Hygienisch, rechtlich sicher und korrekt durchgeführt, ist die VENENPUNKTION für Diagnose und Behandlung eine elementare Technik.
Abb. 1 Zur Venenpunktion am Arm eignen sich besonders Venen an den Ellenbeugen (V.
cephalica, V. mediana cubiti), an den Unterarmen (V. basilica, V. cephalica) oder
an den Handrücken. Quelle: ICare Pflege. 4. Nachdruck. Stuttgart: Thieme; 2015
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Um eine sichere Diagnose zu stellen, ist eine Blutentnahme oft unerlässlich. Dafür
muss in der Regel eine Vene, zum Beispiel V. cephalica, punktiert werden.
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Vor der Venenpunktion ist es wichtig, die rechtlichen Vorschriften wie die Aufklärung
des Patienten zu erfüllen sowie sorgfältig die benötigten Materialien vorzubereiten.
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Begleitend zu einer Venenpunktion (zur Blutentnahme oder Injektion/Infusion) ist eine
ordnungsgemäße Dokumentation zu leisten.
Aus der medizinischen Diagnostik
ist sie kaum wegzudenken: die Blutanalyse. Sie bietet in vielen Fällen die einzige
Möglichkeit für einen sicheren Befund. Eine einwandfreie Durchführung ist hierfür
eine grundsätzliche Voraussetzung. In der sich anschließenden Behandlung spielen wiederum
Injektions- und Infusionstherapien in vielen Praxen eine wichtige Rolle.
Rechtliche Aspekte
Grundsätzlich sollten Sie jedem Patienten bei allen Maßnahmen erläutern, was Sie tun
und warum Sie es tun. Bei der Blutentnahme und Injektionen/Infusionen gilt dies in
besonderem Maße: Die notwendige Venenpunktion ist ein mit Risiken verbundener Eingriff
in die körperliche Unversehrtheit des Patienten. Es handelt sich – rein rechtlich
betrachtet – also um eine Körperverletzung. Dem muss der Patient nach einer sorgfältigen
Anamnese und Aufklärung zustimmen. Es werden zudem besondere Anforderungen an Ihr
sorgfältiges hygienisches Arbeiten gestellt.
Die Aufklärung des Patienten umfasst unter anderem folgende Punkte:
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Damit der Patient der Maßnahme sicher zustimmen kann, müssen Sie ihn vorab sorgfältig
über die Notwendigkeit und das Vorgehen bei der Blutentnahme und die dafür notwendige
Venenpunktion aufklären.
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Sie müssen ihm die damit verbundenen Risiken benennen.
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Sie müssen den Patienten über Alternativen unterrichten und auch über die Folgen,
die es haben kann, wenn er die vorgeschlagene Maßnahme verweigert.
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Sie müssen dokumentieren, dass Sie ihn aufgeklärt haben und er der Maßnahme zugestimmt
oder diese abgelehnt hat. Dasselbe gilt für die therapeutischen Maßnahmen, die mit
Punktionen einhergehen.
Beobachten Sie während der Venenpunktion und Blutentnahme besonders aufmerksam, ob
der Patient unerwünschte vegetative Reaktionen wie Blässe, Unruhe oder Schweißbildung
zeigt. Fragen Sie ihn, wenn Sie eine Komplikation vermuten, nach seinem Befinden.
Merke: Sie dürfen kein Blut entnehmen, wenn Sie damit eine Erkrankung nachweisen möchten,
die Sie als Heilpraktiker nicht behandeln dürfen – also alle im IfSG genannten Erkrankungen.
Besondere Anforderungen
Um die Sorgfaltspflicht bei der venösen Punktion zu wahren, müssen Sie
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bei der Auswahl des zu punktierenden Gefäßes über die entsprechenden anatomischen
Kenntnisse verfügen.
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ausreichende Kenntnis der richtigen Venenpunktionstechniken haben.
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Vorgaben und Empfehlungen zur Hygiene der KRINKO, der TRBA 250 und gegebenenfalls
weitere gesetzliche Verordnungen kennen und einhalten. Dazu müssen Sie die notwendigen
Rahmenbedingungen und Materialien bereitstellen können.
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im Fall von Injektionen und Infusionen das Medizinproduktegesetz, das Arzneimittelgesetz
und gegebenenfalls Anzeigepflichten gegenüber der Bezirksregierung oder des zuständigen
Gesundheitsamts beachten.
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Sorge tragen, dass keine weiteren Personen (zum Beispiel andere Patienten, Mitarbeiter)
gefährdet werden, beispielsweise dadurch, dass sie mit kontaminiertem Blut oder spitzen
Utensilien in Berührung kommen.
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wissen, zu welchen Komplikationen es kommen kann und wie Sie sich dann richtig zu
verhalten haben.
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Ihrem Patienten gegebenenfalls zuvor mitteilen, dass er zur Blutentnahme nüchtern
sein muss und/oder davor bestimmte Medikamente nicht einnehmen darf.
Mögliche Komplikationen
Bei einer Venenpunktion sollten Sie mögliche Komplikation kennen und praktisch berücksichtigen.
Zum Beispiel kann es passieren, dass Sie bei der Punktion die Vene durchstoßen, was
zu Hämatomen führen und Schmerzen auslösen kann. Außerdem können durch falsche Punktion
Nerven verletzt werden. Es besteht zudem die Gefahr, statt einer Vene eine Arterie
zu punktieren. Bei Injektionen kann dies zu schmerzhaften Gefäßspasmen führen und
ist unter Umständen eine Indikation, die Rettungsleitstelle hinzuziehen. Eine versehentliche
intraarterielle Injektion ist jedoch höchst unwahrscheinlich, weil die Fehlpunktion
bei sorgfältiger Handhabe bereits vor Beginn der Injektion deutlich wird. Darüber
hinaus können vor allem bei unsachgemäßer Durchführung Keime in den Kreislauf des
Patienten gelangen, die zu Infektionen führen können.
Geeignete Venen für die Punktion
Für die intravenöse Punktion wählen Sie in der Regel die Venen an den Ellenbeugen
(V. cephalica, V. mediana cubiti), an den Unterarmen (V. basilica, V. cephalica) oder
an den Handrücken (siehe Abb. 1). Die Venen der Fußrücken werden nur in Ausnahmen
punktiert. Um die Venenfüllung zu verbessern, können Sie den Unterarm des Patienten
unmittelbar vor der Punktion von distal nach proximal ausstreichen oder leicht mit
Ihrem Handteller beklopfen.
Möchten Sie eine Blutentnahme vornehmen, so vermeiden Sie es, die Venendarstellung
zu verbessern, indem der Patient mehrmals hintereinander die Hände zu Fäusten schließt.
Die Muskelkontraktion kann dazu führen, dass die Magnesium- und Kalium-Serumwerte
verfälscht werden. Für eine Punktion und Injektion spielt dies keine Rolle.
Achten Sie auch darauf, insgesamt nicht länger als 1 min zu stauen. Eine zu lange
Stauung kann zur Verfälschung von Blutwerten (zum Beispiel Kalium, LDH) und zu einer
Hämolyse führen.
Schritte zur Blutentnahme
Für die Venenpunktion und die anschließende Blutentnahme bereiten Sie ein Tablett
mit allen benötigten Utensilien vor. Tragen Sie hierbei Handschuhe. Bevor Sie das
Spritzentablett zusammenstellen, desinfizieren Sie mit einem dafür zugelassenen Flächendesinfektionsmittel
die Arbeitsfläche, auf der Sie die benötigten Utensilien gegebenenfalls ablegen, sowie
das Tablett. Beachten Sie die vom Hersteller angegebene Einwirkzeit des Desinfektionsmittels.
Stellen Sie auf dem Tablett folgende Materialien bereit (siehe Abb. 2):
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passende latex- und puderfreie Einmalhandschuhe
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die für die gewünschten Laboruntersuchungen notwendigen Blutentnahmeröhrchen
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eine Blutentnahmekanüle oder einen Butterfly mit passendem Adapter
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ein VAH gelistetes Haut- und Händedesinfektionsmittel
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einen Stauschlauch
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sterilisierte Tupfer oder sterile (Einweg-)Alkoholtupfer
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Materialien für einen Kompressionsverband
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einen Spritzenabwurfbehälter und eine Nierenschale zur Ablage für Verpackungen und
gebrauchte Materialien
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ein Lagerungskissen
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Halten Sie die Unterlagen für die Dokumentation bereit und vergewissern Sie sich,
dass Sie im Anschluss an die Maßnahme alle Materialien umgehend sachgerecht entsorgen
beziehungsweise säubern können.
Abb. 2 Benötigte Materialien für eine Venenpunktion zur Blutentnahme. Über die abgebildeten
Materialien hinaus benötigt man einen Spritzenabwurfbehälter, eine Nierenschale und
ein Lagerungskissen. Foto: © Thieme Gruppe / Kirsten Oborny
Merke: Nehmen Sie eine hygienische Händedesinfektion vor, bevor Sie steriles Material
auspacken.
Öffnen Sie, wenn alles vorbereitet ist, die Verpackung der Blutentnahmekanüle. Öffnen
Sie Verpackungen grundsätzlich an der dafür vorgesehenen Stelle und in der vorgesehenen
Art, drücken Sie sie also niemals durch den Blister.
Entnehmen Sie die Kanüle der Packung und verbinden Sie sie über den Adapter mit dem
Probeentnahmesystem, dem Blutentnahmeröhrchen. Belassen Sie die Schutzkappe in jedem
Fall auf der Nadel.
Lokalisation der Punktionsstelle
Inspizieren Sie zunächst die Arme des Patienten hinsichtlich möglicher Kontraindikationen
für eine Venenpunktion. Dazu zählen ein Lymphödem, ein Shunt für die Dialyse, Lähmungen,
Spasmen sowie sichtbare Hautveränderungen (Entzündungen, Ödeme, Ekzeme etc.).
Platzieren Sie dann unter den für die Punktion gewählten Arm ein Lagerungs- oder Venenkissen.
Legen Sie am Oberarm des Punktionsarms einen Stauschlauch an. Achten Sie darauf, dass
die Zugvorrichtung und der Verschlussmechanismus am Stauschlauch möglichst nach lateral
zeigen. Das erleichtert Ihnen die Handhabung und ist für den Patienten angenehmer.
Stauen Sie das Blut, indem Sie die Zugvorrichtung anziehen und dadurch die Venen komprimieren.
Achten Sie darauf, keine Hautfalten einzuklemmen. Legen Sie dazu einen Finger zwischen
den Stauschlauch und den Arm des Patienten, während Sie den Stauschlauch anziehen.
Fühlen Sie dann den Radialispuls: Ist er tastbar, haben Sie die Venen gestaut. Ist
er nicht tastbar, ist die Kompression zu stark und Sie haben zusätzlich die Arterie
komprimiert. Lockern Sie den Stauschlauch in diesem Fall, bis der Puls wieder tastbar
ist.
Inspizieren Sie nun den Arm des Patienten. Achten Sie auf gut sichtbare Venen am Unterarm
und am Handrücken (siehe Abb. 1).
Die Venen an Arm und Hand zeichnen sich durch die Stauung deutlich unter der Haut
ab. Bestimmen Sie durch Sichtbefund und Palpation die am stärksten gefüllte Vene.
Sie ist für eine Punktion am besten geeignet. Im Zweifelsfall ist es wichtiger, eine
Vene gut tasten zu können. Dies ist zuverlässiger als der Sichtbefund. Merken Sie
sich die Punktionsstelle und lockern Sie den Stauschlauch.
Führen Sie dann die hygienische Händedesinfektion durch. Desinfizieren Sie die Haut
über der Punktionsstelle großflächig. Empfohlen wird dazu der Gebrauch von sterilen
Einmal-Alkoholtupfern. Achten Sie darauf, die Haut nach der Desinfektion nicht mehr
zu berühren. Die Haut darf auch nicht durch Berührung mit dem Stauschlauch oder einem
Kleidungsstück kontaminiert werden. Ansonsten müssten Sie die Hautdesinfektion wiederholen.
Durchführung der Blutentnahme
Bereiten Sie die Blutentnahme und die damit zusammenhängende venöse Punktion vor.
Wenn Sie mehrere Blutentnahmeröhrchen befüllen möchten, legen Sie alle griffbereit.
Ziehen Sie Einmalhandschuhe an und legen sie den Stauschlauch wieder enger an.
Nehmen Sie das vorbereitete Blutentnahmeröhrchen mit der verbundenen Kanüle in die
Hand, mit der Sie punktieren möchten. Entfernen die Schutzkappe der Kanüle mit der
anderen Hand. Punktieren Sie die Vene zügig in Richtung des Venenverlaufs. Stechen
Sie dabei mit der Kanüle mit nach oben zeigendem Anschliff in einem Winkel von ca.
30° in die Haut und schieben Sie die Kanüle vorsichtig in die Vene. Ziehen Sie den
Kolben des Blutentnahmeröhrchens leicht zurück. Aspirieren Sie dabei dunkles Blut,
ist das ein Zeichen dafür, dass die Kanüle richtig in der Vene liegt. Dann können
Sie die gewünschte Blutmenge langsam aspirieren. Durch zu schnelles Aspirieren können
Erythrozyten platzen.
Für den Wechsel des Blutentnahmeröhrchens halten Sie mit einer Hand den Adapter am
Ansatzstück fest. Drehen Sie das Röhrchen gegen den Uhrzeigersinn und lösen Sie es
damit aus dem Ansatzstück heraus. Setzen Sie das nachfolgende Blutentnahmeröhrchen
auf und verbinden Sie es mit dem Ansatzstück, indem Sie es im Uhrzeigersinn eindrehen.
Öffnen Sie den Stauschlauch erst, wenn Sie mit der Blutentnahme fertig sind.
Legen Sie zum Entfernen der Butterfly-Kanüle eine Kompresse auf die Punktionsstelle
und ziehen Sie die Kanüle rasch aus der Vene. Legen Sie die Butterfly-Kanüle in eine
dafür bereitgestellte Nierenschale. Drücken Sie einen Tupfer kräftig für ca. 2 min
auf die Punktionsstelle und stoppen Sie so die Blutung. Wenn die Blutung steht, kleben
Sie einen Kompressionsverband auf die Punktionsstelle. Entsorgen Sie die Kanüle sachgemäß
in einem Kanülenabwurfbehälter. Entsorgen Sie gebrauchte Verpackungen und Materialien
im Praxismüll.
Merke: Stecken Sie die Schutzkappe nicht wieder auf die Kanüle, Sie könnten sich dabei
verletzen! Recapping ist verboten!
Zu guter Letzt: Denken Sie daran, alle Vorgänge ordnungsgemäß zu dokumentieren.
Dieser Artikel ist online zu finden:
http://dx.doi.org/10.1055/a-1098-6614