Schlüsselwörter
Kinderrechte - Gesundheitsversorgung - Kindeswohl - Partizipation - Patientenanwaltschaft
- Kinder- und Jugendanwaltschaft
Key words
Children’s rights - children’s health care - child’s best interests - child participation
- patient advocacy - Ombudsman Offices for Children and Youth
Einleitung
In Österreich sind seit 2011 zentrale Rechte der internationalen Kinderrechte-Konvention
(KRK) der Vereinten Nationen in der Verfassung verankert [1]. In Deutschland sieht der Koalitionsvertrag der derzeitigen Regierungsparteien vom
Februar 2018 vor, die Kinderrechte (KR) in das Grundgesetz aufzunehmen [2].
Das österreichische Bundesverfassungsgesetz über die Rechte von Kindern – in erster
Linie das dort verankerte „Kindeswohlvorrangigkeitsprinzip“ (Art. 1) – ist ein verbindlicher
Orientierungsmaßstab für die Gesetzgebung, Gerichtsbarkeit und Verwaltung sowie für
die Leistungen staatlicher und privater Einrichtungen [3].
Im Artikel 4, der den Artikeln 12 und 13 der KRK entspricht, wird Folgendes formuliert:
Jedes Kind hat das Recht auf angemessene Beteiligung und Berücksichtigung seiner Meinung
in allen das Kind betreffenden Angelegenheiten, in einer seinem Alter und seiner Entwicklung
entsprechenden Weise. Gesundheit und Krankheit von Kindern sind zweifellos solche Angelegenheiten.
Etwa zeitgleich mit der Implementierung der KR in die Verfassung wurde eine Umfrage
zur Beachtung der Kinderrechte an allen Kinderabteilungen österreichischer Spitäler
durchgeführt, wobei diese so wenig Rücklauf erhielt (5 von 40 Abteilungen), dass eine
Auswertung nicht möglich war [4]. Dies scheint die gesellschaftliche Haltung gegenüber den Rechten von Kindern und
Jugendlichen in Österreich wider zu spiegeln, die in mehreren Arbeiten als veränderungsbedürftig
beschrieben wird [5]
[6]
[7]
[8]
[9].
Die KR sind Ärzten und Pflegepersonal meist namentlich bekannt, nicht aber in ihrer
inhaltlichen Bedeutung und in ihrer Auswirkung auf die medizinische Betreuung der
kleinen Patienten. Diesen Befund bestätigt auch eine rezente pädiatrische Publikation
und fordert eine kritische Reflexion [10].
Abseits der rechtlichen Situation beschäftigt sich der vorliegende Kommentar mit einer
Darstellung der gesellschaftlichen „Praxis“, nämlich wie häufig und welche Arten an
Fällen von Kinderrechtsverletzungen in der Gesundheitsversorgung als solche wahrgenommen
und berichtet werden.
Die rechtliche Situation – Wer ist zuständig?
Eine wichtige Rolle im Monitoring der Kinderrechte spielen in Österreich in allen
9 Bundesländern die Kinder- und Jugendanwaltschaften (KIJAs), zudem ist ein Kinder-
und Jugendanwalt des Bundes im Bundesministerium für Familien und Jugend eingerichtet.
Im aktuellen Bundes-Kinder- und Jugendhilfegesetz 2013 (B-KJHG 2013) sowie in den
entsprechenden Landesgesetzen ist das Kindeswohl in Pflege und Erziehung geregelt,
aber gesundheitliche Belange werden nicht ausdrücklich erwähnt. Eine ähnliche Situation
besteht in Deutschland, wo ein Kinder-Jugendhilfegesetz (KJHG) bundesweit den Rahmen
festlegt, der in Ländergesetzen seine Umsetzung findet.
Die Patientenrechte werden in Deutschland durch gesetzlich geregelte unabhängige Patientenberatungsstellen
vertreten, in Österreich hingegen durch die im Landesrecht aller Bundesländer verankerten
Patienten- und Pflegeanwaltschaften (PAs), die im Krankenanstalten-Kuranstaltengesetz
KAKUG § 5 Abs.1 Z 11e bundesweit gefordert werden. In diesem Gesetz wird bei der stationären Versorgung von Kindern lediglich eine möglichst kindergerechte Ausstattung der Krankenräume verlangt. In einigen Bundesländern wird in der jeweils dort gültigen Landesgesetzgebung
(bspw. in Wien) ein Abschnitt „Besondere Bestimmungen für Kinder“ formuliert, der
u. a. die entwicklungsgerechte Aufklärung, die Unterstützung durch eine Begleitperson
und die altersgerechte Unterbringung und Ausstattung vorschreibt.
An dieser strikt getrennten Aufgabenverteilung der Kinderrechte einerseits vs. Patientenrechte
andererseits ist bereits eine grundlegende Zuständigkeitsproblematik erkennbar, die
im Zuge der kurzen Umfrage noch deutlicher wird.
Mögliche Verletzungen der Kinderrechte
Mögliche KR-Verletzungen, die insbesondere für das Gesundheitswesen relevant sein
können, betreffen eine Vielzahl an Bereichen, von Diskriminierungen bis hin zum Recht
auf Teilhabe. Eine Übersicht bieten Goldhagen et al. [11], einen schwerpunktmäßigen Bezug insbesondere zur Umsetzung der Artikel 3 und 12
der KRK stellt Lansdown [12] dar.
So gehört es als beispielhafte KR-Verletzung in manchen Spitalsambulanzen, Arztordinationen
oder anderen medizinischen Einrichtungen noch immer zur Routine, Kinder ohne Vorankündigung
oder Erklärung und eventuell gegen ihren Willen zu untersuchen und zu behandeln [4]
[13]. Auch Berichte über Fixierungen, die im Erwachsenenbereich streng geregelt sind,
sind im Umgang mit Kindern noch immer an der Tagesordnung. In gängigen Lehrbüchern
wird bspw. Folgendes bei der Routinehandlung „venöse Blutabnahme“ empfohlen: Kind gut fixieren (evtl. auch Beine!). Kleinkinder müssen immer von mind. einer Hilfsperson
gehalten werden. Auch wenn sie ruhig und kooperativ wirken, können sie sich rasch
und heftig wehren….Stets fragen, ob Eltern wirklich dabei sein wollen. Manchen Eltern
hilft es, das Kind nicht leiden (Fixierung, Gegenwehr) zu sehen, sondern erst beim
Trösten wiederzukommen
[14]. Auf eine kindgerechte Vorbereitung durch Information und Aufklärung oder auf wirkungsvolle
Unterstützungsmöglichkeiten für das Kind wird nicht hingewiesen. Zudem gibt es Anhaltspunkte,
dass eine angemessene Anästhesie bei bestimmten Maßnahmen noch nicht in der Routinebehandlung
von Kindern verankert ist [4].
Im Sonderbericht der Volksanwaltschaft 2017 „Kinder und ihre Rechte in öffentlichen
Einrichtungen“ wird u. a. auch auf das zuletzt in der Öffentlichkeit intensiv diskutierte
Thema der geschlechtszuweisenden oder geschlechtsverändernden chirurgischen Eingriffe
an sehr kleinen Kindern mit Differences of Sex Development (DSD), sog. Intersex-Kinder, eingegangen [9]. Diese werden oftmals auch ohne zwingende medizinische Notwendigkeit und ohne Mitsprachemöglichkeit,
aber unter Hinweis auf das Kindeswohl durchgeführt.
Um einen Eindruck über den Status Quo in Österreich zu erhalten und die Problematik
zumindest überblicksmäßig zu erfassen, wurde 2016/17 eine Spotlight-Umfrage bei allen
KIJAs und parallel dazu allen PAs durchgeführt.
Ziel war die Erfassung konkreter Beschwerden zu Kinderrechtsverletzungen in der medizinischen
Versorgung und eine Einschätzung der Situation durch diese Einrichtungen.
Methode
-
Zu Jahresbeginn 2017 wurden alle 9 KIJAs und PAs mit denselben Fragestellungen per
Mail konsultiert. Mit insgesamt 4 Fragen wurden
-
die Befassung mit Kinderrechtsverletzungen im Gesundheitswesen erfragt,
-
die Einschätzung der Problematik sowie
-
die vorrangige Zuständigkeit für solche Verletzungen und
-
die konkrete Zusammenarbeit der beiden Institutionen
erhoben.
Alle 18 Einrichtungen beantworteten die Fragen, die Auswertung der geschlossenen Fragen
erfolgte deskriptivstatistisch.
Eine Auswertung offener Antworten (Art der KR-Verletzung) und zusätzlicher Kommentare
war zunächst nicht geplant, da allerdings ein erheblicher Teil der Befragten offene
Angaben machte, wurden diese ex post näher analysiert: Offene Antworten und zusätzliche Kommentare wurden inhaltsanalytisch
durch eine Kategorisierung nach Themenbereichen, Paraphrasierung der Aussagen und
Zuordnung zu Subthemen ausgewertet.
Ergebnisse
Frage 1: Befassung mit Kinderrechtsverletzung
KIJAs gaben deutlich häufiger an, mit Fragen zu KR-Verletzungen kontaktiert zu werden
(8 der 9 KIJAs, aber nur 4 PAs).
Anfragen beliefen sich zudem auf ein geringes Ausmaß: Es wurden zwischen einem Fall
insgesamt und 10 Fällen pro Jahr (als höchste genannte Zahl) angegeben, eine Anwaltschaft
schätzte Kinder- und Jugendliche-Meldungen auf etwa 2% aller bearbeiteten Fälle.
Frage 2: Gewichtung der Problematik
In diesem Bereich zeigte sich ein deutlicher Unterschied zwischen den beiden Einrichtungen:
5 der 9 PAs schätzten die Kinderrechte in der Gesundheitsversorgung als nicht oder
nur marginal problematisch ein, die übrigen 4 PAs meinten, dass die Problematik unterschätzt
werde. In den KIJAs hingegen gaben alle Befragten an, dass die Problematik wesentlich
sei und/oder unterschätzt werde.
Frage 3: Vorrangige Zuständigkeit
Bis auf eine Ausnahme (eine PA, die die Zuständigkeit eher bei der KIJA sieht) bestand
die Auffassung, dass beide Anwaltschaften gleichermaßen zuständig seien. In ergänzenden
Bemerkungen äußerten einige Einrichtungen, dass konkrete (Patienten-)Beschwerdefälle
bei der PA besser verortet seien, die KIJA sei v. a. für die Systemebene zuständig.
Frage 4: Bestehende Zusammenarbeit
Bei 4 von 8 KIJAs und 5 von 8 PAs wurde keine konkrete Zusammenarbeit mit der jeweils
anderen Einrichtung berichtet.
Nachstehend findet sich eine Übersicht über offene Antworten und Kommentare der Anwaltschaften
zu Themengebieten und Verbesserungsmöglichkeiten.
Zusätzliche Kommentare
Abseits von formalen Erläuterungen machten 8 KIJAs und 5 PAs themenbezogen genauere
Erläuterungen, nannten Kinderrechtsverletzungen oder führten Inhalte an, die sie für
wichtig erachteten. Die freien Kommentare bezogen sich teilweise auf allgemeine Hinweise
und Verbesserungsvorschläge (z. B. hinsichtlich Ausbildungsmängeln von medizinischem
Personal oder der Notwendigkeit der Vernetzung), darüber hinaus waren jedoch 3 Bereiche
mehrfach angesprochen, die deshalb in eigenen Tabellen etwas detaillierter dargestellt
werden: „Teilhaberechte“ ([Tab. 1), „]Versorgung“ ([Tab. 2]) und „allgemeine und sonstige Kinderrechte“ ([Tab. 3]).
Tab. 1 Synopsis ausgewählter Anmerkungen der Befragten zum Bereich „Teilhaberechte“ (Bereich
gesamt: von 6 KIJAs und 4 PAs angesprochen).
Konkretes Thema
|
Beispielhafte Paraphrase(n)
|
Häufigkeit der Themen-Nennung in den Anwaltschaften (KIJAs;PAs)
|
Mitsprache
|
Jugendliche fühlten sich bei der Behandlungs-Entscheidung nicht ausreichend miteinbezogen;
Jugendliche […] müssen ebenso in die Behandlung einwilligen
|
6;3
|
Information, Aufklärung, Kommunikation
|
Kinder und Jugendliche haben ein Recht zu verstehen, worum es geht; Besprechungen
zwischen Arzt und Eltern/teil [aber nicht mit Kind, Anm.]
|
6;2
|
Tab. 2 Synopsis ausgewählter Anmerkungen der Befragten zum Bereich „Versorgung und Zugang
zur Versorgung“ (Bereich gesamt: von 7 KIJAs und 3 PAs angesprochen).
Konkretes Thema
|
Beispielhafte Paraphrase(n)
|
Häufigkeit der Themen-Nennung in den Anwaltschaften (KIJAs;PAs)
|
allgemeine medizinische Versorgung
|
Medizin. Versorgung von Flüchtlingskindern als Kinderrecht?; Zugang zur Versorgung
(Verfügbarkeit Kinderärzte)
|
5;2
|
Psychiatrische Versorgungsdefizite
|
Mangel an Kinderärzten und besonders Kinder-Jugendpsychiater; wegen Bettenmangel keine
stationäre Aufnahme
|
4;2
|
Versorgungsdefizite bei besonderen Bedürfnissen
|
Versorgung der chronisch kranken Kinder in Schule und Kindergarten; Unterstützung
behinderter Kinder
|
4;2
|
Tab. 3 Synopsis ausgewählter Anmerkungen zum Bereich „allgemeine und sonstige Kinderrechte“
(Bereich gesamt: von 4 KIJAs und 1 PA angesprochen).
Konkretes Thema
|
Beispielhafte Paraphrase(n)
|
Häufigkeit der Themen-Nennung in den Anwaltschaften (KIJAs;PAs)
|
Allgemeine Kinderrechte
|
Schulärztliche Untersuchungsmethoden (Verdacht auf sex. Hintergrund); Erkennen von
Gewalt an Kindern; Genitalverstümmelung, Beschneidung
|
3;1
|
Kontakt zu Eltern
|
Beschwerden von Elternteilen, dass sie Kind mit Berufung auf medizinische/therapeutische
Gründe nicht sehen dürften
|
2;0
|
Schweigepflicht
|
medizinisches Personal ist hier noch zu wenig geschult, etwa bezüglich […] Verschwiegenheit
gegenüber Eltern
|
1;1
|
Betrachtet man die Nennungen insgesamt, sieht man, dass neben Versorgungsdefiziten
Verletzungen der Teilhaberechte von Kindern dominieren (insbesondere der Mitsprache)
– obwohl diese ausdrücklich im Art. 4 des BVG in der Verfassung verankert sind.
Diskussion
Die vorliegenden Ergebnisse machen deutlich, dass die Thematik der Kinderrechte in
der Gesundheitsversorgung in der Praxis nur sehr wenig verankert ist. Obgleich Kinder
und Jugendliche knapp 20% der österreichischen Bevölkerung stellen [15], betrifft nur ein geringer Teil der Meldungen diese Altersgruppe (geschätzt wurden
bis zu 2%). Die geringe Zahl der Meldungen lässt die Frage entstehen, ob Verletzungen
der Kinderrechte (noch) nicht als solche bewertet werden.
Diese Annahme wird bestätigt durch andere Untersuchungsergebnisse bspw. zum Gewaltverbot
[7], zur Stellung des Kindes bei politischen Entscheidungen in Österreich [8], oder durch eine detaillierte Untersuchung in einer kleineren Region, die einen
großen Handlungsbedarf für die Bewusstseinsbildung der Bevölkerung aufzeigt [5].
In unserer Befragung der beiden Anwaltschaften zeigte sich, dass KIJAs häufiger als
PAs mit diesbezüglichen Beschwerden betraut werden und diese gleichzeitig die Kinderrechtsproblematik
in der Gesundheitsversorgung als deutlich schwerwiegender einschätzen.
Dass v. a. die KIJAs mit Beschwerden konfrontiert werden, muss verwundern, denn konkrete
Einzelfälle fallen eher in die Expertise der PAs, wohingegen Aufklärung und Bewusstseinsbildung
in Bezug auf die KR eine Aufgabe der KIJAs ist. Möglicherweise sind Betroffene sich
der Möglichkeit ihrer Rechtsvertretung sowie der richtigen Ansprechstelle nicht bewusst.
Trotz der Einschätzung, dass beide Anwaltschaften für die Thematik zuständig seien,
berichtet nur die Hälfte über eine konkret erfolgte Zusammenarbeit.
Die befragten Anwaltschaften äußerten von sich aus viele Möglichkeiten zur Verbesserung
im System, v. a. in Bezug auf Schnittstellen z. B. zwischen dem Gesundheitsbereich
und Kinder- und Jugendhilfe, sowie auf spezifische Aus- und Fortbildungsangebote für
medizinisches Personal.
Tatsächlich werden KR und ihre Bedeutung in den Curricula der medizinischen Universitäten
nur marginal behandelt und ihre Bedeutung für die ärztliche Tätigkeit, bspw. der Beziehungsaufbau
durch professionelle Kommunikation [16]
(partnership with children) nicht gelehrt. KR sind deshalb für Angehörige von medizinischen Berufen eher ein
Anliegen „der Anderen“ – bspw. der Kinder- und Jugendhilfe.
Solche Ausbildungsdefizite werden ausdrücklich auch in den sog. Abschließenden Bemerkungen des KR-Ausschusses der Vereinten Nationen 2012 u. a. auch für Gesundheitsberufe und Pädagogen kritisiert [17].
Empfehlungen und Möglichkeiten für eine Verbesserung der Situation gibt es durchaus:
In der eingangs erwähnten Arbeit von Goldhagen et al. aus 2015 [11] werden umfassend und sehr konkret Prinzipien, Voraussetzungen und Standards beschrieben,
wie sie für eine Umsetzung der KR in der Gesundheitsversorgung wünschenswert sind.
Positive Ansätze sind auch in der EACH-Charta (European Association for Children in Hospital aus 1988) zu finden, die im Wesentlichen auf der KRK beruht [18]. Sie ist in Österreich in Form von Plakaten mit bildlichen Darstellungen der KR
zumindest in einigen Abteilungen für Kinder- und Jugendheilkunde präsent, hingegen
blieb die Deklaration des Europarates zu Child Friendly Health Care (CFHC) aus 2011 bis heute unbeachtet [19].
„Partizipation in der Kinder- und Jugendmedizin – von der Versorgung zur Teilhabe“
war das Thema der 7. Jahrestagung der Politischen Kindermedizin im Jahr 2013, die
allerdings in der öffentlichen Wahrnehmung weitgehend unbeachtet blieb [13]. Die Problematik von intergeschlechtlichen Kindern wird immerhin im Sonderbericht
der Volksanwaltschaft [9] und in einer Stellungnahme der Bioethik-Kommission 2017 thematisiert [20].
Es scheint auf höherer, struktureller Ebene Handlungsbedarf zu geben, wie auch die
von der Volksanwaltschaft berichteten medizinischen Versorgungsdefizite (z. B. in
der Kinder- und Jugendpsychiatrie) zeigen.
Eine breitere Information über Aufgaben und Möglichkeiten der Anwaltschaften könnte
zur Bewusstseinsbildung in der Bevölkerung beitragen, was wiederholt in den eingangs
angeführten Studien gefordert wird, um den notwendigen gesellschaftlichen Wandel im
Umgang mit Kindern und Jugendlichen herbeizuführen [5]. Kinder und Jugendliche sollten ausdrücklich direkt ermutigt und bestärkt werden,
sich bei einer möglichen Kinderrechtsgefährdung an eine Anwaltschaft zu wenden [6].
Erwähnenswert sind die durchwegs positiven Reaktionen, die die Befragung selbst bei
den zuständigen Anwaltschaften hervorgerufen hat. In mehreren persönlichen Rückmeldungen
wurde betont, dass die Befragung ein wertvoller Impuls für die die verbesserte Wahrnehmung
dieses Bereiches gewesen sei und den Wunsch nach intensiver Zusammenarbeit gestärkt
habe.
Schlussfolgerungen und Ausblick
Schlussfolgerungen und Ausblick
Die geringe Gesamtzahl an Fällen, mit denen die Anwaltschaften betraut werden, weist
darauf hin, dass es kaum Problembewusstsein in der Bevölkerung gibt.
Informationsaushänge und Flyer in Kinderarztpraxen und Ambulanzen zum Thema der KR
basierend auf den Empfehlungen von Goldhagen et al. [15], und entsprechende Rechtsvertretungs-Möglichkeiten könnten zu einer Bewusstmachung
bzw. höheren Sichtbarkeit beitragen.
Auch erscheint eine intensivere Kooperation der beiden Einrichtungen empfehlenswert.
Möglichkeiten dafür könnten bspw. gemeinsame Fortbildungen, Vernetzungstagungen und
die Einigung auf einen Konsultationsmechanismus bei bestimmten Beschwerdefällen darstellen.
Verbesserungen werden von den Anwaltschaften auch hinsichtlich der Versorgungsdefizite
in der Kinder- und Jugendpsychiatrie, bei behinderten Kindern und hinsichtlich der
Empfehlung von verpflichtenden Kinderrechte-Beauftragten im Krankenhaus angeregt.
Anregungen betreffen zudem Aus- und Fortbildung von Ärzten und Pflegepersonen zur
Beseitigung von Informationsmängeln (Kinderrechte, Erkennen von Gewalt), für die Ausbildung
in der Kommunikation mit Kindern, und in Bezug auf die Einhaltung von Aufklärungspflichten.
Die vorliegenden Umfrage-Ergebnisse zeigen deutlich das Verbesserungspotential, das
in Österreich zur Umsetzung der Kinderrechte in der Gesundheitsversorgung noch zu
bewältigen ist.