Gupta RK.
et al.
Quantitative Interferon Gamma Release Assay and Tuberculin Skin Test Results to Predict
Incident Tuberculosis: A Prospective Cohort Study.
Am J Respir Crit Care Med 2019;
DOI:
10.1164/rccm.201905-0969OC
Menschen, die Kontakt zu Patienten mit Tuberkulose hatten oder aus Ländern mit einer
hohen Inzidenz stammen, leiden nicht selten unter einer latenten Tuberkulose. Eine
frühe Erkennung dieser Fälle und die Einleitung einer entsprechenden Therapie können
die Inzidenz und somit auch die Morbidität und Mortalität schwerer Tuberkulosefälle
reduzieren. Im Rahmen der Maßnahmen der Weltgesundheitsorganisation (WHO) zur Eindämmung
der Tuberkulose werden daher Schnelltests bei sensiblen Personengruppen durchgeführt.
Da die Testgüte allerdings als eher gering eingestuft werden muss, wird bereits seit
Jahren nach zuverlässigen neuen Biomarkern geforscht. Bis diese bekannt sind und entsprechende
Tests zur Verfügung stehen, könnte eine Anhebung der Testschwellen bereits verfügbarer
Verfahren die Erkennung latenter Krankheitsfälle erleichtern. So stellten Gupta und
Team nun die Hypothese auf, dass höhere Schwellenwerte für die 3 quantitativen Tests
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QFT-GIT,
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T-SPOT.TB
-
und TST
zu einer höheren Inzidenz führen würden. Um diese Behauptung überprüfen zu können,
griffen sie auf die Daten der UK PREDICT-Kohortenstudie zurück und stellten eine Verbindung
zwischen den Testergebnissen der Probanden, der Inzidenz von latenter Tuberkulose
sowie von Tuberkulose im Follow-up-Zeitraum, sowie einem nationalen Register über
Tuberkulosefälle her.
Probanden wurden in London, Birmingham oder Leicester rekrutiert und sollten Kontakt
zu Personen mit Tuberkulose gehabt haben oder aus einem Land mit hoher Inzidenz kommen.
Die 3 oben genannten Testverfahren wurden dann 6 Wochen nach der letzten Exposition
oder der Migration durchgeführt, die Anzahl der Tuberkulosefälle wurde nach 12 und
24 Monaten telefonisch sowie mithilfe des nationalen Registers abgefragt. In der Analyse
verglichen die Forscher die Inzidenzraten dann in Abhängigkeit von der Höhe der Testfälle
und ermittelten jeweils Testgütekriterien wie u. a. positiven prädiktiven Wert und
Sensitivität.
Sensitivität nimmt ab
Über 10 000 Teilnehmer konnten für die Studie rekrutiert werden, 9610 von ihnen erfüllten
die Einschlusskriterien und wurden bei der Auswertung berücksichtigt. Das mittlere
Follow-up lag bei 4,7 Jahren, 57,5 % der Probanden waren jünger als 35 Jahre. Die
Kohorte umfasste zu 49,8 % Menschen, die in der Vergangenheit einen Kontakt mit einem
Tuberkulosepatienten hatten, sowie zu 49,2 % Migranten aus einem Land mit hoher Inzidenz.
Schließlich berichteten 68,9 % der Teilnehmer eine Impfung.
Die Ergebnisse der 3 klassischen Testverfahren lagen bei 89,1 %, 84,1 % und 81,5 %
vor. 107 Probanden entwickelten im Nachbeobachtungszeitraum eine Tuberkulose, 47 von
ihnen mit pulmonaler Beteiligung. Die mittlere Zeit bis zur Diagnose einer Tuberkulose
konnte auf 188 Tage beziffert werden. Für alle 3 Tests stellten die Forscher mit Anhebung
der Schwelle eine höhere Inzidenzrate für Tuberkulose fest. So stieg bspw. die Rate
pro 1000 Personenjahre beim QFT-GIT nach Anhebung der Testschwelle von 0,35 IU/mal
auf 0,4 IU/mal von 1,1 auf 10,02.
Auch für den positiven prädiktiven Wert konnten die Forscher für alle 3 Tests einen
deutlichen Anstieg durch die Anhebung der Schwelle feststellen. Im Gegensatz dazu
verringerte sich die Sensitivität jeweils deutlich, weshalb sich die Autorinnen/Autoren
für die Zukunft weitere Forschungsanstrengungen zur Identifizierung von neuen Biomarkern
zur Früherkennung von latenten Tuberkuloseinfektionen wünschen.
In dieser Kohortenstudie mit jungen Erwachsenen, die Kontakt zu Tuberkulosepatienten
hatten oder aus Ländern mit hoher Inzidenz eingewandert sind, konnte eine Anhebung
der Schwelle 3 klassischer Testverfahren zur Früherkennung einer latenten Tuberkulose
die Inzidenzrate und den positiven prädiktiven Wert deutlich erhöhen. Da die Autorinnen/Autoren
gleichzeitig aber eine Abnahme der Sensitivität feststellen mussten, sehen sie weiterhin
den dringenden Bedarf nach neuen Tests und Biomarkern.
Dipl.-Psych. Annika Simon, Hannover