Phlebologie 2020; 49(02): 111-113
DOI: 10.1055/a-1107-7315
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Diagnostik der pAVK – arterielle Verschlussdruckmessung

Diagnosis of peripheral arterial disease – ankle-brachial index
Dominic Mühlberger
1   Klinik für Gefäßchirurgie, St.-Josef-Hospital Bochum, Katholisches Klinikum Bochum, Klinikum der Ruhr-Universität Bochum
2   Venenzentrum der Dermatologischen und Gefäßchirurgischen Kliniken am St.-Maria-Hilf-Krankenhaus Bochum
,
Johann W. Ahrendt
1   Klinik für Gefäßchirurgie, St.-Josef-Hospital Bochum, Katholisches Klinikum Bochum, Klinikum der Ruhr-Universität Bochum
2   Venenzentrum der Dermatologischen und Gefäßchirurgischen Kliniken am St.-Maria-Hilf-Krankenhaus Bochum
,
Achim Mumme
1   Klinik für Gefäßchirurgie, St.-Josef-Hospital Bochum, Katholisches Klinikum Bochum, Klinikum der Ruhr-Universität Bochum
2   Venenzentrum der Dermatologischen und Gefäßchirurgischen Kliniken am St.-Maria-Hilf-Krankenhaus Bochum
,
Thomas Hummel
1   Klinik für Gefäßchirurgie, St.-Josef-Hospital Bochum, Katholisches Klinikum Bochum, Klinikum der Ruhr-Universität Bochum
2   Venenzentrum der Dermatologischen und Gefäßchirurgischen Kliniken am St.-Maria-Hilf-Krankenhaus Bochum
› Author Affiliations
 

Zusammenfassung

Die periphere arterielle Verschlusskrankheit (pAVK) ist ein häufiges Krankheitsbild mit einer zunehmenden Prävalenz im Alter. Ursache dafür ist in über 90 % der Fälle eine Arteriosklerose. Patienten mit einem erniedrigten Knöchel-Arm-Index (ankle-brachial-index, ABI) weisen, sowohl asymptomatisch als auch symptomatisch, eine erhöhte kardiovaskuläre Morbidität und Mortalität auf. Daher ist die Dopplerverschlussdruckmessung mit Erhebung des ABI von zentraler Bedeutung. Ein ABI von unter 0,9 gilt als Grenzwert für eine pAVK. Aber auch ein erhöhter ABI von über 1,3 ist, als Zeichen einer Mediasklerose, häufig bei Patienten mit einem Diabetes mellitus oder chronischen Nierenerkrankungen vorzufinden und ebenfalls als pathologisch zu werten.


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Abstract

Peripheral arterial disease is a frequent burden with higher prevalence in elderly. Arteriosclerosis is the major cause for the disease. Patients with a reduced ankle-brachial index (ABI) have significantly more cardiovascular events, independently if they are symptomatic or asymptomatic. Therefore the measurement of the ABI is fundamental, as an ABI smaller than 0.9 is interpreted as an peripheral arterial disease. Nevertheless, values higher than 1.3, as signs of a medial arterial calcification, are more frequent in patients with diabetes and chronic kidney disease. These values are pathological too.


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Die periphere arterielle Verschlusskrankheit (pAVK) ist ein häufiges Krankheitsbild mit einer zunehmenden Prävalenz im Alter [1]. Ursache dafür ist in über 90 % der Fälle eine Arteriosklerose. In der getABI-Studie zeigte sich bei 20 % aller Patienten über 70 Jahre eine pAVK [2] [3], wobei jedoch nur 1 Viertel der Patienten eine Symptomatik aufwies [2]. Neben den klassischen Symptomen einer bewegungsabhängigen „Claudicatio intermittens“ können auch Ruheschmerzen und chronische, nicht heilende Wunden eine Erstmanifestation der pAVK im Sinne einer kritischen Extremitätenischämie sein [2]. In der ersten klinischen Diagnostik kann bereits der Pulstastbefund wegweisend sein, wobei tastbare Pulse eine pAVK nicht ausschließen [2] ([Abb. 1]). Vor allem die Dopplerverschlussdruckmessung mit Erhebung des Knöchel-Arm-Index (ankle-brachial-index, ABI) ist jedoch von zentraler Bedeutung [1] [2] [3], da Patienten mit einem erniedrigten ABI eine deutlich erhöhte kardiovaskuläre Morbidität und Mortalität aufweisen [1] [3]. Die Prävalenz einer pAVK führt dabei zu einem 4-fach erhöhten Risiko für tödliche koronare Ereignisse und zu einem 2–3-fach erhöhten Risiko einer zerebralen Ischämie [1]. Ein ABI von unter 0,9 gilt als Grenzwert für eine pAVK und weist zudem eine hohe Sensitivität und Spezifität für die Diagnostik einer pAVK auf [1] [4]. Werte zwischen 0,75 und 0,9 gelten als leichte AVK, Werte zwischen 0,5 und 0,75 als mittelschwere pAVK und Werte von < 0,5 als schwere AVK und Zeichen einer kritischen Ischämie [1] ([Tab. 1]). Daher sollte der ABI vor allem bei Patienten mit klinischem Verdacht einer pAVK, fehlenden Extremitätenpulsen und chronischen Wunden bestimmt werden ([Abb. 2]). Dafür werden lediglich ein Taschendopplergerät und eine Blutdruckmanschette benötigt ([Abb. 3]). Jedoch können auch Patienten mit kardialen Vorerkrankungen, anderweitig erhöhtem Risiko bzw. positiver Familienanamnese einer pAVK oder generell ab 65 Jahren von der Erhebung des ABI profitieren [5]. Ein erhöhter ABI von über 1,3 ist als Zeichen einer Mediasklerose häufig bei Patienten mit einem Diabetes mellitus oder chronischen Nierenerkrankungen vorzufinden und ebenfalls als pathologisch zu werten [1] [5].

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Abb. 1 Pulsuntersuchung (häufige Fehlerquelle ist hier das Palpieren des eigenen Pulses).
Tab. 1

ABI und Schweregrad der pAVK nach [1].

Knöchel-Arm-Index (ABI)

Schweregrad der pAVK

> 1,3

Verdacht auf Mediasklerose

> 0,9

Normalbefund

0,75–0,9

leichte pAVK

0,5–0,75

mittelschwere pAVK

< 0,5

schwere pAVK/kritische Ischämie

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Abb. 2 Messung des ABI an der A. dorsalis pedis (man beachte den richtigen Winkel der Dopplersonde).
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Abb. 3 „Dopplertasche“ in unserer Klinik mit einem Taschendoppler, einer Blutdruckmanschette sowie Ultraschallgel und Desinfektionstüchern in der Tasche.

Vor der Durchführung der arteriellen Verschlussdruckmessung sind gemäß den Leitlinien folgende Empfehlungen anzuwenden [1]:

  • keine übermäßige Anstrengung vor der Untersuchung

  • Ruhe ca. 10 min

  • Messung in liegender Position ([Abb. 4])

  • Durchführung von 2 systolischen Blutdruckmessungen nach RR an der A. brachialis an beiden Armen (der Mittelwert wird verwendet), bei Druckunterschieden über 10 mmHg ist der höhere Druck relevant

  • Platzierung der Dopplersonde über der A. dorsalis pedis bzw. A. tibialis posterior

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Abb. 4 Messung am liegenden, 10 min ruhenden Patienten.

Im Anschluss wird die Blutdruckmanschette aufgepumpt und langsam abgelassen. Hierbei wird der systolische Druckwert, d. h. jener Wert, bei welchem erstmalig wieder ein Dopplersignal hörbar ist, abgelesen. Hierbei ist vor allem der Winkel der Sonde von entscheidender Bedeutung, da bei einem Winkel von 90 Grad keine Messung möglich ist ([Abb. 5]). Am besten wäre ein Winkel zwischen Dopplersonde und Arterienverlauf von 30 Grad ([Abb. 2]). Der ABI ermittelt sich aus dem Quotienten (systolischer Blutdruck Bein/mittlerer Blutdruck Arm; beispielsweise 80 mmHg (A. dorsalis pedis links)/120 mmHg (Mitteldruck Aa. brachiales) = ABI 0,66). Der arterielle Verschlussdruck wird normalerweise für die A. tibialis posterior und die A. dorsalis pedis bestimmt [5]. Der ABI wird anschließend für beide Beine berechnet. In den deutschen Leitlinien wird hierfür der niedrigere Knöchelarteriendruck verwendet, während anderen Leitlinien zufolge der höhere Knöchelarteriendruck und der höherer Armarteriendruck verwendet werden soll [5]. Die Verwendung des niedrigeren Knöchelarteriendrucks soll jedoch die Sensitivität erhöhen und somit auch Hochrisikopatienten identifizieren [1] [6].

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Abb. 5 „Falsche“ Messung des ABI an der A. tibialis posterior (man beachte den Winkel der Dopplersonde von fast 90 Grad).

Zusammenfassend ist die Bestimmung des ABI eine einfache, nichtinvasive und schnell durchführbare Untersuchung, deren Ergebnis jedoch eine große therapeutische Relevanz für Patienten haben kann.


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Interessenkonflikt

Die Autorinnen/Autoren geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht.

  • Literatur

  • 1 Deutsche Gesellschaft für Angiologie, Gesellschaft für Gefäßmedizin S3 Leitlinie zur Diagnostik, Therapie und Nachsorge der peripheren arteriellen Verschlusskrankheit AWMF Register Nr. 065/003 Entwicklungsstufe S3, Stand 30. November 2015.
  • 2 Lawall H, Huppert P, Espinola-Klein C. et al. Diagnostik und Therapie der peripheren arteriellen Verschlusskrankheit. Dtsch Ärztebl Int 2016; 113: 729-736
  • 3 Diehm C, Schuster A, Allenberg H. et al. High prevalence of peripheral arterial disease and comorbidity in 6880 primary care patients: cross sectional study. Artheriosclerosis 2004; 172: 95-105
  • 4 Xu D, Zou L, Xing Y. et al. Diagnostik value of the ankle-brachial index in peripheral arterial disease: a meta analysis. The canadian journal of cardiology 2013; 29 (04) 492-498
  • 5 Aboyans V, Ricco JB, Bartelink MEL. et al. 2017 ESC Guidelines on the Diagnosis and Treatment of peripheral arterial diseases, in collaboration with the European Society of Vascular Surgery (ESVS): Document covering artherosclerotic disease of extracranial carotid and vertebral, mesenteric, renal, upper and lower extremity arteriesEndorsed by: the European Stroke Organization (ESO) The Task Force for Diagnosis and Treatment of Peripheral Arterial Diseases of the European Society of Cardiology (ESC) and of the Europea Society for Vascular Surgery (ESVS). Eur Heart J 2018; 39 (09) 763-816
  • 6 Espinola-Klein C, Rupprecht HJ, Bickel C. et al. Different calculations of ankle-brachial index and their impact on cardiovaskular risk prediction. Circulation 2008; 118 (09) 961-967

Korrespondenzadresse

Dr. Dominic Mühlberger
Klinik für Gefäßchirurgie, St.-Josef-Hospital Bochum
Katholisches Klinikum Bochum, Klinikum der Ruhr-Universität Bochum
Gudrunstr. 56
44791 Bochum
Phone: ++ 49/2 34/5 09 22 70   
Fax: ++ 49/2 34/5 09 22 76   

Publication History

Article published online:
12 February 2020

© Georg Thieme Verlag KG
Stuttgart · New York

  • Literatur

  • 1 Deutsche Gesellschaft für Angiologie, Gesellschaft für Gefäßmedizin S3 Leitlinie zur Diagnostik, Therapie und Nachsorge der peripheren arteriellen Verschlusskrankheit AWMF Register Nr. 065/003 Entwicklungsstufe S3, Stand 30. November 2015.
  • 2 Lawall H, Huppert P, Espinola-Klein C. et al. Diagnostik und Therapie der peripheren arteriellen Verschlusskrankheit. Dtsch Ärztebl Int 2016; 113: 729-736
  • 3 Diehm C, Schuster A, Allenberg H. et al. High prevalence of peripheral arterial disease and comorbidity in 6880 primary care patients: cross sectional study. Artheriosclerosis 2004; 172: 95-105
  • 4 Xu D, Zou L, Xing Y. et al. Diagnostik value of the ankle-brachial index in peripheral arterial disease: a meta analysis. The canadian journal of cardiology 2013; 29 (04) 492-498
  • 5 Aboyans V, Ricco JB, Bartelink MEL. et al. 2017 ESC Guidelines on the Diagnosis and Treatment of peripheral arterial diseases, in collaboration with the European Society of Vascular Surgery (ESVS): Document covering artherosclerotic disease of extracranial carotid and vertebral, mesenteric, renal, upper and lower extremity arteriesEndorsed by: the European Stroke Organization (ESO) The Task Force for Diagnosis and Treatment of Peripheral Arterial Diseases of the European Society of Cardiology (ESC) and of the Europea Society for Vascular Surgery (ESVS). Eur Heart J 2018; 39 (09) 763-816
  • 6 Espinola-Klein C, Rupprecht HJ, Bickel C. et al. Different calculations of ankle-brachial index and their impact on cardiovaskular risk prediction. Circulation 2008; 118 (09) 961-967

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Abb. 1 Pulsuntersuchung (häufige Fehlerquelle ist hier das Palpieren des eigenen Pulses).
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Abb. 2 Messung des ABI an der A. dorsalis pedis (man beachte den richtigen Winkel der Dopplersonde).
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Abb. 3 „Dopplertasche“ in unserer Klinik mit einem Taschendoppler, einer Blutdruckmanschette sowie Ultraschallgel und Desinfektionstüchern in der Tasche.
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Abb. 4 Messung am liegenden, 10 min ruhenden Patienten.
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Abb. 5 „Falsche“ Messung des ABI an der A. tibialis posterior (man beachte den Winkel der Dopplersonde von fast 90 Grad).