Aktuelle Rheumatologie 2021; 46(05): 457-464
DOI: 10.1055/a-0885-9314
Übersicht

Rheumatologie und Hepatologie: Diagnostik und Therapie von autoimmunen Lebererkrankungen

Rheumatology and hepatology: Diagnosis and treatment of autoimmune liver diseases
Alexander Zipprich
1   First Department of Internal Medicine, Martin-Luther-University, Halle
› Author Affiliations
 

Zusammenfassung

Unter autoimmunen Lebererkrankungen werden im klassischen Sinne 3 verschiedene Entitäten, die Autoimmune Hepatitis (AIH), die Primär biliäre Cholangitis (PBC) und die Primär sklerosierende Cholangitis (PSC) verstanden. Der nachfolgende Übersichtartikel fokusiert auf die Diagnostik und die Therapie dieser 3 autoimmunen Lebererkrankungen und gibt eine Übersicht zu möglichen zusätzlich assoziierten Autoimmunerkrankungen.


Abstract

Autoimmune liver diseases include 3 different entities, i. e. autoimmune hepatitis, primary biliary cholangitis, and primary sclerosing cholangitis. This review focuses on the diagnostic and therapeutic options of autoimmune liver diseases and provides an overview of related autoimmune disorders.


Einleitung und Inzidenzen

Unter autoimmunen Lebererkrankungen werden im klassischen Sinne 3 verschiedene Entitäten, die Autoimmune Hepatitis (AIH), die Primär biliäre Cholangitis (PBC) und die Primär sklerosierende Cholangitis (PSC) verstanden. Gemeinsam ist allen 3 Erkrankungen, dass sie eine chronischen Verlauf haben und im Endstadium zu einer Zirrhose mit den entsprechenden Komplikationen, wie Aszites und Ösophagusvarizenblutung, fortschreiten können. Eine rechtzeitige Diagnosestellung und eine entsprechende Therapie ist daher unabdingbar, um das Fortschreiten der Erkrankung zu verhindern.

Die jährliche Inzidenzen pro 100 000 Einwohner der Erkrankungen betragen 1,9 für die AIH, 1,6 für die PBC und 1,3 für die PSC [1] [2]. Die Prävalenz von AIH (16,9/100 000) und PBC (14,6/100 000) sind etwa doppelt so hoch im Vergleich zur PSC (8,5/100 000) [1] [2]. Die Daten beruhen auf einer nordeuropäischen Studie. Es wird angenommen, dass die Inzidenzen und Prävalenzen in Mitteleuropa vergleichbar sind. Die wesentlichen Charakteristika der einzelnen Erkrankungen sind vergleichend in [Tab. 1] wiedergeben.

Tab. 1 Vergleichende Darstellung der wichtigsten Merkmale der autoimmunen Lebererkrankungen (hervorgehoben sind die markanten Merkmale).

Autoimmune Hepatitis

Primär biliäre Cholangitis

Primär sklerosierende Cholangitis

Charkterisierung

Chronische Lebererkrankung mit histologischer interface Hepatitis

Chronisch inflammatorische autoimmune cholestatische Lebererkrankung

chronische, cholestatische Lebererkrankung mit inflammatorischer und fibrotischer Affektion der Gallengänge

Frauen betroffen

60%

90%

40%

Auftreten in Kindheit

+

+

HLA B8, DR3 oder DR4

+++

(+)

+

Assoziation zu CED

(+)

(+)

+++

Dominates Immunglobulin

IgG

IgM

(IgG)

Veränderung der Gallenwege

+++

Autoantikörper

ANA, LKM-1, SMA

AMA

(pANCA)

Standardtherapie

Prednisolon, Azathioprin

Ursodesoxycholsäure

Dilatation Gallengangstenosen

Im Folgenden fokusiert die Übersichtarbeit auf die Diagnostik und die therapeutischen Optionen, wobei die einzelnen Entitäten separat behandelt werden.


Diagnostik

Autoimmune Hepatitis

Die klinischen Symptome der Autoimmunen Hepatitis sind häufig unspezifisch [3]. Diese unspezifischen Symptome beinhalten im Wesentlichen Fatigue und Arthralgien. Falls zur Diagnosestellung bereits eine Leberzirrhose vorliegt, können entsprechende klinische Zeichen zusätzlich vorhanden sein. Dazu zählen Leberhautzeichen, Ikterus, Zeichen der hepatischen Enzephalopathie mit Desorientiertheit oder Verwirrtheit und Aszites. Eine Zirrhose liegt etwa bei einem Drittel der Patienten zur Diagnosestellung vor. Etwa ein Viertel der Autoimmunen Hepatitiden verlaufen zur Diagnosestellung als akute Hepatitis [4] [5].

Laborchemisch zeigen sich in erster Linie eine Erhöhung der Aspartat-Aminotransferase (ASAT) und der Alanin-Aminotransferase (ALAT) als Ausdruck des Vorliegens einer Hepatitis [6]. Die Erhöhung des Immunglobulin G (IgG) ohne gleichzeitiges Vorhandensein einer Zirrhose ist eine Wesentlicher und sensitiver Marker in der Diagnostik der AIH [7] [8]. Die Autoantikörperdiagnostik ist der zweite wesentliche Bestandteil der Diagnosestellung bei Patienten mit Autoimmuner Hepatitis und definiert die 2 Haupttypen: AIH 1 (90% aller AIH) und AIH 2 (10% aller AIH). Antinukleäre Antiköper (ANA; etwa 75% bei AIH 1), Antikörper gegen glatte Muskeln (anti-smooth muscle Antikörper; SMA; etwa 75% bei AIH 1), Antikörper gegen Leber-Niere-Mikrosomen (Anti-LKM-1; etwa 65% bei AIH 2), Antikörper gegen Leber-Cysosol- Protein 1 (anti-LC1; etwa 50% bei AIH 2) und Antikörper gegen lösliches Leberantigen (anti-SLA; etwa 30% bei AIH) sind in unterschiedlichen Kombinationen in der Diagnosestellung der AIH vorhanden [3]. Der einzige krankheitsspezifische Antikörper ist der Anti-SL-Antikörper [3]. Allerdings sind weder die laborchemischen Veränderungen noch die Antikörperveränderungen beweisend für eine AIH. Zur Diagnosestellung ist daher weiterhin eine histologische Untersuchung notwendig und empfohlen [7] [9]. Zu den histologischen Veränderungen bei der Autoimmunen Hepatitis zählen u. a. eine Interface-Hepatitis, Rosettenbildung, Emperipolese, panazinäre Entzündung, plasmazellreiches Infiltrat, Degeneration von Hepatozyten mit Nekrosen und Regenerationsphänomene [10] [11]. Die Interface-Hepatitis ist ein Kernkriterium der histologischen Veränderungen bei AIH und typischerweise nachweisbar. Es finden sich lymphozytäre oder lymphoplasmazelluläre Infiltrate in den Portalfeldern, mit Übergreifen auf die Läppchen, ballonierte Hepatozyten und bzw. oder pyknotische Einzellnekrosen. Die panazinäre Entzündung bzw. Hepatitis ist typischerweise bei einem akuten Ausbruch einer AIH oder bei einem Rezidiv der AIH nach Absetzen der immunsupressiven Therapie vorhanden. Im revidierten Diagnosescore der IAIHG (International Autoimmune Hepatitis Group) werden für die histologischen Veränderungen Interface-Hepatitis, Plasmazellen und Rosettenbildung drei Punkte vergeben, bei Fehlen der Veränderungen bzw. bei Gallengangsveränderungen werden 5 bzw. 3 Punkte abgezogen [9]. In dem vereinfachten AIH-Score werden die histologischen Veränderungen nur als AIH-typisch bei gleichzeitigem Vorhandensein von Interface-Hepatitis, Emperipolese und Rosettenblidung gewertet, histologische Veränderungen mit lymphozytärem Infiltrat im Sinne einer chronischen Hepatitis wird als vereinbar mit AIH gewertet [7]. Alle anderen histologischen Veränderungen werden als atypische Veränderungen bewertet. Tatsächlich sind alle diese histologischen Veränderungen nicht spezifisch und auch bei anderen entzündlichen Lebererkrankungen, wie medikamentöser Schädigung (DILI- Drug induced liver injury) oder viraler Hepatitis vorhanden [3].

In der Zusammenschau kann die Diagnose der Autoimmunen Hepatits nur in Kombination aus klinischen, laborchemischen (inklusive Autoantikörpern) und histologischen Veränderungen gestellt werden. Zur Vereinfachung der Diagnosestellung sind daher Scoringsysteme etabliert worden. Diese können die Diagnosestellung unterstützen, wobei die Sensitivität und Spezifität der beiden etablierten Scoresysteme vergleichbar sind. Insbesondere der vereinfachte AIH-score (simplified AIH-score) kann in der Praxis die Diagnosestellung unterstützen, da einige wenige Parameter einfließen ([Tab. 2]) [7]. Der weiterhin existierende IAHG–Score ([Tab. 2]) ist demgegenüber deutlich aufwendiger und in der Praxis schlecht anwendbar [9]. Die Sensitivität und Spezifität beider Scoresysteme ist im Wesentlichen vergleichbar [12].

Tab. 2 Gegenüberstellung der beiden etablierten Scoringsysteme der AIH.

Score der Internationalen Autoimmunen Hepatitis Gruppe [9]

Verkürzter AIH-Diagnose-Score [44]

Variable

Punkte

Variable und cut-off

Punkte

Geschlecht weiblich

+2

ANA oder SMA ≥1:401

1

AP:ASAT Ratio

ANA oder SMA ≥1:801

2

▪ > 3

−2

▪ > 1,5

+2

y-Globulin oder IgG über Normwert

oder LKM ≥1:401

▪ > 2-fach

+3

▪ 1,5 bis 2-fach

+2

▪ 1 bis 1,5-fach

+1

Autoantikörper (ANA, SMA oder LKM1)

oder SLA/LP positiv1

▪ > 1:80

+3

▪ 1:80

+2

▪ 1:40

+1

▪ < 1:40

0

AMA>1:40

−4

IgG

▪ > Normwert

1

▪ > 1,1x Normwert

2

Virale Hepatitis (HBsAG, anti-HCV)

Leberhistologie : passend zu AIH

▪ positiv

−3

▪ AIH-typisch

1

▪ negativ

+3

2

Medikamentenanamnese

Ausschluss einer viralen Hepatitis

2

▪ positiv

−4

▪ negativ

+1

Alkoholkonsum

▪ < 25 g/d

+2

▪ > 60 g/d

−2

Andere Autoantikörper (Anti-

+2

SLA/LP, LC1, Actin, pANCA)

HLA-DR3 oder –DR4

+1

Andere

Autoimmunerkrankungen (Patient oder Familie)

+2

Leberhistologie

▪ Interface-Hepatitis

+3

▪ Lymphoplasmazelluläres

+1

Infiltrat

▪ Rosetten

+1

▪ keine der obrigen Veränderungen

−5

: Gallengangveränderungen

−3

▪ Andere Veränderungen

−3

Therapieerfolg:

▪ vollständig

+2

▪ Rezidiv nach Absetzen

+3

Diagnose einer AIH

Diagnose einer AIH

▪ definitive AIH

>15

▪ definitive AIH

≥7

▪ wahrscheinliche AIH

10–15

▪ wahrscheinliche AIH

≥6

Nach Therapie

▪ definitive AIH

>17

▪ wahrscheinliche AIH

12–17

1maximale Punktzahl für alle Antikörper: 2

Eine Reihe von immunvermittelten Erkrankungen zeigen eine Assoziation zur AIH. Bei etwa 20% der Patienten mit AIH besteht gleichzeitig eine Autoimmunthyreoidits ([Tab. 3]), sodass bei Erstdiagnose einer AIH die Bestimmung des TSH empfohlen wird [12]. Weiterhin ist das Risiko einer gleichzeitigen Erkrankung an einer Rheumatoiden Arthritis, eines systemischen Lupus erythematodes oder eines Sjögren-Syndrom im Vergleich zur Normalbevölkerung bei Patienten mit AIH erhöht. Beispielsweise weisen ein Drittel der Patienten mit einer AIH gleichzeitig Antikörper gegen dsDNA auf ([Tab. 3]) [13]. Insgesamt leiden etwa 30–40% der Patienten mit AIH an Arthralgien, eine Auflistung entsprechender assoziierter Erkrankungen ist in [Tab. 3] aufgelistet.

Tab. 3 Mit der Autoimmunhepatitis assoziiert Erkrankungen mit den entsprechenden Häufigkeiten (aus (12) ).

Erkrankung

Häufigkeit (in Prozent)

Autoimmun-Thyreoiditis (Hashimoto)

10–23

Colitis ulcerosa

1–8

Rheumatoide Arthritis

2–8

Sjögren-Syndrom

1–15

Zöliakie

1–2

Systemische Lupus erythematodes

1–13

Diabetes mellitus Typ 1

1–9

Multiple Sklerose

1

Polymyalgia rheumatica

1

Vitiligo

2

Primär biliäre Cholangitis

4–14

Primär sklerosierende Cholangitis

2–8

Mixed connective tissue disease

2,5

Psoriasis

3

Autoimmun-hämolytische Anämie

Fallberichte

Idiopathische thrombozytopenische Purpura

Fallberichte

Perniziöse Anämie

Fallberichte

Progressive Systemsklerose

Fallberichte

Leukozytoklastische Vaskulitis

Fallberichte

Glomerulonephritis

Fallberichte

Perikarditis und Myokarditis

Fallberichte

Febrile Pannikulitis

Fallberichte

Lichen ruber

Fallberichte

Uveitis

Fallberichte

Behcet

Fallberichte

Fibrosierende Alveolitis

Fallberichte

Alopezia areata

Fallberichte

Nageldystrophie

Fallberichte

Pyoderma gangraenosum

Fallberichte

Mononeuritis multiplex

Fallberichte


Primär billiäre Cholangitis

Die klinischen Symptome der primär biliären Cholangitis (PBC) sind Fatigue, Pruritus und Ikterus [14]. Weiterhin wird bei Patienten mit PBC häufiger eine Sicca-Symptomatik diagnostiziert [15] [16]. Allerdings sind die meisten Patienten asymptomatisch und fallen durch Veränderungen der laborchemischen Parameter auf. Klassischerweise betreffen die laborchemischen Veränderungen die y-Glutamyltranspeptidase (y-GT) und die alkalische Phosphatase (AP) [12]. Zudem werden häufig erhöhte Werte der Immunglobulin M gemessen. Als Grenzwerte zum Start eines diagnostischen Abklärung werden im Allgemeinen eine Erhöhung der AP mehr als 1,5-fach und der y-GT größer als 3-fach empfohlen. Die Diagnose wird im Wesentlichen durch die Bestimmung der Autoantikörper gestellt. Dabei nimmt die Bestimmung der antimitochondralen Antikörper (AMA) mit einer Sensitvität von mehr als 95% eine Sonderstellung ein [17]. Weitere positive Autoantikörper bei PBC sind Antikörper gegen das lösliche Kernkörperchenprotein Sp100 (Anti-Sp 100) und Antikörper gegen das nukleäre Glykoprotein 210 (anti-Gp210), allerdings mit deutlich niedriger Sensitivität [18]. Bei Vorliegen einer klassischen Kombination aus Klinik, laborchemischen und Antikörperveränderungen ist eine histologische Untersuchung für die Diagnosestellung verzichtbar [12].

Die zahlreichen Differenzialdiagnosen der PBC sind in [Tab. 4] zusammengefasst. Als eine der ersten Maßnahmen sollte im Rahmen der differenzialdiagnostischen Abklärung eine Ultraschalluntersuchung zum Ausschluß einer extrahepatischen Cholestase durchgeführt werden [12].

Tab. 4 Differenzialdiagnosen der intrahepatischen und extrahepatischen Cholestase bei Erwachsenen (adaptiert nach (14)).

Hepatozelluläre Cholestase

Cholangiozelluläre/biliäre Cholestase

Alkoholische Steatohepatitis

Primär biliäre Cholangitis

Nicht-alkoholische Steatohepatitis

Primär sklerosierende Cholangitis

Amyloidose

IgG4-assoziierte Cholangitis

Sarkoidose

Sekundär sklerosierende Cholangitis (z. B. Choledocholithiasis, Schock, Polytrauma, Vaskulitis, AIDS)

Medikamentös-toxische Schädigung (DILI)

Mukoviszidose

Genetische Erkrankungen (z. B. Benigne rekurrente intrahepatische Cholestase Typ 1–3; Progressiv familiäre intrahepatische Cholestase Typ 1–3)

Medikamentös-toxische Schädigung (DILI)

Maligne Infiltration

Von Meyenburg-Komplex

Noduläre regenerative Hyperplasie

Caroli-Syndrom

Paraneoplastisch (z. B. Hodgkin Lymphom)

Graft-versus-Host Abstoßung

Sepsis

Idiopathische Ductopenie

Budd-Chiari-Syndrom

Langerhans-Zellhistiozytose

Sinusoidale Obstruktionssyndrom (SOS)

Virale Hepatitis

Wie oben erwähnt, sollte nur in unklaren Fällen eine histologische Sicherung durchgeführt werden. Die histologischen Stadien werden nach dem Grad der Gallengangsveränderungen, der Entzündung und der Fibrose eingeteilt und anhand dieser Kriterien in 4 Stadien (nach Ludwig und Scheuer) unterteilt [19] [20] [21]. Aufgrund der nicht uniformen Verteilung der Veränderungen in der Leber können Gallengangsveränderungen, Entzündung und Fibrose auch gleichzeitig in einer Biopsie vorkommen. Das Vorliegen einer fokalen Gallengangobliteration mit Granulomen im Sinne einer floriden Gangschädigung wird als pathognomisch angesehen.

Durch Messung der Lebersteifigkeit besteht seit einigen Jahren die Möglichkeit der nicht-invasiven Diagnosestellung der Zirrhose [22] [23] [24]. Ein Steifigkeitswert von 9,6 kPa oder mehr wird dabei im Allgemeinen als beweisend für das Vorliegen einer Zirrhose bei PBC angesehen [22]. Damit verbunden ist ein 5-fach erhöhtes Risiko der Dekompensation, Lebertransplantation oder Tod. Die Progression der Steifigkeit im Verlauf ist ein Surrogatmarker [22].


Primär sklerosierende Cholangitis

Entscheidend für die Diagnosestellung der primär sklerosierenden Cholangitis sind die bildgebenden Veränderungen der Gallenwege [12]. Diese Veränderungen sind charakterisiert durch multifokale Strikturen und segmentale Erweiterungen [25] [26]. Heutzutage gilt die Magnetresonanz-Cholangiopankreatikografie (MRCP) als bildgebende Methode der Wahl zur Diagnosestellung [25] [26]. Die Sensitivität wird mit über 80%, die Spezifität mit über 85% angegeben. Zudem müssen andere Ursachen der Gallenwegsstauung bzw. -veränderungen ausgeschlossen werden. Obwohl der Ultraschall als alleinige Bildgebung zur Diagnosstellung eher nicht geeignet ist, wird die Durchführung eines Ultraschalls im Rahmen der differentialdiagnostischen Abklärung empfohlen ([Tab. 4]) [12]. Die klinischen Symptome der primär sklerosierenden Cholangitis sind unspezifisch mit Schmerzen im rechten oberen Quadranten des Abdomens, Pruritus, Fatigue, Gewichtsverlust und rezidivierende Fieberschübe [27] [28] [29]. Allerdings sind etwa nur die Hälfte der Patienten zur Diagnosestellung symptomatisch. Die laborchemischen Veränderungen sind charakterisiert durch die Erhöhung der Cholestaseparamter (y-GT und AP) und einer eher milden Erhöhung der Transaminasen (2–3 fach) [12] [30]. Weiterhin können bei Patienten mit PSC erhöhte Werte von Immunglobulin G (etwa 60% der Patienten) und Immunglobulin M (etwa 45% der Patienten) gefunden werden [30]. Die Veränderungen der Autoantikörper sind zur Diagnosestellung verzichtbar, da der Nachweis von perinukleären antineutrophilen zytoplasmatischen Antikörpern (p-ANCA; 26–94%), antinukleären Antikörper (ANA; 8–77%) und Antikörper gegen glatte Muskeln (SMA; 0–83%) in den vorhandenen Studien sehr unterschiedlich angegeben wird [31]. Auch die histologischen Veränderungen sind nicht spezifisch. Es werden vier histologische Stadien unterschieden, wobei im initialen Stadium (Stadium 1) die histologischen Veränderungen auf den Portaltrakt mit portalen Ödemen, milder portaler Hepatitis, nicht-destruktiver Cholangitis mit Infiltration von Lymphozyten in die Gallengänge und Gallengansproliferation beschränkt bleibt. Im periportalen Stadium (Stadium 2) ist eine periportale Fibrose nachweisbar. Im septalen Stadium (Stadium 3) treten fibrotische Septen sowie Degeneration und Verschwinden von Gallengängen hinzu. Im Endstadium (Stadium 4) ist eine Zirrhose nachweisbar [30].

Eine Besonderheit der PSC im Gegensatz zu den anderen autoimmunen Lebererkrankungen ist die Assoziation zu chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen. Am häufigsten ist die Assoziation zwischen der Colitis ulcerosa und der PSC mit 80% der Fälle, die restlichen 20% verteilen sich auf den M.Crohn (10%) und die indeterminierte Form (10%) [27] [32] [33] [34]. Obwohl die CED in diesem Zusammenhang häufig mit einer asymptomatischen oder milden Verlaufsformen einhergeht, geht sie der PSC zeitlich häufig voraus [33] [35]. Es ist daher empfohlen, alle Patienten mit der Erstdiagnose einer PSC einer Koloskopie zur entsprechenden Diagnostik einer CED zu unterziehen [12]. Die Assoziation mit der Colitis ulcerosa erklärt auch das erhöhte Risiko zur Entwicklung eines kolorektalen Karzinoms bei Patienten mit PSC [36] [37] [38]. Weiterhin haben Patienten mit PSC ein erhöhtes Risiko (jeweils im Vergleich zur Normalbevölkerung) für die Entwicklung von hepatobiliären Karzinomen (161-fache Erhöhung), Kolonkarzinomen (10-fache Erhöhung) und Pankreaskarzinomen (14-fache Erhöhung [26] [39]. Die Diagnose erfolgt im Wesentlichen über bildgebende Verfahren, eine ERCP mit Bürstenzytologie oder Biopsie und eine Cholangioskopie mit Biopsie sollte bei klinischer Indikation durchgeführt werden [26].



Therapie

Autoimmune Hepatitis

Die Therapie der Autoimmunen Hepatitis sollte in der Normalisierung der Transamminasen und der Immunglobulin G-Werte münden [6]. Eine zentrale Stellung in der Behandlung des akuten Schubs der AIH nimmt die Therapie mit Steroiden ein. Tatsächlich kann das Ansprechen auf die medikamentöse Therapie mit Steroiden als diagnostisches Kriterium verwendet werden, da im Allgemeinen von einem Ansprechen der Therapie ausgegangen wird [6] [40]. Als mögliche Erstlinientherapiestrategien kann einerseits eine Monotherapie mit Steroiden gefolgt von einer immunsuppressiven Therapie mit Azathioprin als langfristige Therapie und andererseits eine frühzeitige Kombination beider Therapien verfolgt werden [3] [9]. Die initiale Therapiedauer sollte nach momentanen Empfehlungen mindestens 3 Jahre bzw. 2 Jahre nach Normalisierung der Transaminasen, entsprechend einer biochemischen Remission, betragen [3]. Budenosid kann als nebenwirkungsärmer Alternative anstelle von Prednisolon eingesetzt werden, allerdings ist Budenosid nicht zur Behandlung von zirrhotischen Patienten zugelassen. Die Datenlage bezüglich einer Therapie mit Budenosid ist allerdings limitiert [41]. Die Beendigung der Dauertherapie kann, wie oben erwähnt, nach 3 bis 4 Jahren diskutiert werden. Allerdings ist hier nicht die biochemische, sondern die histologische Remission entscheidend [42] [43]. Ein Wiederauftreten der Autoimmunen Hepatitis ist sehr häufig (50–90%) und ereignet sich normalerweise in den ersten 12 Monaten nach Absetzen der Therapie [3].

Als Zweitlinientherapie wird am häufigsten Mycophenolat-Mofetil (MMF; 1,5–2g/Tag) eingesetzt. Allerdings existieren keine randomisierten Studien, sondern nur Fallberichte bzw. kleinere Serien, die die Wirksamkeit der Zweitlinientherapien dokumentieren [44] [45] [46]. Alternative medikamentöse Therapien, basierend auf kleineren Fallserien, können mit dem anti-CD20-Antikörper Rituximab (außerhalb der Zulassung) und den Tumornekrosefaktor alpha-(TNFa)-Inhibitor Infliximab (außerhalb der Zulassung) durchgeführt werden. Zudem existieren Fallberichte zu erfolgreichen Therapien mit Cyclosporin, Cyclophosphamid, Tacrolimus und Metotrexat [3] [6] [12]. Bei Patienten ohne ausreichendes Therapieansprechen sollte weiterhin die Möglichkeit einer Lebertransplantation geprüft werden.


Primär biliäre Cholangitis

Die anerkannte und mit randomisierten und placebokontrollierten Studien belegte Therapie der primär biliären Cholangitis ist die Therapie mit Ursodesoxycholsäure (UDCA; 13–15 mg/kgKG/d) [47] [48]. UDCA führt dabei zu einer Verbesserung der y-GT, der AP und des IgM. Die Effekte auf Begleitsymptome, wie Pruritus oder Fatigue, sind allerdings gering. Wenn die Therapie frühzeitig gestartet wird, verhindert eine Langzeittherapie eine histologische Progression [47]. Entsprechend der biochemischen und histologischen Verbesserung konnten Metaanalysen eine Verbesserung des Überlebens zeigen [49]. Das Ansprechen der UDCA-Therapie kann über verschiedene Kriterien bestimmt werden, wobei die häufigsten die Barcelona und Paris I und II Kriterien sind [48] [50] [51]. Hierbei wird im Wesentlichen das Ansprechen der biochemischen Parameter beurteilt.

Seit kurzem besteht die Möglichkeit der Therapie mit Obeticholsäure bei Patienten mit Therapieversagen auf die Standardtherapie und bei Patienten mit Unverträglichkeiten von UDCA. Obeticholsäure (OCA) ist eine semi-synthetische hydrophobische Gallensäure und bindet als Agonist an den Farnesoid-X-Rezeptor (FXR) [52] [53]. Der FXR-Signalweg reguliert direkt die Gallensäuresekretion, -transport, -absorption und -detoxifikation. Die Wirkung von Obeticholsäure in der Behandlung der PBC wurde in der POISE-Studie untersucht [54]. In dieser placebokontrollierten randomisierten Studie wurden 217 Patienten untersucht. Etwa die Hälfte der mit OCA (5–10 mg: 46%; 10 mg: 47%) behandelten Patienten erreichten den primären Endpunkt (biochemische Verbesserung) verglichen mit 10% in der Placebogruppe (p<0,001) [54]. Die nicht-invasive Bestimmmung des Fibrosegehalts (FibroScan) der Leber war nicht unterschiedlich zwischen der Therapie- und der Placebogruppe. Allerdings hatten die Patienten in der Therapiegruppe signifikant mehr Nebenwirkungen, wobei Pruritus die führende Nebenwirkung war [54]. Daten zum Überleben wurden in der Studie allerdings nicht untersucht.

Eine weitere aktuelle Studie untersuchte die Therapie mit dem pan-PPAR Agonist Bezafibrat bei Patienten mit PBC und Therapieversagen auf Ursodesoxycholsäure [55]. In dieser randomisierten, doppel-blinden, placebokontrollierten Phase 3-Studie wurden Patienten mit der Standardtherapie Ursodesoxycholsäure weiterbehandelt. Zusätzlich wurde Bezafibrat (400 mg/Tag) oder Placebo verabreicht [55]. Das komplette biochemische Ansprechen wurde bei 31% der Patienten in der Therapiegruppe und bei keinem Patienten in der Plazebogruppe erreicht. Als Nebenwirkungen traten vermehrte Myalgien und erhöhte Kreatininwerte bei den Patienten in der Therapiegruppe auf [55].

Somit besteht heutzutage die Möglichkeit einer medikamentösen Therapie bei Patienten mit PBC und Nichtansprechen oder Nebenwirkungen auf die Standardtherpaie mit UDCA. Inwieweit die biochemischen Verbesserungen von OCA oder Bezafibrat auch zu einem besseren Überleben führen, bleibt allerdings unklar.


Primär sklerosierende Cholangitis

Im Gegensatz zu den anderen autoimmunen Lebererkrankungen gibt es keine etablierte medikamentösen Therapie der PSC [30]. Immunsuppressive Therapien haben bisher keine Wirksamkeit in der Behandlung der PSC gezeigt. Die Therapie mit UDCA ergab unterschiedliche Ergebnisse im Bezug auf Krankheitsverlauf der PSC und Verhinderung von Karzinomen, so dass keine allgemeine Therapieempfehlung gegeben werden kann [12] [30].

Die Therapie von dominaten Stenosen mittels endoskopisch retrograder Cholangiopankreatikografie (ERCP) geht mit einer Verbesserung des Überlebens und häufig mit Verbesserung des Pruritus und der biochemischen Parameter einher [26]. Als dominate Stenosen werden Stenosen>1,5 mm im Durchmesser in großen Gallenwegen und>1 mm im rechten und linken Subsegmenten klassifiziert [26]. Zur wirksamen Behandlung sind wiederholte Prozeduren notwendig, die Frequenz der Prozeduren und die optimale Methode sind unklar. Daher empfehlen die aktuellen Leitlinien bei der verwendeten Methode (Ballondilatation vs. Stenting) diese in Abhängigkeit der lokalen Expertise durchzuführen [12] [26]. Eine periprozeduale antibiotische Abschirmung sollte unabhängig von der angewendeten Methode durchgeführt werden [26].



Zusammenfassung

Als autoimmune Lebererkrankungen werden die Autoimmune Hepatitis, die Primär biliäre Cholangitis und die Primär sklerosierende Cholangitis zusammengefasst. Die Diagnostik besteht aus einer Kombination aus laborchemischen Veränderungen, Veränderungen von spezifischen Autoantikörpern bzw. aus bildgebenden Verfahren. Histologische Veränderungen sind in der Diagnosestellung der AIH notwendig, die Diagnosestellung der PBC und der PSC gelingt in der Mehrzahl der Fälle ohne Biopsie. Wichtig für alle autoimmunen Lebererkrankungen ist die Assoziation zu anderen Krankheitsbildern.

Das Behandlungsspektrum der autoimmunen Lebererkrankungen reicht von immunsuppressiver Therapie (AIH), über spezifische medikamentöse Therapie mit Beeinflussung der Gallensäurezusammensetzung (PBC) bis zu endoskopischen Interventionen an den Gallenwegen (PSC).



Interessenkonflikt

Der Autor gibt an, dass kein Interessenkonflikt besteht.


Korrespondenzadresse

Prof. Alexander Zipprich
Universitätsklinik und Poliklinik für Innere Medizin I, Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg,
Ernst-Grube-Straße 40, 06120 Halle
Phone: +49/345/5572 665   
Fax: +49/345/5572 253   

Publication History

Article published online:
15 May 2019

© 2020. Thieme. All rights reserved.

Georg Thieme Verlag KG
Rüdigerstraße 14, 70469 Stuttgart, Germany