Pneumologie 2020; 74(01): 10-11
DOI: 10.1055/a-1033-2245
Pneumo-Fokus
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Asbestose: Pleuraplaques als Indikator für erhöhtes Krebsrisiko?

Brims FJH. et al.
Pleural Plaques and the Risk of Lung Cancer in Asbestos-exposed Subjects.

Am J Respir Crit Care Med 2019;
DOI: 10.1164/rccm.201901-0096OC.
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Publication History

Publication Date:
20 January 2020 (online)

 

Eine mittel- und langfristige Exposition gegenüber dem Karzinogen Asbest erhöht das Risiko für Lungenkrebs. Um Risikogruppen möglichst früh identifizieren zu können, werden Indikatoren benötigt. Brims und seine Kollegen wollten nun wissen, ob es einen Zusammenhang zwischen bilateralen Pleuraplaques bei radiologischen Untersuchungen und dem Lungenkrebsrisiko nach Asbestexposition gibt, und haben eine Kohortenstudie zum Thema durchgeführt.


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Über viele Jahrzehnte war die Gefahr, die von einer dauerhaften Exposition gegenüber von Asbest ausgeht, nicht bekannt. So sind die Angehörigen verschiedener Berufsgruppen – insbesondere im Bergbau und der Industrie – mit dem Kanzerogen in Berührung gekommen. Studien konnten bislang zeigen, dass die Asbestexposition in Zusammenhang mit Nikotinabusus das Risiko für Lungenkrebs teils dramatisch erhöhen kann. Darüber hinaus führten verschiedene Untersuchungen zu dem Ergebnis, dass bilaterale Pleuraplaques in radiologischen Untersuchungen eventuell ein erhöhtes Krebsrisiko anzeigen könnten.

Sollte dies tatsächlich so sein, könnten Pleuraplaques ein Indikator für ein erhöhtes Risiko sein und damit bei der Auswahl gefährdeter Populationen für ein frühzeitiges Screening dienen. Da der Zusammenhang bis heute umstritten ist und in Fachkreisen diskutiert wird, haben Brims und seine Kollegen nun eine entsprechende Kohortenstudie zum Thema durchgeführt. Sie griffen dafür auf 2 Kohorten zurück, die seit den 90er-Jahren in regelmäßigen Abständen untersucht worden sind.

Es handelte sich zum einen um Minenarbeiter und bei der zweiten Kohorte um eine gemischte Population von Arbeitnehmern aus verschiedenen Branchen, die alle die Exposition gegenüber Asbest gemeinsam hatten. Die Forscher berechneten für jeden Probanden die Asbestexposition und führten jährlich radiologische Untersuchungen durch. Schließlich konnten sie auf das nationale Krebsregister sowie das Sterblichkeitsrisiko zurückgreifen.

Auf methodischer Ebene griffen sie auf ein Regressionsmodell zurück und analysierten den Zusammenhang zwischen dem Auftreten von Pleuraplaques in radiologischen Untersuchungen und der Auftretenswahrscheinlichkeit für Lungenkrebs. Bei den Rechnungen wurden dabei mögliche konfundierende Variablen wie Alter oder Geschlecht berücksichtigt.

Kein Zusammenhang

Die Gesamtkohorte umfasste 4240 Probanden. Das mittlere Alter lag bei 65,4 Jahren, 82 % von ihnen waren männlich. Die Forscher konnten bei 31 % aller Teilnehmer Pleuraplaques nachweisen, 32 % litten an einer radiografischen Asbestose. 71,7 % hatten in ihrem Leben über längere Zeit geraucht, die Belastung konnte im Durchschnitt auf 33 Pack Years beziffert werden.

Die Studienautoren registrierten 200 Fälle von Lungenkrebs, wobei Expositionsdauer, Rauchen und Asbestose mit einem erhöhten Risiko einhergingen. Anders als erwartet stellten sie keinen bedeutsamen Zusammenhang zwischen dem Auftreten von Pleuraplaques und Lungenkrebs fest. So lag die Hazard Ratio in der ersten Kohorte bei 1,03 und in der zweiten Kohorte bei 0,75. Auch nach umfassender Berücksichtigung von Störvariablen blieb eine messbare Assoziation aus. Die Autoren kommen daher in ihrem Diskussionsteil zu dem Fazit, dass sich der Nachweis von Pleuraplaques im Röntgenbild nicht zur Risikostratifikation von Personen eignet, die über längere Zeit Asbest ausgesetzt waren.

Fazit

In dieser groß angelegten Kohortenstudie mit erwachsenen Minen- und Industriearbeitern, die über längere Zeit Asbest ausgesetzt waren, zeigte sich kein bedeutsamer Zusammenhang zwischen dem Auftreten von Pleuraplaques im Röntgenbild und dem späteren Risiko für Lungenkrebs. Die Autorinnen/Autoren halten daher Pleuraplaques nicht für einen geeigneten Indikator zur Risikostratifikation, sehen aber Nikotinabusus als relevanten Risikofaktor.

Dipl.-Psych. Annika Simon, Hannover


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