Anamnese und klinischer Befund
Eine 97-jährige, zwar etwas demente, aber noch recht rüstige Dame stellte sich vor
aufgrund unklarer Knoten am linken Unterschenkel. Sie gab an, dass sie sich dort vor
einiger Zeit gestoßen habe. Bei der klinischen Untersuchung zeigt sich am linken Unterschenkel
ein mäßig umschriebenes Areal mit derben erythematösen Knoten im Zentrum und infiltrierten
Plaques im Randbereich. Darüber hinaus Zeichen einer Varikose und leichte Ödeme. Ansonsten
altersentsprechender Normalbefund ([Abb. 1]).
Abb. 1 Prätibial links derbe, erythematöse Plaques und Knoten und fokale Krusten. Nebenbefundlich
Unterschenkelödem und Varikose.
Histologischer Befund
Histologisch finden sich im Weichgewebe Infiltrate eines relativ zelldichten mesenchymalen
Tumors, der in Zellbündeln und Faszikeln organisiert ist. Die konstituierenden Tumorzellen
sind spindelig und besitzen ovaläre bis elongierte, meist mäßig chromatindichte Kerne
mit nur gelegentlichen Nukleolen. Gelegentlich stärkere Kernatypien mit Hyperchromasien
und Pseudoinklusionen. Fokale Tumornekrose ([Abb. 2]). Immunhistochemisch ist der Tumor negativ für S-100, EMA, Panzytokeratin, CDK4
und Myogenin. Partielle schwache Positivität für Glattmuskelaktin und h-Caldesmon
bei kräftiger Positivität für Desmin.
Abb. 2 Große Knoten und dicht gepackte Faszikel aus Spindelzellen mit ovalären Kernen mit
variabler Chromatindichte (a –d). Umschriebene Tumornekrose (im Zentrum von a) und vermehrt Mitosen (im Zentrum von d).
Weiterer Verlauf
Mit der Patientin und ihren Angehörigen wurden die Diagnose, die unsichere Prognose
und mögliche weitere diagnostische und therapeutische Maßnahmen erörtert. Im Ergebnis
wurden von der Patientin weitere Maßnahmen, insbesondere eine chirurgische Intervention
und eine Chemotherapie abgelehnt. Seit der Diagnose im Sommer 2017 stellte sich die
Patientin sporadisch wieder vor, teils auch wegen spontaner Blutungen aus dem inzwischen
großflächig ulzerierten Tumor. So konnte auch der eindrückliche klinische Verlauf
fotodokumentiert werden ([Abb. 3]).
Fig. 3 Entwicklung des untherapierten Tumors im Zeitverlauf von November 2017 (a) bis Dezember 2018 (d).
Kommentar
Weichteilsarkome sind maligne Tumoren des Weichgewebes. Die Unterteilung erfolgt weniger
aufgrund des Ursprungsgewebes, sondern vielmehr aufgrund der phänotypischen Ähnlichkeit
mit einem bestimmten mesenchymalen Gewebetyp. Hierzu dienen neben morphologischen
Kriterien vor allem auch immunhistochemische Untersuchungen, ggf. ergänzt durch Elektronenmikroskopie
oder Molekularpathologie. Die wesentlichen Differenzierungsrichtungen sind adipozytisch,
fibroblastisch/myofibroblastisch, fibrohistiozytär, myogen (glattmuskulär, skelettmuskulär,
perizytär), vaskulär, chondroossär und Nervenscheidendifferenzierung. In der aktuellen
WHO-Klassifikation werden über 100 gutartige und bösartige Entitäten unterschieden
und definiert [1].
Das histologische Grading ist der wichtigste prognostische Faktor und der beste Indikator
für das Metastasierungsrisiko bei Weichteilsarkomen. Nach dem FNCLCC-Schema werden
3 Malignitätsgrade unterschieden. Durch ein Score-System fließen Differenzierungsgrad,
Mitosezahl und Tumornekrose in die Bewertung ein [2].
Im hier berichteten Fall konnte der Tumor keiner definierten Entität zugeordnet werden.
Bei kräftig positiver Reaktion mit Desmin, jedoch nur teilweiser Positivität für Glattmuskelaktin
und h-Caldesmon sowie Negativität für den sensitiven Skelettmuskelmarker Myogenin
waren die Kriterien für die Diagnose eines Leiomyosarkoms nicht hinreichend. Bei spindelzelliger
Zytomorphologie mit Hinweisen auf myogene Differenzierungsmerkmale wurde schließlich
die deskriptive Diagnose eines myogenen Sarkoms gestellt.
Fazit
Bei ungewöhnlichen klinischen Befunden, die auf übliche Therapien nicht ansprechen,
sollte eine histologische Abklärung einer ausreichend großen und tiefen Hautprobe
angestrebt werden.