanen Manifestation einer Sarkoidose zudem der deutliche Progress der malignen Vorerkrankung als zufälliger Befund zeigte. Die Zusammenarbeit mehrerer Fachdisziplinen war hier unbedingt erforderlich und setzte eine gute interdisziplinäre Kommunikation sowie das Wissen über mögliche weitere Ursachen voraus.


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Interessenkonflikt

Die korrespondierende Autorin erklärt, dass sie innerhalb der vergangenen 3 Jahre zwei Mal im Rahmen der DGP Tagung eine Reisekostenunterstützung der Firma medi und in diesem Jahr eine Forschungsunterstützung der Firma Juzo erhalten hat. Diese Unterstützungen stehen in keiner Weise im Zusammenhang mit dieser Publikation.


Korrespondenzadresse

Greta Zinser
Klinik für Dermatologie, Venerologie und Allergologie
UKSH Campus Lübeck
Ratzeburger Allee 160
23538 Lübeck
Deutschland   

Publication History

Article published online:
16 October 2020

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Abb. 2 Sonografie des rechten Oberschenkels im Bereich der Narbe.
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Abb. 1 Hautbefund Oberschenkel rechts bei Erstvorstellung.
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Abb. 3 Sonografie der Lymphknoten in der rechten Leiste.
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Abb. 4 Histologie Ulkusrand Oberschenkel rechts, HE-Färbung, 20-fache Vergrößerung.
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Abb. 5 Histologie Ulkusrand Oberschenkel rechts, CD68-Färbung, 20-fache Vergrößerung.
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Abb. 6 Histologie Ulkusrand Oberschenkel rechts, CD34-Färbung, 20-fache Vergrößerung.
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Abb. 7 Histologie Ulkusrand Oberschenkel rechts, S100-Färbung, 20-fache Vergrößerung.