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DOI: 10.1055/a-1013-6358
Differentialdiagnose von Beinschmerzen in der Phlebologie
Article in several languages: deutsch | EnglishPublication History
26 July 2019
30 July 2019
Publication Date:
07 November 2019 (online)
- Zusammenfassung
- Einleitung
- Sichtbare Venen am Bein und Schmerzen
- Venenbedingte Schmerzen im Bein
- Tiefe Beinvenenthrombose (TVT)
- Ödem
- Ulcus cruris venosum
- Hitzebedingte Erweiterung von Venen
- Schmerzen bei Zunahme der Varikose
- Schmerzen im Bein ohne Zusammenhang mit den Venen
- Faustregeln zur Differentialdiagnose
- Literatur / References
Zusammenfassung
Beinschmerzen, besonders wenn sie plötzlich auftreten, sind oft mit der Angst vor einer Thrombose belegt. Die Tatsache, dass viele Menschen ihre Beine betrachten, nachdem sie dort Schmerzen fühlen und eine Krampfader beobachten, die sie vielleicht vorher noch nicht wahrgenommen haben, führt oft zu der Assoziation, dass die Krampfadern die Schmerz verursachende Grunderkrankung darstellen. Grundsätzlich sind venös bedingte Beinschmerzen sehr selten, es ist vielmehr so, dass Krampfadern einfach zusätzlich vorhanden sind. Venös bedingte Beschwerden sind eher Juckreiz, Schweregefühl, Ödeme, Hautveränderungen. Weitaus häufigere Ursachen für Beinschmerzen sind neurologischer, orthopädischer, arthrogen oder muskulärer Natur. Der Artikel beschreibt venös bedingte Beinschmerzen und bietet Hilfen zur differentialdiagnostischen Abgrenzung gegenüber den anderen Ursachen.
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Einleitung
Erfreulicherweise hat die Aufklärung der letzten Jahre dazu geführt, dass die Achtsamkeit gegenüber schwerwiegenden Erkrankungen, wie der tiefen und auch der oberflächlichen Beinvenen-Thrombose, in der Bevölkerung zugenommen hat. Die Kehrseite dieser Medaille ist, dass viele Menschen beim leichtesten Beinschmerz sofort an eine Thrombose denken und beunruhigt sind, insbesondere, wenn sie in der Nähe des Schmerzpunktes etwas Ungewöhnliches sehen. Und das kann auch auf Besenreiser oder sichtbare Krampfadern zutreffen, auch wenn sie schon länger vorhanden sind bzw. auch wenn am anderen Bein auch welche – schmerzfrei – vorhanden sind. Sie sind aber in der Nähe des Schmerzes sichtbar und daher zunächst einmal eine plausible Erklärung für den Schmerz. Die Frage ist legitim, ob eine Veränderung, die bei immerhin 59,1 % der Erwachsenenbevölkerung vorhanden ist [1], wirklich als außerhalb der Norm anzusehen ist. Daher ist es so wichtig, in der Bevölkerung aber auch bei den Primärversorgern, wie Notärzten, Krankenhaus-Aufnahme-Ärzten und Hausärzten eine ausreichende Aufklärung zu den verschiedenen Ursachen für Beinschmerzen zu gewährleisten. Der vorliegende Artikel versucht, die Differentialdiagnosen des Beinschmerzes zu strukturieren und einfache Instrumente für die Erstabklärung und die Erstversorgung zu vermitteln.
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Sichtbare Venen am Bein und Schmerzen
Die Häufigkeit sichtbarer venenbedingter Hautveränderungen in der Bevölkerung ist sehr hoch: Nur 9,6 % der Bevölkerung über 18 Jahren hat KEINE Zeichen einer Varikose [1]. Sprich nur jeder 10. Mensch mit Beinschmerzen hätte zunächst keine äußerliche Veranlassung an die Venen als Schmerzursache zu denken. 73,4 % der Erwachsenenbevölkerung haben sichtbare Venen ohne Zeichen der chronischen venösen Insuffizienz (59,1 % Besenreiser, 14,3 % sichtbare Seitenäste [1]). Das heißt, bei circa 75 % der Bevölkerung gibt es sichtbare Zeichen einer meist harmlosen Varikose, die aber sofort auffallen, wenn an diesem Bein ein Schmerz vorliegt.
Es ist jedoch sehr selten, dass akute oder chronische Schmerzen tatsächlich von diesen harmlosen Krampfadern herrühren. Daher ist die Aufklärung im Internet, aber auch bei den Erstversorgern wichtig, wenn diese den Betroffenen beruhigen kann.
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Venenbedingte Schmerzen im Bein
Folgende Gründe für Venen-bedingte Schmerzen im Bein sind plausibel:
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Oberflächliche Beinvenenthrombose (ehemals „Phlebitis“ oder „Venenentzündung“ genannt)
-
Tiefe Beinvenenthrombose
-
Spannungsschmerz durch Ödem (C3)
-
Entzündliche Veränderung in einer (postinflammatorischen) Hyperpigmentiertung, z. B. Capillaritis alba (C4)
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Ulcus cruris venosum (C6)
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Hitzebedingte Erweiterung von Venen (Start Sommer, Sauna)
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Zunahme einer Varikose
Die Oberflächliche Beinvenenthrombose (OVT) tritt meist akut, manchmal aber auch chronisch rezidivierend auf, in der Regel im Verlauf einer vorher vorhandenen meist ausgeprägt sichtbaren Krampfader ([ Abb. 1 ]), selten auch auf vorher gesunden Venen. Der Patient tastet einen verhärteten Strang, der bräunlich verfärbt ist und oft von rotem Gewebe umgeben, dann ist die Haut meist auch heiß. Bei einer älteren OVT ist nur noch der braune, dann in der Regel nicht mehr schmerzhafte Strang zu tasten – dies kann über mehrere Monate so bleiben. Die Gefahr einer OVT liegt darin, dass sie nur die Spitze des Eisbergs darstellen könnte und über Perforansvenen oder die Stammvenen in die tiefen Beinvenen per continuitatem einwachsen können. Außerdem wurden bei 30 % der Patienten mit einer ausgedehnten OVT (auch unabhängig voneinander) eine tiefe Beinvenenthrombose nachgewiesen werden, in 4 % eine Lungenembolie [2], [3].


Eine weiche, mit dem Finger komprimierbare Vene, die über einem schmerzhaftem Bereich liegt, enthält mit hoher Wahrscheinlichkeit keinen Thrombus. Die einzige klinisch für den phlebologisch unerfahrenen Kollegen schwer zu stellende Differentialdiagnose der OVT sind neu aufgetretene Schmerzen in Bereichen venös bedingter Hyperpigmentierung mit Dermatoliposklerose (C4) (s. u.).
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Tiefe Beinvenenthrombose (TVT)
Dies ist sicher die gefürchtetste Diagnose bei jeglicher Form von akutem Beinschmerz oder Schwellung. Die TVT kann jedoch komplett schmerzfrei verlaufen und ihr erstes klinische Zeichen die Lungenembolie sein. Daher ist es wichtig, die Zeichen ernst zu nehmen, aber auch nicht jeden Patienten mit Beinschmerz zum Thrombose-Ausschluss zu schicken, auch wenn die Diagnose unwahrscheinlich ist – denn somit werden die Systeme überlastet. Es werden klinische Zeichen und Symptome für die Thrombose unterschieden.
Klinische Zeichen sind neu aufgetretene, einseitige Schwellung, Schmerz, Spannungsgefühl, Blauverfärbung und (neue!) verstärkte Venenzeichnung (dies sind die Ersatzbahnen für die tiefe Obstruktion) (s. [ Abb. 2a ] und [ Abb. 2b ]). Die klassischen Zeichen der TVT sind in [ Tab. 2 ] und [ Abb. 3 ] und [ Abb. 4 ] zusammengefasst. Zeichen und Symptome haben bei ambulanten Patienten eine Sensitivität von 60–90 %, sind aber sehr unspezifisch, da sie sehr viele Differentialdiagnosen aufweisen.


Diagnose |
Zeichen |
Maßnahmen |
Diagnostik |
OVT (Oberflächliche Venenthrombose) |
Verhärtung mit oder ohne Rötung einer oberflächlich gelegenen Vene, meist einer vorher bekannten Krampfader (s. [ Abb. 1 ]) |
Kompression (Bandage, sowie Strumpfrezept), Antiphlogistika, bei tastbarer Länge über 5 cm und Risikofaktoren für Thrombose Fondaparinux 2,5 mg bis zur endgültigen Diagnose |
Duplex-Sonographie zum Ausschluss einer Progression in die Stammvenen/tiefe Beinvenen in den nächsten 24–48 Stunden |
Tiefe Beinvenenthrombose |
S. [ Tab. 2 ] und [ Tab. 3 ], bläuliche violette Verfärbung eher des gesamten Beins/Wade (s. [ Abb. 2 ]) |
Kompression, Therapeutische Antikoagulation |
Duplexsonographie je nach klinischer Wahrscheinlichkeit und Wells-Score (s. [ Tab. 3 ]) binnen 24–48 Stunden |
Erysipel |
Rötung, Überhitzung und Schwellung |
Antibiose, Kompression erst nach Einleitung der Antibiose |
Blutbild, CRP |
Schwellung |
Beidseitig bei Lipödem, internistischen Ursachen, einseitig oder bds. bei Lymphödem |
Kompression, je nach Ausprägung einleitend als Bandage, je nach Ausprägung MLD |
Ursachensuche |
Taubheitsgefühl |
Im Seitenvergleich Taubheitsgefühl in einem Areal |
KG, Osteopathie, je nach Ursache weitere Maßnahmen |
Neurologische Abklärung |
Längs ausstrahlende Schmerzen |
Dermatom oder Nerven-Verlauf entsprechender Schmerz |
KG, Osteopathie, je nach Ursache weitere Maßnahmen |
Orthopädische oder Neurochirurgische Abklärung |
Name des Zeichens |
Beschreibung |
Differentialdiagnose (unter anderem) |
Deneke Zeichen |
Wadenschmerz bei Plantarflexion |
Achillessehnenentzündung, rupturierte Bakerzyste |
Homans Zeichen |
Wadenschmerz bei Dorsalflexion des Fußes |
Achillessehnenentzündung, rupturierte Bakerzyste |
Payr’sches Zeichen |
Fußsohlendruckschmerz |
Erkrankung des Fußes |
Bisgaard’sches Zeichen |
Druckschmerz dorsal der Malleoli |
Knöchelprobleme, Sehnenscheidenentzündung |
Liscard Zeichen |
Tibiakopfschmerz bei Perkussion |
Knöcherne Erkrankung |
Ducuing’sches Zeichen |
Balottement im Bereich der Wade ([ Abb. 3 ]) |
Hämatome, Rupturierte Bakerzyste |
Lowenbergzeichen |
Seitendifferenz bei Wadendruckmessung |
Hämatome, Rupturierte Bakerzyste |
Meyer’sches Zeichen |
Druckschmerz im Bereich der proximalen, medialen Wade ([ Abb. 4a ]) |
Hämatom, Muskelfaserriss, Rupturierte Bakerzyste |
Sigg’sches Zeichen |
Kniegelenkschmerz bei Überstreckung |
Knieerkrankung, Bakerzyste |
Pratt’sches Zeichen |
Kniegelenkschmerz bei Beugung |
Knieerkrankung, Bakerzyste |
Louvel’sches Zeichen |
Hustenschmerz im Oberschenkelbereich |
Leistenhernie, Muskelschmerzen |
Adduktorenkanalschmerz |
Druckschmerz im Adduktorenkanal ([ Abb. 4b ]) |
Muskelschmerzen |
Rielander Zeichen |
Druckschmerz im Bereich der Leiste ([ Abb. 4c ]) |
Orthopädische Probleme |
Homans’sches Zeichen |
Wadenschmerz bei Dorsalflexion des Fußes |
Hämatom/rupturierte Bakerzyste |




Der Wells-Score wurde zunächst als Drei-Stufen-Score entwickelt [4], klinisch hat sich der zwei Stufen Score durchgesetzt (s. [ Tab. 3 ]). Liegt die Summe der Punkte bei zwei oder darüber, ist die Prävalenz einer Thrombose bei 30 % in Studien [5]. Eine bildgebende Diagnostik muss eingeleitet werden. Liegt die Summe der Punkte unter 2, ist das Risiko gering. Ein zusätzlicher D-Dimer Test macht nun Sinn: Bei negativem Ergebnis kann eine Thrombose ausgeschlossen werden, bei positivem D-Dimer Test sollte eine bildgebende Diagnostik eingeleitet werden [3], [5].
Anamnese, Befund |
Score |
Aktive Krebserkrankung |
1,0 |
Lähmung oder kürzliche Immobilisation der Beine |
1,0 |
Bettruhe > 3 Tage oder große Chirurgie < 12 Wochen |
1,0 |
Schmerz/Verhärtung entlang der tiefen Venen |
1,0 |
Schwellung ganzes Bein |
1,0 |
Schwellung Unterschenkel > 3 cm zur Gegenseite (mit Bandmaß nachzumessen) |
1,0 |
Eindrückbares Ödem am symptomatischen Bein (und zwar nur an diesem Bein, bzw. deutlich mehr als am anderen) |
1,0 |
Kollateralvenen (das sind neue Venen, keine bekannten Krampfadern) |
1,0 |
Frühere dokumentierte TVT (das ist eine mit Ultraschall oder Röntgen gesicherte Thrombose, in deren Folge Antikoagulation genommen wurde) |
1,0 |
Alternative Diagnose mindestens ebenso wahrscheinlich (z. B. rupturierte Bakerzyste bei bekannter Kniearthrose) |
–2,0 |
Summe der Punkte |
|
Einschätzung des Risikos einer Thrombose: bei Score ≥ 2,0: hohes Risiko, Prävalenz einer Thrombose: 30 %: Kein D-Dimer Test nötig, Bildgebende Diagnostik einleiten; bei Score < 2,0: geringes Risiko, Prävalenz einer Thrombose: 6 % D-Dimer |
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Ödem
Ein Ödem kann akut oder schleichend auftreten. Ein einseitiges akutes Ödem – zumal, wenn begleitet durch eine gewisse livide Verfärbung) weist auf eine tiefe Beinvenenthrombose hin (s. dort). Das Ödem in Folge einer Krampfader stellt das Stadium C3 dar und liegt vermehrt an dem Bein vor, an dem die Krampfader besonders ausgeprägt ist – schwierig ist diese Differenzierung natürlich bei beidseitig ausgeprägten Varikosen. Es kann Spannungsschmerzen verursachen, die dem Patienten dann aber bekannt sind, sie haben sich über die Jahre schleichend eingestellt und sind der Grund, warum die Varikose behandelt werden sollte, wenn der Kompressionsstrumpf diese Schmerzen lindert. Stellt sich eine akute Verschlechterung dieses Ödems ein – oder ein Ödem bei einer bisher unkomplizierten Varikose – finden wir meist eine auslösende Ursache: die Hitze vermehrt die Vasodilatation und damit die Ödeme aller Ursachen, häufig ist aber auch der Grund eines neuen Ödems bzw. seiner Verschlimmerung die Neueinnahme von Ödem-bildenden Medikamenten, wie z. B. Parkinsonmitteln oder Blutdruck-Senkern oder die Gewichtzunahme des Patienten. Sicher eine der häufigsten Ursachen für ein Ödem bei Varizenpatienten zu Start der Sommer-Saison ist das Weglassen des indizierten medizinischen Kompressionsstrumpfes.
Ödeme können natürlich auch vielfältige Ursachen haben. Lymphödeme können ebenso wie Phlebödeme bei Volumenzunahme schmerzhaft sein. Tritt bei Fettgewebsvermehrung (Lipohypertrophie) ein Berührungsschmerz auf, könnte es sich um ein Lipödem handeln. Schnell entstehende internistisch bedingte Ödeme (z. B. Herz- Leber- Niereninsuffizienz) verursachen auch Spannungsschmerzen. Begleitende Ödeme bei Beinverletzungen (Cave, manchmal auch bei unerkannter Ermüdungsfraktur am Knöchel/Fuß) sind natürlich sehr schmerzhaft!
Allen Ödemen ist gleich, dass die Kompression ihr Ausmaß und die Schmerzen lindert (nur bei Herzinsuffizienz mit erhöhtem Troponin-Wert sowie bei ausgeprägter peripherer arterieller Verschlusskrankheit kontraindiziert). Und bei jedem neuen Ödem muss an eine Thrombose zumindest als Differentialdiagnose gedacht werden.
Eine chronische Entzündung der Haut bedingt eine Hautveränderung in Folge einer chronischen venösen Insuffizienz oder einer Lymphabflussstörung. Die Haut ist verhärtet, bräunlich verfärbt, bildet tastbare Platten, manchmal durchzogen oder zumindest umgeben von Krampfadern, oft kann man diese aber in diesem Bereich gar nicht mehr isoliert tasten. Diese Hautveränderung ist in der Regel schleichend entstanden, wurde mehr oder weniger verdrängt oder erfolglos mit Kompression behandelt (in dem Fall dem Patienten und dem Arzt durchaus bekannt) (s. [ Abb. 5 ]). Neu ist manchmal das Auftreten von Schmerz in diesem Bereich. Dies kann durch eine Verschlimmerung des Ödems (s. Ursachen für ein akutes Ödem) bedingt sein oder aber durch eine oberflächliche Thrombose in diesem Bereich (sehr selten, s. dort). Diese Unterscheidung ist klinisch schwer und sollte mit Ultraschall durchgeführt werden.


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Ulcus cruris venosum
Ein Ulcus cruris venosum ist in der Regel nicht schmerzhaft. Treten akute Schmerzen auf, könnte es sich um einen Infekt in der Wunde handeln. Eine entsprechende Wundversorgung muss eingeleitet werden. Ggf. muss bei Erstvorstellung eines Patienten mit schmerzendem Ulcus cruris eine Neuropathie oder eine arterielle Komponente ausgeschlossen werden.
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Hitzebedingte Erweiterung von Venen
Besonders bei Sommerstart – manchmal aber auch bei Hitze z. B. in der Sauna, berichten Patienten punktuell über Schmerzen in einem Bereich ihrer Varikose, auch in Besenreisernestern, die dann plötzlich als erhaben tastbar sind.
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Schmerzen bei Zunahme der Varikose
Immer wieder berichten Patienten von einem dumpfen Schmerz in einem Bereich des Beins, in dem wenige Wochen später eine Varikose zum Vorschein kommt. Dies ist manchmal der Fall bei bereits erfolgter Varizenoperation z. B. im Bereich des Adduktorenkanals – in dem dann eine insuffiziente Perforansvene im Ultraschall zu sehen ist. Möglicherweise handelt es sich hier um einen „Faszien-Dehnungsschmerz“ während der Entstehung der Krampfader, der nach Anpassung des Gewebes nachlässt.
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Schmerzen im Bein ohne Zusammenhang mit den Venen
Am häufigsten sind Beinschmerzen unabhängig von Krampfadern oder Venenerkrankungen begründet. Wie eingangs erwähnt sind aber zeitgleich vorliegende Krampfadern bei 90 % der Bevölkerung zu sehen (s. [ Abb. 6 ]).


Die wichtigsten Ursachen für Beinschmerzen sind:
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Neurologisch/orthopädisch bedingte Schmerzen (Lendenwirbelsäulen oder Iliosakralfugen-bedingte Schmerzen) die meist längs ausstrahlend verlaufen, mit Taubheit, Kribbeln oder Parästhesien einhergehen und im Liegen oder in einem bequemen Sitz (Auto, Fernsehsitz) schlimmer werden.
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arteriell bedingte Beinschmerzen durch arterielle Verschlusskrankheiten bedingt verschlimmern sich bei sportlicher Betätigung und lassen in Ruhe nach, auch im Stehen. Bei Beinhochlagerung können sie schlimmer werden (s. Beitrag von Ch. Kalka im selben Heft).
-
Lipödem (globale Bein-Berührungs-Schmerzen bei Lipohypertrophie, unbekannter Ursache)
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Arthrogen bedingte Schmerzen lokalisiert am Gelenk (Knie, Hüfte, Knöchel) oder ausstrahlend – klassisch bei rupturierter Bakerzyste
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muskulär bedingte Schmerzen mit Druckschmerz oder Aktionsschmerz im betroffenen Muskel
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Faustregeln zur Differentialdiagnose
Bei Schmerzen mit folgenden Eigenschaften:
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längs ausstrahlend
-
mit Taubheitsgefühlen gekoppelt
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im Liegen persistierend
-
am Oberschenkel außen oder im Hüftbereich angesiedelt
sind Venen als Ursache sehr untypisch. Diese Symptome treten eher bei neurologisch/orthopädischen Erkrankungen auf.
Venenbedingte Schmerzen lassen sich durch das Tragen von Kompressionsstrümpfen sehr gut behandeln, treten besonders im Stehen oder Sitzen (SS) auf und lassen sich durch Laufen und Liegen (LL) lindern.
Spannungsschmerzen nach unbewegtem Stehen scheinen eine Besonderheit darzustellen. Wie Blättler et al nachweisen konnte, treten bei unbewegtem Stehen unabhängig von dem Vorliegen einer venösen Erkrankung Schmerzen auf, die sich auch unabhängig von der tatsächlichen Volumenzunahme entfalten. Sie sind immer durch Kompression linderbar [6], [7]. Diese Symptome treten jedoch nur beim langen Stehen auf, die Menschen bewegen sich automatisch, um diesen Beschwerden zu begegnen.
Zusammenfassend kann man sagen, dass die meisten akuten oder auch chronischen Beinschmerzen nicht venös bedingt sind. In der Regel ist es leicht, nach einer Anamnese und einer klinischen Untersuchung die Ursachen zuzuordnen.
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Interessenkonflikt / Conflict of interest
Der Autor gibt an, dass kein Interessenkonflikt besteht.
The author declares that he has no conflict of interest.
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Literatur / References
- 1 Rabe E, Pannier-Fischer F, Bromen K. et al. Bonner Venenstudie der Deutschen Gesellschaft für Phlebologie – Epidemiologische Untersuchung zur Frage der Häufigkeit und Ausprägung von chronischen Venenkrankheiten in der städtischen und ländlichen Wohnbevölkerung. Phlebologie 2003; 32: 1-14
- 2 Decousus H, Prandoni B, Mismetti P. et al. Fondaparinux for the treatment of superficial-vein thrombosis in the legs. N Engl J Med 2010; 363: 1222-1232
- 3 Hach-Wunderle V, Blättler W, Gerlach H. et al. S2-Leitlinie: Diagnostik und Therapie der Venenthrombose und der Lungenembolie Aktueller Stand: 10. Oktober 2015, AWMF Leitlinien-Register Nr. 065/002.
- 4 Wells PS, Hirsh J, Anderson DR. et al. Accuracy of clinical assessment of deep-vein thrombosis. Lancet 1995; 345: 1326-1330
- 5 Wells PS, Anderson DR, Rodger M. et al. Evaluation of D-dimer in the diagnosis of suspected deep-vein thrombosis. N Engl J Med 2003; 349: 1227-1235
- 6 Blättler W, Thomä HJ, Winkler C. et al. Leichte Medizinische Kompressionsstrümpfe reduzieren Beschwerden beim Stehen gleich gut wie straffe. Phlebologie 2016; 45: 25-28
- 7 Blättler W, Mendoza E, Zollmann Ch. et al. Homeostatic feelings – a novel explanation of vein symptoms derived from an experimental patient study. VASA. 2019 Im Internet: https://doi.org/10.1024/0301–1526/a000807 Stand 12.10.2019
Korrespondenzadresse
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Literatur / References
- 1 Rabe E, Pannier-Fischer F, Bromen K. et al. Bonner Venenstudie der Deutschen Gesellschaft für Phlebologie – Epidemiologische Untersuchung zur Frage der Häufigkeit und Ausprägung von chronischen Venenkrankheiten in der städtischen und ländlichen Wohnbevölkerung. Phlebologie 2003; 32: 1-14
- 2 Decousus H, Prandoni B, Mismetti P. et al. Fondaparinux for the treatment of superficial-vein thrombosis in the legs. N Engl J Med 2010; 363: 1222-1232
- 3 Hach-Wunderle V, Blättler W, Gerlach H. et al. S2-Leitlinie: Diagnostik und Therapie der Venenthrombose und der Lungenembolie Aktueller Stand: 10. Oktober 2015, AWMF Leitlinien-Register Nr. 065/002.
- 4 Wells PS, Hirsh J, Anderson DR. et al. Accuracy of clinical assessment of deep-vein thrombosis. Lancet 1995; 345: 1326-1330
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- 6 Blättler W, Thomä HJ, Winkler C. et al. Leichte Medizinische Kompressionsstrümpfe reduzieren Beschwerden beim Stehen gleich gut wie straffe. Phlebologie 2016; 45: 25-28
- 7 Blättler W, Mendoza E, Zollmann Ch. et al. Homeostatic feelings – a novel explanation of vein symptoms derived from an experimental patient study. VASA. 2019 Im Internet: https://doi.org/10.1024/0301–1526/a000807 Stand 12.10.2019























