Präambel
Bei der COVID-19-Pandemie handelt es sich um eine sich sehr dynamisch entwickelnde
Situation, die die palliativmedizinische Versorgung an verschiedenen Punkten berührt.
Es gilt, auf eine Häufung von Sterbefällen mit den Leitsymptomen Atemnot und Angst
im Bereich der Akutmedizin vorbereitet zu sein und die akutmedizinischen Strukturen
in ihrer Kompetenz mittels klarer Handlungsempfehlungen und Beratung durch palliativmedizinische
SpezialistInnen entsprechend zu stärken (Handlungsempfehlung 1).
Zudem muss die palliativmedizinische Versorgung im ambulanten und stationären Sektor
trotz erschwerter Rahmenbedingungen aufrechterhalten werden (Handlungsempfehlung 2).
In der aktuellen Situation der COVID-19-Pandemie müssen viele Fragen der Therapiezielfindung,
Indikationsstellung und Eruierung des Patientenwillens bei PatientInnen mit COVID-19-Erkrankung
beantwortet werden.
Empfehlungen zu „Entscheidungen über die Zuteilung von Ressourcen in der Notfall-
und der Intensivmedizin im Kontext der COVID-19-Pandemie“ wurden von der Arbeitsgemeinschaft
Ethik in der Medizin in Zusammenarbeit mit medizinischen Fachgesellschaften (darunter
der DGP) formuliert [1 ].
Die Herausforderung von Triage-Konzepten vor dem Hintergrund eingeschränkter intensivmedizinischer
Behandlungskapazitäten auch mit der möglichen Konsequenz der Beendigung einer bereits
begonnenen Intensivbehandlung aufgrund fehlender Erfolgsaussichten wird ausführlich
in der Ad-hoc-Empfehlung „Solidarität und Verantwortung in der Corona-Krise“ des Deutschen
Ethikrats diskutiert [2 ].
Angesichts der zu erwartenden komplexen medizinethischen Dilemmata ist die Einbindung
der palliativmedizinischen Expertise zur Festlegung von realistischen patientenzentrierten
Therapiezielen sowohl bei der Entwicklung von Konzepten als auch bei konkreten Entscheidungen
im Einzelfall sinnvoll und notwendig.
Stationäre Aufnahme
Unabhängig von der aktuell besonderen Gesundheitslage sollte bei jeder stationären
Aufnahme vor Einleitung einer Maßnahme das Ausmaß der Therapieintensivierung festgelegt
werden. Der/die aufnehmende Arzt/Ärztin soll bei allen PatientInnen eine Festlegung
zur Therapieeskalation vornehmen (s. Grundsätze zur Therapieeskalation und zur Therapielimitation).
Konkret müssen folgende Fragestellungen durch ärztliche Anordnung immer bei Beginn
der Behandlung gut sichtbar beantwortet werden:
Fragestellungen, die immer bei Beginn der Behandlung gut sichtbar beantwortet werden
müssen
Bezugnehmend auf Handlungsempfehlungen anderer Fachgesellschaften sind PatientInnen
bei akuter respiratorischer Insuffizienz ohne eine vorab festgelegte Therapielimitation
durch eine COVID-19-Erkrankung bei Verschlechterung der klinischen Situation und zunehmender
respiratorischer Insuffizienz zu intubieren [3 ]. Bei PatientInnen mit vorliegender Therapiebegrenzung bezüglich einer invasiven
Beatmung sollten frühzeitig Wünsche zur möglichen nichtinvasiven Atemunterstützung
abgesprochen werden.
Diese Festlegung kann PatientInnen vor Therapiemaßnahmen bewahren, die vor dem Hintergrund
einer schweren Komorbidität/Grunderkrankung nicht zielführend sind; sie hilft erkrankten
PalliativpatientInnen, in ihrem Betreuungskontext zu verbleiben, und unterstützt die
sinnvolle Verteilung von medizinischen Ressourcen.
Entscheidungen für oder gegen eine medizinische Maßnahme müssen immer sorgfältig abgewogen
werden und stellen für den verantwortlichen Arzt/die verantwortliche Ärztin eine große
ethische Herausforderung dar. Wir empfehlen allen Einrichtungen, sehr kurzfristig
zu überprüfen, welche Möglichkeiten standortbezogen bestehen, die ÄrztInnen hierbei
zu unterstützen. MitarbeiterInnen, die hierbei zusätzlich an den Brennpunkten (Notaufnahme,
Isolationsstationen, Intensivstationen etc.) zur Entscheidungsfindung in der Pandemie
eingesetzt werden könnten, sind Mitglieder des lokalen Ethikkomitees, PalliativmedizinerInnen,
EthikberaterInnen und PsychologInnen. Hilfreich ist es, wenn diese Angebote möglichst
kurzfristig und umfangreich für die Handelnden zur Verfügung stehen.
Grundsätze der Entscheidung zur Therapieeskalation und zur Therapielimitation
Im Rahmen der Behandlung einer akuten COVID-19-Infektion mit akuter respiratorischer
Insuffizienz muss ein Bewusstsein dafür bestehen, dass diese akute Erkrankung das
terminale Ereignis einer schweren Komorbidität darstellen kann. Der Palliativversorgung
mit dem Ziel der optimalen Linderung von belastenden Symptomen kommt in diesen Situationen
eine besondere Bedeutung zu.
Zur Entscheidungsfindung über eine eskalierende Therapiemaßnahme sind folgende Grundsätze
zu beachten (s. a. [Abb. 1 ]) [4 ]:
Abb. 1 Entscheidungsbaum zur Festlegung und Durchführung einer medizinischen Maßnahme (Quelle:
S3-Leitlinie „Palliativmedizin für Patienten mit einer nicht heilbaren Krebserkrankung“)
[rerif].
Voraussetzung für eine therapeutische Maßnahme ist die medizinische Indikation, die
durch den behandelnden Arzt/die behandelnde Ärztin vor dem Hintergrund der aktuellen
Kenntnisse über Vorerkrankungen gestellt wird.
Kann durch eine therapeutische Maßnahme ein Therapieziel nicht erreicht werden, ist
diese Maßnahme nicht sinnvoll und soll dem/der PatientIn nicht angeboten werden. Zu
Behandlungsbeginn bedeutet dies in der praktischen Umsetzung, dass Inhalte von Vorausverfügungen
zu erfragen und zu berücksichtigen sind. Die Festlegung über die Therapielimitierung
muss bereits zu Beginn erfolgen und sollte mit dem/der PatientIn und den Angehörigen
– soweit möglich – besprochen werden.
Empfehlungen zur Symptomkontrolle von PatientInnen mit Covid-19-Atemwegserkrankung
– Krankheitsbild und führende Beschwerden
Die Infektion mit COVID-19 ist ein akutes Krankheitsbild mit dem klinischen Bild einer
Pneumonie und begleitender respiratorischer Insuffizienz. Typische Symptome sind daher
Dyspnoe, Husten, Schwäche und Fieber, Geschmack- und Geruchseinschränkungen, Diarrhoen
sowie ein inhomogenes Bild an weiteren Symptomen. Aber auch akute Angst und Panik,
Unruhe und Delir werden bei diesen PatientInnen beschrieben.
PatientInnen, die sich aufgrund der respiratorischen Insuffizienz verschlechtern und
möglicherweise versterben, zeigen unter Umständen ein sich schnell entwickelndes ARDS
mit akuter und schwerer Atemnot und sehr starker Angst und Panik. Sollte bei der/dem
betroffenen PatientIn keine Therapieeskalation mittels invasiver Beatmung vorgenommen
werden, ist eine schnelle Symptomkontrolle unbedingt notwendig.
Die Prognose dieser PatientInnen, bei denen auf eine invasive Beatmung verzichtet
wird, liegt eher bei Stunden bis wenigen Tagen.
Medikamentenapplikation
Vermeidung von Manipulationen im Nasen-Rachen-Raum
Aufgrund der hohen Konzentration von Viren im Nasen-Rachen-Sekret sollten alle vermeidbaren
Manipulationen im Nasen-Rachen-Raum bei COVID-19-PatientInnen oder PatientInnen mit
Verdacht auf Corona-Infektion unterbleiben.
Das bedeutet auch, dass bei PatientInnen, die Unterstützung bei Medikamentengaben
benötigen, unkontrolliert husten und Sekrete absondern, aus Gründen des Personal-/Selbstschutzes
auf intranasale Applikationen von Medikamenten verzichtet werden sollte zugunsten
einer primär oralen oder parenteralen Applikationsform.
Symptomatische Therapie von therapierefraktärer Dyspnoe bei PatientInnen mit COVID-19
Wenn Atemnot trotz optimaler Therapie der Akuterkrankung besteht, sollen nicht-medikamentöse
und medikamentöse Maßnahmen zur Symptomkontrolle eingesetzt werden (s. S3-Leitlinie
„Palliativmedizin“ [4 ]).
Bei milderen Verläufen mit mäßiger Atemnot können nicht-medikamentöse Maßnahmen wie Körperpositionen (Kutschersitz, Kissen unter die Arme etc.), Entspannung oder
Kühlung des Gesichts durch kühles Tuch (kein Handventilator wegen Aerosolverteilung!)
zur Linderung der Atemnot beitragen.
Wenn eine Intensivtherapie und invasive Beatmung nicht indiziert sind, können Sauerstoffgabe
und nasale High-Flow-Therapie zu einer Symptomlinderung beitragen.
Wenn Atemnot trotz optimaler Therapie der Akuterkrankung besteht, sollen medikamentöse Maßnahmen zur Symptomkontrolle eingesetzt werden wie z. B. orale oder parenterale Opioide (s.
S3-Leitlinie „Palliativmedizin“ [4 ]). Retardierte Opioide mit einem kontinuierlichen Wirkspiegel zeigen eine bessere
Linderung der Atemnot als nicht-retardierte Formen. Allerdings ist eine rasche Dosistitration
mit regelmäßigen kurzwirksamen Applikationen bei akuter Atemnot und sich rasch verschlechternden
PatientInnen vorzuziehen.
Die kontinuierliche parenterale Gabe von Opioiden und Midazolam erfolgt i. d. R. s. c.
oder i. v. über einen Perfusor. Wenn kein Perfusor verfügbar sein sollte, können die
Medikamente auch alle 4 h i. v. als Kurzinfusion (KI) gegeben oder alle 4 h s. c.
verabreicht werden (Dosierungen s. [Abb. 2 ]; Cave: Bei einem Opioidwechsel [Rotation] immer Reduktion der dort angegebenen Dosierungen
um 30 – 50 %!). Im ambulanten Setting können eine subkutane Dauernadel oder alternativ
Butterfly-Nadel s. c. gelegt und die Angehörigen angeleitet werden, über die Nadel
wiederholte Injektionen zu verabreichen. Die Perfusorgeschwindigkeiten zeigt [Tab. 1 ].
Abb. 2 Äquivalenzdosierungen nach [5 ]. Cave: Bei einem Opioidwechsel (Rotation) immer Reduktion der hier angegebenen Dosierungen
um 30 – 50 %!
Tab. 1
Perfusordosierungen in Abhängigkeit der vorbestehenden Morphin-Tagesdosis.
Orale Morphin-Tagesdosis
Perfusordosierung
Konzentration
Laufgeschwindigkeit i. v.
Entspricht ca. Tagesdosis Morphin i. v./s. c.
50 mg
50 mg/50 ml NaCl 0,9 %
1 mg/ml
0,6 ml/h
14,4 mg/d
100 mg
100 mg/50 ml NaCl 0,9 %
2 mg/ml
0,6 ml/h
28,8 mg/d
150 mg
100 mg/50 ml NaCl 0,9 %
2 mg/ml
1,0 ml/h
48 mg/d
200 mg
100 mg/50 ml NaCl 0,9 %
2 mg/ml
1,4 ml/h
67,2 mg/d
250 mg
100 mg/50 ml NaCl 0,9 %
2 mg/ml
1,8 ml/h
86,4 mg/d
300 mg
200 mg/50 ml NaCl 0,9 %
4 mg/ml
1,0 ml/h
96 mg/d
400 mg
200 mg/50 ml NaCl 0,9 %
4 mg/ml
1,4 ml/h
134,4 mg/d
Dosierungsempfehlungen
Die Empfehlungen für Opioid-naive PatientInnen, bei denen eine Medikation p. o. möglich
ist, fasst [Tab. 2 ] zusammen; die entsprechenden Angaben für Opiod-vorbehandelte PatientInnen sind [Tab. 3 ] zu entnehmen. Ist eine p. o.-Medikation nicht mehr möglich, sollten die in [Tab. 4 ] dargestellten Behandlungsempfehlungen Anwendung finden.
Tab. 2
Empfehlungen für Opioid-naive PatientInnen – Medikation p. o. möglich.
Substanz
Dosierung
[* ]Morphin retardiert
10–0–10 mg[** ] (8.00 Uhr–0–20.00 Uhr)
Magrocol Btl.
1–0–0
ggf. Antiemetikum ergänzen: Haloperidol
0,5 – 1 mg zur Nacht und bis zu 2-stündlich
+ Bedarfsgaben symptomorientiert ggf. stündlich (unretardierte Opioide; 1/6 der Tagesdosis):
Morphin-Tropfen
2,5 – 5 mg[** ] (= 2 – 4 gtt Morphinlösung 2 %)
ggf. Morphin i. v. als KI/s. c.
1 – 3 mg[** ]
* Durch andere Opioide ersetzbar, s. [Abb. 2 ].
** Nach Symptomatik rasch titrieren.
Tab. 3
Empfehlungen für Opioid-vorbehandelte PatientInnen – Medikation p. o. möglich.
Medikation
Dosiserhöhung der aktuellen retardierten Opioide um 20 % Anpassen der Bedarfsmedikation (unretardierte Opioide; 1/6 der Tagesdosis) Bedarfsgaben symptomorientiert ggf. stündlich Obstipationsprophylaxe (z. B. Macrogol) weiter wie bisher
Beispiel:
Erhöhung um 20 %
[* ]Morphin retardiert
100–0–100 mg
120–0–120 mg[** ]
+ [* ]Morphin unretardiert
30 mg bei Bedarf
40 mg[** ] bei Bedarf ggf. stündlich
Bei MST-Bedarf > 240 mg/d Umstellung auf parenterale Applikation erwägen (1/3 der
Dosis minus10 %)
MST = Morphinsulfat-Tablette
* Durch andere Opioide ersetzbar, s. [Abb. 2 ].
** Nach Symptomatik rasch titrieren.
Tab. 4
Empfehlungen für COVID-19-PatientInnen – Medikation p. o. nicht mehr möglich.
PatientInnen
Medikation
Beispiel
Bei PatientInnen mit progredientem respiratorischem Versagen und Therapielimitation
„keine Intubation/keine Reanimation“ ist es empfehlenswert, parenterale Opioide zur
Symptomkontrolle der therapierefraktären Dyspnoe frühzeitig anzusetzen.
Opioid-naive PatientInnen
[** ]Morphin 5 – 10 mg/24 h i. v./s. c.
z. B. 50 mg [* ]Morphin ad 50 ml NaCl 0,9 %, Konzentration 1 mg/ml, [** ]Start mit 0,4 ml/h
Beispiel:
150–0–150 mg Morphin p. o. entspricht ca. 100 mg s. c. oder i. v./24 h
200 mg [* ]Morphin ad 50 ml NaCl 0,9 %; Konzentration 4 mg/ml, [** ]Start mit 1 ml/h
Opioid-vorbehandelte PatientInnen
Umstellung der bisherigen Opioide auf kontinuierlich parenterale Gabe s. c. oder i. v.
* Durch andere Opioide ersetzbar, s. [Abb. 2 ].
** Nach Symptomatik rasch titrieren.
Symptomatische Therapie von Husten
PatientInnen mit COVID-19-Atemwegserkrankung können sowohl durch trockenen als auch
– bedingt durch bakterielle Superinfektion – produktiven Husten belastet sein.
Zu den allgemeinen Maßnahmen gehören ausreichende Luftfeuchtigkeit im Raum, orale Flüssigkeitsaufnahme, saure
Bonbons lutschen, aufgerichteter Oberkörper beim Schlafen und pflanzliche Mittel (z. B.
Thymian-Hustensaft 5 – 10 ml/8 h).
Die medikamentösen Maßnahmen fasst [Tab. 5 ] zusammen.
Tab. 5
Antitussive Therapie.
Substanz
Dosierung
Morphin
3 – 5 mg p. o./4 h oder 5-10 mg/24 h kontinuierlich s. c./i. v.
Noscapin
25 – 50 mg bis zu 3 × tgl.
Bei produktivem Husten sollte insbesondere tagsüber möglichst von antitussiven Medikamenten
Abstand genommen werden.
Symptomatische Therapie von Rasselatmung
In der Sterbephase tritt bei PatientInnen mit COVID-19-Atemwegserkrankung immer wieder
Rasselatmung auf. Durch frühzeitige antisekretorische Therapie kann die Bildung von
Sekretionen im Hypopharynx und der Trachea reduziert werden, bestehende Sekretionen
werden dadurch aber nicht beeinflusst. Wiederholtes Absaugen führt genauso zur Verstärkung
der Sekretionen wie parenterale Flüssigkeitszufuhr in der Sterbephase. Die symptomatische
Therapie von Rasselatmung ist in [Tab. 6 ] dargestellt.
Tab. 6
Symptomatische Therapie von Rasselatmung.
Substanz
Dosierung
Butylscopolamin
kontinuierlich s. c./i. v. 40 – 80 mg/24 h und 20 mg bei Bedarf symptomorientiert
bis zu stündlich
oder
Glycopyrronium
kontinuierlich s. c./i. v. 0,6 – 1,0 mg/24 h, bei Bedarf 0,2 mg bis zu 2-stündlich
Symptomatische Therapie von Unruhe/Angst
Häufig ist Atemnot mit Unruhe, Angst- und Paniksymptomen verbunden. Bei PatientInnen
mit respiratorischer Insuffizienz und Therapielimitation (keine Intubation/keine Reanimation)
sollten Atemnot sowie Angstsymptomatik engmaschig erfasst und schnellstmöglich medikamentös
behandelt werden.
Empfehlungen zur medikamentösen Linderung von Angst und Unruhe, in Ergänzung zur Opioid-Therapie,
sind in [Tab. 7 ] dargestellt. Empfehlungen bei therapierefraktärer Angst und Unruhe fasst [Tab. 8 ] zusammen.
Tab. 7
Symptomatische Therapie von Unruhe/Angst.
Substanz
Dosierung
Lorazepam
1 mg p. o./s. l. (ggf. mit 2 ml Wasser auflösen) bei Bedarf, symptomorientiert bis
zu halbstündlich
oder
Midazolam
2,5 – 5 mg i. v. als KI/s. c. bei Bedarf, symptomorientiert bis zu halbstündlich
Tab. 8
Empfehlungen bei therapierefraktärer Angst und Unruhe.
Maßnahmen
Anfangsdosis: Midazolam 10 mg/24 h, nach Symptomatik titrieren, z. B.
10 mg Midazolam ad 50 ml NaCl 0,9 %, Laufrate 2 ml/h
oder Midazolam 2,5 – 5 mg i. v. als KI/s. c. alle 4 h
Symptomatische Therapie von akuter Agitation und Delir
Bedingt durch Infektion, Hypoxie, Isolationsmaßnahmen u. a. treten bei PatientInnen
mit COVID-19-Infektionen häufig Agitation und Delir auf, die frühzeitig behandelt
werden müssen. Mögliche weitere Ursachen für Agitation und Delir sollten abgeklärt
und wenn möglich behandelt werden.
Zu den nicht-pharmakologischen Maßnahmen gehören neben Klärung und Behandlung möglicher Ursachen eine ausreichende Kommunikation
und, wenn möglich, Ruhe (ruhiges und beleuchtetes Zimmer) sowie Orientierung für PatientInnen
geben. Symptomatische medikamentöse Maßnahmen zeigt [Tab. 9 ].
Tab. 9
Symptomatische Therapie von akuter Agitation und Delir.
Substanz
Dosierung
Bei überwiegender motorischer Unruhe, z. B.:
Midazolam
2,5 – 5 mg i. v. als KI/s. c. bei Bedarf, symptomorientiert bis zu halbstündlich
oder
Lorazepam
0,5 – 1 mg s. l./p. o. bei Bedarf symptomorientiert bis zu halbstündlich
oder
Midazolam
kontinuierlich i. v. oder s. c. 10 mg/24 h
Beispiel: 10 mg Midazolam ad 50 ml NaCl 0,9 %, Laufrate 2 ml/h
Bei Halluzinationen und Verwirrtheit:
Haloperidol
1 – 2 mg s. c. bei Bedarf, symptomorientiert bis zu halbstündlich
oder
Haloperidol
s. c. kontinuierlich 2 – 5 mg/24 h
Beispiel: 5 mg Haloperidol ad 50 ml NaCl 0,9 %, Laufrate 2 ml/h
Palliative Sedierung
Bei ausgeprägter Atemnot mit Erstickungsängsten, Angst- und Unruhezuständen kann bei
COVID-19-PatientInnen am Lebensende eine tiefe kontinuierliche Sedierung (palliative
Sedierung) zur Symptomkontrolle und Ermöglichung eines friedlichen Sterbens notwendig
sein. Dies ist insbesondere zu erwägen, wenn die o. g. Maßnahmen zur Linderung von
Atemnot, Unruhe, Angst oder Delir nicht erfolgreich sind.
Die Durchführung einer palliativen Sedierung bei therapierefraktären Symptomen sollte
gut dokumentiert sein: Nach Beginn der Sedierung sind Symptomlinderung, Sedierungstiefe
mit Bewusstseinsniveau und Vigilanz regelmäßig zu evaluieren und zu dokumentieren.
Die entsprechenden medikamentösen Maßnahmen fasst [Tab. 10 ] zusammen.
Tab. 10
Palliative Sedierung.
Medikament
Dosis
Kommentar
Midazolam
Start z. B. mit 10 – 20 mg/24 h s. c./i. v.
ggf. initial Bedarfsgabe von 1 – 5 mg s. c./i. v. als KI
Erhaltungsdosis i. d. R. 20 – 60 mg/24 h s. c./i. v.
ab 60 mg/24 h Ergänzung durch sedierendes Antipsychotikum, z. B. Levomepromazin erwägen
Levomepromazin
Start z. B. mit 12,5 – 25 mg/24 h s. c./i. v.
ggf. initial und während der Therapie Bedarfsgabe von 5 – 25 mg, s. c./i. v. als KI,
stdl. möglich
Erhaltungsdosis i. d. R. 12,5 – 100 mg/24 h (Spannweite in der Literatur sehr groß)
bei unzureichender Wirkung von Midazolam-Dosiserhöhungen bzw. ab einer Midazolam-Dosis
von ca. 60 mg/24 h
Falls eine Sedierung mit den angegebenen Medikamenten nicht möglich ist, Kontakt zu
spezialisierter Palliativmedizin (Palliativstation, Palliativdienst im Krankenhaus,
SAPV) herstellen.
Zusammenfassung
Die DGP-Empfehlungen zur medikamentösen Symptomkontrolle von PalliativpatientInnen
mit COVID-19 und therapierefraktärer Dyspnoe zeigt [Abb. 3 ] im Überblick.
Abb. 3 Empfehlungen der Deutschen Gesellschaft für Palliativmedizin (DGP) zur medikamentösen
Symptomkontrolle von PalliativpatientInnen mit COVID-19 und therapierefraktärer Dyspnoe.*Morphin
exemplarisch für andere Opioide, ggf. Umstellung nach entsprechenden Äquivalenzdosierungen,
s. [Abb. 2 ].** Symptomorientierte Titration.KI = Kurzinfusion