Ein 5 Monate alter Araberhengst wurde aufgrund einer Lahmheit der rechten Hintergliedmaße
vorgestellt. Die Lahmheit wurde vor ca. 6 Wochen erstmals beobachtet und zeigte sich
intermittierend.
Im Rahmen der klinischen Untersuchung zeigte sich eine deutlich geringgradige Stützbeinlahmheit
der rechten Hintergliedmaße und die Tendenz einer lateralen Fußung. Die Zehenbeugeprobe
des rechten Hinterbeines fiel positiv aus. Da der Hengst teilweise wenig kooperativ
war, wurde eine latero-mediale Röntgenaufnahme der rechten Hinterzehe angefertigt
([Abb. 1]).
Abb. 1 Latero-mediale röntgenologische Aufnahme der rechten Hinterzehe bei einem 5 Monate
alten Araberhengst.(© Klinik für Pferde, Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover)
→ Die Lösung finden Sie auf S. 150.
Die röntgenologische Aufnahme der rechten Hinterzehe des Araberhengsts zeigt einen
ovalen radioluzenten Bereich im subchondralen Knochen des distalen Fesselbeines ([Abb. 2]). Die ergänzende zweite Aufnahmerichtung ([Abb. 3]) zeigt die Lokalisation des radioluzenten Bereiches in der medialen Trochlea des
Fesselbeines mit einer kleinen Einziehung der Gelenkoberfläche an dieser Lokalisation.
Der radioluzente Bereich ist von einem radiodensem Saum umgeben.
Abb. 2 Latero-mediale röntgenologische Aufnahme der rechten Hinterzehe bei einem 5 Monate
alten Araberhengst. Die Epiphysenfuge im proximalen Fesselbein und im distalen Röhrbein
sind deutlich zu erkennen und aufgrund des Alters des Patienten normal. Kreis: ovaler,
radioluzenter Bereich im distalen Fesselbein mit geringgradig sklerotischem Saum.
Abb. 3 Dorso-plantare röntgenologische Aufnahme der rechten Hinterzehe. Kreis: ovaler, radioluzenter
Bereich in der medialen Trochlea des Fesselbeines mit ggr. sklerotischem Saum. Eine
Einziehung der Gelenkoberfläche zentral im Bereich des radioluzenten Bereiches ist
erkennbar. Pfeil: Einziehung der lateralen Hufwand. Halbweit-halbenge Hufform.
Röntgenologische Diagnose
Erläuterung
Knochenzysten im distalen Anteil des Fesselbeins oder im proximalen Aspekt des Kronbeins
können als Zufallsbefund auftreten, können jedoch auch Lahmheitsursache sein. In einer
Studie mit 321 Fohlen, die in einem Alter zwischen 6 und 18 Monaten röntgenologisch
untersucht wurden, wurde eine Knochenzyste in der Zehe bei 6,2% der untersuchten Pferde
festgestellt. Dabei war die Häufigkeit dieses Befunds zwischen den untersuchten Rassen
(Warmblüter, Vollblüter und Traber) ähnlich verteilt. Die meisten zystenähnlichen
Läsionen waren, wie im vorliegenden Fall, im distalen Anteil des Fesselbeines der
Hintergliedmaße lokalisiert und lagen unilateral vor. Von den 15 diagnostizierten
Zysten der zitierten Studie, die im Alter von 6 Monaten festgestellt wurden, wurden
6 im Alter von 18 Monaten nicht mehr diagnostiziert und weitere 4 zeigten eine röntgenologische
Verbesserung. Keine der zystoiden Läsionen zeigte eine röntgenologische Verschlechterung.
Im vorliegenden Fall ist eine Einziehung der Gelenkfläche des Krongelenks zu erkennen.
Dieser Befund lässt vermuten, dass eine Verbindung zwischen dem Gelenkspalt und der
zystenähnlichen Läsion besteht. Zudem ist eine deutliche Umformung der Hufkapsel eingetreten
([Abb. 3], Pfeil). Dieser Prozess ist vermutlich auf die veränderte Belastung der Zehe zurückzuführen,
was den Verdacht erhärtet, dass die hier vorliegende subchondrale Knochenzyste sehr
wahrscheinlich die Ursache der intermittierenden Lahmheit dieser Gliedmaße darstellt.
Die laterale Hufwand wurde mehr belastet, um den schmerzhaften Prozess im medialen
Bereich des Krongelenks zu entlasten. Diese Mehrbelastung hat zu einer steileren lateralen
Hufwand und infolgedessen zu einem halbweit-halbengen Huf geführt. Dennoch sollte
zur Absicherung dieser Verdachtsdiagnose eine Leitungsanästhesie durchgeführt werden,
bevor ein Therapieplan erstellt wird.
Therapie
Für die Behandlung von subchondralen Knochenzysten stehen verschiedene konservative
als auch chirurgische Therapiemöglichkeiten zur Auswahl.