Pneumologie 2020; 74(04): 193
DOI: 10.1055/a-1108-7998
Pneumo-Fokus

COPD: Krankenhausinitiiertes Unterstützungsprogramm verbessert nicht das Outcome

Aboumatar J. et al.
Effect of a Hospital-Initiated Program Combining Transitional Care and Longterm Self-managemant Support on Outcomes of Patients Hospitalized With Chronic Obstructive Pulmonary Disease. A Randomized Clinical Trial.

JAMA 2019;
322: 1371-1380
 

    Die chronisch obstruktive Lungenerkrankung (COPD) ist eine führende Ursache für Morbidität und Arbeitsunfähigkeit. In Studien mit ambulant betreuten Patienten/-innen hat eine Unterstützung beim Selbstmanagement die gesundheitsbezogene Lebensqualität verbessert und COPD-bedingte Notfälle verringert. Aboumatar et al. berichten über unerwartete Ergebnisse eines durch ein Krankenhaus initiiertes Programm zur Betreuung und Unterstützung bei COPD.


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    Die randomisierte klinische Single-Center-Studie wurde am John Hopkins Bayview Medical Center in Baltimore, Maryland, USA, mit stationär behandelten COPD-Patienten/-innen durchgeführt. In der Klinik wurde ein 3-monatiges Programm (BREATHE) entwickelt, um Patienten/-innen bei der Entlassung zu begleiten und beim Selbstmanagement der chronischen Erkrankung zu unterstützen. Das Programm bestand aus 3 Komponenten:

    • der Sicherstellung, dass Patienten/-innen und Betreuungspersonen auf die Entlassung vorbereitet sind und den nachfolgenden Behandlungsplan verstanden haben,

    • einem individualisierten Plan zur Unterstützung des Selbstmanagements (korrekte Medikamenteneinnahme, Erkennung von Exazerbationen, Durchführung von Atemübungen, Raucherentwöhnung, Erhaltung eines aktiven Lebensstils und bei Notwendigkeit Inanspruchnahme von Hilfe) und

    • erleichtertem Zugang zu Gemeindeprogrammen und Behandlungseinrichtungen.

    Das Programm führten speziell ausgebildete Krankenschwestern mit dafür standardisierten Tools durch.

    Von März 2015 bis Mai 2016 wurden in die Studie 240 Patienten/-innen im mittleren Alter von 64,9 (SD 9,8) Jahren aufgenommen und 1:1 für das BREATHE-Programm oder für die Standardtherapie randomisiert. Die Standardversorgung bestand aus einer 30-tägigen Übergangsbetreuung nach Entlassung zur Einhaltung des Entlassungsplans und Anbindung an die ambulante Versorgung. Alle Patienten/-innen wurden für 6 Monate nach der Klinikentlassung nachverfolgt. Bis auf einen höheren Anteil an Rauchern, häuslichem Sauerstoffbedarf und der Kombination von Beta-Agonisten und Anticholinergika in der Interventionsgruppe waren die Basischarakteristiken beider Gruppen ähnlich.

    Primäres Outcome war die Anzahl durch die COPD verursachter Akutversorgungen in der Notaufnahme oder Krankenhausaufnahmen pro Teilnehmer/-in innerhalb von 6 Monaten sowie weiterhin die Veränderung in der jeweiligen gesundheitsbezogenen Lebensqualität nach 6 Monaten, ermittelt mit dem SGRQ (St.-George’s-Respiratory-Questionnaire) auf einer Skala von 0 – 100. Eine Veränderung um 4 Punkte galt als klinisch bedeutsam.

    203/240 Patienten/-innen vollendeten die Studie. Es traten 15 Todesfälle auf, 8 in der Interventions- und 7 in der Standardversorgungsgruppe. Während des Studienzeitraums kam es zu 339 Krankenhausaufnahmen, 202 von ihnen in der Interventionsgruppe und 137 bei Standardversorgung. Die mittlere Anzahl von COPD-verursachten Notfallereignissen betrug in der Interventionsgruppe pro Teilnehmer/-in innerhalb von 6 Monaten 1,40 (95 %-KI 1,01 – 1,79). In der Gruppe mit Standardversorgung waren es 0,72 pro Teilnehmer/-in (95 %-KI 0,45 – 0,97). Damit betrug die Differenz zwischen beiden Gruppen 0,68 (95 %-KI 0,22 – 1,15). Der mittlere Ausgangswert beim SGRQ betrug in der Interventionsgruppe 62,3 (SD 18,8) und in der Gruppe mit Standardversorgung 63,6 (SD 17,4). Die mittlere Veränderung beim SGRQ-Gesamtscore nach 6 Monaten lag bei 2,81 in der Interventionsgruppe und bei – 2,69 bei Standardversorgung. Die adjustierte Differenz zwischen beiden Gruppen betrug 5,18 (95 %-KI 2,15 – 12,51).

    Fazit

    Laut den Autoren/-innen führte die Betreuung durch das BREATHE-Programm signifikant häufiger zu Krankenhausaufnahmen und Vorstellungen in der Notaufnahme. Die gesundheitsbezogene Lebensqualität verbesserte sich durch das Programm nicht. Zwar seien bei ihrer Single-Center-Studie laut Aboumatar et al. einige Einschränkungen bei der Interpretation der Ergebnisse zu berücksichtigen. Die Gründe für dieses unerwartete Ergebnis bedürften aber weiterer Erforschung.

    Dr. Gabriele Dobler, Berlin


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    Publication History

    Article published online:
    09 April 2020

    © Georg Thieme Verlag KG
    Stuttgart · New York