Aktuelle Dermatologie 2020; 46(03): 102-107
DOI: 10.1055/a-0960-8450
Kasuistik
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Eine seltene kutane Manifestation eines systemischen B-Zell-Lymphoms unter dem klinischen Bild einer seltenen Infektionserkrankung

Fulminante Verläufe führen zur richtigen Einordnung der DignitätA Rare Cutaneous Manifestation of Systemic B-Cell Lymphoma under the Clinical Picture of a Rare Infectious DiseaseSevere Pathways Lead to the Correct Grading of Dignity
W. Konschake
Klinik- und Poliklinik für Haut-und Geschlechtskrankheiten, Universitätsmedizin Greifswald
,
A. Arnold
Klinik- und Poliklinik für Haut-und Geschlechtskrankheiten, Universitätsmedizin Greifswald
,
G. Daeschlein
Klinik- und Poliklinik für Haut-und Geschlechtskrankheiten, Universitätsmedizin Greifswald
,
M. Jünger
Klinik- und Poliklinik für Haut-und Geschlechtskrankheiten, Universitätsmedizin Greifswald
,
S. Lutze
Klinik- und Poliklinik für Haut-und Geschlechtskrankheiten, Universitätsmedizin Greifswald
› Author Affiliations
Further Information

Korrespondenzadresse

Dr. med. Wolfgang Konschake
Klinik und Poliklinik für Haut- und Geschlechtskrankheiten
Universitätsmedizin Greifswald
Ferdinand-Sauerbruchstraße
17475 Greifswald

Publication History

Publication Date:
13 August 2019 (online)

 

Zusammenfassung

Dargestellt wird der seltene Fall eines diffus großzelligen B-Zell-Lymphoms unter dem klinischen Verdacht einer kutanen Anthrax-Infektion. Bei Aufnahme präsentierte der 82-jährige Patient an der Stirn rechtsseitig oberhalb der Augenbraue eine ca. 3,5 cm messende ulzerierte Plaque mit zentral festhaftender schwarzer Nekrose und erhabenem livid-erythematösen Randwall. Wir sahen im Verlauf des stationären Aufenthaltes eine fulminante AZ-Verschlechterung des Patienten mit rezidivierenden Fieberschüben bis 40,0 °C und plötzlich disseminierter Aussaat neuer kutaner Herde ähnlich der Morphe der primären Läsion. In der CT zeigten sich multiple pulmonale und hepatische Rundherde sowie einzelne in den Nieren sowie in der rechten Nebenniere. In der Biopsie eines Leberrundherdes und in einer Hautbiopsie wurde die Diagnose eines diffus großzelligen B-Zell-Lymphoms vom ABC-Subtyp gesichert. Bei rezidivierenden Fieberschüben über 39 °C unter eskalierter Antibiose sowie persistierender nicht invasiver Beatmung wurde der Patient im Verlauf auf eine Intensivstation verlegt und verstarb nach 6-wöchiger Krankheitsdauer. Die Autoren schlussfolgern, dass bei sich extrem fulminant darstellenden Krankheitsverläufen, die klinisch einer dermatologischen Infektionserkrankung entsprechen können, jedoch unkontrollierbar unter antimikrobieller Therapie verlaufen, immer an die kutane Manifestation eines systemischen Lymphoms gedacht werden sollte. Hier können auch die primär der Infektionserkrankung zugeordnete B-Symptomatik und die elevierten Akute-Phase-Proteine auftreten. Lymphom-Manifestationen erscheinen an der Haut häufig unspezifisch mit ekzematöser, lichenoider oder pruriginös-nodulärer Morphe. Der Verlauf machte die Einordnung der Dignität der Erkrankung in unserem Fall dann möglich.


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Abstract

A rare case of diffuse large B-cell lymphoma under the clinical suspicion of a cutaneous anthrax infection is shown. The 82-year-old patient presented an approx. 3.5 cm ulcerated plaque with central adherent black necrosis and raised livid erythematous marginal wall on the right side of the forehead above the eyebrow. In the follow up we saw a fulminant worsening of the patient’s status with recurrent fever episodes up to 40.0 °C and suddenly disseminated spread of new cutaneous lesions similar to the primary lesion. CT revealed multiple pulmonary and hepatic round spots, as well as some in the kidneys and in the right adrenal gland. The histology of a liver and skin biopsy confirmed the diagnosis of a diffuse large cell B-cell lymphoma of the ABC subtype. In relapsing fever episodes above 39 °C with escalated antibiotics and persistent noninvasive ventilation, the patient was relocated to an intensive care unit and died after 6 weeks of illness. We conclude that in cases of extremely fulminant disease progression that clinically imitated a dermatological infectious disease but was resistant to antimicrobial therapy, the cutaneous manifestation of a systemic lymphoma should always be considered. In retrospection, the B-symptoms, which are primarily associated with an infectious disease, as well as the elevated acute phase proteins could be assigned. Lymphoma manifestations often appear nonspecific on the skin with eczematous, lichenoid or pruriginous-nodular pictures. The course finally lead to the right diagnosis in our case.


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Einleitung

Der initiale klinische Befund auf der Stirn des Patienten ließ an eine kutane Anthrax-Infektion denken. Hierzu passend war die „kohleartige“ festhaftende schwarze Nekrose. Entsprechende mikrobiologische Untersuchungen erfolgten im Robert-Koch-Institut auf Bacillus anthracis als auch auf Kuhpockenerreger (Orthopoxviren). In einer Biopsie von einer kutanen Läsion nach disseminierter Aussaat sowie in einer Leberbiopsie wurde die Diagnose eines diffus großzelligen B-Zell-Lymphoms (DGBCL) gesichert. Es ist ein immunhistologisch heterogenes Non-Hodgkin-Lymphom. DGBCL sind in 30 % nodalen Ursprungs, können jedoch auch von der Haut und anderen extranodalen Organen ausgehen, was der Erkrankungsgruppe ein klinisch sehr heterogenes Bild verleiht. Kutane Manifestationen erscheinen häufig unspezifisch mit ekzematöser, lichenoider oder nodulärer Morphe. Weitere kutane B-Zell-Lymphome umfassen das primär kutane Marginalzonen B-Zell-Lymphom oder das intravaskuläre großzellige B-Zell-Lymphom. Klinisch eindrucksvoll war die fulminante AZ-Verschlechterung des Patienten im stationären Verlauf, was retrospektiv die richtige Einordnung der Dignität möglich macht. Mittels Immunhistologie und molekularbiologischer Untersuchungen gelingt heute die weitere Typisierung der Mehrzahl von Lymphomen, was eine Relevanz für die Therapie und Prognose beinhaltet.


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Anamnese

Ein 82-jähriger Patient stellte sich primär über die Hautambulanz mit einer akut aufgetretenen, rasch progredienten Hautveränderung an der Stirn oberhalb des rechten Auges vor. Diese bestand zu diesem Zeitpunkt seit etwa 10 Tagen, mit stetiger Vergrößerung und zentral sich ausbildender schwarzer Kruste. Es bestanden nur mäßige Schmerzen, ein Trauma oder Tierkontakt ließen sich nicht eruieren. Zusätzlich zeigte sich eine ausgeprägte Oberlidschwellung. Ambulant in einer HNO-ärztlichen Behandlung, zuletzt auch stationär, wurden Antibiotika eingesetzt, u. a. die parenterale Gabe von Cefuroxim und Decortin. Anamnestisch war bei dem Patienten eine Colitis ulcerosa sowie ein Diabetes mellitus Typ 2 (IDDM) bekannt. Aufgrund der chronisch entzündlichen Darmerkrankung wurde der Patient langjährig immunsuppressiv mit Azathioprin behandelt.


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Klinik

Bei Aufnahme sahen wir einen Patienten in leicht reduziertem Allgemeinzustand und präadipösem Habitus. In der klinischen Untersuchung präsentierte sich der Patient kardiopulmonal unauffällig, keine Stuhlunregelmäßigkeiten bei bekannter CED und gut eingestelltem Diabetes. Im Aufnahme-Labor zeigte sich im Blutbild eine Linksverschiebung mit Neutrophilie und Lymphopenie, ein gering eleviertes CRP mit 12,2 mg/l (Normwert: < 5 mg/l) und erhöhte Leberwerte (ALAT 1,4 µkatal/l; ASAT 1,3 µkatal/l).


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Lokalbefund

An der Stirn rechtsseitig oberhalb der Augenbraue zeigte sich eine 3,5 cm messende Plaque mit zentral festhaftender schwarzer Nekrose und erhabenem livid-erythematösen Randwall ([Abb. 1]). Zusätzlich bestand eine deutliche Schwellung des rechten Ober- und Unterlids.

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Abb. 1 Lokalbefund von Aufnahme mit einer an der Stirn ca. 3,5 cm messenden ulzerierten Plaque mit festsitzender schwarzer Nekrose und erhabenem livid-erythematösen Randwall.

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Differenzialdiagnostik

Der klinische Befund ließ als initiale Arbeitsdiagnose an eine kutane Anthrax-Infektion denken. Hierzu passte der vom Patienten initial bemerkte klinische Befund eines kleinen entzündlichen Knotens als auch die sich im Verlauf ausbildende schwarze festhaftende Nekrose und ipsilaterale Schwellung. Dagegen sprach der nur wenig eingeschränkte Allgemeinzustand ohne Fieber, Unwohlsein oder Kopfschmerzen. In der initialen Biopsie aus dem Randbereich der Ulzeration zeigte sich eine granulomatös imponierende Entzündung. Der einseitige Befund an der Stirn ließ formal auch an einen atypisch nekrotisch verlaufenden Herpes zoster denken. Serologisch und mittels einer PCR konnte sowohl ein Herpes simplex- als auch ein Herpes zoster-Infekt ausgeschlossen werden.

Für eine weitere Antibiose und zum Ausschluss einer Infektion mit atypischen Erregern (atypische Mykobakterien, Mykosen) wurden sowohl Abstriche als auch Biopsiematerial hinsichtlich dieser Erreger mikrobiologisch untersucht. Eine PCR aus dem Biopsiematerial auf Mycobacterium tuberculosum und atypische Mykobakterien verlief negativ.

Weiter wurden Abstriche auf Dermatophyten und Schimmelpilze untersucht. Differenzialdiagnostisch musste beim Aufnahmebefund auch an eine vaskulitisch-rheumatologische Genese gedacht werden wie z. B. an eine Manifestation eines Lupus erythematodes. In den immunologischen Untersuchungen zeigten sich ein normwertiger ANA-Titer und fehlende ANCAs.

In den aus der Primärläsion gewonnenen Abstrichen waren gramlabile Stäbchen zu finden mit z. T. endständigen Sporen. Zur weiteren mikrobiologischen Diagnostik erfolgten bei entsprechend klinischem Verdacht im Referenzlabor des Robert-Koch-Instituts sowohl Untersuchungen auf Bacillus anthracis als auch auf Kuhpockenerreger (Orthopoxviren).


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Therapie und Verlauf

Bei initial bestehendem Verdacht auf eine kutane Anthrax-Infektion leiteten wir entsprechend den aktuellen RKI-Richtlinien eine Antibiose mit Penicillin 3 × 10 Mio IE i. v. ein.

Darunter zeigte sich keinerlei Besserung des Hautbefundes. Im weiteren stationären Verlauf auf der dermatologischen Station sahen wir eine rasch eintretende fulminante Allgemeinzustandsverschlechterung des Patienten mit nun auftretenden rezidivierenden Fieberschüben bis 40,0 °C und plötzlich disseminierter Aussaat neuer kutaner Herde ähnlich der Morphe der primären Läsion ([Abb. 2]).

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Abb. 2 Klinische Verschlechterung des Patienten im stationären Verlauf mit Fieber und disseminiert neu aufgetretenen livid-erythematösen Papeln am gesamten Integument.

Bei Nachweis von grampositiven Kokken mit Resistenzen u. a. gegenüber Penicillin in Abstrichen und Blutkulturen eskalierten wir entsprechend dem klinischen Zustand die Antibiose auf Ceftazidim und Vancomycin.

Zwischenzeitlich gingen die Befunde aus dem Referenzlabor ein, es ergab sich kein Nachweis von Bacillus anthracis und Orthopoxviren.

Nach einem nächtlichen Sturz initiierten wir eine CCT-Untersuchung, um mögliche intrakranielle Traumafolgen auszuschließen, und zusätzlich bei weiter bestehendem hohem Fieber unklarer Genese und Dignität zur weiteren Fokussuche eine CT-Thorax/Abdomen ([Abb. 3]). Hier zeigten sich nun multiple Rundherde in allen Lungenlappen, Leberlappen, in beiden Nieren sowie in der rechten Nebenniere. Ein kraniales CT war unauffällig.

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Abb. 3 Im CT multiple Rundherde in allen Leberlappen, beiden Nieren sowie multiple Lungenrundherde.

Zur weiteren Diagnoseklärung erfolgte eine erneute Biopsie zur histologischen Untersuchung von einer neuen entzündlichen Papel am linken Oberschenkel. Zusätzlich wurde ein Leberrundherd biopsiert.

Die histologische Aufarbeitung und immunhistochemischen Färbungen von beiden Präparaten zeigten jeweils ein auffälliges Infiltrat aus pathologisch vergrößerten CD20-positiven B-Lymphozyten. Diese exprimierten Mum1, CD30, ohne Expression von Bcl6 und CD10. Zusammenfassend handelte es sich in beiden Biopsien um eine Manifestation eines diffus großzelligen B-Zell-Lymphoms vom ABC-Subtyp an der Haut und in der Leber ([Abb. 4] und [Abb. 5]). Hierbei handelt es sich um ein systemisches B-Zell-Lymphom mit sekundärer Manifestation an der Haut. Die Histologie wurde in Zusammenarbeit mit dem Institut für Pathologie der Universitätsmedizin Greifswald bewertet.

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Abb. 4 Histologie der Hautbiopsie. a Deutlich sichtbarer Ephiteliotropismus (Follikelepithel). b Es zeigen sich große Lymphozyten mit hellem Zytoplasma und einzelne Mitosen. c Die Zellen sind kräftig CD20+.
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Abb. 5 Histologie der Leberbiopsie. a HE, Übersicht „verdrängendes“ lymphozytäres Infiltrat. b Giemsa. c Deutlich sichtbare CD20+-B-Lymphozyten. d Mum1 positiv. e Bcl6 negativ. f Ki-67 kräftig. g CD10 negativ. h FOXP1 equivocal.

Im weiteren Verlauf zeigte sich der Patient klinisch zunehmend verschlechtert mit hypoxämisch respiratorischer Insuffizienz, die eine nicht invasive Beatmung (NIV) notwendig machte. Bei rezidivierenden Fieberschüben über 39 °C unter eskalierter Antibiose mit nunmehr Meropenem, Linezolid und zusätzlich liposomalem Amphotericin B sowie persistierender NIV-Pflichtigkeit wurde der Patient auf eine Intensivstation verlegt. Dort war die nicht invasive Beatmung über insgesamt 11 Tage notwendig. Infektiologisch erfolgte hier ergänzend, noch in Unkenntnis des histologischen Ergebnisses der Biopsien, mittels Sputumdiagnostik und Quantiferon-Test erneut der Tuberkuloseausschluss. Auch eine parallel bestehende Pneumocystis jirovecii-Pneumonie bei aktuell bestehender respiratorisch hypoxämischer Insuffizienz wurde ausgeschlossen. Insgesamt ergab sich kein spezifischer Keimnachweis in Blutkulturen, Trachealsekret und Urin, weshalb die antimikrobielle Therapie im Verlauf nach Erhalt der histologischen Befunde komplett beendet wurde.

Im Rahmen des weiteren Stagings hinsichtlich des histologisch nachgewiesenen systemischen Lymphoms erfolgte eine Knochenmarkaspiration (KMA), in der eine Infiltration des Knochenmarks durch das diffus großzellige B-Zell-Lymphom ausgeschlossen werden konnte. Bei Stabilisierung des Patienten erfolgte noch auf der Intensivstation die Einleitung einer zytostatischen Therapie mit Vincristin und Prednisolon zunächst mit dem Ziel des Erreichens einer Remission. Nach ausreichender klinischer Besserung konnte der Patient auf eine periphere hämato-onkologische Station zur weiteren Therapie verlegt werden. Hier wurde die zytostatische Vorphase auf insgesamt 9 Tage ausgedehnt. Im weiteren Verlauf zeigte sich der Patient jedoch delirant und in stark reduziertem Allgemeinzustand. Bei weiter progredienter Verschlechterung wurden die zytostatischen Therapieansätze beendet. In Rücksprache mit der Ehefrau wurde die palliative Weiterbetreuung mit entsprechender Symptomlinderung besprochen. Im Beisein der Ehefrau verstarb der Patient nach 6-wöchigem Krankheitsverlauf.


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Diskussion

Das diffus großzellige B-Zell-Lymphom (DGBCL) ist per definitionem eine lymphatische Neoplasie der B-Zell-Reihe. Das diffus großzellige B-Zell-Lymphom ist die häufigste Neoplasie des lymphatischen Systems. Wichtige Subtypen sind das T-Zell/Histiozyten-reiche großzellige B-Zell-Lymphom, das primär kutane diffuse großzellige B-Zell-Lymphom der unteren Extremität („leg type“) und das Epstein-Barr-Virus-positive diffuse großzellige B-Zell-Lymphom des älteren Menschen.

DGBCL sind in 30 % nodalen Ursprungs, können jedoch auch von der Haut und anderen extranodalen Organen ausgehen, was der Erkrankungsgruppe ein klinisch sehr heterogenes Bild verleiht. Die kutane Manifestation erscheint häufig unspezifisch mit ekzematöser, lichenoider oder nodulärer Morphe. B-Zell-Lymphome im Speziellen zeigen sich vermehrt als indolente rote bis rotbraune Papeln und Knoten auf der Haut. Weitere kutane B-Zell-Lymphome umfassen das primär kutane Marginalzonen-B-Zell-Lymphom oder das intravaskuläre großzellige B-Zell-Lymphom. Lymphatische Neoplasien der B-Zellreihe sind mit 22 % wesentlich seltener als T-Zell-Lymphome (73 %) [3]. Nach der aktuellen WHO-Klassifikation aus dem Jahr 2016 bilden die reifen B-Zell-Lymphome eine große Gruppe an Tumorentitäten neben den Hodgkin-Lymphomen und der Gruppe der reifen T- und NK-Zell-Lymphomen [4]. Innerhalb der reifen B-Zell-Lymphome findet sich dann das DGBCL. Non-Hodgkin-Lymphome wie das Burkitt-Lymphom oder die Haarzellleukämie können mit EBV-Infektionen assoziiert sein. In diesem Fall war die EBV-Diagnostik kein Bestandteil der Differenzialdiagnostik, jedoch gibt es Fallbeschreibungen, in denen ein DGBCL bei einem EBV-positiven Patienten diagnostiziert wurde [1] [2]. Die Prognose des DGBCL bei klinischer Ausprägung mit einer kutanen Läsion ist überwiegend gut, während das Vorliegen von mehreren Läsionen mit einer weitaus schlechteren Prognose assoziiert ist. Histologisch kommt ein Infiltrat aus Zentroblasten und/oder Immunoblasten zur Darstellung. Durch Genexpressionsanalysen konnten in den letzten Jahren 2 Subgruppen identifiziert werden, was auch in der neuen WHO-Klassifikation berücksichtigt wurde: der ABC-Subtyp, wie in diesem Fall, vom aktivierten B-Zell-Typ (activated B-cell type) sowie das DGBCL vom keimzentrumszellähnlichen Typ (germinal-center B-cell like-Typ) [5]. Diese Spezifikation hat klinische Relevanz und prognostischen Wert, da der ABC-Subtyp über eine NF-KB-Deregulation eine schlechtere Prognose aufweist als das DGBCL vom Keimzentrumstyp [6]. Besonders sog. „double-expressor lymphoma“ mit Koexpression von Myc und BCL2 weisen eine schlechte Prognose auf [2]. Mittels immunhistochemischen Untersuchungen konnte in diesem Fall ein diffus großzelliges B-Zell-Lymphom vom ABC-Subtyp identifiziert werden, es zeigte sich das entsprechende Muster mit geringer Expression von CD10, Bcl6 und FOXP1 bei gleichzeitig starker Expression von BCL2 und Mum1 [7]. Die aktuelle WHO-Klassifikation beweist, dass die Mutationen inzwischen besser verstanden sind, jedoch die klinische Relevanz weiter untersucht werden muss [2].

Die Therapie des DGBCL ist ein aktueller Forschungsschwerpunkt. Klassisch erfolgt eine Chemotherapie als R-CHOP (Rituximab, Cyclophosphamid, Hydroxydaunomycin, Vincristin, Prednisolon) bzw. R-EPOCH (R-CHOP + Etoposid) unter ZNS-Prophylaxe (2 Zyklen intrathekales MTX 1,5 g/m2). Nach weiterer Subtypisierung mittels Fluoreszenz-In-Situ-Hybridisierung und Immunhistochemie sollten Patienten, wenn möglich, in klinische Studien eingeschlossen werden. Weitere Therapien wie die CART (Immuntherapie mit chimären Antigenrezeptor-T-Zellen) oder mit Checkpoint-Inhibitoren sind im Fokus als mögliche zukünftige Behandlungsoption für das DGBCL.


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Interessenkonflikt

Die Autorinnen/Autoren geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht.

  • Literatur

  • 1 Kanavaros P, Jiwa NM, de Bruin PC. et al. High incidence of EBV genome in CD30‐positive non‐Hodgkin's lymphomas. J Pathol 1992; 168: 307-315
  • 2 Alduaij A, Treaba DO, Winer ES. CD30-Positive EBV – Associated Diffuse Large B-Cell Lymphoma Occurring After Immunosuppressive Therapy for T-Cell Prolymphocytic Leukemia. Clin Lymphoma Myeloma Leuk 2011; 11: 64-67
  • 3 Stadler R, Assaf C, Klemke C-D. et al. S2k Kurzleitlinie – Kutane Lymphome. JDDG: Journal der Deutschen Dermatologischen Gesellschaft 2013; 11 (Suppl. 03) DOI: 10.1111/j.1610-0379.2012.08018.x. https://doi.org/10.1111/j.1610-0379.2012.8018_5.x
  • 4 Swerdlow SH, Campo E, Pileri SA. et al. The 2016 revision of the World Health Organization classification of lymphoid neoplasms. Blood 2016; 127: 2375-2390
  • 5 Stein H, Hummel M, Jöhrens K. et al. Klassifikation und Pathogenese der malignen Lymphome. Internist 2007; 48: 351-361
  • 6 Alizadeh AA, Eisen MB, Davis RE. et al. Distinct types of diffuse large B-cell lymphoma identified by gene expression profiling. Nature 2000; 403: 503-511
  • 7 Visco C, Li Y, Xu-Monette ZY. et al. Comprehensive gene expression profiling and immunohistochemical studies support application of immunophenotypic algorithm for molecular subtype classification in diffuse large B-cell lymphoma: a report from the International DLBCL Rituximab-CHOP Consortium Program Study. Leukemia 2012; 26: 2103-2113

Korrespondenzadresse

Dr. med. Wolfgang Konschake
Klinik und Poliklinik für Haut- und Geschlechtskrankheiten
Universitätsmedizin Greifswald
Ferdinand-Sauerbruchstraße
17475 Greifswald

  • Literatur

  • 1 Kanavaros P, Jiwa NM, de Bruin PC. et al. High incidence of EBV genome in CD30‐positive non‐Hodgkin's lymphomas. J Pathol 1992; 168: 307-315
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  • 7 Visco C, Li Y, Xu-Monette ZY. et al. Comprehensive gene expression profiling and immunohistochemical studies support application of immunophenotypic algorithm for molecular subtype classification in diffuse large B-cell lymphoma: a report from the International DLBCL Rituximab-CHOP Consortium Program Study. Leukemia 2012; 26: 2103-2113

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Abb. 1 Lokalbefund von Aufnahme mit einer an der Stirn ca. 3,5 cm messenden ulzerierten Plaque mit festsitzender schwarzer Nekrose und erhabenem livid-erythematösen Randwall.
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Abb. 2 Klinische Verschlechterung des Patienten im stationären Verlauf mit Fieber und disseminiert neu aufgetretenen livid-erythematösen Papeln am gesamten Integument.
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Abb. 3 Im CT multiple Rundherde in allen Leberlappen, beiden Nieren sowie multiple Lungenrundherde.
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Abb. 4 Histologie der Hautbiopsie. a Deutlich sichtbarer Ephiteliotropismus (Follikelepithel). b Es zeigen sich große Lymphozyten mit hellem Zytoplasma und einzelne Mitosen. c Die Zellen sind kräftig CD20+.
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Abb. 5 Histologie der Leberbiopsie. a HE, Übersicht „verdrängendes“ lymphozytäres Infiltrat. b Giemsa. c Deutlich sichtbare CD20+-B-Lymphozyten. d Mum1 positiv. e Bcl6 negativ. f Ki-67 kräftig. g CD10 negativ. h FOXP1 equivocal.