Schlüsselwörter
anteriore Uveitis - Diagnostik - HLA-B27 - Spondyloarthritis - Systemerkrankung -
virale Uveitis
Key words
anterior uveitis - diagnostics - HLA-B27 - spondyloarthritis - systemic disease -
viral uveitis
Abkürzungen
AAU:
akute anteriore Uveitis
ACE:
Angiotensin Converting Enzyme
ALAT:
Alanin-Aminotransferase
ANA:
antinukleäre Antikörper
ASAS:
SpondyloArthritis International Society
ASAT:
Aspartat-Aminotransferase
AU:
anteriore Uveitis
axSpA:
axiale Spondyloarthritis
BVA:
Berufsverband der Augenärzte Deutschlands e. V.
CED:
chronisch-entzündliche Darmerkrankung
CMV:
Zytomegalievirus
CRP:
C-reaktives Protein
DMARD:
Disease-modifying anti-rheumatic Drug
DOG:
Deutsche Ophthalmologische Gesellschaft
EBV:
Epstein-Barr-Virus
FUS:
Fuchs-Uveitis-Syndrom
HLA:
Human Leukocyte Antigen
HSV:
Herpes-simplex-Virus
Ig:
Immunglobulin
IL:
Interleukin
MTX:
Methotrexat
nr-axSpA:
nicht röntgenologische axSpA
NSAID:
Nonsteroidal anti-inflammatory Drug (nichtsteroidales Antiphlogistikum)
PCR:
Polymerasekettenreaktion
r-axSpA:
röntgenologische axSpA
SpA:
axiale Spondyloarthritis
STIKO:
Ständige Impfkommission des Robert Koch-Instituts
STIR-Sequenz:
Short-Tau Inversion-Recovery- Sequenz
SUN:
Standardization of Uveitis Nomenclature Working Group
TINU:
tubulointerstitielle Nephritis und Uveitis
TNF:
Tumornekrosefaktor
VZV:
Varizella-zoster-Virus
ZMÖ:
zystoides Makulaödem
Lernziele
Nach der Lektüre dieses Beitrags …
-
kennen Sie die pathophysiologischen Aspekte der anterioren Uveitis,
-
sind Ihnen die typischen klinischen Zeichen und Befunde bekannt,
-
kennen Sie die Schritte der diagnostischen Abklärung,
-
können Sie eine interdisziplinäre Abklärung gezielt einleiten,
-
sind Ihnen die Differenzialdiagnosen vermittelt worden,
-
haben Sie sich die Grundlagen der Behandlung angeeignet.
Einleitung
Die anteriore Uveitis (AU) ist die häufigste intraokulare Entzündung und kann auf
unterschiedliche Ätiologien zurückgeführt werden. Eine orientierende ätiologische
Einteilung kann in eine infektiöse und nicht infektiöse AU erfolgen. Diese sind häufig
mit begleitenden systemischen Erkrankungen assoziiert. Die nicht infektiöse AU wiederum
kann nach Vorliegen des HLA-B27-Antigens in eine HLA-B27-positive bzw. -negative AU
weiter differenziert werden [1]. Unter den infektiösen akuten anterioren Uveitiden (AAU) nimmt die virale Genese
eine Sonderstellung ein.
Da bei Kindern Besonderheiten sowohl bezüglich der Ätiologie (z. B. häufig bei juveniler
idiopathischer Arthritis) als auch den Behandlungsmöglichkeiten bestehen (Zulassung
für Adalimumab bei anteriorer Uveitis), werden diese Patienten hier ausgeklammert.
Definition und Epidemiologie
Definition und Epidemiologie
Entsprechend der Klassifikation der Standardization of Uveitis Nomenclature Working
Group (SUN) befindet sich der Entzündungsschwerpunkt bei der AU im vorderen Augenabschnitt
[1]. Synonyme Begriffe sind Iritis und Iridozyklitis. Die AU stellt in der ophthalmologischen
Praxis mit bis 90% die häufigste Form der intraokularen Entzündung dar [2], [3]. Es wird eine jährliche Inzidenz von ca. 8 pro 100 000 angenommen.
Pathogenese
Bei ca. 20 – 50% der betroffenen Patienten wird die anteriore Uveitis als idiopathisch
klassifiziert. Eine Reihe von Systemerkrankungen und definierten Entitäten sollte
davon abgegrenzt werden. Ein bekannter Risikofaktor für die AAU ist der HLA-B27-Genlocus.
Es liegt eine kumulative Inzidenz von 0,2% in der HLA-B27-positiven Bevölkerung vor
[4]. Umgekehrt sind ca. die Hälfte der Patienten mit AAU HLA-B27-positiv.
Klinik
Symptome
Die Symptome bei AU äußern sich vielfältig und gehen überwiegend mit Sehbeeinträchtigung
und akut auftretendem „rotem Auge“ einher. Sie sind zudem abhängig von der Art der
AU und variieren, z. B. bei infektiöser Genese. Bei AAU klagen Patienten über Photophobie,
Schmerzen und Augenrötung. Die AU kann auch schleichend beginnen und über viele Jahre
symptomlos bleiben, bevor sie entdeckt wird (z. B. Fuchs-Uveitis). Vor allem Patienten
mit HLA-B27-assoziierter AAU äußern initial ein Prodromalstadium von Stunden bis zu
wenigen Tagen, das als „Organgefühl“ am besten charakterisiert ist („ich spüre mein
Auge“), ohne dass i. d. R. ein Anstieg des intraokularen Druckes festgestellt werden
kann.
(Leit-)Befunde
Typische Befunde der AU sind bereits bei der Spaltlampenuntersuchung erkennbar und
können wegweisend für die weitere diagnostische Abklärung sein. Wichtige Kriterien
sind
Darüber hinaus kann als klinisch-morphologisches Kriterium eine granulomatöse von
einer nicht granulomatösen Entzündung differenziert werden.
Typische klinisch-morphologische Befunde gehen aus [Tab. 1] hervor.
Tab. 1 Ursachen der Uveitis, geordnet nach der Lokalisation der Entzündung.
Uveitis anterior
|
Uveitis anterior plus Glaskörperbeteiligung
|
Uveitis posterior
|
HLA-B27-positiv
|
HLA-B27-negativ
|
APMPPE = akute posteriore multifokale plakoide Pigmentepitheliopathie
|
-
axiale Spondyloarthritis
-
Morbus Reiter
-
Morbus Crohn
-
Colitis ulcerosa
-
Psoriasis
-
„idiopathisch“
|
-
infektionsassoziiert
-
Herpes zoster
-
Herpes simplex
-
Syphilis
-
Tuberkulose
-
Borreliose
-
Trauma
-
Fuchs-Uveitis-Syndrom
-
nicht infektiös
-
„idiopathisch“
|
-
infektionsassoziiert
-
Herpes simplex
-
Herpes zoster
-
Syphilis
-
Tuberkulose
-
Brucellose
-
Borreliose
-
Toxocariasis
-
nicht infektiös
-
„idiopathisch“
|
-
infektionsassoziiert
-
nicht infektiös
-
„idiopathisch“
|
Auch das sekundäre Auftreten von Komplikationen kann differenzialdiagnostisch bedeutsam
sein, so werden z. B. hintere Synechien bei Fuchs-Uveitis oder Posner-Schlossman-Syndrom
praktisch nie beobachtet (s. [Tab. 2]). Dagegen sind unilaterale intraokulare Drucksteigerung und Irisstromadefekte oft
Hinweise auf eine virale Genese (HSV/VZV).
Tab. 2 Morphologische und klinische Kriterien zur Differenzialdiagnose granulomatöse und
nicht granulomatöse Uveitis.
|
nicht granulomatöse anteriore Uveitis
|
granulomatöse anteriore Uveitis
|
CMV = Zytomegalievirus; EBV = Epstein-Barr-Virus; HSV = Herpes-simplex-Virus; TINU = tubuläre
interstitielle Nephritis mit Uveitis; VZV = Varicella-zoster-Virus
|
wegweisende Befunde
|
-
Zellen in der Vorderkammer, u. U. Hypopyon
-
Tyndall-Phänomen, Fibrin
-
einzelne Zellen auf dem Hornhautendothel
-
bei Fibrin keine Bewegung der Zellen im Wärmestrom, plastisches Kammerwasser
|
-
Granulome oder Noduli an Iris (Koeppe-, Busakka-Knötchen) und Kammerwinkelstrukturen,
am Hornhautendothel als „speckige“ Beschläge
-
wenige Zellen in der Vorderkammer
|
histologische Beschreibung und zelluläre Komponenten
|
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Erkrankungsverlauf
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autoimmune Erkrankung
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-
HLA-B27-assoziierte akute Iritis
-
juvenile idiopathische Iritis/Uveitis
-
Uveitis bei Morbus Behçet
-
TINU-Syndrom
|
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infektiöse Erkrankungen
|
-
bakterielle Endophthalmitis
-
mykotische Endophthalmitis (der Pilz hat oft einen granulomatösen, wolkigen Aspekt,
die Entzündungsreaktion ist aber meist nicht granulomatös)
|
-
Viren der Herpesfamilie (HSV, VZV, CMV, EBV)
-
Toxoplasmose (bei Retinochoroiditis)
-
Rubellavirus (Fuchs-Uveitis)
-
Tuberkulose
|
Im Folgenden werden die häufigsten klinischen Entitäten dargestellt.
HLA-B27-assoziierte Uveitis
Bis zu 50% aller Patienten mit AAU sind HLA-B27-positiv [5]. Zwischen 40 und 50% der AAU-Patienten haben eine axiale Spondyloarthritis (SpA),
wobei die Wahrscheinlichkeit einer SpA bei HLA-B27-Positivität erhöht ist. Neben der
axialen SpA ist eine AAU auch mit weiteren Spondyloarthritiden assoziiert, wie der
Arthritis bei chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen (CED), der Psoriasisarthritis
und der reaktiven Arthritis sowie anderen Formen der peripheren SpA. Hierbei liegen
die Systemerkrankungen oft bereits bei Erstmanifestation einer Uveitis vor und sind
häufig noch nicht diagnostiziert. Damit bietet die AAU und die damit verbundene augenärztliche
Vorstellung die Möglichkeit zur Früherkennung der zugrunde liegenden Systemerkrankung.
Hierdurch wird eine frühe Therapie ermöglicht, was den Outcome verbessert.
Die Uveitis tritt meist zwischen dem 20. und 40. Lebensjahr auf und betrifft Männer
geringfügig häufiger als Frauen (1,1 : 1). Typisch ist eine akute, einseitig auftretende
nicht granulomatöse AU. Ein wechselseitiger Befall wird bei ca. 60% beobachtet. Das
zuerst betroffene Auge ist in der Regel im Verlauf schwerer betroffen. Typische Befunde
sind Fibrin-Reaktion ([Abb. 1]) (auch Hypopyon, [Abb. 2]) mit Reizmiosis. Eine Mitbeteiligung des hinteren Augensegmentes mit Glaskörperinfiltration
(10 – 30%), Papillen- (2 – 20%) und zystoidem Makulaödem (ZMÖ; bis 5%) wird bei schweren
Verläufen beobachtet [6]. Ein rezidivierender Verlauf ist typisch mit einer Wahrscheinlichkeit von 0,3 – 3
Rezidiven pro Jahr. Entsprechend beträgt das mittlere Intervall zwischen den Schüben
ca. 14 – 25 Monate.
Abb. 1 Fibrin-Reaktion bei einer HLA-B27-positiven anterioren Uveitis.
Abb. 2 Hypopyon.
Merke
Das Leitsymptom einer axialen SpA ist ein chronischer Rückenschmerz (über 3 Monate),
klassischerweise mit Beginn vor dem 45. Lebensjahr.
Der Rückenschmerz weist hierbei einen entzündlichen Charakter auf, welcher gekennzeichnet
ist durch einen schleichenden Beginn, eine Morgensteifigkeit (über 30 Minuten), nächtliches
Erwachen aufgrund Schmerzen v. a. in der zweiten Nachthälfte, Verbesserung bei Bewegung
und nicht in Ruhe sowie einem Ansprechen auf nichtsteroidale Antiphlogistika. Neben
entzündlichen Rückenschmerzen können weitere extraspinale Symptome wie periphere Arthritis,
Daktylitis und Enthesitis auftreten. Extraartikuläre Symptome neben der AAU sind die
Psoriasis und chronisch-entzündliche Darmerkrankungen (CED) ([Tab. 3]).
Tab. 3 Differenzialdiagnosen der akuten anterioren Uveitis.
Differenzialdiagnose
|
Charakteristika, weiterführende Diagnostik
|
ACE = Angiotensin-converting Enzyme; CMV = Zytomegalievirus; FTA-ABS = Fluoreszenz-Treponema-Antikörper-Absorptions-Test;
HIV = Human Immunodeficiency Virus; HSV = Herpes-simplex-Virus; IL = Interleukin;
KP = Kornea-Endothelpräzipitat; NSAID = nichtsteroidales Antiphlogistikum; PCR = Polymerasekettenreaktion;
PPD = Purified Protein Derivative; TINU = tubuläre interstitielle Nephritis mit Uveitis;
TTPA = Treponema-pallidum-Partikel-Agglutination-Test; VDRL-Test = Venereal Disease
Research Laboratory-Test; VDRL = Venereal Disease Research Laboratory; VZV = Varicella-zoster-Virus
|
HLA-B27 +AU
|
-
unilateral – ggf. alternierend
-
nicht granulomatöse Entzündung (Fibrin!)
-
häufig Synechien
-
Symptome der Allgemeinerkrankung: morgendliche Rückenschmerzen
-
HLA-B27 +
-
Röntgen/MRT der Sakroiliakalgelenke
→ Rheumatologe!
|
reaktive Arthritis mit Iritis (Morbus Reiter)
|
→ Internist, Urologe
|
Morbus Behçet
|
→ Internist, Dermatologe
|
Fuchs-Uveitis-Syndrom
|
-
überwiegend unilateral (bilateral < 10%)
-
disseminierte KPs auch in der oberen Hornhauthemisphäre (> 80%)
-
keine posterioren Synechien
-
Heterochromie (ca. 30%)
-
frühe Katarakt
-
häufig Glaskörperbeteiligung (20 – 80%)
-
Rubellavirus-Antikörper im Kammerwasser nachweisbar
|
Sarkoidose
|
-
oft simultan bilateral
-
granulomatöse KPs
-
häufig Irisgranulome (Koeppe-Knötchen)
-
selten Irisatrophie
-
Symptome der Allgemeinerkrankung (Haut, Lunge, Leber) Röntgen Thorax (ggf. CT)
-
Labor: IL-2R, ACE
-
Kalzium und Phosphat im Serum
-
Serum-Lysozym
|
TINU-Syndrom
|
-
oft simultan bilateral
-
anfangs meist Nephritis, Proteinurie und Fieber
-
nicht granulomatöse Entzündung
-
Jungen sind häufiger betroffen
-
β2-Mikroglobulin im Urin
-
vermutlich unterschätzte Differenzialdiagnose auch im Erwachsenenalter
-
Medikamentenanamnese (NSAID)
|
Syphilis
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→ Dermatologe, Internist, Neurologe, evtl. Lumbalpunktion
|
Borreliose
|
-
Anamnese: Insekten-/Zeckenstich, Erythema migrans
-
ELISA, Immunoblot für IgG und IgM, Fluoreszenzangiografie (PCR im Urin?)
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Tuberkulose
|
→ Pulmologe, HIV-Abklärung
|
Herpesvirus-assoziierte AU
Posner-Schlossman-Syndrom
|
|
Die Klassifikationskriterien der Assessment in SpondyloArthritis International Society
(ASAS) für eine axiale Spondyloarthritis fordern neben dem Eintrittskriterium eines
chronischen Rückenschmerzes mit Beginn vor dem 45. Lebensjahr entweder den Nachweis
einer Sakroiliitis (sogenannter Imaging-Arm im MRT oder Röntgen) und ≥ 1 weiteren
SpA-Features (hierzu gehört u. a. die AAU) oder eine HLA-B27-Positivität (klinischer
Arm) und ≥ 2 SpA-Features [7] (s. a. [Tab. 4]). Liegt bereits eine definitive röntgenologische Sakroiliitis vor ([Abb. 3]), so werden Patienten nach den modifizierten New-York-Kriterien weiter als röntgenologische
axSpA (r-axSpA, ankylosierende Spondylitis, früher Morbus Bechterew) klassifiziert,
anderenfalls spricht man von einer nicht röntgenologischen axSpA (nr-axSpA) [8]. Diese kann über eine radiografische Progression in ca. 10% der Fälle über 2 Jahre
in eine r-axSpA übergehen [9].
Tab. 4 Symptome einer axialen Spondyloarthritis.
Symptome/Diagnostik
|
klinische Kriterien für eine axiale Spondyloarthritis
|
AAU = akute anteriore Uveitis; axSpA = ankylosierende Spondylitis; BSG = Blutsenkungsgeschwindigkeit;
CED = chronisch-entzündliche Darmerkrankung; CRP = C-reaktives Protein; HLA-B27 =
Human Leukocyte Antigen-B27; NSAID = nichtsteroidales Antiphlogistikum
|
Leitsymptom: chronische Rückenschmerzen
|
chronisch (über 3 Monate)
klassischerweise Beginn vor dem 45. Lebensjahr
entzündlicher Charakter
schleichender Beginn
Morgensteifigkeit (über 30 Minuten)
Besserung bei Bewegung, nicht in Ruhe
nächtliche Schmerzen, v. a. in der zweiten Nachthälfte
gutes Ansprechen auf nichtsteroidale Antiphlogistika (NSAID)
alternierende Gesäßschmerzen
|
extraspinale Symptome
|
periphere Arthritis
Enthesitis
Daktylitis
|
extraartikuläre Symptome
|
akute anteriore Uveitis (häufigste extraartikuläre Manifestation, bis 30% aller axSpA-Patienten)
chronisch-entzündliche Darmerkrankung
Psoriasis
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Labor
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HLA-B27-Positivität (ca. 90%)
ggf. erhöhte Entzündungsparameter (CRP, BSG)
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Bildgebung
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Röntgen Becken (als Screening bei Rückenschmerzen)
MRT Iliosakralgelenke (falls Röntgen Becken ohne pathologischen Befund und Rückenschmerzen
vorhanden zur Abklärung einer nr-axSpA
|
positive Familienanamnese
|
für axSpA oder andere assoziierte Erkrankungen (AAU, CED, Psoriasis)
|
Abb. 3 MRT der Sakroiliakalgelenke in STIR-Sequenz eines Patienten mit akuter anteriorer
Uveitis (AAU): Zeichen einer beidseitigen floriden Sakroiliitis (Stern = Knochenmarködem)
sowie einer chronischen Entzündung (Kreis = Teilankylose, gestricheltes Rechteck = Erosionen).
Sarkoidose
Die Sarkoidose ist eine Multisystemerkrankung unbekannter Ätiologie, die als Leitbefund
eine nicht unterdrückte granulomatöse Entzündung bietet. Sie involviert vorwiegend
die Lunge und kann bei bis zu 50% der Patienten alle Abschnitte des Auges betreffen
[10]. Die AU ist bei ca. 80% die häufigste Augenbeteiligung und verläuft typischerweise
gleichzeitig bilateral, chronisch und mit granulomatösen Veränderungen.
Die Uveitis beginnt langsam und subtil. Der weitere Verlauf ist chronisch undulierend
oder rezidivierend und bei der Hälfte der Patienten mit den Komplikationen hintere
Synechien, Katarakt und sekundärem intraokularem Druckanstieg assoziiert. Wichtige
klinische Hinweise sind in [Tab. 2] aufgeführt.
Bis zu 25% der Patienten mit Augensarkoidose entwickeln eine posteriore Beteiligung,
einschließlich Vitritis, intermediärer Uveitis-Schneebälle, Periphlebitis, Panuveitis,
Sehnervbefall (Papillenödem, peripapilläres Granulom) und Gefäßbeteiligung mit Kerzenwachs-ähnlichen
Veränderungen und zystoides Makulaödem [11].
Tubuläre interstitielle Nephritis mit Uveitis (TINU-Syndrom)
Im Jahr 1975 beschrieben Dobrin et al. erstmals das gleichzeitige Auftreten einer
akuten idiopathischen Nierenentzündung mit anschließender bilateraler AU [12]. Aktuell wurden > 300 Patienten mit tubulointerstitieller Nephritis und Uveitis
(TINU-Syndrom) beschrieben. Es ist wahrscheinlich unterdiagnostiziert und sollte v. a.
bei beidseitiger AU in die Differenzialdiagnose einbezogen werden.
Die Erkrankung ist durch eine beidseitige, akut auftretende, nicht granulomatöse Iritis
gekennzeichnet, die von einer Vitritis und Pars planitis begleitet sein kann [13]. Sie tritt im Rahmen einer interstitiellen Nephritis auf. Das TINU-Syndrom betrifft
v. a. Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene. Die interstitielle Nephritis ist oft
nur passager, und Symptome wie Fieber, Hautausschlag und Gelenkschmerzen treten nur
unregelmäßig auf. Die renalen und intraokularen Entzündungssymptome treten häufig
asynchron auf. In den meisten Fällen (65%) folgt die Uveitis der interstitiellen Nephritis
mit einer durchschnittlichen Verzögerung von 3 Monaten. Bei 20% der Patienten kann
die Augenerkrankung auch der Nierenerkrankung vorausgehen, und in einer Minderheit
(15%) tritt beides gleichzeitig auf.
Merke
Als wichtigster Risikofaktor wurde die Einnahme von verschiedenen Antibiotika und
nichtsteroidalen Antiphlogistika (NSAID) bei bis zu 40% der Patienten beschrieben.
Bei der Labordiagnostik fallen im akuten Stadium ein erhöhtes Serumkreatinin, eine
reduzierte renale Clearance und ein erhöhtes CRP auf. Im Urin sind v. a. ein erhöhtes
β2-Mikroglobulin und eine mäßige Proteinurie auffällig und für den Verlauf wichtige
Kriterien ([Tab. 5]). Es besteht eine genetische Prädisposition zu HLA-DRB1*0102, HLA-DQA1*01 und HLA-DQB1*05.
Die Diagnose sollte mittels Ultraschall und ggf. einer Nierenbiopsie weiter abgeklärt
und gesichert werden.
Tab. 5 Klinische Kriterien für eine akute tubulointerstitielle Nephritis + TINU (tubulointerstitielle
Nephritis und Uveitis).
|
klinische Kriterien für eine akute tubulointerstitielle Nephritis
|
TIN = tubulointerstitielle Nephritis
|
systemische Erkrankung
|
> 2 Wochen allgemeine Anzeichen und Symptome:
Laborergebnisse:
|
abnormale Serum Nierenfunktion
|
erhöhtes Serumkreatinin oder erniedrigte Kreatinin-Clearance
|
abnormale Urinanalyse
|
erhöhte β2-Mikroglobulinwerte im Urin
geringgradige Proteinurie
Vorhandensein von Eosinophilen im Urin
Pyurie oder Hämaturie ohne Infektion
weiße Blutkörperchen im Urin oder normoglykämische Glykosurie
|
Diagnosekriterien für tubulointerstitielle Nephritis und Uveitis-Syndrom (TINU)
|
gesicherte Diagnose
|
typische (bilaterale anteriore) Uveitis und interstitielle Nephritis (Nierenbiopsie
oder klinische TIN-Kriterien erfüllt)
|
wahrscheinliche Diagnose
|
atypische Uveitis und positive Nierenbiopsie oder typische Uveitis und unvollständige
TIN-Kriterien
|
mögliche Diagnose
|
atypische Uveitis und unvollständige klinische TIN-Kriterien
|
Morbus Behçet
Beim Morbus Behçet handelt es sich um eine systemische autoinflammatorische Erkrankung,
die oft auch das Auge betreffen kann [14]. Die Diagnose wird nach Ausschluss anderer Erkrankungen entsprechend den klinischen
Kriterien der International Study Group for Behçetʼs Disease gestellt (s. [Übersicht], [15]).
Übersicht
Morbus Behçet – diagnostische Kriterien der International Study Group for Behçetʼs
Disease
Merke
In der Anamnese sind v. a. rezidivierende orale oder genitale Aphthen zu erfragen.
Die Uveitis präsentiert sich meist als beidseitige, nicht granulomatöse Entzündung.
Sie kann initial im vorderen Abschnitt beginnen und als nicht granulomatöse Iritis
mit oder ohne Bindehautinjektion auftreten. Typisch ist eine posteriore Uveitis mit
retinaler Vaskulitis und Retinitis: Sie betrifft etwa 50% der Patienten [16]. Ein „kaltes“ Hypopyon weisen nur ca. 10% der Patienten auf. Es besteht eine Assoziation
zu HLA-B51.
Infektiöse anteriore Uveitis
Infektiöse anteriore Uveitis
Virale Genese
Herpesviren
Unter den AAU nimmt v. a. die virale Genese durch Herpesviren eine Sonderstellung
ein. Die Familie der Herpesviren umfasst 8 humanpathogene Viren, von denen 5 eine
Uveitis verursachen können.
Merke
Die Alphaherpesviren, Herpes-simplex-Virus (HSV-1 und -2 sowie das Varicella-zoster-Virus,
VZV) stehen im Vordergrund und sind die häufigste infektiöse Ursache für eine AAU
bei ansonsten gesunden Personen.
Cave
Allen Herpesviridae ist gemeinsam, dass sie in der infizierten Zelle persistieren.
Daher können sie jederzeit wieder reaktiviert werden.
Bei vielen Patienten ist die klinische Präsentation bereits richtungsweisend. Eine
Virusinfektion des vorderen Segments wird vermutet, wenn folgende Befunde vorliegen:
-
unilaterale Manifestation,
-
erhöhter Augeninnendruck im akuten Geschehen,
-
ggf. Hornhautnarben,
-
Endothelpräzipitate,
-
Irisatrophie.
Die anteriore Uveitis ist bei ca. 90% einseitig, beginnt akut, und der Verlauf ist
rezidivierend bis chronisch [17]. Besonders bei Herpes-simplex-Virus (HSV) ist das klinische Bild zu Beginn bei ca.
30% der Patienten nicht granulomatös und wird im weiteren Verlauf granulomatös. Die
speckigen Beschläge können Pigment enthalten und sind bevorzugt im Arlt-Dreieck angeordnet.
Bei der Varicella-Zoster-Virus-(VZV-)assoziierten AAU wurde ein „Leopardenmuster“-ähnliches
Bild der Präzipitate beschrieben. Vor allem bei Rezidiven treten Atrophien des Irispigmentblatts
auf (Fensterphänomen, [Abb. 4]), wobei Art und Größe der Defekte nicht für einen bestimmten Virustyp charakteristisch
sind.
Abb. 4 Irisatrophie (Kirchenfensterphänomen).
Zytomegalievirus
Eine Heterochromie kann bei Zytomegalievirus-(CMV-)Infektion auftreten. Der intraokulare
Druck kann bei allen viralen Uveitiden wegen der begleitenden Trabekulitis im akuten
Stadium erhöht sein und besonders bei CMV-Infektion zu erheblichem Druckanstieg und
Sekundärglaukom führen (sog. „Posner-Schlossman-Syndrom“) [18]. Eine Pupillenentrundung aufgrund einer Sphinkterschädigung findet sich häufiger
bei Infektionen mit HSV als bei den anderen Herpesviridae.
Die Prävalenz des Posner-Schlossman-Syndroms wird auf 5 – 10% der Fälle mit AAU in
der westlichen Welt geschätzt und ist aufgrund der abweichenden Behandlung (Ganciclovir,
ggf. Aciclovir) wichtig zu unterscheiden [19]. Zudem führt der zytotoxische Effekt bei CMV-Infektion auch zu Hornhautendothelschädigung.
Rötelnvirus (Fuchs-Uveitis-Syndrom)
In Europa und in den USA ist das Fuchs-Uveitis-Syndrom (FUS) sehr häufig mit dem Rubella-Virus
assoziiert. Das Rötelnvirus wird als Tröpfcheninfektion übertragen. Infektionen sind
durch die Kombinationsimpfung gegen Masern, Mumps und Röteln in der Häufigkeit reduzierbar.
Offensichtlich schützt die Impfung nicht vor einem FUS.
Es findet sich ein chronischer Vorderkammerreiz mit disseminierten feinen, sternförmigen
Hornhautpräzipitaten ([Abb. 5]) und einer diffusen Irisatrophie und ggf. eine Irisheterochromie (bei ca. 30% der
Patienten vorhanden) [20], [21]. Häufig liegt eine Cataracta subcapsularis posterior ([Abb. 6]) oder eine „Vitritis“ (> 70%) mit teils ausgeprägten Glaskörpertrübungen vor. Hintere
Synechien sind i. d. R. nicht vorhanden. Trotz oft lange bestehender Glaskörperbeteiligung
tritt bei phaken Patienten kein Makulaödem auf. Es wurden periphere retinale Gefäßleckagen
und eine Hyperfluoreszenz des N. opticus in der Fluoreszenzangiografie beschrieben
[22].
Abb. 5 Sternförmige Hornhautpräzipitate und Pseudophakie bei Fuchs-Uveitis-Syndrom.
Abb. 6 Cataracta subcapsularis posterior bei Fuchs-Uveitis-Syndrom.
[Tab. 6] fasst die klinischen Befunde bei virusassoziierter anteriorer Uveitis zusammen.
Tab. 6 Klinische Befunde bei virusassoziierter anteriorer Uveitis.
|
HSV
|
VZV
|
CMV
|
RV
|
CMV = Zytomegalievirus; HSV = Herpes-simplex-Virus; RV = Rubellavirus; VZV = Varicella-zoster-Virus
|
Durchschnittsalter
|
46 – 56
|
53 – 67
|
42 – 65
|
35 – 44
|
Geschlecht (w : m)
|
1 : 1
|
1 : 1
|
1 : 3
|
1 : 3
|
Beginn – Verlauf
|
akut, rezidivierend
|
akut, chronisch
|
akut, chronisch
|
chronisch
|
intraokulare Drucksteigerung
|
+
|
+/++
|
++/+++
|
++/+++
|
Hornhautbeteiligung
|
20 – 60%
|
20 – 60%
|
selten
|
nie
|
Endothelpräzipitate
|
fein-disseminiert bis granulomatös
|
meist granulomatös
|
vereinzelt, sternförmig bis granulomatös
|
fein, sternförmig, disseminiert, diffus
|
Reizzustand Vorderkammer
|
(+) bis ++++
|
(+) bis ++++
|
(+) bis +
|
(+) bis +
|
Irisstroma-Atrophie
|
+
|
++
|
+
|
++ (30% Heterochromie)
|
posteriore Synechien
|
38%
|
40%
|
0
|
0
|
anteriore Glaskörperinfiltration
|
0 bis ++
|
0 bis ++
|
0 bis ++
|
(+) bis ++
|
Therapieerfolg/Prognose
|
günstig
Langzeitprophylaxe empfohlen
|
günstig bis eingeschränkt
|
variabel, abhängig vom Verlauf der sekundären okulären Hypertension
|
günstig
keine antivirale Therapie möglich
Cave Steroide: fördern vorbestehende Katarakt und okuläre Hypertension
|
Bakterielle Genese
Spirochäten sind selten, jedoch aufgrund des zum Teil problematischen Verlaufs wichtig
und differenzialdiagnostisch abzuklären.
Treponema pallidum ssp. (Lues)
In den letzten Jahren ist eine zunehmende Prävalenz von Luesinfektionen v. a. in Großstädten
zu beobachten. Der klinische Verlauf ist sehr variabel, es können sowohl nicht granulomatöse
als auch granulomatöse Reaktionsformen auftreten. Alle Abschnitte des Auges können
betroffen sein. Eine routinemäßige Abklärung der Lues wird in allen Leitlinien zur
intraokularen Entzündung angeraten.
Borrelia burgdorferi ssp. (Borreliose)
Die Borreliose wird dagegen in ihrer Bedeutung oft überschätzt, zumal eine hohe Sensibilität
in der Bevölkerung vorliegt und eine hohe serologische Durchseuchung mit Borrelia
burgdorferi (bis 20%) besteht [23]. Diese ist oft klinisch nicht relevant. Liegt begleitend zur Uveitis eine Zeckenstichanamnese
mit Erythema migrans vor, sollte eine 2-stufige Labordiagnostik mit ELISA und entsprechender
nachgeschalteter Immunoblot-Bestätigung durchgeführt werden.
Maskeradesyndrome
Maskeradesyndrome sind nicht entzündliche Erkrankungen, die sich aber unter dem klinischen
Bild einer Entzündung zeigen. Differenzialdiagnostisch sind Tumoren wie Melanome,
Lymphome, Retinoblastom oder Metastasen von extraokulären Primärtumoren zu berücksichtigen.
Ein paraneoplastisches Syndrom zeigt sich zumeist als atypisches Hypopyon bei anteriorer
Uveitis. Ein vorangegangenes Trauma (Contusio bulbi, intraokulärer Fremdkörper) kann
ebenfalls eine Entzündung vortäuschen [24].
Diagnostisches Vorgehen
Hinweise zur labordiagnostischen Abklärung gehen aus den Leitlinien von der Deutschen
Ophthalmologischen Gesellschaft (DOG) und dem Berufsverband der Augenärzte Deutschlands
e. V. (BVA) hervor [25]. Bei typischer Anamnese, bekannten assoziierten Systemerkrankungen und klinischen
Leitbefunden können oft gezielte diagnostische Maßnahmen erfolgen. Entsprechend der
aktuellen Empfehlung wird spätestens bei Rezidiv einer AU eine Minimaldiagnostik,
einschließlich der aufgeführten Laborparameter angeraten [26], [27]. Liegt der V. a. eine viral bedingte Ätiologie vor, kann eine intraokulare Diagnostik
durch Erregernachweis mittels PCR oder Antikörpernachweis durchgeführt werden. Serologische
Untersuchung der betreffenden Viren sind nicht sinnvoll, da einerseits eine hohe Durchseuchung
der Bevölkerung besteht und Titerveränderungen bei isolierter okulärer Infektion nicht
zu erwarten sind.
Labordiagnostik
Als „Minimaldiagnostik“ wird nach DOG-Leitlinie 14 [25] ab dem zweiten Schub für AU eine ätiologische Abklärung empfohlen. Sie umfasst folgende
Untersuchungen:
-
Differenzialblutbild,
-
CRP oder BSG,
-
Kreatinin, Elektrolyte, Aspartat-Aminotransferase (ASAT), Alanin-Aminotransferase
(ALAT), Urinstatus,
-
HLA-B27 (stets bei fibrinöser AAU),
-
IL-2R ACE (Angiotensin-Converting-Enzym) (bei Verdacht auf Sarkoidose),
-
Lues-Serologie (TPHA, TPPA), ggf. VDRL,
-
Tuberkulosetests (z. B. EliSpotT/Quantiferon),
-
Borreliose-Serologie (IgG, IgM, und Western-Blot) (Anamnese!),
-
bei unklarer ätiologischer Einordnung: ggf. Kammerwasserpunktion zum Nachweis von
HSV, VZV, CMV,
-
bei Kindern: ANA (antinukleäre Antikörper).
Bildgebende Verfahren
-
Thorax (Fragestellung: Sarkoidose/Tuberkulose, CT besser als Röntgenaufnahme des Thorax).
-
Iliosakralgelenke (bei V. a. axiale Spondyloarthritis: zunächst Röntgen des Beckens
mit der Frage nach röntgenologischer Sakroiliitis, bei unauffälligem Befund anschließend
MRT der Iliosakralgelenke zur Abklärung einer nr-axSpA).
Merke
Da bei den klinischen Befunden teils Überlappungen zwischen den einzelnen Ätiologien
auftreten, kommt der Labordiagnostik in vielen Fällen eine relevante Rolle zu.
Therapie
Ziele
Die Ziele der Therapie sind
-
die aktuelle Entzündung einzudämmen,
-
neue Schübe zu verhindern und
-
Komplikationen (Synechien, Katarakt, Glaukom, zystoides Makulaödem) zu vermeiden.
Bei der Therapieplanung sollten die Behandlungsziele mit dem Patienten besprochen
werden, um in einem realistischen Zeitrahmen Funktionsverbesserung und die Notwendigkeit
von Kontrollen (u. a. intraokularer Druck) festzulegen. Sollten häufig rezidivierende
Schübe auftreten. sind auch die Optionen einer Rezidivprophylaxe dazu legen.
Topische Therapie
Die nicht infektiöse AU spricht in der Regel auf eine topische antiinflammatorische
Therapie gut an.
Kortikosteroide
Hochpotente Kortikosteroid-Augentropfen (Prednisolonacetat 1% oder Dexamethason 0,1%)
sollten anfangs häufig (stündlich oder halbstündlich) gegeben und bei Besserung „ausschleichend“
reduziert werden. Zur Nacht kann Salbe verordnet werden. Eine mehrwöchige Therapiedauer
ist oft erforderlich. Insbesondere HLA-B27-positive Patienten neigen bei zu rascher
Steroidreduktion zu Rebound-Phänomenen. Bei schwerem Verlauf können subkonjunktivale
Injektionen eines wasserlöslichen, kurz wirksamen Kortikosteroids (Dexamethason 2 – 4 mg)
hilfreich sein. Bei persistierendem (zystoidem) Makulaödem sind als zertifizierte
intravitreale Wirkstoffapplikationen Dexamethason- oder Fluocinolon-Inserts eine Option.
Zykloplegika
Zur Lösung oder Vermeidung von hinteren Synechien sind Zykloplegika notwendig. Wegen
der Visusbeeinträchtigung und um Synechien in Mydriasis zu vermeiden, sollten kurz
wirksame Zykloplegika verwendet werden.
Tipp
Zur Lösung frischer hinterer Synechien kann auch eine subkonjunktivale Injektion („Sprengspritze“)
von 0,2 – 0,4 ml eines Gemischs aus Phenylephrin-HCl 0,5% + Homatropin 0,4% + Procain-HCl
1% gegeben werden. Eine sehr gute Tropfanästhesie ist dabei erforderlich.
Drucksenkende Therapie
Bei erhöhtem Augeninnendruck sind β-Blocker, Karboanhydrasehemmer (auch systemisch)
und α-Mimetika wirksam. Prostaglandin-Derivate sollten erst nach Ausschöpfen aller
anderen Wirkstoffe zur Anwendung kommen, da sie mit einem erhöhten Risiko für ein
Makulaödem assoziiert sein können. Pilokarpin verstärkt die Störung der Kammerwasserschranke,
steigert das Risiko für hintere Synechien und ist daher kontraindiziert.
Systemische Therapie
Bei schwerem oder chronischem Verlauf und bei infektiöser Genese kann eine Systemtherapie
erforderlich werden.
Kortikosteroide
Eine Kortikosteroidtherapie sollte initial mit 1 mg/kgKG und maximal 80 mg Prednisolon-Äquivalent
begonnen und anschließend langsam ausgeschlichen werden. Sie sind oft bei ausgeprägter
AAU im Rahmen von Systemerkrankungen (axSpA) notwendig. Eine intravenöse Bolustherapie
mit Methylprednisolon ist nur selten bei hyperakutem Beginn erforderlich.
Virustatika
Bei HSV-Infektion werden 5 × 400 mg Aciclovir oder 2 × 500 bis 2 × 1000 mg Valaciclovir empfohlen.
Valaciclovir wird zuverlässiger resorbiert und wird inzwischen oft bevorzugt verwendet.
Bei VZV-Infektion werden höhere Dosierungen erforderlich: 5 × 800 mg Aciclovir oder 3 × 1000 mg Valaciclovir.
Bei Patienten mit Zoster ophthalmicus sollte gemäß der AWMF-Leitlinie [neu: 2020] die anfängliche antivirale Therapie mit
oralem oder intravenösem Aciclovir (8 – 10 mg/kgKG über 7 – 10 Tage) erfolgen. Für
die Dauer der Therapie gibt es keine festen Regeln. Häufig reichen bei AU 4 – 12 Wochen.
Treten Rezidive nach dem Absetzen auf, kann die Therapie wiederholt werden, oft sind
Langzeittherapien erforderlich [28], [29].
Bei CMV-Infektion ist Ganciclovir wirksam. Ganciclovir muss intravenös (typische Dosierung: 2-mal 5 mg/kgKG
unter Berücksichtigung der Nierenfunktion) oder als Valganciclovir p. o. (2-mal 900 mg)
appliziert werden. Es ist deutlich kostenintensiver und weist gegenüber Aciclovir
eher unerwünschte Wirkungen (Leukopenie) auf.
Merke
Bei allen Virustatika sind Kontrollen des Blutbilds und der Nierenfunktion erforderlich.
Vor allem bei älteren Patienten ist auf ausreichende Flüssigkeitszufuhr zu achten.
Eine wirksame Therapie bei Rubellavirusinfektion gibt es nicht [30].
Acetazolamid
Bei topisch nicht beherrschbarem Druckanstieg und bei zystoidem Makulaödem kann Acetazolamid
indiziert werden. Die maximale Dosierung ist 1000 mg täglich. Nebenwirkungen wie Übelkeit,
Geschmacksveränderungen, Missempfindungen der Haut und Kaliumverlust, der unbedingt
auszugleichen ist, sind häufig. Kontraindikationen sind Nierensteine, Niereninsuffizienz,
schwerste Leberfunktionsstörungen sowie Hyponatriämie und Hypokaliämie.
Rezidivprophylaxe („Basistherapie“)
Steroidsparende Immunsuppressiva
Zur Rezidivprophylaxe bei chronischer Entzündung, häufigen Rezidiven oder einer systemischen
Grunderkrankung können Immunsuppressiva wie Methotrexat (MTX), Sulfasalazin, Azathioprin,
Mycophenolate, Tacrolimus, Ciclosporin oder Blocker des Tumornekrosefaktors (TNF-Inhibitoren)
angewendet werden. Diese Medikamente erfordern eine korrekte internistische Überwachung
und Indikation, da sie zur Therapie der Iritis allein nicht zugelassen sind.
Merke
Trotzdem sollte gerade dann, wenn eine chronische Therapie erforderlich wird oder
absehbar ist, eine steroidsparende Immunsuppression angestrebt werden, um die obligatorisch
auftretenden, erheblichen Nebenwirkungen von Kortikosteroiden zu vermeiden.
Bei einer behandlungsbedürftigen rheumatologischen Grunderkrankung ist die Zusammenarbeit
mit dem behandelnden Rheumatologen essenziell, um mit der Immunsuppression nach Möglichkeit
sowohl die AU als auch die rheumatologische Erkrankung therapieren zu können. So zeigen
z. B. bei einer axSpA mit der Ausnahme von Sulfasalazin für periphere Arthritis klassische
DMARD keine Wirkung, und Patienten mit axSpA und AAU sollten daher, wenn eine axiale
Beteiligung dies erforderlich macht, präferenziell mit einem TNF-Blocker behandelt
werden.
Prognose
Die funktionelle Prognose der AU ist überwiegend günstig. Einschränkungen bestehen
bei sekundären Komplikationen mit ZMÖ oder aufgrund längerfristiger Steroidtherapie.
Bei chronischem Verlauf ist die intraokulare Hypertension v. a. bei CMV-Infektion
prognosebestimmend.
Faktoren, die mit eingeschränkter funktioneller Prognose assoziiert sind, betreffen
Prävention
Eine Impfung ist für das Varicella-zoster-Virus verfügbar. Diese wird einerseits im
Kindesalter vorgenommen. Andererseits wird von der STIKO für Personen ab dem 60. Lebensjahr
eine wiederholte Vakzination empfohlen. Damit sollten auch künftige okulare Manifestationen
der VZV-Infektion deutlich reduziert werden können.
Leitlinien
Zum diagnostischen und therapeutischen Vorgehen haben die DOG und der BVA die Leitlinie
14 „Anteriore Uveitis“ herausgegeben [25].
Zusammenfassung
Die anteriore Uveitis umfasst eine Entzündung der Iris und/oder des Ziliarkörpers
und ist die häufigste Form der intraokularen Entzündung in der augenärztlichen Praxis.
Sie kann auf eine infektiöse oder immunvermittelte Genese zurückgeführt werden oder
mit Systemerkrankungen assoziiert sein. Anamnese und (Leit-)Befunde bei der Spaltlampenuntersuchung
bieten oft bereits wichtige Hinweise zur Pathogenese und damit zur weiteren diagnostischen
Abklärung und Therapie. Dies schließt die Bewertung von Lateralität, akutem oder chronischem
Verlauf und morphologischen Kriterien (granulomatös/nicht granulomatös) ein.
Die leitlinienkonforme Vorgehensweise empfiehlt bei rezidivierendem Verlauf der Erkrankung
eine weitergehende Diagnostik mit gezielter Labordiagnostik und ggf. konsiliarische
Untersuchungen. Dies ist wichtig, um einen gezielten Behandlungsansatz zu verfolgen
und Begleiterkrankungen frühzeitig zu erkennen.
Kernaussagen
-
Die anteriore Uveitis ist die häufigste Form intraokularer Entzündung und kann das
Sehvermögen bedrohen.
-
Die Ursachen der Uveitis anterior sind vielfältig.
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Ätiologisch wird eine autoimmune Genese vermutet, die mit Systemerkrankungen assoziiert
sein kann.
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Infektiöse Ursachen sollten bereits initial wegen der therapeutischen Konsequenzen
identifiziert werden.
-
Die Diagnose wird überwiegend klinisch gestellt. Klinische „Leitbefunde“ können Hinweise
auf die Ätiologie der Erkrankung und das weitere diagnostische Vorgehen bieten.
-
Die Behandlung wird von Ursache und Schweregrad der Entzündung geleitet.
-
Die Prognose ist bei adäquater Therapie gut, Komplikationen lassen sich aber nicht
immer vermeiden.
Wissenschaftlich verantwortlich gemäß Zertifizierungsbestimmungen
Wissenschaftlich verantwortlich gemäß Zertifizierungsbestimmungen
Wissenschaftlich verantwortlich gemäß Zertifizierungsbestimmungen für diesen Beitrag
ist Prof. Dr. med. Uwe Pleyer, Berlin.
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