Schlüsselwörter
Komplementärmedizin - GOÄ - Abrechnung - Erstattung
Key words
Complementary medicine - GOÄ (scale of fees for physicians) - billing - reimbursement
Abb. 1
(photocrew/Adobe Stock)
Komplementärmedizinische Leistungen werden von einigen gesetzlichen und in
Abhängigkeit vom Vertragsinhalt auch privaten Krankenkassen bezahlt. Die Abrechnung
erfolgt deshalb entweder auf der Grundlage von Sonderverträgen, in der Mehrzahl aber
nach den in der Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) zugrunde gelegten
Gebührenordnungspositionen. Aber auch hier übernehmen einige GKV-Kassen die Kosten
im Erstattungsverfahren zumindest teilweise.
Die wichtigsten diagnostischen Leistungen in der Komplementärmedizin
Die wichtigsten diagnostischen Leistungen in der Komplementärmedizin
Die einzelnen GOÄ-Abrechnungspositionen sind im Moment noch über das ganze
Gebührenordnungsverzeichnis verteilt und müssen zusammengesucht werden. In der z.
Zt. beratenen neuen GOÄ erhält die Komplementärmedizin einen eigenen Abschnitt.
Einstiegsleistung bei der Komplementärmedizin ist in der Regel die ausführliche
Diagnostik im Rahmen der Erst- und Folgeanamneseerhebung nach den Nrn. 30 und 31 GOÄ
([
Tab. 1
]). Die Leistung nach Nr. 30
ist innerhalb von einem (Kalender-)Jahr nur einmal berechnungsfähig, die nach Nr.
31
innerhalb von sechs Monaten höchstens dreimal. Neben der Nr. 31 GOÄ können in
gleicher Sitzung die GOÄ-Nrn. 1, 2, 3, 4 und 34, neben der Nr. 30 GOÄ zusätzlich die
Nrn. 804, 806, 807, 808, 812, 817, 835, 849, 861, 862, 863, 864, 870, 871, 886 und
887 nicht berechnet werden. Dauert die Erhebung einer homöopathischen Erstanamnese
bei einem Kind bis zum vollendeten 14. Lebensjahr weniger als eine Stunde,
mindestens aber eine halbe Stunde, kann die Leistung bei entsprechender Begründung
mit der Hälfte der Gebühr berechnet werden.
Tab. 1
Leistungsbeschreibung der GOÄ-Nummern 30 und 31.
GOÄ
|
Leistungsbeschreibung
|
Euro
|
*Beim Honorar ist jeweils der für die einzelne Leistung gültige
Schwellenwert zugrunde gelegt.
|
30
|
Erhebung der homöopathischen Erstanamnese mit einer Mindestdauer von
einer Stunde nach biographischen und homöopathisch-individuellen
Gesichtspunkten mit schriftlicher Aufzeichnung zur Einleitung einer
homöopathischen Behandlung – einschließlich homöopathischer
Repertorisation und Gewichtung der charakteristischen psychischen,
allgemeinen und lokalen Zeichen und Symptome des jeweiligen
Krankheitsfalls, unter Berücksichtigung der Modalitäten,
Alternanzen, Kausal- und Begleitsymptome, zur Auffindung des
homöopathischen Einzelmittels, einschließlich Anwendung und
Auswertung standardisierter Fragebogen
|
120,66*
|
31
|
Homöopathische Folgeanamnese mit einer Mindestdauer von 30 Minuten
unter laufender Behandlung nach den Regeln der
Einzelmittelhomöopathie zur Beurteilung des Verlaufs und
Feststellung des weiteren Vorgehens – einschließlich schriftlicher
Aufzeichnungen
|
60,33*
|
Da die Leistungen im Legendentext ausdrücklich auf die homöopathische Anamnese
abzielen, taucht die Frage auf, ob eine Abrechnung auch bei anderen
komplementärmedizinischen oder sogar schulmedizinischen Anamneseformen analog
möglich ist. Nach einem Urteil des Amtsgerichts Kiel (Az.: 115 C 469/14) wurde dies
für die Erhebung einer schmerztherapeutischen Erstanamnese bei chronisch
Schmerzkranken durch entsprechend qualifizierte Ärzte bereits bestätigt. Bei der
Neufassung der GOÄ wird klargestellt, dass jede Form der (ausführlichen) Form wie
z.
B. die umweltmedizinische, allergologische, schmerztherapeutische, homöopathische,
anthroposophisch-medizinische, naturheilkundliche, traditionell-chinesische und
osteopathische Anamnese/Folgeanamnese berechnungsfähig ist.
Weitere diagnostische Verfahren:
Es ist schwierig, die einzelnen komplementärmedizinischen Leistungen in der GOÄ
darzustellen. Da ein Abweichen von der Gebührenordnung gesetzlich ausgeschlossen
ist, kommt nur die Möglichkeit der analogen Bewertung nach § 6 Absatz 2 der GOÄ in
Betracht. In [
Tab. 2
] sind zunächst
Leistungen auf dieser Grundlage mit entsprechender Bewertung aufgeführt, für die es
diesbezüglich Vorschläge gibt:
Tab. 2
Analoge Bewertung nach § 6 Absatz 2 der GOÄ für komplementärmedizinische
Leistungen.
GOÄ
|
Legende
|
Euro
|
Kommentierung
|
*Beim Honorar ist jeweils der für die einzelne Leistung gültige
Schwellenwert zugrunde gelegt.
|
A651
|
Herzfrequenzvariabilitäts-(HFV-)Messung zur Messung der
Herzrhythmusstabilität unter sympathischer und parasympathischer
Steuerung, vier Ableitungen, Aufzeichnung über 15 Minuten
einschließlich Auswertung
|
26,55*
|
Das Ruhe-EKG kann nur nach dem 1,8-fachen Satz berechnet werden. Der
hier verwendete analoge Ansatz erlaubt ggf. einen höheren
Multiplikator.
|
A838
|
Regulationstest, je Sitzung
|
73,74*
|
Gemeint sind hier u. a. der autonome Regulationstest (ART) und die
Psychokinesiologie nach Dr. Klinghardt.
|
A838
|
Messung der Leitwertveränderung auf der Haut über verschiedene
Verfahren (z. B. BFD, BIT)
|
73,74*
|
Bei der Ausrichtung der Diagnostik auf bestimmte Körperstrukturen
können ggf. andere Analogleistungen wie 827 (Nervensystem), 839
(Muskel, Bindegewebe), 651 (Herz-/Kreislaufsystem) oder 624 (Darm)
zum Ansatz kommen.
|
A842
|
Bioresonanzdiagnostik
|
67,02*
|
|
Weitere diagnostische Verfahren wie die „Ayurveda-Maharishi-Therapie“, die
„Pulsbestimmte Ausleitung mit Bioresonanztherapie, auch im Sinne der Isopathie,
Autonosode“, die „Erfassung der Mundbatteriemessung“, die „Durchführung von
Testverfahren der psychophysiologischen Regulationstherapie im Sinne der Lüscher
Color Diagnostik (LCD)“ oder der „Umfangreiche Arzneimittel-Test nach
Übersichtsmessungen der peripheren Messpunkte“ sind in der aktuellen GOÄ nur
indirekt über die allgemeinen Untersuchungsleistungen im Kapitel B und den
Fachkapiteln zuzuordnen. In der neuen GOÄ sind alle genannten Leistungen hingegen
mit eigenen Abrechnungspositionen vertreten.
Komplementärmedizinische Therapieformen nach GOÄ
Komplementärmedizinische Therapieformen nach GOÄ
Auch hier sind in [
Tab. 3
] zunächst
Leistungen aufgeführt, für die es Vorschläge für eine analoge Bewertung oder sogar
konkrete Abrechnungspositionen gibt. Bei der Bewertung der hier dargestellten
Leistungen ist jeweils der in der GOÄ vorgesehene Schwellenwert von 1,8 bzw. 2,3
zugrunde gelegt.
Tab. 3
Konkrete Abrechnungspositionen für komplementärmedizinische
Therapieformen.
GOÄ
|
Legende
|
Euro
|
Kommentierung
|
*Beim Honorar ist jeweils der für die einzelne Leistung gültige
Schwellenwert zugrunde gelegt.
|
A533
|
Colon-Hydro-Therapie
|
15,73*
|
|
A555
|
Magnetfeldtherapie
|
12,58*
|
Eine wissenschaftliche Anerkennung der Methode liegt nur für die
Behandlung der atrophen Pseudarthrose sowie bei
Endoprothesenlockerung, idiopathischer Hüftnekrose und verzögerter
Knochenbruchheilung, wenn sie in Verbindung mit einer sachgerechten
chirurgischen Therapie durchgeführt wird, vor.
|
747
|
Setzen von Schröpfköpfen, Blutegeln oder die Anwendung von
Saugapparaten
|
5,89*
|
|
285
|
Mikroaderlass
|
14,74*
|
Die Leistung beinhaltet eine Entnahme von mindestens 200 ml. Bei
weniger als 200 ml Blut kann nur die Nr. 250 berechnet werden.
|
A838
|
Bioresonanztherapie
|
73,74*
|
Auch die Mora-Therapie und andere vergleichbare Verfahren können nach
dieser Leistung berechnet werden.
|
Mikroaderlässe können an Akupunkturpunkten oder Reflexzonen vorgenommen werden. Eine
zusätzliche Berechnung der Nr. 269 GOÄ (Akupunktur (Nadelstich-Technik) zur
Behandlung von Schmerzen, je Sitzung – 26,82 Euro bei 2,3-fachem Satz) wäre deshalb
möglich. Üblich ist die Entnahme von 100–500 ml.
Die „Pulsierende Signaltherapie“ kann analog nach Nr. 555 GOÄ (12,58 Euro bei
2,3-fachem Satz) berechnet werden. Bei der Matrix-Regenerationstherapie handelt es
sich um eine Kombination aus pulsgesteuerter petechialer Saugmassage, modulierter
Gleichstromtherapie, Rotlichtbestrahlung, pulsierender Magnetfeldtherapie und einer
Biofeedbackbehandlung. Die Berechnung setzt sich somit aus einzelnen, in [
Tab. 4
] zusammengestellten Elementen
zusammen.
Tab. 4
Abrechnungsbeispiele für „Pulsierende Signaltherapie“ und
Matrix-Regenerationstherapie.
Legende
|
GOÄ
|
Euro
|
*Beim Honorar ist jeweils der für die einzelne Leistung gültige
Schwellenwert zugrunde gelegt.
|
Anwendung von Saugapparaten, je Sitzung
|
747
|
5,89*
|
Reizstrombehandlung (Anwendung niederfrequenter Ströme) – auch bei
wechselweiser Anwendung verschiedener Impuls- oder Stromformen und
gegebenenfalls unter Anwendung von
Saugelektroden
Hinweis:
Wird
Reizstrombehandlung nach Nr. 551 in gleicher Sitzung neben Nr. 747
an demselben Körperteil oder an denselben Körperteilen verabreicht,
so ist nur die höherbewertete Leistung berechnungsfähig; dies gilt
auch bei Verwendung eines Apparatesystems an mehreren
Körperteilen.
|
551
|
5,04*
|
Infrarotbehandlung, je Sitzung
|
538
|
4,19*
|
Pulsierende Magnetfeldtherapie
|
A555
|
12,58*
|
Biofeedbackbehandlung
|
A838
|
73,74*
|
Besonderheiten bei der Hyperthermiebehandlung
Besonderheiten bei der Hyperthermiebehandlung
In der aktuellen GOÄ gibt es nur eine Empfehlung zur Berechnung der
Hyperthermiebehandlung der Prostata bei der Behandlung von Krebserkrankungen nach
Nr. 5836 (analog Bestrahlung mittels Beschleuniger mit bis zu zwei
Strahleneintrittsfeldern – gegebenenfalls unter Anwendung von vorgefertigten,
wiederverwendbaren Ausblendungen, je Fraktion – 104,92 Euro).
In der Komplementärmedizin kommt diese Therapieform aber in den folgenden Formen zur
Anwendung:
-
Ganzkörperhyperthermie (GKHT) durch Behandlung des ganzen Körpers mit
Infrarotstrahlung als milde Form (Zieltemperatur bis zu 38,4 Grad C, Dauer
60–90 Minuten),
-
Ganzkörperhyperthermie (GKHT) durch Behandlung des ganzen Körpers mit
Infrarotstrahlung als moderate Form (Zieltemperatur 38,5–40,5 Grad C, Dauer
2–6 h),
-
Ganzkörperhyperthermie (GKHT) durch Behandlung des ganzen Körpers mit
Infrarotstrahlung als extreme Form (Zieltemperatur von mindestens 41,5 Grad
C bis über 42 Grad C, Dauer 4–8 h, ohne Stoffwechselbeeinflussung unter
intensivmedizinischer Betreuung),
-
Lokale Hyperthermie durch Behandlung mit Infrarot-A-Strahlung,
-
Oberflächenhyperthermie als lokale Behandlung mittels kapazitiv gekoppelter
Elektroden oder hochfrequenter Radiowellen,
-
Lokoregionale Hyperthermie mit umschriebenen elektromagnetischen Feldern
mittels kapazitiv gekoppelter Elektroden oder hochfrequenter
Radiowellen,
Alle genannten Leistungen sind eigenständig in der neuen, zurzeit als Entwurf
vollständig vorliegenden GOÄ aufgeführt. Bis zu deren Inkrafttreten (Ziel 1. Oktober
2020) kommen auch hier nur analoge Leistungsberechnungen in Betracht. Die meisten
hier aufgeführten Leistungen können ebenfalls analog nach Nr. 5836 GOÄ berechnet
werden, dürften dabei wegen des erheblichen Aufwandes aber der stationären
Behandlung vorbehalten sein. Bei der ambulant denkbaren Behandlung als lokale
Hyperthermie käme die bereits erwähnte Leistung nach Nr. 538 (Infrarotbehandlung,
je
Sitzung – 4,19 Euro) in Betracht. Die für den auch dort notwendigen Aufwand viel zu
geringe Vergütung kann über die Beratungs- und Untersuchungsleistungen des Kapitel
B, ggf. unter Verwendung eines höheren Multiplikators ausgeglichen werden.
Weitere therapeutische Verfahren der Komplementärmedizin
Weitere therapeutische Verfahren der Komplementärmedizin
Eine Reihe komplementärmedizinischer Leistungen ist eher typisch für die Praxis, auch
dort, wo kein solcher Tätigkeitsschwerpunkt vorliegt.
Eigenblutbehandlung
Die häufigste diesbezügliche Leistung ist die Eigenblutbehandlung. Die
Leistung kann nach Nr. 284 GOÄ berechnet werden (12,08 Euro bei 2,3-fachem Satz)
und umfasst die venöse Blutentnahme und die anschließend zumeist intramuskulär
vorgenommene Reinjektion. Häufig wird das Blut vor der Wiederverabreichung mit
einem Ozon-Sauerstoff-Gemisch angereichert. Diese und andere Varianten fallen
ebenfalls unter die Nr. 284, können jedoch als Erschwernisse bei der
Leistungserbringung über den Gebührenrahmen geltend gemacht werden. Ursprünglich
war diese Therapie sogar Bestandteil des EBM, wurde im Rahmen einer Reform aber
abgeschafft. Kassen vertreten deshalb mitunter die Auffassung, dass es sich hier
um keine individuelle Gesundheitsleistung (IGeL) handelt und die Leistung
innerhalb der EBM-Pauschalen nach den Nrn. 250 und 252 EBM berechnungsfähig sei.
Dafür gibt es allerdings keinerlei verbindlichen Hintergrund.
Ozontherapie
Die Ozontherapie gehört ebenfalls zu den nicht vertragsärztlich
anerkannten Heilmethoden und kann deshalb nur nach GOÄ berechnet werden. Zum
Ansatz kommen entsprechend dem Leistungsinhalt die Nr. 253, 285, 286 und 286 a
([
Tab. 5
]). Beihilfefähig ist die
Leistung nur bei Gasinsufflationen, wenn damit arterielle Verschlusserkrankungen
behandelt werden und die Festsetzungsstelle aufgrund des Gutachtens eines von
ihr bestimmten Amts- oder Vertrauensarztes die Beihilfefähigkeit vor Beginn der
Behandlung anerkannt hat.
Tab. 5
Abrechnungsbeispiel für die Ozontherapie.
Legende
|
GOÄ
|
Euro
|
*Beim Honorar ist jeweils der für die einzelne Leistung gültige
Schwellenwert zugrunde gelegt.
|
Injektion, intravenös
|
253
|
9,38*
|
Aderlass aus der Vene oder Arterie mit Entnahme von mindestens
200 Milliliter Blut – gegebenenfalls einschließlich Verband
|
285
|
14,74*
|
Reinfusion der ersten Einheit (mindestens 200 Milliliter)
Eigenblut oder Eigenplasma – einschließlich Identitätssicherung
im AB0-System (Bedside-Test)
|
286
|
29,49*
|
Reinfusion jeder weiteren Einheit (mindestens 200 Milliliter)
Eigenblut oder Eigenplasma im Anschluss an die Leistung nach der
Nummer 286 – einschließlich Identitätssicherung im AB0-System
(Bedside-Test)
|
286a
|
13,41*
|
Zu den traditionell chinesischen Behandlungsmethoden (TCM) gehört
insbesondere die Akupunktur. Hier stehen die Leistungen nach den GOÄ-Nrn. 269
(Akupunktur (Nadelstich-Technik) zur Behandlung von Schmerzen, je Sitzung –
26,82 Euro bei 2,3-fachem Satz) und 269a (Akupunktur (Nadelstich-Technik) mit
einer Mindestdauer von 20 Minuten zur Behandlung von Schmerzen, je Sitzung –
46,92 Euro bei 2,3-fachem Satz) zur Verfügung. Nach einem Urteil des
Oberlandesgerichts (OLG) Nürnberg (Az.: 1 U 9/08) kann diese Leistung auch für
die Implantat-Ohr-Akupunktur berechnet werden. Wegen des deutlich höheren
Zeitaufwandes gegenüber der Nadelstich-Technik kann hier der Ansatz des
3,5-fachen Gebührensatzes als angemessen angesehen werden. Neben der jeweiligen
Gebühr für die Akupunkturleistungen können die Kosten z. B. für die Nadeln gemäß
§ 10 Abs. 2 Nr. 1 GOÄ zusätzlich in Rechnung gestellt werden.
Behandlung mittels Vibratode
Die „Behandlung mittels Vibratode im Sinne einer biomechanischen
Muskelstimulation“ kann analog nach Nr. 558 GOÄ (Apparative
isokinetische Muskelfunktionstherapie, je Sitzung 12,60 Euro bei 1,8-fachem
Satz) berechnet werden.
Tuina
Eine Berechnung der „Chinesische Manualtherapie Tuina mit mindestens vier
Grifftechniken“ kann analog nach Nr. 3306 GOÄ (Chirotherapeutischer
Eingriff an der Wirbelsäule, 19,85 Euro bei 2,3-fachem Satz) berechnet werden.
Entsprechend einer Abrechnungsempfehlung der Bundesärztekammer kann so auch ein
chirotherapeutischer Eingriff an einem oder mehreren Extremitätengelenken, je
Sitzung, abgerechnet werden. Eine mehr als zweimalige Berechnung im
Behandlungsfall muss allerdings begründet werden. Dies wäre z. B. der Fall, wenn
die Eingriffe an der Wirbelsäule und an Gelenken vorgenommen werden.
Spezielle Massageformen
Die gebührenordnungstechnische Darstellung spezieller Massageformen wie der
„Spezialmassage gemäß Ayurveda“ oder der „Rhythmischen Massage
nach Ita Wegman“ ist schwierig, da die Bewertung der einfachen Massage
in der GOÄ viel zu niedrig angesetzt ist. Da die Ayurveda-Massage mindestens 60
Minuten andauert und die Massage nach Ita Wegman mindestens 20 Minuten, wäre der
Ansatz des 3,5-fachen Satzes bei der Nr. 521 GOÄ angemessen. Diese Leistung darf
lt. GOÄ aber nur bis zum 1,8-fachen Regelsatz gesteigert werden, und der
Höchstsatz liegt damit bei dem 2,5-fachen Multiplikator.
In diesen Fällen kommt die Möglichkeit einer abweichenden Honorarvereinbarung
nach § 2 Absatz 1 der GOÄ zum Tragen. Mit dem Patienten muss eine Vereinbarung
mit einem erhöhten Multiplikator je Leistung oder Leistungsgruppe bekannt
gegeben werden. Eine pauschale Regelung ist nicht zulässig. Außerdem müssen dem
Patienten die Gebührenordnung oder die infrage kommenden Abschnitte derselben
zur Einsicht vorgelegt werden, damit er sich die Höhe seiner Zahlung insgesamt
und ggf. des Betrags, den seine Versicherung nicht übernimmt, ausrechnen kann.
Der Arzt muss den Patienten ggf. darauf hinweisen, dass er einen bestimmten
Differenzbetrag weder von der Beihilfe noch von seiner Privatkrankenkasse
ersetzt bekommt. Eine durch die GOÄ (oder anderweitig) festgelegte Höchstgrenze
für eine solche Abdingung gibt es dabei nicht. Bedauerlicherweise ist eine
solche Abdingung allerdings bei Leistungen des Kapitels E (Physikalische
Therapie) und damit bei der Nr. 521 GOÄ ausgeschlossen. In dem Entwurf für die
neue, betriebswirtschaftlich kalkulierte GOÄ wird für die Ayurveda-Massage ein
Honorar von rund 88 Euro und für die Massage nach Ita Wegman von rund 32,50 Euro
festgelegt. Ein solches Ergebnis könnte bei der Massage nach Ita Wegman durch
den 3,5-fachen Satz bei der Nr. 3 GOÄ (Eingehende, das gewöhnliche Maß
übersteigende Beratung, mindestens 10 Minuten – 30,59 Euro) und bei der
Ayurveda-Massage mit der Kombination aus den GOÄ-Nrn. 3 und 5 (Symptombezogene
Untersuchung) bei einem Multiplikator zwischen 6 und 7 erreicht werden.
Besondere Behandlungstechniken
Bestandteil der Komplementärmedizin sind auch besondere
Behandlungstechniken wie die „Atemtherapie nach Middendorf oder
vergleichbare Verfahren“ bzw. die „Körperarbeit mittels Alexander-Technik“. Nach
der erwähnten betriebswirtschaftlichen Kalkulation auch dieser Leistungen müsste
ein Honorar von 42 Euro bzw. 21,35 Euro resultieren. Auch hier kommen deshalb
vorhandene GOÄ-Leistungen praktisch nicht in Betracht, da sie viel zu niedrig
bewertet sind. Der Ansatz der Nr. 505 GOÄ würde selbst beim 2,5-fachen Satz nur
zu einem Honorar von 12,38 Euro führen. Eine Abdingung als Ansatz der Nr. 3 GOÄ
zum 5-fachen Satz führt hingegen zu einem angemessenen Honorar von 43 Euro.
Die Alexander-Technik ist eine Methode des Lernens, die es möglich macht, sich
bewusster mit dem Körper zu befassen und so zu einem guten Körpergebrauch zu
gelangen. Auch diese Leistung findet in der aktuellen GOÄ keine angemessen
vergütete Abrechnungsposition, sodass mit Blick auf das o. g. kalkulierte
Honorar auch hier der Ansatz der Nr. 3 GOÄ, allerdings nur mit einem
Multiplikator von 2,5, der wiederum keine Abdingung erforderlich macht, zum
Ansatz kommen könnte.
Beachtenswert ist dabei, dass die Gebührenordnung beim Ansatz der Nr. 3 GOÄ bei
einer mehr als einmaligen Berechnung im Behandlungsfall eine besondere
Begründung fordert. Dies könnte in diesem Fall der Hinweis auf die
zeitaufwendige Behandlungsmethode sein.
Was muss bei einer Abdingung beachtet werden?
Was muss bei einer Abdingung beachtet werden?
Eine zulässige Abdingung ist dann erforderlich, wenn man beabsichtigt, die innerhalb
des Gebührenrahmens in § 5 festgelegten Gebühren zu überschreiten oder innerhalb des
Gebührenrahmens eine Gebührenhöhe zu wählen, die sich aus den Bemessungsfaktoren
nach § 5 nicht ergeben würde. Dazu ist das Einvernehmen mit dem Patienten vor Beginn
der Behandlung herzustellen. Man muss, wenn man eine Abdingung anstrebt, auch die
gültige Berufsordnung der zuständigen Landesärztekammer beachten. Nach § 12 Abs. 1
Satz 1 der (Muster-)Berufsordnung des Deutschen Ärztetages muss eine
Honorarforderung „angemessen sein“. Hier ist die erwähnte betriebswirtschaftliche
Kalkulation bei den Leistungen der neuen GOÄ sehr hilfreich. Selbst wenn es nicht
in
ansehbarer Zeit zu einem Inkrafttreten dieser GOÄ-Reform kommen sollte, stehen
diese, auch mit den Privatkassen vereinbarten „Preise“ im Raum und können als
Grundlage für analoge Bewertungen nach § 6 Absatz 2 und Abdingungen nach § 2 Absatz
1 der alten GOÄ herangezogen werden.
Ein Beispiel für eine rechtskonforme Umsetzung der Abdingungsvoraussetzungen ist im
Anhang (S. 264) angefügt.
Möglichkeiten der Honorargestaltung
Möglichkeiten der Honorargestaltung
Die meisten Leistungen in der GOÄ erlauben eine Gestaltung des angegebenen Honorars
für die einzelne Leistung vom Einfachen bis zum Dreieinhalbfachen. Innerhalb dieses
Rahmens gibt es eine Begründungsschwelle in Höhe des zweieinhalbfachen Satzes. Hier
handelt es sich um die sogenannten „persönlichen“ Leistungen. Für sogenannte
„technische“ Leistungen gibt es zwei unterschiedliche niedrigere Gebührenspannen
([
Tab. 6
]). Daneben gibt es noch
Abrechnungspositionen, die nur ohne jegliche Multiplikation, also mit dem
Einfachsatz oder den tatsächlichen Kosten berechnet werden dürfen, so die Zuschläge
A, B, C, D, E, F, G, H, J, K1, K2 und die Wegegelder und Reiseentschädigungen sowie
die Nrn. 52, 95, 96.
Tab. 6
Gebührenrahmen nach § 5 Absatz 1 der GOÄ.
|
Leistungen
|
persönlich
|
persönlich
(nach § 5 Abs. 5)
|
technisch
|
ohne Labor
|
Labor
|
Schwellenwert Höchstsatz
|
2,3 3,5
|
1,8 2,3
|
1,8 2,5
|
1,15 1,3
|
Standardtarif nach § 5 b GOÄ
|
1,8
|
1,8
|
1,38
|
1,16
|
Seit 1982 ist die Vertragsfreiheit zwischen Arzt und Patient im privatärztlichen
Behandlungsverhältnis auf die in § 2 der GOÄ zusammengefassten Bestimmungen
eingeschränkt. Beim Abschluss einer abweichenden Honorarvereinbarung muss die GOÄ
für privatärztliche Leistungen in jedem Fall Grundlage bleiben. Unter verbindlicher
Bezugnahme auf eine bestimmte Leistung bzw. Gebührenposition in der GOÄ kann nur der
Steigerungssatz, nicht aber die Punktzahl für die Leistung oder ein abweichender
Punktwert vereinbart werden. Eine Vereinbarung von Pauschalhonoraren ist ebenfalls
nicht zulässig.
Eine abweichende Honorarvereinbarung muss darüber hinaus vor Erbringung der Leistung
erfolgen und aus Gründen der Rechtsklarheit und -sicherheit in einem gesonderten
Schriftstück festgehalten werden, das außer den in § 2 Absatz 2 GOÄ genannten
Inhalten keine weiteren Erklärungen enthalten darf. Gemäß § 2 Absatz 2 GOÄ muss der
Patient darüber aufgeklärt werden, dass im Falle einer abweichenden
Honorarvereinbarung die Kostenerstattung durch eine Krankenkasse möglicherweise
nicht in vollem Umfang gewährleistet ist. Die abweichende Honorarvereinbarung setzt
„eine persönliche Absprache im Einzelfall“ voraus. Der Patient muss in einem
persönlichen Gespräch mit dem Arzt über die Modalitäten der Behandlung und der
Vergütung informiert werden.
In allen Fällen können entstehende Kosten zusätzlich, aber auch nur auf der Grundlage
der GOÄ (§ 10 Ersatz von Auslagen) berechnet werden.
HONORARGESTALTUNGSMÖGLICHKEITEN: ZWEI FALLBEISPIELE
Tab. 7
35-jähriger Patient mit Reizdarmsyndrom (Diagnostik und
Therapie).
|
|
Euro nach GOÄ-Faktor
|
Leistung
|
GOÄ
|
2,3/1,8
|
3,5/2,5
|
Abdingung
|
Multiplikator
|
*Der Schwellensatz liegt hier bei 1,8 und der Höchstsatz bei
2,5.
|
Eingehende Anamneseerhebung
|
30
|
120,66
|
183,61
|
200 Euro
|
3,81
|
Ganzkörperuntersuchung
|
8
|
34,85
|
53,02
|
80 Euro
|
5,28
|
Rektale Untersuchung
|
11
|
8,05
|
12,25
|
15 Euro
|
4,29
|
Colon-Hydro-Therapie*
|
A533
|
15,73
|
21,85
|
50 Euro 100 Euro
|
5,72 11,44
|
ggf. zusätzliche Kosten nach § 10 GOÄ
|
|
Tab. 8
18-jährige Patientin mit Neurodermitis und Migräne (nur
Diagnostik).
|
Euro nach GOÄ-Faktor
|
Leistung
|
GOÄ
|
2,3
|
3,5
|
Abdingung
|
Multiplikator
|
Beratung
|
1
|
10,72
|
16,31
|
25 Euro
|
5,36
|
Untersuchung der Haut
|
7
|
21,46
|
32,66
|
40 Euro
|
4,29
|
Neurologische Untersuchung
|
800
|
26,15
|
39,80
|
50 Euro
|
4,40
|
Messung der Leitwertveränderung auf der Haut (BFD)
|
A838
|
73,74
|
112,21
|
120 Euro
|
3,74
|
Bioresonanzdiagnostik
|
A842
|
67,02
|
101,99
|
100 Euro
|
3,43
|
ggf. zusätzliche Kosten nach § 10 GOÄ
|
|