Früherkennung und Prävention der Alzheimer-Demenz
Die geburtenstarken Jahrgänge haben begonnen, ins Rentenalter einzutreten. Dies wird
innerhalb der nächsten beiden Jahrzehnte zu einer drastischen Zunahme der altersassoziierten
Erkrankungen und zu einer Verdoppelung der Anzahl der Demenzpatienten führen. Da aller
Wahrscheinlichkeit nach so schnell keine krankheitsmodifizierende Therapie der Alzheimer-Demenz
zur Verfügung stehen wird, kommt der Krankheitsfrüherkennung und der Prävention entscheidende
Bedeutung zu – zur Verhütung und Milderung einer sehr großen Zahl von individuellen
Krankheitsschicksalen mit weitreichenden Auswirkungen auf Gesundheitswesen, Altenfürsorge
und die gesamte Gesellschaft.
Eine Früherkennung der Alzheimer-Krankheit, die Feststellung der zugrunde liegenden
neurobiologischen Prozesse bereits vor der Entwicklung eines Demenz-Syndroms, ist
bei vielen Personen mit hoher Sensitivität und Spezifität möglich. Auf dieser Grundlage
können intensive, individuell angepasste sekundärpräventive Maßnahmen veranlasst werden,
um die Manifestation und der Verlauf der Demenz zu verzögern, sodass für die Betroffenen
Zeit mit guter geistiger Leistungsfähigkeit gewonnen werden kann.
Die Artikel dieses Heftes, die einen Bogen von ersten subjektiv wahrgenommenen Zeichen
einer beginnenden Alzheimer-Demenz zu präventiv wirksamen Maßnahmen schlagen, stammen
aus den Vorträgen von zwei Symposien auf dem XIV. Kongress der Deutschen Gesellschaft
für Gerontopsychiatrie und -psychotherapie (DGGPP) im Mai diesen Jahres in Essen.
Den Referenten der beiden Symposien und meinen Mitarbeiterinnen bin ich für die Abfassung
ihrer Beiträge verbunden.
Noch bevor Einschränkungen des Gedächtnisses objektiv fassbar sind, stellen viele
Erkrankte bei sich selbst schon Veränderungen fest. Im weiteren Krankheitsverlauf
kommt es dann zu Leistungsdefiziten, die mit neuropsychologischen Tests objektiviert
werden können. Zu diesem Zeitpunkt werden dann häufig bildgebende und neurochemische
Untersuchungen angestellt, die bei der Alzheimer-Demenz charakteristische Befunde
liefern. Eine Weiterentwicklung derartiger Untersuchungen besteht in Bluttests, die
schon vor dem Auftreten objektivierbarer kognitiver Einschränkungen Hinweise für das
Vorliegen einer β-Amyloid-Pathologie geben können. Da sich daraus noch keine therapeutische
Konsequenz in Form einer krankheitsmodifizierenden Therapie der Alzheimer-Krankheit
ergibt, muss die Bedeutung und Interpretation dieser Befunde sorgfältig untersucht
und kritisch bewertet werden.
Präventionsmaßnahmen für die Alzheimer-Demenz setzen zumeist an bekannten beeinflussbaren
Risikofaktoren an. Medizinische Risikofaktoren wie Diabetes mellitus, arterielle Hypertonie,
Hypercholesterinämie oder Hyperhomozysteinämie werden bei älteren Erwachsenen, die
sich in erhöhtem Risiko für die Entwicklung einer Alzheimer-Demenz befinden, häufig
festgestellt und können für gezielte Präventionsmaßnahmen genutzt werden. Auch verschiedene
Merkmale des Lebensstils eröffnen wirksame Ansätze zur Demenzprävention. Dies gilt
insbesondere für körperliche Aktivierung und kognitives Training.
In den vergangenen Jahren wurden bereits ermutigende erste Ergebnisse von Präventionsstudien
vorgelegt. Bei Personen in erhöhtem Risiko für die Entwicklung einer Alzheimer-Demenz
kann das Nachlassen der geistigen Leistungsfähigkeit und die Entwicklung eines Demenz-Syndroms
durch gezielte medizinische Maßnahmen, insbesondere durch die Behandlung von Gefäßrisikofaktoren,
und durch Veränderungen des Lebensstils im Sinne einer körperlichen, kognitiven und
sozialen Aktivierung verzögert werden. Die weitere Entwicklung scheint dahin zu gehen,
dass für die Alzheimer-Prävention allgemeine und allgemein-plausible Ratschläge zunehmend
durch spezifischere, individuell zugeschnittene Empfehlungen ergänzt werden können,
angepasst an Biografie, Krankheitsvorgeschichte und Risikofaktorenprofil.