Nasale Glukokortikosteroide (nGKS) gelten als Standardtherapie entzündlicher Erkrankungen
der Schleimhäute von Nase und Nasennebenhöhlen, die bei einer allergischen Rhinitis
(AR) oder chronischen Rhinosinusitis (CRS) ursächlich für das Krankheitsgeschehen
sind. Typische Symptome sind Nasenatmungsbehinderung, Niesreiz, Juckreiz, laufende
Nase und ggf. Riechstörung, Kopfschmerz u. a. [1]. CRS und AR gehören zu den häufigsten entzündlichen Erkrankungen überhaupt [1] und mit der Chronifizierung sind häufig Epithelschädigungen und Gewebsdestruktionen
verbunden, die Virusinfektionen Vorschub leisten können [2].
Ein Asthma bronchiale ist eine wichtige Komorbidität von AR und CRS. Verschlechterungen
in der Kontrolle von AR und CRS können Asthma-Exazerbationen begünstigen [1].
In der aktuellen SARS-CoV-2-Pandemie wurden Hinweise publik, dass „Kortison-Präparate“
das Risiko erhöhen, an COVID-19 zu erkranken, bzw. einen schwereren Verlauf der Erkrankung
hervorrufen könnten. Hierdurch wurden zahlreiche Patienten mit AR, CRS und Asthma
massiv verunsichert. Wir sehen uns daher zu folgender Klarstellung veranlasst, die
in Übereinstimmung mit einem aktuellen Statement von ARIA und EAACI steht [2]:
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Moderne nGKS sind effektiv in der Behandlung von Symptomen und entzündlichen Schleimhautschädigungen
bei AR und CRS.
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nGKS stellen die Standardtherapie dieser Erkrankungen dar.
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Es existieren keinerlei Hinweise, dass eine Anwendung von nGKS in den zugelassenen
Dosierungen und Indikationen (siehe Fachinformationen) ein erhöhtes Risiko für eine
SARS-CoV-2-Infektion hervorruft oder einen schwereren Verlauf einer COVID-19-Erkrankung
auslöst.
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Erwachsene und Kinder mit AR und CRS sollten ihre verordneten nGKS konsequent und
regelmäßig in der individuell verordneten Dosis einnehmen und nicht ohne Rücksprache
mit dem behandelnden Arzt ändern oder gar beenden.
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Die Empfehlungen der deutschen Asthma-Spezialisten zur Behandlung von Kindern und
Erwachsenen mit Asthma mit adäquaten und individuell eingestellten antiasthmatischen
Inhalationstherapien [4] ergänzen in idealer Weise diese Empfehlungen für diejenigen Patienten mit AR und
CRS, bei denen Asthma als Komorbidität besteht.
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Die Gefahr, dass sich durch Absetzen von nGKS eine AR oder CRS verschlechtert, ist
gegeben. Eine solche Verschlechterung kann durch vermehrten Niesreiz bei COVID-19-Erkrankten
eine Tröpfcheninfektion anderer Personen fördern. Zudem kann eine Anwendung von systemischen
Kortison-Präparaten notwendig werden, die dann ggf. tatsächlich negativ auf die Immunabwehr
gegen COVID-19 wirken könnte. Letztlich kann eine Verschlechterung von AR und CRS
eine Exazerbation eines Asthmas bronchiale auslösen, was von der WHO ebenfalls als
Risikofaktor für schwere Verläufe einer COVID-19-Erkrankung angesehen wird.
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Systemische Glukokortikosteroide sollten bei AR und CRS in der derzeitigen COVID-19-Pandemie
zurückhaltend und nur bei fehlender therapeutischer Alternative eingesetzt werden.
Eine solche Indikation könnte bei CRS-Patienten bestehen, falls eine operative Behandlung
in der derzeitigen Pandemie-Situation nicht möglich ist und das für eine chronische
Rhinosinusitis mit Nasenpolypen (CRSwNP) zugelassene Biologikum Dupilumab keine ausreichende
Wirkung zeigt.
Abschließend ist darauf hinzuweisen, dass es aktuell keine belastbaren Daten zum Verlauf
von COVID-19 bei Patienten mit AR, CRS und Asthma bronchiale gibt. Daher sind wir
als Ärzt*innen, Wissenschaftler*innen und Fachgesellschaften gefordert, unsere Patienten
zu beobachten, nach gegenwärtigem Stand des medizinischen Wissens optimal zu beraten
und zu behandeln und bei Vorliegen neuer Erkenntnisse entsprechend zu informieren
und die Therapien anzupassen.
Derzeit gilt: Eine gute antientzündliche Kontrolle der oberen und unteren Atemwege
durch topische Steroide ist nach gegenwärtigem Stand des medizinischen Wissens der
beste Schutz vor durch Viren ausgelöste Exazerbationen. Patienten, die ihr Therapieregime
unterbrechen und somit eine schlechtere Kontrolle ihrer Atemwege erleiden, sind mutmaßlich
auch suszeptibler für schwere Verläufe bei viralen Infektionen.
Die Verunsicherung bei den Patienten ist extrem groß. COVID-19 macht erhebliche Einschränkungen
des gesellschaftlichen Lebens notwendig, vor allem zum Schutz besonders gefährdeter
Patientengruppen und zur Aufrechterhaltung eines funktionierenden Gesundheitssystems.
In Übereinstimmung mit RKI und WHO empfehlen wir in der aktuellen Pandemie-Situation
Präventionsmaßnahmen, wie beispielsweise:
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Abstand von mind. 1,5–2 Metern zu anderen Personen halten,
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Einhaltung von allgemeinen Hygienemaßnahmen, wie regelmäßige Händedesinfektion/regelmäßiges
Händewaschen für mindestens 30 Sekunden, Berührung von Schleimhäuten mit den Händen
vermeiden,
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Minimierung der sozialen Kontakte,
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Beschränkung von persönlichen Patientenkontakten auf das absolut Notwendige,
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Tragen von persönlicher Schutzkleidung und
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regelmäßige Flächendesinfektion, insbesondere Türklinken etc.