Rice MB.
et al.
Ambient air pollution exposure and risk and progression of interstitial lung abnormalities:
the Framingham Heart Study.
Thorax 2019;
DOI:
10.1136/thoraxjnl-2018-212877
Interstitielle Lungenerkrankung sind in der Pneumologie ein großes Krankheitsfeld
und können bei chronischen Verläufen zur irreversiblen Lungenfibrose und schweren
Beeinträchtigungen der Lungenfunktion führen. Zu den wichtigsten Risiken zählen dabei
Umweltfaktoren wie das Rauchen oder der Kontakt mit Silikon oder Asbest. Darüber hinaus
wird vermutet, dass eine starke und zeitlich längere Exposition gegenüber Umweltgiften
wie Feinstaub oder Verkehrsabgasen das Risiko einer Erkrankung bzw. einer Progression
erhöhen könnte.
Da es bislang nur wenige harte Fakten zu dieser Hypothese gibt, wollten Rice und ihre
Kollegen hier eine Lücke schließen und haben eine sekundäre Auswertung der Framingham-Heart-Studie
durchgeführt. Als Leitfrage wollten sie dabei herausfinden, ob eine Langzeitexposition
gegenüber Luftverschmutzung mit der Entwicklung und Verschlimmerung von interstitiellen
Lungenerkrankungen in einem frühen Stadium zusammenhängen könnte.
Sie griffen dafür auf die Daten von 2618 Teilnehmern der oben genannten Studie aus
dem Zeitraum zwischen 2008 und 2011 zurück. Für diese Patienten lagen die Befunde
einer thorakalen Computertomografie vor. Um auch die Auswirkungen einer Belastung
durch Umweltgase auf die Progression von vorbestehenden Hinweisen auf eine interstitielle
Lungenerkrankung beurteilen zu können, berücksichtigten die Forscher die Ergebnisse
einer kardialen CT-Untersuchung von 1846 Teilnehmern der Studie aus den Jahren 2002
bis 2005. Für diese war demnach eine Verlaufsbeurteilung möglich.
Um den Begriff der Umweltverschmutzung bzw. die Belastung gegenüber Umweltgasen objektivieren
zu können, zogen die Studienautoren die durchschnittlichen 5-Jahres-Werte von Feinstaub,
Karbon und Ozon heran. Darüber hinaus berechneten sie für jeden Teilnehmer den Abstand
zwischen der Heimanschrift und der nächstgelegenen viel befahrenen Straße. Schließlich
sollte jeder Proband einen Fragebogen zu folgenden Punkten ausfüllen:
Mithilfe der CT-Bilder untersuchten die Autoren dann einen etwaigen Zusammenhang zwischen
klinischen Hinweisen auf eine interstitielle Lungenerkrankung und dem Grad der Exposition
gegenüber Umweltverschmutzung. Als Grundlage für die statistische Auswertung diente
ein logistisches Regressionsmodell. Als mögliche potenzielle Störvariablen wurden
dabei Alter, Geschlecht, Body-Mass-Index, Raucherstatus, Pack Years, Passivrauchen,
Kohorte und Erhebungszeitpunkt berücksichtigt.
Karbon als Risikofaktor
Die Teilnehmer waren im Durchschnitt 59,5 Jahre alt, 49,6 % von ihnen männlich. Der
durchschnittliche Body-Mass-Index konnte auf 28,5 beziffert werden, 7,2 % waren aktuelle
und 51,4 % ehemalige Raucher. Die mittlere Distanz zwischen der Heimanschrift und
einer viel befahrenen Straße lag bei 259,8 m, 28,2 % der Teilnehmer lebten etwa 100 m
von einer solchen Straße entfernt. Eine höhere Belastung insbesondere mit Karbon ging
mit einer um 1,27-fach größeren Wahrscheinlichkeit von computertomografischen Anzeichen
einer interstitiellen Lungenerkrankung einher.
Für die Progression einer bereits bestehenden Erkrankung errechneten die Forscher
eine Odds Ratio von 1,33 mit einem 95 %-Vertrauensintervall zwischen 1 und 1,77. Für
die anderen untersuchten Stoffe stellten sie hingegen keinen solchen Zusammenhang
fest. Die Wissenschaftler sehen in ihren Ergebnissen einen Beleg für die gesundheitsschädlichen
Auswirkungen von Feinstaubgasen in Zusammenhang mit dem hohen Verkehrsaufkommen an
viel befahrenen Straßen und raten dringend zu Präventionsmaßnahmen.
In dieser sekundären Auswertung der Framingham-Heart-Studie über den Zusammenhang
zwischen interstitiellen Lungenerkrankungen und Umweltverschmutzung in Zusammenhang
mit Straßenverkehr erhöhte eine Exposition gegenüber Karbon das Risiko für das Auftreten
und die Progression dieser Erkrankungsgruppe. Die Autorinnen/Autoren sehen in ihren
Ergebnissen ein Alarmsignal und wünschen sich neben Präventionsmaßnahmen weitere Untersuchungen.
Dipl.-Psych. Annika Simon, Hannover