Gefäßanomalien werden gemäss der ISSVA (International Society for the Study of Vascular
Anomalies) -Klassifikation seit 1982 in Tumoren und Malformationen unterteilt. Diese
Unterteilung basiert auf dem biologischen und klinischen Verhalten dieser Anomalien.
Im Laufe der Zeit wurde diese Klassifikation weiter verfeinert und weitere Gefäßerkrankungen
mit unterschiedlicher Komplexität wurden hinzugefügt. Vaskuläre Malformationen werden
weiter unterteilt in: Einfache Malformationen, in Kombination mit anderen Malformationen,
vaskuläre Malformationen benannt nach großen Gefäßen sowie in Kombination mit anderen
Gefäßanomalien. Die einfachen Gefäßmalformationen können zudem in „Low Flow“- und
„High Flow“-Malformationen unterteilt werden. Die korrekte Verwendung dieser Klassifikation
ist essenziell für das Management dieser Patienten. Entsprechend hat der Radiologe
in der Diagnostik der Gefäßanomalien eine wichtige Rolle und beeinflusst die weitere
Therapie entscheidend.
Die hier besprochenen lymphatischen Malformationen sind kongenitale, gutartige Erkrankungen
der Lymphgefäße. Sie gehören zur Gruppe der „Low Flow“-vaskulären Malformationen und
imponieren klinisch als weiche, nicht pulsierende Masse mit einer normalen, darüber
liegenden Haut. Eine lymphatische Malformation besteht aus malformierten lymphatischen
Gefäßen, welche aufgrund eines Defekts während der embryonalen Lymphangiogenese entstehen.
Mehrere Gene wurden beschrieben, welche die Entwicklung der Lymphgefäße beeinflussen.
Die dilatierten Gänge oder Zysten sind mit einer proteinreichen Flüssigkeit gefüllt
und haben keine Verbindung zum normalen Lymphsystem. Normalerweise sind die lymphatischen
Malformationen entweder unmittelbar nach der Geburt erkennbar oder werden in den ersten
2 Lebensjahren manifest. 48 % kommen im Bereich Kopf und Hals vor, 42 % am Torso und
10 % intrathorakal oder intraabdominal.
Lymphatische Malformationen können weiter in makrozystische und mikrozystische Läsionen
unterteilt werden. Die Unterscheidung bleibt in der Literatur etwas vage. Sinn macht
wohl die Unterteilung, ob Zysten im Ultraschall erkennbar sind (Makrozysten) oder
eben lediglich eine „solide“ Läsion abgrenzbar ist (Mikrozysten). Diese Einteilung
hat letztendlich eine Konsequenz bezüglich Therapie sowie auch auf das langfristige
Ergebnis.
Lymphatische Malformationen kommen solitär oder multifokal vor und wachsen generell
langsam mit dem Patienten – eine spontane Involution kommt selten vor. In einigen
Fällen wachsen lymphatische Malformationen sehr rasch und komprimieren je nach Lokalisation
wichtige Strukturen, wie z. B. Luftwege oder den Augennerv im Falle eines orbitalen
Befalls. Meistens sind Haut und Muskel von der Malformation betroffen, selten auch
Knochen, der Gastrointestinaltrakt oder die Lungen. Intraläsionale Blutungen oder
Infektionen können bei lymphatischen Malformationen akut auftreten, welche zu einer
massiven Schwellung beitragen können oder aber auch zu einem hämodynamisch relevanten
Hämoglobin-Abfall.
Die Bildmodalität der Wahl für zystische lymphatische Malformationen sind die Sonografie
und die Magnetresonanztomografie (MRT), welche gewöhnlich vor Therapiebeginn durchgeführt
werden. Die MRT stellt die Gesamtausdehnung der Malformation besser dar, insbesondere
bei sehr tiefen, großen und komplexen Läsionen. Die Sonografie hingegen gibt sehr
wichtige Hinweise bezüglich Strategie der Therapie. Zystische lymphatische Malformationen
sind hypointens in T1 und hyperintens in T2 (aufgrund des hohen Flüssigkeitsgehalts).
Makrozysten zeigen ein Enhancement der Septen, mikrozystische lymphatische Malformationen
hingegen zeigen häufig ein nur flaues, inhomogenes Enhancement. Flüssigkeit-Spiegel
entstehen aufgrund Einblutungen in die Zysten. Eine Kontrast-Lymphangiografie (z. B.
intranodale MR-Lymphangiografie) ist für zystische lymphatische Malformationen nicht
notwendig. Hingegen ist die intranodale Kontrast-Lymphangiografie bei bestimmten lymphatischen
Malformationen mit abnormalen Lymphbahnen und Lymphlecks des Ductus thoracicus und
bei Patienten mit chylösem Aszites oder Chylothorax sehr hilfreich.
Wiederkehrende Schwellungen, Schmerzen, Infektionen, funktionelle Einschränkungen
und Einblutungen sind Indikationen für die Behandlung von zystischen lymphatischen
Malformationen. Insbesondere auch bei Kindern im Schulalter ist die Ästhetik ein wichtiger
Grund, eine lymphatische Malformation zu behandeln. Trotz der hohen Rate von Rezidiven
(25–52 %) und Komplikationen (12,5–44 %) ist die chirurgische Exzision historisch
gesehen die Therapie der Wahl der lymphatischen Malformationen. Eine wesentlich weniger
invasive Therapieform ist die bildgesteuerte Sklerotherapie sowie die medikamentöse
Therapie mit Rapamycin (hier nicht diskutiert). Der Vorteil der minimalinvasiven Sklerotherapie
beinhaltet ein geringeres Risiko von Nerven- oder Gefäßschädigungen insbesondere an
anatomisch schwierigen Lokalisationen (wie Hals), eine raschere Erholung nach dem
Eingriff und insbesondere auch keine Hinterlassung von chirurgischen Narben. Bei makrozystischen
lymphatischen Malformationen kann die Sklerotherapie kurativ sein, und mindestens
90 % der Patienten zeigen eine signifikante Verbesserung der Ästhetik sowie der Symptome.
Mikrozystische lymphatische Malformationen hingegen sind mittels Sklerotherapie schwieriger
zu behandeln, aber auch da bietet die minimalinvasive Therapie eine gewisse Größenreduktion
der Läsion.
Als Sklerosierungsmittel kommt hauptsächlich Sodium Tetradecyl Sulfat (STS), Doxycyclin,
Bleomycin und Ethanol zur Anwendung oder eine Kombination derselbigen. Bei größeren
Zysten (> 5 cm) können Drains eingelegt werden, um die Sklerotherapie am Folgetag
zu wiederholen. Die Wahl und Dosis des Sklerosierungsmittels hängt ab von der anatomischen
Lokalisation der lymphatischen Malformation sowie vom Volumen der Zysten. Nach der
Therapie ist eine Schwellung der Läsion zu erwarten, Schmerzen sind eher unüblich.
Gelegentlich können Einblutungen vorkommen, Hautblasen sind selten. Bei größeren Zysten
ist eine Wiederholung der Therapie nach ca. 2 Monaten zu empfehlen.
Die intranodale MR-Lymphangiografie (MRL) zur dynamischen Darstellung der Lymphgefäße
hat in den letzten Jahren erneut zunehmend an Bedeutung gewonnen. Arbeiten von Itkin
et al. haben gezeigt, dass die MRL die Prognose eines Patienten mit einem kongenitalen
oder postoperativen Chylothorax voraussagen kann. Dazu wird inguinal jeweils ein Lymphknoten
mittels einer Nadel angestochen und fixiert. Danach wird der Patient in das MRT transferiert
und es werden initial native Sequenzen akquiriert. Danach wird das Kontrastmittel
(Gadolinium, 1:2 verdünnt) langsam über die Lymphknoten gespritzt (max. 0,5 ml/min)
und es werden zusätzliche, dynamische Sequenzen akquiriert. Gewisse Patienten können
dann von einer Embolisation des Ductus thoracicus profitieren. Der Zugang dazu erfolgt
in der Regel über die Cysterna chyli antegrad oder retrograd über die V. subclavia
oder als Direktpunktion des Ductus thoracicus.