Aktuelle Dermatologie 2020; 46(05): 205-207
DOI: 10.1055/a-1141-4636
Histologisches Quiz

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M. J. Köhler
1   Klinik für Dermatologie, SRH Zentralklinikum Suhl
,
B. Theis
2   Institut für Rechtsmedizin – Sektion Pathologie, Universitätsklinikum Jena
› Author Affiliations
 

Anamnese und klinischer Befund

Eine 97-jährige, zwar etwas demente, aber noch recht rüstige Dame stellte sich vor aufgrund unklarer Knoten am linken Unterschenkel. Sie gab an, dass sie sich dort vor einiger Zeit gestoßen habe. Bei der klinischen Untersuchung zeigt sich am linken Unterschenkel ein mäßig umschriebenes Areal mit derben erythematösen Knoten im Zentrum und infiltrierten Plaques im Randbereich. Darüber hinaus Zeichen einer Varikose und leichte Ödeme. Ansonsten altersentsprechender Normalbefund ([Abb. 1]).

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Abb. 1 Prätibial links derbe, erythematöse Plaques und Knoten und fokale Krusten. Nebenbefundlich Unterschenkelödem und Varikose.

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Histologischer Befund

Histologisch finden sich im Weichgewebe Infiltrate eines relativ zelldichten mesenchymalen Tumors, der in Zellbündeln und Faszikeln organisiert ist. Die konstituierenden Tumorzellen sind spindelig und besitzen ovaläre bis elongierte, meist mäßig chromatindichte Kerne mit nur gelegentlichen Nukleolen. Gelegentlich stärkere Kernatypien mit Hyperchromasien und Pseudoinklusionen. Fokale Tumornekrose ([Abb. 2]). Immunhistochemisch ist der Tumor negativ für S-100, EMA, Panzytokeratin, CDK4 und Myogenin. Partielle schwache Positivität für Glattmuskelaktin und h-Caldesmon bei kräftiger Positivität für Desmin.

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Abb. 2 Große Knoten und dicht gepackte Faszikel aus Spindelzellen mit ovalären Kernen mit variabler Chromatindichte (a –d). Umschriebene Tumornekrose (im Zentrum von a) und vermehrt Mitosen (im Zentrum von d).
FRAGEN
  • Wie lautet die Diagnose?


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Diagnose

Myogenes Sarkom.


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Weiterer Verlauf

Mit der Patientin und ihren Angehörigen wurden die Diagnose, die unsichere Prognose und mögliche weitere diagnostische und therapeutische Maßnahmen erörtert. Im Ergebnis wurden von der Patientin weitere Maßnahmen, insbesondere eine chirurgische Intervention und eine Chemotherapie abgelehnt. Seit der Diagnose im Sommer 2017 stellte sich die Patientin sporadisch wieder vor, teils auch wegen spontaner Blutungen aus dem inzwischen großflächig ulzerierten Tumor. So konnte auch der eindrückliche klinische Verlauf fotodokumentiert werden ([Abb. 3]).

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Fig. 3 Entwicklung des untherapierten Tumors im Zeitverlauf von November 2017 (a) bis Dezember 2018 (d).

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Kommentar

Weichteilsarkome sind maligne Tumoren des Weichgewebes. Die Unterteilung erfolgt weniger aufgrund des Ursprungsgewebes, sondern vielmehr aufgrund der phänotypischen Ähnlichkeit mit einem bestimmten mesenchymalen Gewebetyp. Hierzu dienen neben morphologischen Kriterien vor allem auch immunhistochemische Untersuchungen, ggf. ergänzt durch Elektronenmikroskopie oder Molekularpathologie. Die wesentlichen Differenzierungsrichtungen sind adipozytisch, fibroblastisch/myofibroblastisch, fibrohistiozytär, myogen (glattmuskulär, skelettmuskulär, perizytär), vaskulär, chondroossär und Nervenscheidendifferenzierung. In der aktuellen WHO-Klassifikation werden über 100 gutartige und bösartige Entitäten unterschieden und definiert [1].

Das histologische Grading ist der wichtigste prognostische Faktor und der beste Indikator für das Metastasierungsrisiko bei Weichteilsarkomen. Nach dem FNCLCC-Schema werden 3 Malignitätsgrade unterschieden. Durch ein Score-System fließen Differenzierungsgrad, Mitosezahl und Tumornekrose in die Bewertung ein [2].

Im hier berichteten Fall konnte der Tumor keiner definierten Entität zugeordnet werden. Bei kräftig positiver Reaktion mit Desmin, jedoch nur teilweiser Positivität für Glattmuskelaktin und h-Caldesmon sowie Negativität für den sensitiven Skelettmuskelmarker Myogenin waren die Kriterien für die Diagnose eines Leiomyosarkoms nicht hinreichend. Bei spindelzelliger Zytomorphologie mit Hinweisen auf myogene Differenzierungsmerkmale wurde schließlich die deskriptive Diagnose eines myogenen Sarkoms gestellt.


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Fazit

Bei ungewöhnlichen klinischen Befunden, die auf übliche Therapien nicht ansprechen, sollte eine histologische Abklärung einer ausreichend großen und tiefen Hautprobe angestrebt werden.


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Interessenkonflikt

Die Autorinnen/Autoren geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht.

  • Literatur

  • 1 Doyle LA. Sarcoma classification: an update based on the 2013 World Health Organization Classification of Tumors of Soft Tissue and Bone. Cancer 2014; 120: 1763-1774
  • 2 Coindre JM. Grading of soft tissue sarcomas: review and update. Arch Pathol Lab Med 2006; 130: 1448-1453

Korrespondenzadresse

PD Dr. med. habil. Martin Johannes Köhler
Klinik für Dermatologie, SRH Zentralklinikum Suhl
Albert-Schweitzer-Str. 2
98527 Suhl

Publication History

Article published online:
11 May 2020

© Georg Thieme Verlag KG
Stuttgart · New York

  • Literatur

  • 1 Doyle LA. Sarcoma classification: an update based on the 2013 World Health Organization Classification of Tumors of Soft Tissue and Bone. Cancer 2014; 120: 1763-1774
  • 2 Coindre JM. Grading of soft tissue sarcomas: review and update. Arch Pathol Lab Med 2006; 130: 1448-1453

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Abb. 1 Prätibial links derbe, erythematöse Plaques und Knoten und fokale Krusten. Nebenbefundlich Unterschenkelödem und Varikose.
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Abb. 2 Große Knoten und dicht gepackte Faszikel aus Spindelzellen mit ovalären Kernen mit variabler Chromatindichte (a –d). Umschriebene Tumornekrose (im Zentrum von a) und vermehrt Mitosen (im Zentrum von d).
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Fig. 3 Entwicklung des untherapierten Tumors im Zeitverlauf von November 2017 (a) bis Dezember 2018 (d).