Hebamme 2020; 33(01): 38-39
DOI: 10.1055/a-1084-4975
Kongress
Aktuelles

Die äußere Wendung ist einen Versuch wert

 

Die äußere Wendung wird bei Beckenendlage ab der 36. SSW von internationalen Gesellschaften empfohlen, um eine vaginale Geburt zu begünstigen. Eine Arbeitsgruppe an der Charité Universitätsklinik Berlin erforscht derzeit, welche Kriterien mit einem erfolgreichen Wendungsversuch korrelieren. Dr. Larry Hinkson berichtet auf dem Forum Hebammenarbeit 2020 in Leipzig und Wiesbaden, wie die Ergebnisse helfen, schwangere Frauen besser über Chancen und Risiko von Wendungen zu beraten.


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Hintergrund

Die äußere Wendung ist eine empfohlene Intervention mit geringem Risiko zur Behandlung der Beckenendlage ab der 36. SSW. Sie wird von internationalen Gesellschaften empfohlen, um die Wahrscheinlichkeit einer vaginalen Geburt zu verbessern. Die Erfolgsrate der äußeren Wendung variiert allerdings zwischen 35 – 86 % [1].

Eine Arbeitsgruppe für Beckenendlage in der Charité Universitätsklinik Berlin erforscht die äußere Wendung zurzeit wissenschaftlich. Ziel ist es, die Erfolgsquote zu ermitteln und die günstigen Kriterien festzulegen, die mit einem erfolgreichen Wendungsversuch verbunden sind. Diese Ergebnisse sollen es ermöglichen, die Frauen bzw. Paare besser über die Erfolgschancen und das Risiko von Wendungen zu beraten sowie günstige und ungünstige Parameter zu ermitteln, damit Patientinnen informierte Entscheidungen treffen können.


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Sanfte äußere Wendung

Oberarzt Dr. Larry Hinkson führt am Universitätsklinikum Charité Berlin eine viel beachtete sanfte äußere Wendung durch, für die er das sog. Soft-Touch-Verfahren entwickelt hat. Mithilfe einer speziellen Massagetechnik aktiviert er dabei die Eigenreflexe des in Beckenendlage befindlichen Kindes. Dieses wird dadurch angeregt, sich geleitet vom Behandler im Uterus selbst zu drehen. Hinkson konnte durch Anwendung der Methode die Erfolgsrate bei der äußeren Wendung von 40 % auf 72 % erhöhen.

Die äußere Wendung führt er nach den Leitlinien des Krankenhauses durch, die eine Voruntersuchung und einen Ultraschall ebenso erfordern wie die gründliche Aufklärung: Die Frau bekommt die Vorteile und die Risiken der Technik genau erläutert, um eine informierte Entscheidung treffen zu können. Sie gibt eine schriftliche Einverständniserklärung ab. Das Kind in BEL wird vor, während und nach dem Manöver überwacht, um dessen Wohlbefinden sicherzustellen. Ein Anästhesieteam und ein OP-Team stehen in Bereitschaft. Nach der erfolgreich durchgeführten Wendung bleibt die Schwangere ggf. eine Nacht zur Überwachung stationär, bevor sie mit der Aussicht auf eine normale vaginale Geburt die Klinik verlassen kann.


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Soft-Touch-Methode

Die von Dr. Larry Hinkson entwickelte Soft-Touch-Methode ist eine besonders sanfte, nahezu schmerzfreie Form der äußeren Wendung. Sie nutzt natürliche frühkindliche Reflexe, die auch bei Neugeborenen zu beobachten und erforscht sind. Die Schwangere bekommt vor dem Manöver ein muskelentspannendes Mittel, jedoch ist währenddessen keine Tokolyse erforderlich. Alle Patientinnen werden routinemäßig bezüglich der Risiken, zum Beispiel mehrere Nabelschnurumschlingungen, beraten [2]. Die äußere Wendung wird von einem ausgebildeten Geburtshelfer mit Oberarztanwesenheit durchgeführt. Hier wird der Steiß manuell aus dem Becken gehoben unter Verwendung leichter Handbewegungen und Ausnutzen der natürlichen kindlichen Reflexe [3]. Das Kind dreht sich dann vorwärts oder rückwärts in Schädellage. Nach der Wendung wird ein CTG durchgeführt, um das Wohlbefinden des Kindes zu bestätigen. Vor der Entlassung wird auch eine Ultraschalluntersuchung durchgeführt.

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Abb. 1 Bei rund 70 % der Kinder in Beckenendlage liegt eine reine Steißlage vor. (Quelle: Stiefel et al. Hebammenkunde [4]).

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Fragen an den Experten

Dr. Larry Hinkson berichtet auf dem Forum Hebammenarbeit 2020 vom aktuellen Stand der Arbeitsgruppe für Beckenendlage der Charité Universitätsklinik Berlin. Nach seinem Vortrag am 6. März 2020 in Leipzig und am 13. November 2020 in Wiesbaden besteht die Chance, Fragen zu stellen und zu diskutieren. Alle Infos zum Kongress unter www.forumhebammenarbeit.de


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Referent

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Dr. Larry Hinkson ist Leitender Oberarzt CCM an der Klinik für Geburtsmedizin der Charité – Universitätsmedizin Berlin

  • Literatur

  • 1 Hofmeyr GJ, Kulier R. External cephalic version for breech presentation at term. Cochrane Database Syst Rev. 2000 (02) CD000083
  • 2 Hinkson L, Pahlitzsch T, Henrich W. Sextuple rings of nuchal cord by breech presentation: a warning sign.Ultrasound Obstet Gynecol. 2019 Jun 25. doi: 10.1002/uog.20376
  • 3 Hinkson L, Henrich W. Eliciting primitive fetal reflexes in the intrauterine environment: A new concept to aid external cephalic version. Eur J Obstet Gynecol Reprod Biol 2018; Dec; 231: 283-284. DOI: 10.1016/j.ejogrb.2018.10.044. Epub 2018 Oct 25.
  • 4 Stiefel A, Geist C, Harder U. Hebammenkunde. 5. Aufl. Thieme; Stuttgart: 2013

Korrespondenzadresse

Charité – Universitätsmedizin Berlin
Klinik für Geburtsmedizin
Dr. Larry Hinkson
Charitéplatz 1
10117 Berlin

Publication History

Article published online:
03 March 2020

© Georg Thieme Verlag KG
Stuttgart · New York

  • Literatur

  • 1 Hofmeyr GJ, Kulier R. External cephalic version for breech presentation at term. Cochrane Database Syst Rev. 2000 (02) CD000083
  • 2 Hinkson L, Pahlitzsch T, Henrich W. Sextuple rings of nuchal cord by breech presentation: a warning sign.Ultrasound Obstet Gynecol. 2019 Jun 25. doi: 10.1002/uog.20376
  • 3 Hinkson L, Henrich W. Eliciting primitive fetal reflexes in the intrauterine environment: A new concept to aid external cephalic version. Eur J Obstet Gynecol Reprod Biol 2018; Dec; 231: 283-284. DOI: 10.1016/j.ejogrb.2018.10.044. Epub 2018 Oct 25.
  • 4 Stiefel A, Geist C, Harder U. Hebammenkunde. 5. Aufl. Thieme; Stuttgart: 2013

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Abb. 1 Bei rund 70 % der Kinder in Beckenendlage liegt eine reine Steißlage vor. (Quelle: Stiefel et al. Hebammenkunde [4]).