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DOI: 10.1055/a-1163-0261
BRAF-Inhibitoren lösen oftmals die Grover-Krankheit aus
Die Grover-Krankheit (GD) ist eine vorübergehende akantholytische Dermatose, die sich als stark juckender Hautausschlag am oberen Rumpf und an den Extremitäten zeigt. Es wird vermutet, dass Chemotherapeutika, die über den Schweiß ausgeschieden werden, in der Epidermis akkumulieren und eine epidermale Toxizität zur Folge haben. Singh et al. beschreiben einen Patienten, der die GD nach der Verabreichung von Vemurafenib entwickelt hat.
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Der 72-jährige Patient stellte sich den Ärzten mit einem leicht juckenden, erythematösen, papulösen Ausschlag vor, der die Arme und Brust bedeckte. Bei der körperlichen Untersuchung stellten die Experten 1 – 6 mm rote Papeln mit zentralen Ulzerationen und Krusten und einem atypischen Gefäßmuster fest. Laut dem Patienten begann der Hautausschlag 2 Wochen vor der Untersuchung nach Beginn einer Vemurafenib-Monotherapie, die zur Behandlung einer rezidivierenden Haarzellen-Leukämie begonnen wurde. Die Forscher untersuchten eine Rasurbiopsie, die eine prominente suprabasilare Akantholyse und Dyskeratose mit vorderseitigen Zotten an der Basis und eine assoziierte lymphozytoplasmatische Entzündung zeigte. Nach Rücksprache mit den Onkologen des Patienten stellten die Ärzte die Vemurafenib-Therapie ein, stattdessen wurde der Patient 2-mal täglich mit Clobetasol 0,05 %-Creme und Hautpflegecreme behandelt, bis der Ausschlag abgeheilt war.
Die Pathogenese der GD ist noch nicht vollständig geklärt. Schon mehrfach berichteten Experten über eine medikamenteninduzierte GD bei Patienten, die eine BRAF-Inhibitor-Monotherapie erhielten. Eine Studie kam zu dem Ergebnis, dass der durch den BRAF-Inhibitor induzierte Ausschlag mit einer Aktivierung des MAP-Kinase-Wegs zusammenhängt, die zu einer Keratinozytenproliferation führt. In einem anderen Fall entwickelten 27 % der Patienten, die im Rahmen einer klinischen Phase-I/II-Studie zur Testung des BRAF-Inhibitors Dabrafenib teilnahmen, eine GD. Die Autoren stimmen darin überein, dass diese Hautläsionen mit der durch den BRAF-Inhibitor induzierten Keratinozytenproliferation zusammenhängen. Diese Hypothese wird durch die Ergebnisse einer weiteren retrospektiven Kohortenstudie gestützt, in der gezeigt wurde, dass Vemurafenib mit einer Vielzahl anderer hyperkeratotischer kutaner Nebenwirkungen assoziiert ist. Die häufigste kutane Nebenwirkung nach der Behandlung mit einem BRAF-Inhibitor war jedoch mit 42,9 % der Fälle die GD. Die Forscher postulierten mehrere Theorien zur Pathogenese von GD. Eine Theorie zur Entstehung der medikamentös induzierten GD ist, dass die von den Chemotherapeutika erzeugten Metaboliten über den Schweiß ausgeschieden und konzentriert werden, was zu einer Akkumulation in der Epidermis mit daraus resultierender epidermaler Toxizität und der nachfolgenden Dyskeratose und Akantholyse führt. Eine weitere Theorie geht jedoch davon aus, dass die Erkrankung das Ergebnis eines Off-Target-Effekts der BRAF-Inhibitoren sein könnte. Laut einer weiteren Studie scheint die Kombinationstherapie mit einem MEK-Inhibitor die BRAF-induzierte GD zu verhindern.
Aufgrund der erhöhten Prävalenz bei Patienten mit hämatologischer Malignität ist es in vorliegendem Fall nicht leicht, einen direkten kausalen Zusammenhang zwischen dem Beginn der Vemurafenib-Therapie und der Entwicklung der GD nachzuweisen, da sich die GD auch zufällig entwickelt haben könnte.
Die medikamenteninduzierte Grover-Krankheit wird häufig durch eine BRAF-Inhibitor-Monotherapie ausgelöst. Dieser unerwünschte Effekt kann möglicherweise durch die Zugabe eines MEK-Inhibitors verhindert werden. Patienten, die mit BRAF-Inhibitoren behandelt werden, sollten unbedingt routinemäßig dermatologisch untersucht werden, um kutane toxische Wirkungen von BRAF-Inhibitoren zu verhindern oder frühzeitig zu erkennen und eine schnelle Behandlung zu ermöglichen, so die Autoren.
Dr. Maddalena Angela Di Lellis, Tübingen
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Publikationsverlauf
Artikel online veröffentlicht:
08. Februar 2021
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