Aktuelle Dermatologie 2019; 45(12): 576
DOI: 10.1055/a-0987-1124
Derma-Fokus
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Natriumchlorid als Checkpoint für Th2-Zellen bei Atopischem Ekzem

Matthias J. et al.
Sodium chloride is an ionic checkpoint for human TH2 cells and shapes the atopic skin microenvironment.

Sci Transl Med 2019;
DOI: 10.1126/scitranslmed.aau0683.
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Publication Date:
12 December 2019 (online)

 

    Die Atopische Dermatitis ist eine Th2-getriebene chronische Erkrankung der Haut, deren Inzidenz in den letzten Jahrzehnten stark angestiegen ist. Signale für die T-Zell-Differenzierung bei Atopie stammen auch aus der Mikroumgebung. Hier spielen auch Ionen wie Natriumchlorid (NaCl) eine Rolle, wie kürzlich gezeigt wurde. Die Autoren dieser Arbeit untersuchten nun, ob und wie verschiedene T-Zellen auf unterschiedliche NaCl-Konzentrationen reagieren.


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    Schon 1921 beschrieb der Pädiater Finkelstein klinisch, dass sich die Hautveränderungen bei Atopischer Dermatitis bessern, wenn die Patienten kochsalzarm essen. In den letzten 50 Jahren hat in entwickelten Ländern der Kochsalzkonsum ständig zugenommen; das Gleiche gilt für die Häufigkeit atopischer Erkrankungen. Also könnte es einen Zusammenhang geben zwischen NaCl und Th2-Zellen, deren Funktion ja entscheidend ist in der Genese der Atopie. Dass sich NaCl deutlich auf die Differenzierung von Th17-Zellen aus naiven T-Zellen auswirkt, wurde bereits gezeigt. Da naive Zellen jedoch nicht in der Haut anzutreffen sind, prüften die Autoren für die Atopische Dermatitis, ob eine hohe NaCl-Konzentration auch die Antwort von Gedächtnis- und Effektor-Zellen reguliert.

    CD4-Gedächtniszellen aus dem Blut Gesunder wurden zunächst einer NaCl-Konzentration von zusätzlich 50 mM ausgesetzt, entsprechend den normalen Verhältnissen im Blut und auf der Haut. Es zeigten sich (im Gegensatz zu NaCl-armer Umgebung) darunter eine verstärkte Interleukin-17-Produktion sowie weitere für Th17-Zellen typische Zytokine. Zudem wurden die Interleukine 4 und 13 hoch- und Interferon-γ herunterreguliert – es entstand also ein typisches Muster einer Th2-Zelle. Auch naive Zellen aus Milz und Lymphknoten von Mäusen differenzierten sich unter dem Einfluss von NaCl hin zu Th2-Zellen. Dies galt selbst dann, wenn exogene Zytokine wie Interleukin 4 fehlten, die üblicherweise polarisierend in Richtung Th2-Zellen wirksam sind.

    In einem weiteren Schritt nutzten die Autoren T-Zellen aus gesunder Haut, da hier andere T-Zell-Populationen als im Blut dominieren. Auch hier zeigte sich, dass NaCl die Th2-Zell-Differenzierung förderte. Die Regulation hin zu Th2-Zellen (im Gegensatz zu Th1) in NaCl-reicher Umgebung zeigte sich auch am erhöhten Nachweis des typischen Transkriptionsfaktors für Th2-Zellen: GATA3. Auf der Suche nach den zugrunde liegenden molekularen Prozessen prüften die Autoren das Verhalten von NFAT5 (nuclear factor of activated T cells 5): Dieser bekannte osmosensitive Transkriptionsfaktor wurde in menschlichen Th-Gedächtniszellen unter Einfluss von NaCl deutlich hochreguliert. Das Gleiche galt für die Kinase SGK-1 (serum- and glucocorticoid-regulated kinase). Im hyperosmotischen Gewebe beeinflussen also osmosensitive Transkriptionsfaktoren die Regulation der Th2-Zellen.

    Abschließend wendeten sich die Autoren Zellen aus atopischen Hautläsionen zu: In den Biopsien von Patienten mit mäßiger bis schwerer Atopischer Dermatitis fand sich eine deutlich erhöhte NaCl-Konzentration im Vergleich zu gesunder Haut derselben Patienten. Bei Psoriasis hingegen ließ sich dies nicht zeigen.

    Fazit

    Mit NaCl zeigt sich also ein wichtiger Faktor bzw. Checkpoint im atopisch erkrankten Gewebe. Offenbar gibt es eine osmosensitive Funktion von Transkriptionsfaktoren für die Regulation von Th2-Zellen; NaCl kann also menschliche T-Zellen direkt regulieren. NaCl spielt damit, so die Autoren, eine wichtige, bisher übersehene Rolle für die Atopische Dermatitis als Regulationsfaktor in der Mikroumgebung. Möglicherweise ließe sich dieser NaCl-induzierte Signalweg als therapeutisches Ziel nutzen.

    Dr. med. Susanne Meinrenken, Bremen


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