Pneumologie 2020; 74(05): 251-252
DOI: 10.1055/a-1108-8036
Pneumo-Fokus

Frühe beatmungsassoziierte Pneumonie nach Herzstillstand

François B. et al.
Prevention of Early Ventilator-Associated Pneumonia after Cardiac Arrest.

N Engl J Med 2019;
381: 1831-1842
DOI: 10.1056/NEJMoa1812379.
 

    Für Personen, die außerhalb der Klinik einen Herzstillstand mit initial schockbarem Rhythmus erlitten haben, wird eine gezielte Hypothermie-Behandlung empfohlen. Diese Therapie prädisponiert allerdings für sekundäre Infektionen. Ob sich beatmungsassoziierten Pneumonien durch eine Kurzzeit-Antibiotikagabe vorbeugen lässt, untersuchten französische Wissenschaftler im Rahmen einer randomisierten Doppelblindstudie.


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    An der Multi-Center-Studie (ANTHARTIC) beteiligten sich 16 Intensivstationen in Frankreich. Teilnehmer waren 198 Erwachsene (medianes Alter 61 Jahre, 80 % Männer), die nach einem schockbaren Herzstillstand mittels Hypothermie (32 bis 34 °C) behandelt und mechanisch beatmet wurden. Eine vorbestehende Antibiotikatherapie, Pneumonie oder Aspiration, vorbestehende pulmonale Erkrankungen, eine infauste Prognose sowie die Kolonisation mit multiresistenten Keimen stellten Ausschlusskriterien dar. Gemäß Randomisierung erhielten je 99 Studienteilnehmer über 2 Tage 3-mal täglich Amoxicillin/Clavulansäure bzw. ein Placebo intravenös. In allen Fällen wurde die Studienintervention innerhalb von 6 Stunden nach Wiederherstellung der spontanen Zirkulation begonnen. Als primären Studienendpunkt definierten die Wissenschaftler die frühe beatmungsassoziierte Pneumonie (Erkrankung innerhalb der ersten 7 Hospitalisationstage). Die sekundären Outcome-Parameter umfassten unter anderem die Inzidenz der späten beatmungsassoziierten Pneumonie (nach Tag 7), die Mortalität an Tag 28, die intestinale Besiedlung mit multiresistenten Keimen, die Dauer des Aufenthalts auf der Intensivstation sowie die Anzahl der beatmungsfreien Tage bis zum Tag 28.

    In die Analyse flossen die Daten von 194 Studienpatienten – 99 der Antibiotika-und 95 der Kontrollgruppe – ein. Insgesamt beobachteten die Studieninitiatoren 60 durch Keimnachweis bestätigte Pneumonien, darunter 51 frühe und 9 späte Infektionen. Im Vergleich zu den Kontrollen entwickelten signifikant weniger Patienten der Antibiotikagruppe eine frühe beatmungsassoziierte Pneumonie (kumulative Inzidenz an Tag 7: 34 vs. 19 %; Hazard-Ratio 0,53; 95 %-KI 0,31 – 0,92). Bezüglich der Inzidenz später beatmungsassoziierter Pneumonien (5 vs. 4 %) unterschieden sich die beiden Studienarme dagegen nicht. Gleiches galt für die mediane Anzahl der beatmungsfreien Tage, die mediane Aufenthaltsdauer auf der Intensivstation sowie die Mortalität innerhalb von 28 Tagen (Kontroll- vs. Antibiotikagruppe: 37 vs. 41 %). Die Auswertung der vor und 7 Tage nach der Studienintervention entnommenen Rektalabstriche ergab keine Hinweise auf eine Zunahme multiresistenter Bakterien infolge der Antibiotikagabe. Schwere unerwünschte Ereignisse traten in beiden Gruppen ähnlich häufig auf.

    Fazit

    Patienten mit einem schockbaren Herzstillstand außerhalb der Klinik erleiden unter einer kontrollierten Hypothermie seltener frühe beatmungsassoziierte Pneumonien, wenn sie über 2 Tage Amoxicillin/Clavulansäure erhalten, so die Forscher. Im Hinblick auf weitere wichtige klinische Parameter, beispielsweise die Zahl der beatmungsfreien Tage oder die Mortalität, biete die Antibiotikagabe dagegen offenbar keine Vorteile. Ob diese Ergebnisse auch für andere Temperatur-Zielbereiche gelten, sei unklar.

    Dr. med. Judith Lorenz, Künzell


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    Publication History

    Article published online:
    11 May 2020

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    Stuttgart · New York