Zahnmedizin up2date 2020; 14(01): 35-50
DOI: 10.1055/a-1027-5518
Implantologie
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Forensik in der Oralchirurgie/Implantologie – ein Überblick zu Haftungsfragen

Susanna Zentai
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Publication Date:
21 February 2020 (online)

Patienten werden zunehmend klagefreudiger. Parallel dazu spezialisieren sich immer mehr Rechtsanwälte auf den Bereich des Medizinrechts und dort auf die Vertretung von Patienten gegen ihre Ärzte und Zahnärzte. Es verdichtet sich der Eindruck, dass nahezu kein Behandler seine berufliche Laufbahn ohne wenigstens einen Behandlungsfehlervorwurf absolvieren kann – sei der Vorwurf nun begründet oder unbegründet, bewiesen oder nicht.

Kernaussagen
  • Mit ein paar Kenntnissen zu Haftungsfragen lassen sich Haftungsvorwürfe vermeiden oder besser abwehren.

  • Juristisch lassen sich Behandlungsfehler, Diagnosefehler, Befunderhebungsfehler und grobe Behandlungsfehler unterscheiden.

  • Ein Behandlungsfehler liegt bei Unterschreiten des Standards der guten ärztlichen Behandlung vor.

  • Eine ungenaue oder unrichtige Diagnose ist nur vorwerfbar, wenn sie auf einer unzureichenden Befunderhebung beruht.

  • Befunderhebungsfehler sind Unterlassungen der Erhebung oder Sicherung der medizinisch gebotenen Befunde.

  • Bei einem groben Behandlungsfehler handelt es sich um einen eindeutigen Verstoß gegen bewährte ärztliche Behandlungsregeln oder gesicherte medizinische Erkenntnisse.

  • Die Beweislast liegt immer beim Patienten. Ausnahmsweise liegt die Beweislast auf der Seite des Zahnarztes, wenn ein grober Behandlungsfehler vorliegt.

  • Vor jedem Eingriff am Patienten muss dieser aufgeklärt werden. Die Aufklärung muss rechtzeitig erfolgen.

  • Der Zahnarzt ist zur Dokumentation seiner Behandlung verpflichtet. Nach Abschluss der Behandlung muss die Dokumentation regelmäßig für eine Dauer von 10 Jahren aufbewahrt werden. Gleichwohl sind spätere Änderungen zulässig, solange der ursprüngliche Inhalt erkennbar bleibt.

  • Der Dokumentation kommt eine ganz entscheidende Bedeutung zu. Was sie inhaltlich zu erfassen hat, richtet sich im Wesentlichen nach den medizinischen Standards. Für den juristischen Rahmen sollten die Grundbegriffe der Behandlungs- und Aufklärungsfehler bekannt sein, um in der Dokumentation ideale Schwerpunkte setzen zu können.