Pneumologie 2019; 73(10): 586-591
DOI: 10.1055/a-0976-8928
Übersicht
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Perspektiven für junge Ärztinnen und Ärzte in der Infektiologie[]

Career Prospects for Young Physicians in Infectious Diseases
M. Raspe
1   Charité – Universitätsmedizin Berlin, corporate member of Freie Universität Berlin, Humboldt-Universität zu Berlin, and Berlin Institute of Health, Medizinische Klinik m. S. Infektiologie und Pneumologie, Berlin
,
T. Rolling
2   I. Medizinische Klinik und Poliklinik, Sektion Infektiologie, Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf
3   Deutsches Zentrum für Infektionsforschung, Hamburg-Lübeck-Borstel-Riems, Standort Hamburg
,
C. Leisse
4   Klinik I für Innere Medizin, Klinische Infektiologie, Universitätsklinikum Köln
,
J. Fischer
4   Klinik I für Innere Medizin, Klinische Infektiologie, Universitätsklinikum Köln
5   Deutsches Zentrum für Infektionsforschung, Köln-Bonn, Standort Köln
,
C. Lehmann
4   Klinik I für Innere Medizin, Klinische Infektiologie, Universitätsklinikum Köln
5   Deutsches Zentrum für Infektionsforschung, Köln-Bonn, Standort Köln
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Korrespondenzadresse

Dr. med. Matthias Raspe
Medizinische Klinik m. S. Infektiologie und Pneumologie
Charité – Universitätsmedizin Berlin
Charitéplatz 1
10117 Berlin

Publication History

Publication Date:
17 October 2019 (online)

 

Zusammenfassung

Die Infektiologie ist ein Querschnittsfach mit Verbindungen zu vielen medizinischen Disziplinen und bietet interessierten Ärztinnen und Ärzten eine Vielzahl von interessanten Betätigungsfeldern. Das Spektrum umfasst sowohl die ambulante und stationäre Patientenversorgung als auch grundlagenorientierte, klinische und epidemiologische Forschung. Der Bedarf an infektiologisch weitergebildeten Ärztinnen und Ärzten steigt, sodass die Berufsaussichten als sehr gut einzuschätzen sind. Die Vereinbarkeit von Beruf und Familie in der Infektiologie ist vergleichsweise günstig. Mit diesem Artikel wollen wir bei jungen Kolleginnen und Kollegen Interesse an diesem vielseitigen und spannenden Querschnittsbereich wecken und Berufsperspektiven aufzeigen. Daten aus einer Mitgliederbefragung der Deutschen Gesellschaft für Infektiologie e. V. geben Einblicke, in welchen Bereichen und mit welchen Tätigkeitsschwerpunkten Infektiologen heute überwiegend tätig sind.


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Abstract

Infectious Diseases are a cross-sectional area connected to various medical disciplines and offer interested physicians multiple working opportunities. The spectrum of infectious diseases covers both out- and inpatient care as well as basic, clinical and epidemiological research. The need for infectious diseases specialists is increasing, thus career prospects are promising. Working conditions in infectious diseases are comparatively family-friendly. With this article we intend to arouse interest for working in the fascinating fields of infectious diseases and provide information on career opportunities. Data from a recently conducted survey among members of the German Society of Infectious Diseases deliver insight, how infectious disease specialists work today.


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Einführung

Trotz enormer medizinischer Fortschritte stellen Infektionen Ärzte auch heute noch vor große Herausforderungen. Neue oder veränderte Krankheitserreger kommen wiederholt in der klinischen Versorgung vor und es werden zunehmend Resistenzentwicklungen gegen Antiinfektiva beobachtet, die den Einsatz von Infektiologen erfordern. Daher ist das Fach Infektiologie als eigenständige Disziplin hochaktuell.

Als Infektiologie (von „Infektion“, eigentlich „Infektologie“ von lat. inficere) wird eine interdisziplinäre Wissenschaft bezeichnet, die sich mit der Prävention, Behandlung und Erforschung von Infektionserkrankungen und den sie auslösenden Mikroorganismen beschäftigt. In Deutschland wurde der Begriff Anfang der 1970er Jahre von Professor Werner Lang (München) geprägt, um damit im Gegensatz zur medizinischen Mikrobiologie die klinischen Aspekte der Infektionsmedizin zu betonen. Die Infektiologie ist damit in Deutschland ein vergleichsweise junger Querschnittsbereich in der Humanmedizin. 1973 wurde die Deutsche Gesellschaft für Infektiologie e. V. (DGI) gegründet. Die Relevanz der Infektiologie für die Qualität der Patientenversorgung wird zunehmend auch durch den Gesetzgeber erkannt. So wird beispielsweise seit 2016 (zunächst befristet bis Ende 2019) die Zusatzweiterbildung Infektiologie pauschal mit 30 000 € pro Arzt gefördert (weitere Informationen auf der Webseite der DGI unter www.dgi-net.de [1]).

In der vorliegenden Übersichtsarbeit wollen die Nachwuchsgruppen von DGI und Deutscher Gesellschaft für Innere Medizin e. V. (DGIM) gemeinsam Berufsperspektiven in der Infektiologie für junge Kollegen beleuchten und dieses dynamische, spannende und zukunftsträchtige Fachgebiet vorstellen.


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Was machen Infektiologen?

Das Aktivitätsspektrum der Infektiologie ist vielfältig [2]. Infektiologen arbeiten sowohl in der ambulanten Versorgung (z. B. in einer HIV-Schwerpunktpraxis) als auch im stationären Bereich. Hier versorgen sie einerseits primär infektiologische Patienten (z. B. solche mit Mykobakteriosen oder tropischen Infektionserregern), andererseits aber auch Patienten anderer klinischer Fächer (z. B. bei Prothesen-assoziierten- oder Knocheninfektionen). Aufgrund dieser organübergreifenden Manifestationen von Infektionen ist eine enge Zusammenarbeit mit den anderen internistischen und nicht internistischen Fachdisziplinen zwingend notwendig und macht die Arbeit als Infektiologe besonders interessant und anspruchsvoll. In dieser Hinsicht stellt die Infektiologie ein klassisches Querschnittsfach der Inneren Medizin dar.

Wie wichtig die Tätigkeit eines Infektiologen für eine gute Patientenbetreuung ist, konnte in mehreren Studien belegt werden: Patienten, die durch Infektiologen betreut werden, erhalten häufiger eine adäquate antimikrobielle Therapie, werden kürzer antimikrobiell therapiert und zeigen bei Blutstrominfektionen und Endokarditis eine verringerte Mortalität auf [3] [4] [5] [6] [7] [8] [9] [10]. Mittlerweile wird die Bedeutung der Infektiologie zunehmend auch von anderen medizinischen Fachgesellschaften erkannt. So wird unter anderem in der Endokarditis-Leitlinie der European Society of Cardiology (ESC) explizit empfohlen, Infektiologen in die Therapieentscheidung einzubinden [11].

Neben einer soliden internistischen Weiterbildung sind fundierte Kenntnisse der mikrobiologischen Diagnostik in der Infektiologie unabdingbar, um eine rationale Diagnostikanforderung und Befundbewertung zu ermöglich. Des Weiteren kann und sollte ein Infektiologe auch als „Gatekeeper“ dienen, um ein Übermaß an mikrobiologischer und radiologischer Diagnostik zu verhindern. Eine enge Zusammenarbeit mit Fachärzten für Mikrobiologie, Virologie und Infektionsepidemiologie ist von Vorteil, um Synergien zu nutzen.

Nicht selten werden jedoch infektiologische Aufgaben (wie z. B. die Beratung bei Fragen der Diagnostik von Erregern oder Therapieempfehlungen) von Mikrobiologen übernommen. Bei den häufig multimorbiden Patienten mit Infektionskrankheiten können Entscheidungen zur Therapieeinleitung oder Limitierung der Therapie allerdings nur sinnvoll erfolgen, wenn der Patient in seiner Gesamtheit (z. B. weitere Komorbiditäten, Vorerkrankungen) direkt am Krankenbett und nicht nur der Erreger betrachtet werden. So konnte z. B. in einer retrospektiven finnischen Studie gezeigt werden, dass Patienten mit einer Staphylokokkus-aureus-Bakteriämie eine höhere Mortalität aufweisen, wenn allein eine telefonische Beratung erfolgt [12].

Schlussendlich gibt es fächerübergreifende Funktionen auf Krankenhausebene, wie die Krankenhaushygiene oder Antibiotic Stewardship (ABS, Strategie zum rationalen Antibiotikaeinsatz).


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Zunehmender Bedarf an infektiologisch weitergebildeten Ärzten

Die Infektiologie steht in Zukunft vor großen Herausforderungen und eröffnet dadurch Wachstumsperspektiven. Einerseits bietet die Infektiologie ein großes Entwicklungspotenzial für eine klinisch patientenorientierte Forschung. Zu wichtigen Erregern oder Krankheitsbildern gibt es wenige Interventionsstudien, und so fußen Empfehlungen häufig auf Expertenmeinungen bzw. auf Studien niedriger Evidenzgrade. Eine dänische Übersichtsarbeit zeigte, dass lediglich 1,6 % der Empfehlungen in den aktuellen europäischen (European Society of Cardiology/ ESC) bzw. US-amerikanischen (American Heart Association/ AHA) Endokarditis-Leitlinien aufgrund von Evidenz der Kategorie A (also anhand von mehreren randomisiert kontrollierten Studien bzw. Metaanalysen) ausgesprochen werden. Hingegen basieren über die Hälfte der Empfehlungen auf Expertenmeinungen oder kleinen retrospektiven Studien (Evidenz der Kategorie C) [13]. Auch auf vielen weiteren infektiologischen Feldern, wie z. B. Tuberkulose, Haut- und Weichteilinfektionen, perioperative Prophylaxen und vielen anderen sind qualitativ hochwertige Interventionsstudien notwendig [14].

Darüber hinaus ist davon auszugehen, dass es aufgrund weltweit zunehmender antimikrobieller Resistenzen in Zukunft vermehrt Patienten mit komplexen Infektionen geben wird, die global als eine Gefahr für die Gesundheit angesehen werden [15] [16]. Es braucht daher zunehmend Spezialisten, um Patienten mit multiresistenten Erregern zu behandeln, aber auch um die Entstehung bzw. Verbreitung von multiresistenten Erregern zu vermeiden. ABS-Fortbildungen können hier nur einen kleinen Beitrag leisten, der eine klinisch-infektiologische Weiterbildung nicht ersetzt. Auch gilt es klinische Experten auszubilden, die auf neu auftretende Infektionen (wie z. B. Severe Acute Respiratory Syndrome/SARS oder Middle East Respiratory Syndrome/MERS) vorbereitet sind, oder sich mit der Therapie von exotischen Infektionskrankheiten (wie Dengue oder Malaria) auskennen. Die Endemiegebiete von vielen Erregern beschränken sich aufgrund der Globalisierung und des Klimawandels nicht mehr auf die Tropen. In dieser Hinsicht ist tropenmedizinisches Wissen für Infektiologen unabdingbar und eine enge Verzahnung von Infektiologie und Tropenmedizin wünschenswert.

Eine Datenabfrage aus der Redaktion für Stellenzeigen des Deutschen Ärzteblatts deutet auf einen steigenden Bedarf an Infektiologen und Tropenmedizinern über die letzten 18 Jahre hin ([Abb. 1]).

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Abb. 1 Jährliche Anzahl an Stellenanzeigen in der Rubrik „Infektions- und Tropenmedizin“ im Deutschen Ärzteblatt über die Jahre 2000 bis 2018. Dargestellt ist die Anzahl der jährlichen Stellenanzeigen in der Rubrik „Infektions- und Tropenmedizin“ für die Jahre 2000 bis 2018 differenziert nach allen Stellenanzeigen (blau) dieser Rubrik und Stellenanzeigen für Ärzte in Weiterbildung (WB) oder Fachärzte (FÄ, jeweils orange) inklusive Ausgleichsgeraden. Datenstand ist der 19.10.2018.

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Karriereperspektiven in der Infektiologie

Die klinische Infektiologie in Deutschland ist im weltweiten Vergleich erst in Anfängen etabliert. Unter anderem durch eine Initiative des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) gibt es inzwischen einige universitäre Schwerpunkte, jedoch sind die wenigsten Abteilungen unabhängig. An der Charité – Universitätsmedizin Berlin – wurde 1999 die erste W3- (ehemals C4-) Professur für Infektiologie eingerichtet; in den Folgejahren folgten weitere W3- und W2-Professuren. Im Gegensatz dazu gibt es jedoch in nicht universitären Krankenhäusern derzeit überwiegend keine infektiologischen Abteilungen. Dementsprechend sind die Karrierewege der wenigen, klinisch ausgebildeten Infektiologen bisher sehr unterschiedlich. Die Berufsperspektiven sind vielen Studenten und Berufsanfängern unklar. Diese Situation führt dazu, dass Studenten und junge Ärzte trotz Begeisterung für die Inhalte des Faches Infektiologie bisher häufig andere Weiterbildungswege einschlagen, da sie dort klarere Perspektiven erkennen. Initiativen der DGI-Sektion Junge Infektiologen wie zum Beispiel „Dein Tag in der Infektiologie“, die „Infektiologie School“ oder auch das gemeinsame mit der DGIM organisierte Mentorenprogramm für Infektiologen sollen helfen, langfristig Berufsperspektiven zu entwickeln und die Weiterbildung von dringend benötigten klinischen Infektiologen zu fördern [17].

Im Bereich der ambulanten Medizin gibt es hauptsächlich in den Großstädten internistische und hausärztliche Praxen und Hochschulambulanzen, die sich häufig mit speziellen Schwerpunkten der Infektiologie, wie zum Beispiel mit der Behandlung von HIV oder Hepatitis, beschäftigen. Eine Vielzahl von Infektiologen ist hier tätig und führt einen wichtigen und sichtbaren Bereich der ambulanten infektiologischen Versorgung durch. In ländlichen Gebieten dagegen, in denen Patienten oft weite Wege auf sich nehmen müssen, um eine adäquate Versorgung zu erhalten, ist die Versorgung unzureichend.

Trotz einer zunehmenden Anzahl von universitären und DGI-Zentren (ebenfalls größtenteils universitär), gibt es nach wie vor wenig Kliniken mit infektiologischem Schwerpunkt, sodass die Karrierewege in der klinischen Versorgung auf wenige Abteilungen beschränkt sind. Hier bestehen die Tätigkeitsbereiche für die Infektiologen aus der Versorgung von Patienten auf der Station, in der Ambulanz und über einen Konsildienst, sofern er etabliert ist. In den letzten Jahren werden zunehmend ABS-Experten ausgebildet, die Beratungen in Krankenhäusern zum rationalen Einsatz von Antiinfektiva durchführen [18]. Die ABS-Weiterbildung wird durch den Gesetzgeber finanziell unterstützt. Eine Betreuung durch einen ABS-Experten ersetzt jedoch keine Behandlung durch einen ausgebildeten Infektiologen. Seit kurzer Zeit stellen große Laboratorien Infektiologen ein, um Ärzten in verschiedenen Krankenhäusern neben der mikrobiologischen Diagnostik auch zusätzlich infektiologische Beratungen zur Verfügung zu stellen. Dies ist ein Ersatz der fehlenden Infektiologen in den entsprechenden Krankenhäusern der Regelversorgung und ein guter Ansatz, eine flächendeckende infektiologische Beratung zu etablieren. Für Infektiologen ist dies zudem ein neues Betätigungsfeld.

Aufgrund der geringen Anzahl von infektiologischen Zentren ist dementsprechend die Anzahl an Infektiologen, die in der Wissenschaft tätig sind, vergleichsweise gering. Mit dem Ziel klinische Forschung zu fördern, hat die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) 2016 erstmals eine Nachwuchsakademie für klinische Studien in der Infektionsmedizin ins Leben gerufen. Diese Initiative bietet interessierten Infektiologen die Möglichkeit, eigene Ideen für interventionelle klinische Studien weiterzuentwickeln und umzusetzen.

In der Grundlagenforschung betätigen sich noch vergleichsweise wenige ärztliche Kollegen aus der Infektiologie. Einige infektiologische universitäre Zentren sind an das Deutschen Zentrum für Infektionsforschung (DZIF) angebunden, das attraktive Stipendien und Finanzierungsmöglichkeiten für junge Infektiologen mit wissenschaftlichem Interesse bietet. Insgesamt betrachtet ist der Bedarf an klinisch und ambulant tätigen Infektiologen wachsend. Mit dem zunehmenden Ausbau der klinischen Infektiologie entstehen innovative Betätigungsfelder, die deutschlandweit Arbeitsstellen für Infektiologen entstehen lassen werden.

Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf ist in der Infektiologie als vergleichsweise günstig einzuschätzen, da die Infektiologie in der Regel kein Arbeiten im Schichtbetrieb beinhaltet und der Anteil an Intensiv- und Akutmedizin gering ist.


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Wo und wie arbeiten Infektiologen in Deutschland heute?

Im Dezember 2018 wurde eine kurze Befragung von 1093 Mitgliedern innerhalb der DGI durchgeführt. Der Online-basierte Fragebogen mit 10 Fragen war 20 Tage ohne Erinnerung geöffnet. 298 Kolleginnen und Kollegen beteiligten sich (Teilnahmequote: 27 %). [Tab. 1] gibt Überblick über eine Auswahl der Ergebnisse.

Tab. 1

Ergebnisse der kurzen Mitgliederbefragung der DGI. Es ist eine Auswahl der Ergebnisse dargestellt.

Frage/Merkmal

Zustimmung in %

Geschlecht (N = 295)

weiblich

36 % (105/295)

männlich

64 % (190/295)

Alter (N = 298)

≤ 40 Jahre

28 % (83/298)

41 – 50 Jahre

31 % (94/298)

> 50 Jahre

41 % (121/298)

Fortbildung in ABS[1] (N = 296)

ABS-Fortbildung abgeschlossen

27 % (80/296)

aktuell in ABS-Fortbildung

22 % (66/296)

keine ABS-Fortbildung

51 % (150/296)

Zusatzbezeichnung „Infektiologe/in“ Landesärztekammer (N = 290)

ja

42 % (123/290)

nein

58 % (167/290)

Zusatzbezeichnung „Infektiologe/in (DGI)“ (N = 289)

ja

45 % (129/289)

nein

55 % (160/289)

Tätigkeitsort (N = 291, 313 Antworten[2])

Klinikum (nicht Universität)

38 % (110/291)

Universitätsklinikum

35 % (103/291)

Praxis/MVZ

22 % (63/291)

Sonstiges

13 % (37/291)

Tätigkeitsbereich (N = 296, 477 Antworten2)

Patientenbehandlung

79 % (235/296)

klinische Studien

26 % (77/296)

Diagnostik

22 % (64/296)

experimentell-wissenschaftlich

14 % (42/296)

Sonstiges

20 % (59/296)

1 Antibiotic Stewardship.


2 Mehrfachantworten möglich, daher kumulative Prozente hier > 100.



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Weiterbildungswege in der Infektiologie

In vielen europäischen Ländern und den USA gibt es schon seit vielen Jahren einen eigenen Facharzt für „Innere Medizin und Infektiologie“ bzw. für „Infektiologie“, der anhand eines strukturierten Curriculums erworben werden kann [19] ([Abb. 2]).

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Abb. 2 Organisation der Qualifikation Infektiologie in Ländern der Europäischen Union. Die Abbildung zeigt, in welchen Ländern Europas die Infektiologie als vollwertige Facharztweiterbildung (blau), als Subspezialisierung (ocker) oder als integraler Anteil der Inneren Medizin (lila) organisiert ist. Grau = keine Daten verfügbar. (Quelle: RC Read et al. Professional challenges and opportunities in clinical microbiology and infectious diseases in Europe. Lancet Infect Dis 2011; 11: 408 – 415) [rerif].

In Deutschland gibt es bislang außer in Mecklenburg-Vorpommern (als sog. Schwerpunkt mit 3 Jahren Basisweiterbildung Innere Medizin und 3 Jahren Subspezialisierung in Infektiologie) keinen eigenen Facharzt für Innere Medizin und Infektiologie. Es gibt darüber hinaus jedoch Wege, sich infektiologisch fort- und weiterzubilden. Grundsätzlich sind zwei Wege möglich, die sich anhand des Anforderungsprofils deutlich voneinander unterscheiden:

  • über die Landesärztekammern: Erwerb „Zusatzbezeichnung Infektiologe/in“

  • über die Deutsche Gesellschaft für Infektiologie (DGI): Erwerb des Zertifikats „Infektiologe/in (DGI)“

„Zusatzbezeichnung Infektiologe/in“ der Landesärztekammern

In der bisher gültigen Musterweiterbildungsordnung der Bundesärztekammer ist die Infektiologie als Zusatzbezeichnung verankert [20]. Aktuell kann sie je nach Vorgaben der Landesärztekammer mit einer Facharztanerkennung im Gebiet Innere Medizin, Allgemeinmedizin, Kinder- und Jugendmedizin oder Mikrobiologie, Virologie und Infektionsepidemiologie erworben werden. Im Zuge der Novellierung der Musterweiterbildungsordnung wurde die Zusatzweiterbildung „Infektiologie“ für alle Fachärzte in einem Gebiet der unmittelbaren Patientenversorgung, in Mikrobiologie, Virologie und Infektionsepidemiologie und in Hygiene und Umweltmedizin geöffnet [21]. Die Zusatzbezeichnung ist über 12 Monate bei einem Weiterbildungsbefugten für Infektiologie abzuleisten. Die Umsetzung in die Weiterbildungsordnungen der Ärztekammern wird voraussichtlich bis 2020 erfolgen.


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Zertifikat „Infektiologe/in (DGI)“

Da im internationalen Vergleich die Anforderungen und Inhalte der von den Ärztekammern angebotenen Zusatzweiterbildung Infektiologie aus Sicht der DGI als nicht ausreichend erscheinen, hat die DGI eine zusätzliche eigene Qualifizierung ins Leben gerufen [22]. Entsprechend internationaler Vorgaben und Institutionen wurde ein detailliertes Fortbildungskonzept entwickelt. Um das Zertifikat zu erwerben, muss man entweder drei Jahre an einem DGI-zertifizierten Zentrum arbeiten und entsprechende Nachweise erbringen (www.dgi-net.de/dgi-zentren/) oder ein Curriculum (Kurssystem und Praktika/interaktive Veranstaltungen) mit spezifischen infektiologischen Fortbildungspunkten (iCME) durchlaufen. Eine Rezertifizierung ist alle 5 Jahre nötig. Ausführliche Informationen bietet die Akademie für Infektionsmedizin (www.akademie-infektionsmedizin.de).


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Fazit

Die Infektiologie als klinische Infektionsmedizin braucht die Innere Medizin als Basis. Die Etablierung der Infektiologie als Schwerpunkt innerhalb der Inneren Medizin über einen eigenen Facharzt für Innere Medizin und Infektionskrankheiten ist weiterhin ausdrückliches Ziel von DGI und DGIM. Diese Facharztqualifikation ist von entscheidender Bedeutung dafür, dass junge Ärzte einen planbaren Karriereweg für die Infektiologie haben. Hierbei sollte sich, analog zu anderen internistischen Subdisziplinen, an eine dreijährige Basisweiterbildung in Innerer Medizin eine dreijährige Subspezialisierung in Infektiologie anschließen (bzw. ein fünfjähriger Facharzt für Innere Medizin gefolgt von drei Jahren in der Subspezialisierung Infektiologie).


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Interessenkonflikt

Die Autoren geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht.

Aus Gründen der leichteren Lesbarkeit wird in der vorliegenden Arbeit überwiegend die gewohnte männliche Sprachform verwendet. Dies impliziert jedoch keine Benachteiligung des weiblichen Geschlechts, sondern soll im Sinne der sprachlichen Vereinfachung als geschlechtsneutral zu verstehen sein.



Korrespondenzadresse

Dr. med. Matthias Raspe
Medizinische Klinik m. S. Infektiologie und Pneumologie
Charité – Universitätsmedizin Berlin
Charitéplatz 1
10117 Berlin


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Abb. 1 Jährliche Anzahl an Stellenanzeigen in der Rubrik „Infektions- und Tropenmedizin“ im Deutschen Ärzteblatt über die Jahre 2000 bis 2018. Dargestellt ist die Anzahl der jährlichen Stellenanzeigen in der Rubrik „Infektions- und Tropenmedizin“ für die Jahre 2000 bis 2018 differenziert nach allen Stellenanzeigen (blau) dieser Rubrik und Stellenanzeigen für Ärzte in Weiterbildung (WB) oder Fachärzte (FÄ, jeweils orange) inklusive Ausgleichsgeraden. Datenstand ist der 19.10.2018.
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Abb. 2 Organisation der Qualifikation Infektiologie in Ländern der Europäischen Union. Die Abbildung zeigt, in welchen Ländern Europas die Infektiologie als vollwertige Facharztweiterbildung (blau), als Subspezialisierung (ocker) oder als integraler Anteil der Inneren Medizin (lila) organisiert ist. Grau = keine Daten verfügbar. (Quelle: RC Read et al. Professional challenges and opportunities in clinical microbiology and infectious diseases in Europe. Lancet Infect Dis 2011; 11: 408 – 415) [rerif].