Hinweis
Die Beiträge in der Rubrik „How I do it“ sind als Anregung und Orientierungshilfe
zu verstehen. Es bleibt jeder/jedem Kollegin/Kollegen überlassen, von diesem Schema
abzuweichen, sofern man sich mit der Indikationsfrage befasst hat und sachliche Gründe
für ein alternatives Vorgehen sprechen.
Einleitung
Die weiter zunehmende Verbreitung von SARS-CoV-2 als von der WHO anerkannte Pandemie
prägt gegenwärtig entscheidend unser gesellschaftliches und ärztliches Handeln.
Innerhalb von Krankenhäusern sind radiologische Abteilungen durch ihre interdisziplinäre
Ausrichtung und ihren breiten diagnostischen und interventionellen Versorgungsauftrag
bei nahezu allen Krankheitsbildern beteiligt. Dies birgt die Gefahr, dass sich Patienten
und Mitarbeiter in einer radiologischen Abteilung anstecken können.
Bei der COVID-19-Pandemie spielt die Radiologie sicherlich eine wichtige Rolle für
die Primär- und Verlaufsdiagnostik. Dennoch werden die meisten Patienten, hierunter
auch asymptomatische Virusträger, aus anderen Gründen in der Radiologie untersucht:
Angefangen mit der Diagnostik von Lungenembolien und nicht viralen Pneumonien müssen
auch Diagnose, Staging und Nachsorge bei Tumorpatienten gewährleistet sein, genauso
wie die Radiologie unverändert auch in der Notfall- und Traumadiagnostik essenzieller
Bestandteil der klinischen Patientenversorgung bleibt. Klinische radiologische Abteilungen
müssen daher sicher und umfassend handlungsfähig bleiben und alle Patienten weiterhin
adäquat versorgen können. Zusätzlich muss das Personal in der Radiologie bestmöglich
geschützt werden, um sich nicht selbst anzustecken und um eine Verbreitung des Virus
über die Radiologie als klinische Kerndisziplin zu vermeiden.
In der vorliegenden Arbeit sind organisatorische Handlungsempfehlungen für radiologische
Abteilungen in Deutschland zusammengestellt. Die Empfehlungen basieren auf der aktuellen
Literatur zu COVID 19 [1], [2], [3], [4], [5], [6], [7] und auf den einige Jahre zurückliegenden Publikationen, die sich mit der Vorbereitung
radiologischer Abteilungen auf das Ebola-Virus beschäftigten [8], [9]. Zusätzlich wurden die Führungskräfte der Deutschen Radiologie an Kliniken über
die KLR (Konferenz der Lehrstuhlinhaber) sowie über die CAFRAD (Chefarztforum Radiologie)
mittels einer E-Mail-Umfrage kontaktiert und die Mitglieder nach Ideen und Plänen
zur Vorbereitung ihrer Abteilungen befragt.
Die Sammlung und Zusammenstellung dieser Organisationsempfehlungen stammt aus der
Anfangsphase der COVID-19-Pandemie innerhalb der ersten Märzwochen 2020. Bemerkenswert
sind die konstruktiven und durchdachten Beiträge aller Mitglieder der KLR und CAFRAD
über die jeweiligen Internetforen der Gesellschaften mit dem Ziel, die eigenen Vorbereitungen
zur Organisation mit den Maßnahmen der anderen Kollegen frühzeitig anzugleichen und
zu verbessern. So war – ohne das Vorliegen bereits vorhandener oder publizierter Literatur
– in einer noch sehr frühen Phase der Krise eine gut strukturierte und in der Deutschen
Radiologie gemeinsam erstellte Ideensammlung durch eine Ad-hoc-Abfrage möglich.
Diese nachfolgend vorgestellte Ideensammlung ist lediglich als organisatorische Ergänzung
und Empfehlung zu sehen und stellt keineswegs eine organisatorische Mindestanforderung
dar. Auf die Bedeutung der CT bei Verdacht auf oder bei Nachweis einer COVID-19-Erkrankung
wird hier nicht eingegangen. Auch auf die Empfehlungen bezüglich hygienischer Maßnahmen
und die dabei auftretenden logistischen Anforderungen wie etwa Mundschutz oder Schutzkittel
wird in dem Manuskript bewusst verzichtet – hier soll auf die aktuellen Empfehlungen
des RKI (Robert Koch-Institut, www.rki.de) verwiesen werden. Bezüglich der aktuellen klinischen Empfehlungen wird auf die Webseite
der Deutschen Röntgengesellschaft (https://www.drg.de/de-DE/6296/sars-cov-2-covid-19/) verwiesen.
Allgemeine Empfehlungen
Insgesamt soll versucht werden, mögliche Infektionen zwischen radiologischem Personal
und Patienten sowie innerhalb des radiologischen Personals zu minimieren. Einerseits
sollten daher größere Versammlungen des radiologischen Personals vermieden und die
Kommunikation in einer radiologischen Abteilung möglichst über elektronische Medien,
wie etwa E-Mail-Verteiler, geführt werden. Andererseits ist auch der Kontakt des radiologischen
Personals mit Patienten auf das Notwendigste zu beschränken – eine Empfehlung ist
u. a., dass bei einer Patientenuntersuchung möglichst nur eine MTRA mit dem Patienten
Berührung hat.
Die Aufenthaltsräume in einer radiologischen Abteilung sollten von maximal 2 – 3 Personen
gemeinsam genutzt werden. Auch die häufig üblichen persönlichen Besprechungen vor
Dienstbeginn in Aufenthaltsräumen sollen vermieden werden. Sinnvoll ist die Einführung
von Pausenregelungen, sodass maximal 2 – 3 Personen, am besten nach radiologischen
Modalitäten getrennt (Vermeidung der Durchmischung von Personal zwischen verschiedenen
Modalitäten), gleichzeitig in Pause gehen. Um Ansteckungen über die Arbeitsplätze
zu vermeiden, sollten sowohl Ärzte als auch MTRA und medizinisches Hilfspersonal möglichst
konstant am gleichen Arbeitsplatz eingeteilt werden, um Durchmischungen zu verringern.
Am Arbeitsplatz selbst sollten die hygienischen Vorgaben genau eingehalten und entsprechende
Maßnahmen verstärkt durchgeführt werden, vor allem für die Eingabegeräte (Tastaturen,
Maus) sowie Telefonhörer. Für die allgemeine Personalplanung sollte ein Notfallplan
erstellt werden, in dem zumindest 2 unabhängige Gruppen bzw. Schichten von Ärzten
und MTRA definiert werden, sodass im Notfall eine unabhängige zweite Arzt- und MTRA-Gruppe
erhalten bleibt, die den (Rest-)Betrieb aufrechterhalten kann.
Praxistipp
Allgemeine Regeln
-
für jeden zu untersuchenden Patienten den Kontakt zu diesem (wenn möglich) auf eine
MTRA beschränken
-
Kommunikation innerhalb der Radiologie über Mailverteiler bzw. Aushänge – gemeinsame
(große) radiologische Besprechungen vermeiden
-
Aufenthaltsräume vor Dienstbeginn nicht mehr gemeinsam nutzen – jeder begibt sich
nach dem Umkleiden direkt an den zugeteilten Arbeitsplatz
-
Pausenregelung einführen – Pausen nur in Kleingruppen/maximal 2 – 3 Personen und nach
Modalitäten getrennt (keine Durchmischung der Modalitäten und Arbeitsplätze)
-
Absprachen bezüglich Patienten oder Pausenregelung/Mittagsablöse zwischen den Arbeitsplätzen
telefonisch durchführen
-
MTRA und Ärzte an bestimmten Modalitäten/Arbeitsplätzen einteilen, möglichst Wechsel
vermeiden (Durchmischung reduzieren)
-
bei Wechseln am Arbeitsplatz verstärkte Hygiene der Eingabegeräte (Tastaturen, Maus
etc.)
-
keine Annahme neuer, medizinisch akut nicht nötiger Mitarbeiter (Famulanten, PJ, Hospitationen)
-
keine externen, medizinisch nicht notwendigen Besuche (Industrie, Studenten) zulassen
-
Notfallplan bei Zunahme der COVID-Fälle vorbereiten: bei weniger stationären Patienten
und weitgehendem Verzicht auf ambulante Diagnostik Verringerung des radiologischen
Präsenz-Personalstandes – dabei Verlängerung der täglichen Schichten und die andere
Hälfte der Mitarbeiter ins Frei schicken, um eine zweite Schicht bei „Durchseuchung“
der Abteilung vorzuhalten
Interdisziplinäre Konferenzen und Boards
Interdisziplinäre Konferenzen und Boards
Konferenzen und Boards sollten möglichst reduziert oder abgesagt werden. Wann immer
möglich, sollten die Besprechungen elektronisch, z. B. über Videokonferenzen, oder
ggf. als telefonische Befundmitteilungen stattfinden. In Fällen unbedingt notwendiger
Boards, z. B. um bei Tumorboards eine adäquate klinische Qualität zu erhalten, sind
idealerweise nur wenig Teilnehmer vorhanden. Die Boards sollten in belüfteten Räumen
stattfinden, die zudem groß genug sind, um einen Personenabstand von 1,50 – 2,00 Meter
zwischen den Teilnehmern zu gewährleisten.
Praxistipp
Interdisziplinäre Konferenzen und Boards
-
Konferenzen und Boards auf das Nötigste reduzieren oder, wenn möglich, vollständig
absagen – Wechsel auf zeitnahe direkte telefonische Befundmitteilung
-
wenn Konferenzen unbedingt nötig sind, Teilnehmer auf Entscheidungsträger beschränken
(maximal 5, maximal 1 Stunde, große, belüftete Räume)
Infrastruktur Radiologie
Hier sollte darauf geachtet werden, dass alle zur Verfügung stehenden Workstations
genutzt werden. Workstations für die Befundung sollten möglichst großräumig verteilt
werden. Die Befundungsräume sollten nur von den Radiologen betreten werden. Die radiologischen
Mitarbeiter sollten möglichst die immer gleichen Computer und Eingabegeräte benutzen,
um die Infektionsgefahr so gering wie möglich zu halten.
Ferner sollten zugelassene radiologische Workstations mit der Möglichkeit teleradiologischer
Homeoffice-Arbeitsplätze genutzt werden.
In den Räumen sollten keine Befundbesprechungen am Monitor mit den patientenführenden
Kollegen stattfinden, stattdessen empfiehlt es sich, die Befunde telefonisch zu übermitteln.
Praxistipp
Infrastruktur Radiologie
-
ggf. Umbau und großflächige Verteilung von Workstations zur Befundung (dezentrale
Befundung, Umsetzen nahe zusammenstehender Workstations)
-
Vorbereitung von teleradiologisch zugelassenen Arbeitsplätzen/Homeoffice
-
Vorbereitung eines Video-Streaming-Konferenzsystems für Fallbesprechungen
Patientenplanung und Wartebereich
Patientenplanung und Wartebereich
Elektive Untersuchungen sollten möglichst reduziert werden. Die Radiologen sollten
die Befunde nicht mehr mit dem Patienten persönlich besprechen, sondern z. B. telefonisch.
Die Anzahl der Personen in den Wartezimmern ist idealerweise so begrenzt, dass die
noch wartenden Patienten mindestens einen Abstand von 1,50 – 2,00 Meter voneinander
einhalten können. Ansonsten sollten Patienten bevorzugt auf Abruf und möglichst ohne
Wartezeit nach Ankunftsregistrierung direkt in die Untersuchungszimmer geführt werden.
Praxistipp
Patientenplanung
-
lange Wartezeiten vermeiden, nach Ankunftsregistrierung möglichst ohne Warteraumkontakte
in den Untersuchungsbereich
-
keine persönlichen Patienten- bzw. Befundgespräche bei ambulanten Patienten, nur telefonische
Besprechungen
Fazit
Insgesamt wird also empfohlen, die Interaktionen zwischen Patienten, aber auch zwischen
Patienten und medizinischem Personal einer klinischen Radiologie zu verringern. Erreichen
lässt sich dies innerhalb der radiologischen Abteilung, indem man Geräte so wenig
Benutzern wie möglich zuordnet (möglichst die gleichen Ärzte und MTRA auf den gleichen
Modalitäten) und das ärztliche und medizinische Personal eine möglichst hohe Distanz
während der Arbeitszeit, aber auch während der Pausen einhält. Aber nicht nur der
direkte Kontakt zwischen MTRA und Ärzten, sondern auch der zu den Patienten sollte
auf das Notwendigste beschränkt werden. Und schließlich sollte innerhalb der Abteilung
und interdisziplinär mit anderen Kliniken möglichst nicht direkt persönlich, sondern
über elektronische Medien kommuniziert werden.