Aktuelle Dermatologie 2020; 46(11): 464
DOI: 10.1055/a-1163-0018
Derma-Fokus

Autoinflammatorische Krankheiten in der Dermatologie

Kanazawa N.
Designation of Autoinflammatory Skin Manifestations With Specific Genetic Backgrounds.

Front Immunol 2020;
11: 475
DOI: 10.3389/fimmu.2020.00475.
 

    Bei Autoimmunkrankheiten besteht eine Dysregulation der erworbenen Immunität mit einer Störung der Selbsterkennung und der Ausbildung von Antikörpern gegen eigene Strukturen. Im Unterschied dazu liegt bei autoinflammatorischen Krankheiten (AiD) eine angeborene, antigenunabhängige Fehlregulation der Immunität und Inflammation vor. Die unkontrollierte Überproduktion proinflammatorischer Zytokine kann auch die Haut betreffen. Die Zusammenfassung von Kanazawa beschreibt Beispiele.


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    AiD kennzeichnen systemische Entzündungsvorgänge, die nicht auf eine Allergie, Infektion oder Autoimmunkrankheit zurückzuführen sind. Typische Vertreter sind das familiäre Mittelmeerfieber und das Hibernian-Fieber, die inzwischen als hereditäre TNF-Rezeptor-assoziierte periodische Fiebersyndrome (TRAPS) identifiziert sind. Fieber ist überhaupt das Kernsymptom der AiD, das mit weiteren Krankheitsanzeichen verbunden sein kann. Diese betreffen bei aktiver Serologie häufig das muskuloskelettale System und/oder die Haut. Charakteristische Hautmanifestationen (AiKD) können spezifischen Kategorien chronischer, inflammatorischer Hauterkrankungen zugeordnet werden.

    • Die autoinflammatorische urtikarielle Dermatose (AiUD) tritt ohne spezifischen Auslöser auf und steht in Zusammenhang mit u. a. dem Cryopin-assoziierten periodischen Syndrom (CAPS; NLRP3-Gen) und dem Schnitzler-Syndrom. Bei diesen Krankheiten stellt Kälte einen Trigger dar. Mutationen im NOD-like-Rezeptor aktivieren das Inflammasom von Monozyten. Daraus folgen die Sekretion von IL-1ß/IL-18 und schließlich Fieber, Gefäßlecks und Neutrophilie.

    • Die autoinflammatorischen neutrophilen Dermatosen (AiND) stellen eine andere Gruppe dar, die durch die aseptische Akkumulation neutrophiler Granulozyten in der Haut gekennzeichnet ist. Ursache sind Mutationen im PSTPIP1-, NSCRN- und MEFV-Gen. Beispiele sind das Pyoderma gangraenosum und familiäre das Mittelmeerfieber. Die neutrophile Dermatose kommt in Zusammenhang mit myeloproliferativen, chronisch entzündlichen (z. B. M. Crohn) und rheumatologischen Krankheiten vor.

    • Zu den autoinflammatorischen Granulomatosen (AiG) gehört das Blau-Syndrom (Gen: NOD2), dessen Erstsymptom bei Neugeborenen und Kleinkindern häufig ein Gesichtsexanthem ist. Typischerweise sind auch die Augen und Gelenke betroffen.

    • Der autoinflammatorische Chilbain Lupus (AiCL) stellt eine Sonderform des kutanen Lupus erythematodes dar und ist durch Pernio-ähnliche Eruptionen mit Vaskulopathie in der kalten Jahreszeit gekennzeichnet. Dabei liegen heterozygote Mutationen der Gene TREX1, SAMHD1 und STING1 vor.

    • Als Beispiele für die autoinflammatorische Lipoatrophie werden das Nakajo-Nishimura- und das Otulin-assoziierte Syndrom genannt (Gene: PSMB8, PSMB9, PSMB10, PSMA3, PSMB4, PSMG2, POMP bzw. Otulin).

    • Für das hereditäre autoinflammatorische Angioödem (AiAE) sind Mutationen in mehreren Genen bekannt (SERPING1, F12, PLG, ANGPT1). ACE-Inhibitoren können ein Quincke-Ödem triggern. Bradykinin wurde als finaler Mediator der AiAE identifiziert, weshalb die Krankheiten nicht mehr als reine Komplementstörungen, sondern als AiAE mit Bradykinin-Überaktivierung eingestuft werden. Der Bradykininrezeptor-Antagonist Icatibant ist beim hereditätren Angioödem wirksam.

    • Zu den autoinflammatorischen bullösen Erkrankungen (AiBD) gehört die granuläre C3-Dermatose, deren genetischer Ursprung bislang nicht entdeckt wurde. Typisch sind punktförmige, subepidermale C3-Depots ohne Antikörper in der Immunfluoreszenz.

    Fazit

    Die Entschlüsselung der spezifischen Signalwege könne neue Therapieoptionen der autoinflammatorischen Erkrankungen eröffnen, so der Autor. Die Bezeichnung AiKD wird als „Breakthrough“ bezeichnet. Spezifische Hautmanifestationen könnten mit Phänotyp-Genotyp-Korrelationen einem genetischen Hintergrund zugeordnet werden.

    Dr. med. Susanne Krome, Melle


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    Publication History

    Article published online:
    18 November 2020

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