Einleitung
Zahlreiche in der Dermatologie verwendete Wirkstoffe stammen ursprünglich aus Pflanzen,
z. B. das 8-Methoxypsoralen (aus der Knorpelmöhre), die Salicylsäure (aus der Weidenrinde)
oder die Gerbstoffe (aus Eichenrinde, Schwarztee oder Hamamelisrinde).
Viele traditionell verwendete Arzneipflanzen wurden zwischen 1976 und 1993 von der
ehemaligen Kommission E am Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM)
in Form von über 300 Monografien kritisch aufgearbeitet. Zirka 30 % der untersuchten
Pflanzen wurden negativ bewertet. Von den positiven Monografien entfielen 25 auf dermatologisch
relevante Pflanzen wie Kamille, Hamamelis und Ringelblume. Von den positiven Monografien
erreichten jedoch die meisten nur ein niedriges Evidenzlevel, da nur wenige gute Studien
zu diesen Arzneipflanzen durchgeführt wurden [1]
[2].
Das therapeutische Potenzial vieler bewährter Heilpflanzen wurde in den letzten Jahren
zunehmend wissenschaftlich erforscht, es wurden sogar einige neue Arzneimittel mit
pflanzlichen Wirkstoffen zugelassen. Dieser Beitrag geht vorwiegend auf neuere klinische
Studien mit dermatologischen pflanzlichen Kosmetika und Arzneimitteln für entzündliche
Dermatosen ein. Hierbei erfolgt die Gliederung nach dermatologischen Indikationen
sowie nach Pflanzen mit den besten Studienergebnissen. Es werden Johanniskraut, Süßholz,
Blutwurz, Enzian, Nachtkerze, Silberweide, Ararobabaum, Knorpelmöhre, Mahonie, Indigo,
Kurkuma, Weihrauch, Grüntee, Quassiaholzbaum, Teebaum und Hopfen besprochen. Im Text
werden auch Handelspräparate genannt, um möglichst praxisrelevante Informationen zu
vermitteln. Die Autoren waren hierbei um eine größtmögliche Objektivität bemüht.
Atopische Dermatitis (Neurodermitis)
Atopische Dermatitis (Neurodermitis)
Wegen der großen Nachfrage nach Phytotherapeutika bei der atopischen Dermatitis (AD)
ist bei dieser Indikation die Zahl experimenteller und klinischer Studien am höchsten.
Ein umfassender, evidenzbasierter Review zur Phytotherapie bei AD erschien im Jahr
2016 [3]. Einige dieser Studien werden hier besprochen.
Johanniskraut (Hypericum perforatum)
Seit Jahrhunderten wird Johanniskraut zur äußerlichen Behandlung von Wunden und Verbrennungen
hauptsächlich in Form des Johanniskrautöls eingesetzt [4].
Der lipophile Hauptwirkstoff des Johanniskrauts, das Phloroglucin-Derivat Hyperforin,
besitzt antibakterielle, antiinflammatorische und differenzierungsfördernde Eigenschaften,
die in einem Review von 2014 ausführlich beschrieben werden [5]. In einer randomisierten, placebokontrollierten Doppelblindstudie im Halbseitenvergleich
wurde z. B. die Wirkung einer Creme mit einem hyperforinreichen Johanniskraut-Extrakt
(1,5 %) an 21 Patienten mit subakuter atopischer Dermatitis untersucht. Das Verum
mit Johanniskraut war dem Vehikel signifikant überlegen [6]. Auf Basis dieser Untersuchungen wurde vor mehreren Jahren ein medizinisches Pflegeprodukt
auf den Markt gebracht (Bedan®). In einer weiteren Studie mit 117 Probanden mit atopischer Diathese zeigte sich
nach einer 4-wöchigen Anwendung einer Johanniskrautcreme und -lotion eine gute Verträglichkeit
und statistisch signifikante Verbesserung bez. des Hydratationseffektes, des transepidermalen
Wasserverlustes und der Schuppung der Haut [7].
Süßholz (Glycyrrhiza glabra)
Die entzündungshemmende Wirkung von Süßholz (Glycyrrhiza glabra and G. uralensis) ist gut untersucht und in einer aktuellen Übersicht zusammengefasst [8]. Von den vielen Inhaltsstoffen des Süßholzes sind die Triterpene Glycyrrhizin und
Glycyrrhetinsäure am besten an Hautzellen untersucht [8]
[9]
[10]
[11]. Aber auch andere Inhaltsstoffe wie das Flavonoid Isoliquiritigenin [12] und das Chalcon Licochalcone A wirken entzündungshemmend [13]
[14]
[15]. Eine Creme mit Glyzyrrhetinsäure, Weinlaub-Extrakt, Telmestein und Allantoin wurde
in einer multizentrischen, randomisierten, plazebokontrollierten Studie mit 281 Erwachsenen
mit leichter bis mittelschwerer atopischer Dermatitis geprüft. Nach einem Behandlungszeitraum
von 5 Wochen zeigte sich eine hochsignifikante Überlegenheit der Kombination (Besserung
des Schweregrades um 80 %) gegenüber dem Vehikel (Besserung um 10 %) [16]. Das Prüfpräparat wird derzeit als Medizinprodukt zur kortisonfreien Behandlung
der atopischen Dermatitis in Deutschland vertrieben (Atopiclair®). Eine Creme mit Licochalcone A als entzündungshemmendem Zusatz zeigte sich in einer
kontrollierten Studie bei 26 Erwachsenen mit AD als wirksam und im Halbseitenvergleich
dem Vehikel signifikant überlegen [17]. Das Produkt ist als medizinisches Pflegeprodukt im Handel (AtopiControl®).
Ein Körperbalsam mit Glycyrrhizin zeigte in einem placebokontrollierten UV-Erythemtest
mit 42 Probanden eine signifikante Reduktion der UVB-induzierten Entzündung der Haut.
Die entzündungshemmende Wirkung entsprach der Wirkung von 1 % Hydrokortisonacetat
(VELAN® Ruhige Haut Körper-Balsam). VELAN Ruhige Haut Körper-Balsam führte in einer nicht
kontrollierten klinischen Studie mit 10 Probanden bereits nach einwöchiger Anwendung
zu einer signifikanten Reduktion des Atopie-Scores im Testareal und wurde sehr gut
vertragen [18].
Gerbstoffe aus der Blutwurz (Potentilla officinalis)
Gerbstoffe aus Schwarztee (Camellia sinensis), Zaubernuss (Hamamelis virginiana) und Eichenrinde (Quercus cortex) werden schon lange wegen ihrer adstringierenden und entzündungshemmenden Eigenschaften
verwendet. Sie werden in Form kalter oder fett-feuchter Umschläge zur Linderung akut
nässender Ekzeme eingesetzt. Neuerdings wurde eine Creme mit Gerbstoffen aus dem Rhizom
der Blutwurz (Potentilla officinalis) untersucht. Eine antientzündliche Wirkung der Blutwurz, die mit der Wirkung von
Hydrokortison vergleichbar ist, konnte in vitro und in vivo gezeigt werden. In einem
okklusiven Patchtest zeigte sich, dass der PE-Extrakt, ähnlich wie Hydrokortison,
zu einer Vasokonstriktion an der Haut führt [19]. Im Rahmen einer prospektiven, randomisierten, placebokontrollierten Doppelblindstudie
mit 40 Probanden wurde im UV-Erythem-Test eine antiinflammatorische Wirkung nachgewiesen,
die der von 1 % Hydrokortisonacetat entsprach. In einer nicht kontrollierten Anwendungsstudie
bei 24 Atopikern mit leichter Neurodermitis führte die Creme nach 1 und 2 Wochen zu
einer raschen und signifikanten Verbesserung des Atopie-Scores im Testareal [20] (Dr. Hauschka® Potentilla akut Creme).
Bitterstoffe
Als verdauungsanregende und tonisierende Heilmittel spielen Bitterstoffe aus verschiedenen
Pflanzen seit Begründung der Ayurvedischen Medizin vor 5000 Jahren bis in die heutige
Zeit in der traditionellen Phytotherapie eine wichtige Rolle [21]. Erst in den letzten Jahren wurde die molekulare Struktur der Bitterstoffrezeptoren
entschlüsselt. Vor kurzem wurden diese auch in der Haut nachgewiesen. Bitterstoffe
wie Salicin aus der Weidenrinde und Amarogentin aus dem gelben Enzian binden an Bitterstoffrezeptoren
der Haut. Es kommt in den Keratinozyten zu einem Einstrom von Kalzium und zur Bildung
von Proteinen, die an der Ausbildung der Hautbarriere beteiligt sind, u. a. Filaggrin
[22]. Bitterstoffe regen auch die Synthese von Lipiden in der Haut an. In einem doppelblinden,
placebokontrollierten Halbseitenvergleich mit 33 Probanden zeigte ein Extrakt aus
dem gelben Enzian eine signifikante Steigerung der Lipidsynthese im Strateum corneum
[23]. Interessanterweise entsprechen die Lokalisationen, an denen die Lipide ausschließlich
von epidermalen Zellen gebildet werden, den Prädilektionsstellen der Neurodermitis
(Armbeugen, Kniekehlen). Somit sind hier Externa mit Bitterstoffen besonders wirksam
[24]. Über die Proteinbildung und die Lipidsynthese regen Bitterstoffe den Stoffwechsel
der Haut an und fördern die Regeneration der Hautbarriere. Dies stellt ein neues Wirkprinzip
dar und wird bereits in der Dermokosmetik für die Basispflege von Patienten mit trockener
oder zu Neurodermitis neigender Haut genutzt (VELAN® Ruhige Haut Körper-Balsam und Gesichts-Creme).
Nachtkerze (Oenothera biennis)
Das fette Öl aus den Samen der Nachtkerze besitzt aufgrund des hohen Anteils an γ-Linolensäure
eine günstige Wirkung auf die Haut des Atopikers. Es kann sowohl in Form von Salben
als auch innerlich angewendet werden. Insgesamt ist die Anzahl guter Studien zur Anwendung
von Nachtkerzensamenöl bei der atopischen Dermatitis recht gering. Eine neuere Metaanalyse
kommt zu dem Schluss, dass ein zwar positiver, aber nur moderater Einfluss von Nachtkerzenöl
auf Juckreiz, Schuppung und Krustenbildung besteht [25].
Psoriasis vulgaris
Pflanzliche Wirkstoffe spielen auch bei der Behandlung der Psoriasis eine Rolle. Vor
kurzem erschienen 2 ausführliche, systematische Reviews, die die Studien zu diesem
Thema analysieren und bewerten [26]
[27].
Silberweide (Salix alba)
Durch ihre exfoliativen Eigenschaften auf hyperkeratotische Psoriasisplaques sind
salicylsäurehaltige Salben seit langer Zeit ein unentbehrlicher Bestandteil der Basistherapie
der Psoriasis. Salicylsäure wurde ursprünglich aus der Rinde der Silberweide gewonnen,
wird heute allerdings synthetisch hergestellt. Salicylsäure ist die am stärksten keratolytisch
wirksame therapeutisch verwendete Substanz [28].
Ararobabaum (Vataireopsis araroba)
Eine der bis heute wirksamsten topischen Psoriasistherapien ist das Cignolin (Anthralin,
Dithranol), das heutzutage ebenfalls synthetisch hergestellt wird. Ursprünglich wurde
es aus dem Chrysarobin gewonnen, einem Bestandteil der Rinde des Araroba- oder Goabaums
Vataireopsis araroba, der im Regenwald des Amazonas wächst. Cignolin hemmt die Freisetzung von proinflammatorischen
Zytokinen und das Wachstum von Keratinozyten. In einer randomisierten, multizentrischen
Studie mit 106 Psoriasispatienten erwies sich Cignolin gegenüber Calcipotriol als
signifikant überlegen (Psoradexan Creme mit 1 % Dithranol und Psoradexan mite Creme
mit 0,5 % Dithranol) [29].
Knorpelmöhre (Ammi majus)
Die ursprünglich aus der Knorpelmöhre isolierten Psoralene hemmen die Keratinozytenproliferation
und die kutane Entzündung in Kombination mit UVA-Bestrahlung (PUVA). Zahlreiche klinische
Studien wiesen die antipsoriatische Wirksamkeit von PUVA bei innerlicher Anwendung
[30], aber auch in Form von Bädern [31] oder Cremes [32] nach.
Mahonie (Mahonia aquifolium)
Die Berberitzenart Mahonia aquifolium stammt ursprünglich aus Nordamerika und wurde bereits von den Indianern zur Behandlung
der Psoriasis verwendet. In einer randomisierten, vehikelkontrollierten Doppelblindstudie
mit 200 Psorasispatienten konnte gezeigt werden, dass eine 10 %ige Mahonia-Creme eine
Wirkung mit signifikanter Reduktion des PASI (Psoriasis Area and Severity Index) hat
und gut verträglich ist [33]. In Deutschland ist seit langem ein frei verkäufliches Arzneimittel mit 10 % Mahoniaextrakt
auf dem Markt (Rubisan®).
Indigo (Baphicacanthus cusia)
In der traditionellen chinesischen Medizin ist Indigo naturalis ein verbreitetes Heilmittel.
Es handelt sich um ein blaues Pulver, das durch Zerkleinerung, Fermentation und Beimischung
von Kalk aus der Pflanze Baphicacanthus cusia hergestellt wird. In einer randomisierten, placebokontrollierten Studie wurden 42
Patienten mit chronischer Plaque-Psoriasis über einen Zeitraum von 12 Wochen mit einer
indigohaltigen Salbe behandelt. Unter Anwendung der Indigo-Salbe kam es zu einer Verbesserung
der Symptomatik bei 81 % der Patienten, wogegen das Placebo lediglich eine Verbesserung
bei 26 % der Patienten erzielte. Als Nebenwirkung trat bei 4 Patienten Juckreiz auf
[34]. In einer weiteren randomisierten, doppelblinden, placebokontrollierten Studie zeigten
Patienten mit moderater Psoriasis nach Anwendung einer indigohaltigen Salbe eine signifikante
Abnahme des PASI im Vergleich zu Placebo (56,3 % mit PASI 75 in der Verumgruppe versus
0 % mit PASI 75 in der Placebogruppe). Im Rahmen dieser Studie wurden vor Beginn der
Studie und nach 8 Wochen Hautbiopsien aus läsionaler und nicht läsionaler Haut entnommen
und die Genexpression untersucht. Die Hautproben wiesen die bei Psoriasis bekannte
Hochregulation des IL-17-Reaktionsweges auf. Mit Indigo behandelte Hautareale zeigten
eine Normalisierung der Hautläsionen und eine Herunterregulierung von IL-17 [35]. Unverarbeitetes Indigo naturalis verursacht aufgrund seiner blauen Farbe bei lokaler Anwendung Fleckenbildung auf
der Haut und Kleidung, sodass die Compliance bez. einer Langzeittherapie reduziert
wird. 2008 gelang es erstmals, die blaue Farbe durch eine Extraktion zu entfernen;
die resultierende, patentierte Formulierung „Lindioil“, bestehend aus Indirubin und
Indigo, wurde in mehreren klinischen Studien auf seine Wirkung bei Psoriasis untersucht.
In einer kürzlich publizierten, randomisierten, doppelblinden Studie mit 100 Patienten
mit Psoriasis vulgaris konnte die dosisabhängige Wirksamkeit von Lindioil® nach einer 2-mal täglichen Anwendung von 8 Wochen gezeigt werden. Die beste Wirksamkeit
zeigte sich in der Gruppe mit der höchsten Konzentration der Lindioil-Salbe mit 200 µg/g,
hier zeigte sich eine Reduktion des PASI von 69,2 %. Auch bei einer Konzentration
von 50 µg/g zeigte sich stets eine Reduktion des PASI von 50,3 %. Als Nebenwirkungen
traten Nasopharyngitis und obere Atemwegsinfekte auf, als kutane Nebenwirkungen bei
wenigen Patienten Erytheme. Schwere Nebenwirkungen traten nicht auf. Die hier zitierten
Studien wurden mit asiatischen Probanden durchgeführt [36]. Ob die Wirkung von Indigo naturalis bei Kaukasiern mit Psoriasis vergleichbar ist,
kann zum aktuellen Zeitpunkt nicht beurteilt werden. In Deutschland ist derzeit kein
Produkt mit Indigo verfügbar.
Kurkuma (Curcuma longa)
Kurkuma wird seit langem in der Traditionellen Chinesischen Medizin und in der Aryuvedischen
Medizin angewendet. In vitro zeigte Kurkuma antiinflammatorische, antimikrobielle
und antioxidative Eigenschaften [37].
Zudem wurden in den letzten Jahren mehrere Studien publiziert, die das Potenzial von
Kurkuma in der Therapie der Psoriasis vulgaris hervorheben. Hier scheinen verschiedene
Mechanismen, wie die Inhibition der Phosphorylase-Kinase [38]
[39], das Herunterregulieren von proinflammatorischen Zytokinen (wie bspw. von IL-17
und von TNF-α) sowie die Stärkung der Barrierefunktion der Haut durch das Hochregulieren
von Involucrin und Fillagrin in vitro eine Rolle zu spielen [40]. Es werden jedoch weitere, placebokontrollierte, klinische Studien benötigt, bevor
eine Empfehlung zur Anwendung topischer und oraler Kurkuma-Präparate in der Psoriasis
ausgesprochen werden kann [41].
Weihrauch (Boswellia serrata)
Weihrauchzubereitungen wurden traditionell in der griechisch-römischen Antike von
Hippokrates, Celsus, Galen und Dioskurides bei Hauterkrankungen als Salbenzubereitungen
bei Brandwunden und Frostbeulen, Schuppenflechte oder Warzen, als Pulver zum Reinigen
und Desinfizieren von Wunden und zur Blutstillung empfohlen [42] ([Abb. 1]).
Abb. 1 Weihrauchbaum (Boswellia serrata). (Quelle: Gisela Denneberg)
In einer multizentrischen, offenen Phase-III-Studie wurden 200 Probanden mit milder
bis moderater Psoriasis über 12 Wochen mit einer Weihrauch-haltigen Creme mit 5 %
3-O-Acetyl-11-keto-β-boswelliasäure (AKBBA) behandelt. Es wurden klinisch Änderungen
des PASI und labordiagnostisch die Reduktion von Biomarkerkonzentrationen vor Beginn
und nach 12 Wochen Lokaltherapie gemessen. Die Biomarker, die gewählt wurden, spielen
bei chronischen Entzündungsprozessen eine wichtige Rolle: Leukotrien B 4 (LTB4), Tumor
Nekrose Faktor alpha (TNF-α), Vascular endothelial Growth factor (VEGF) und Prostaglandin
E2 (PGE2).
Bereits bei der ersten Studienvisite nach 3 Wochen zeigte sich eine signifikante Reduktion
des PASI im Vergleich zur Baseline, die bei allen weiteren Visiten und auch bei der
Abschlussvisite nach 12 Wochen weiterhin signifikant war. Auch alle o. g. Biomarker
zeigten eine signifikante Reduktion im Serum nach 12 Wochen. Nebenwirkungen traten
bei 13 Patienten auf, hierbei handelte es sich hauptsächlich um moderate kontaktallergische
Reaktionen der Haut [43].
Johanniskraut (Hypericum perforatum)
Keratinozyten von Psoriasispatienten zeigen eine verstärkte Zellproliferation, eine
gestörte Differenzierung, Entzündungsreaktionen sowie eine reduzierte Expression von
Kationenkanälen wie z. B. TRPC6. Neben der entzündungshemmenden Wirkung konnte gezeigt
werden, dass Hyperforin in Keratinozyten den Einstrom von Kalzium fördert [44]. Eine erhöhte Kalziumkonzentration durch Hyperforin kann diese Kanäle aktivieren,
die Proliferation der Keratinozyten hemmen und eine geordnete Differenzierung fördern
[45]. In einer vehikelkontrollierten, einfach verblindeten Pilotstudie an 10 Patienten
mit Plaque-Typ-Psoriasis führte eine topische Behandlung mit Johanniskrautextrakt
(5 %) nach 4-wöchiger Anwendung zu einer signifikanten Reduktion aller Parameter des
PASI einschließlich Erythem, Plaquegröße und Dicke der Haut [46]. Eine kürzlich veröffentlichte, placebokontrollierte Doppelblindstudie mit intraindividuellem
Vergleich an 20 Psoriasispatienten mit milder bis moderater Plaque-Psoriasis zeigte
ebenfalls eine Reduktion des PASI nach 4-wöchiger Behandlung mit einer Johanniskrautcreme
(mit 5 % Johanniskrautextrakt). Außerdem führte die Behandlung zu einer Reduktion
des TNF-α Levels im Psoriasisgewebe [47].
Rosazea
Die Rosazea ist eine entzündliche Erkrankung. Die einzelnen Subtypen präsentieren
erythematöse, papulo-pustulöse und teleangiektatische Hautveränderungen. 2015 erschien
ein ausführlicher, systematischer Review zur Datenlage der Wirksamkeit von Phytotherapeutika
bei Rosazea [48].
Grüntee (Camellia sinensis, unfermentiert)
Grünteeextrakt enthält große Mengen oligomerer Proanthocyanidine wie Epigallocatechingallat
(EGCG). Dies ist ein potentes Antioxidanz mit photoprotektiven Eigenschaften. Es konnte
gezeigt werden, dass eine EGCG-haltige Creme den vaskulären endothelialen Wachstumsfaktor
VEGF und den Hypoxie-induzierten Faktor (HIF-1α) hemmt, 2 Verbindungen, die die Angiogenese
stimulieren. Die Autoren vermuten, dass die EGCG-haltige Creme den Verlauf der Rosazea
verzögern oder gar aufhalten kann. In einer Studie, die über 6 Wochen mit 4 Probanden
durchgeführt wurde, konnte jedoch kein signifikanter Unterschied in dem klinischen
Erythem im Vergleich zu Placebo objektiviert werden und auch in Biopsien keine Reduktion
der Vaskularisierung gezeigt werden [49]. Ggf. ist dies jedoch auf die geringe Fallzahl zurückzuführen, es müsste eine größere
Probandenzahl untersucht werden, um weitere Schlüsse ziehen zu können. Zudem könnte
die Dauer der Applikation zu kurz gewesen sein.
Da Sonnenexposition einen der Triggerfaktoren der Rosazea darstellt, könnten Grünteeextrakt-haltige
Externa auch über ihren photoprotektiven Effekt präventiv eine Rolle in der Therapie
spielen.
Süßholzwurzel (Glycyrrhiza inflata)
In einer Studie mit 62 Probanden zeigte Licochalcon A (LicA), ein Flavonoid aus der
Wurzel des Süßholzes, in verschiedenen Grundlagen (Reinigungsprodukt, Tages- und Nachtcreme,
jeweils mindestens 1-mal täglich appliziert) eine signifikante Reduktion des Gesichtserythems
nach 8-wöchiger Anwendung. Die Produkte wurden zudem an 25 Probanden zusammen mit
dem Antibiotikum Metronidazol angewendet, hier zeigte sich eine gute Verträglichkeit
[50]. Auch die Kombination von LicA mit Trans-4-t-Butylcyclohexanol, einem Inhibitor
des Kationenkanals TRPV1, wurde untersucht. Der TRPV1-Kanal ist in der Haut z. B.
an der Vermittlung von Schmerz, Juckreiz und Wärme beteiligt. In einer offenen, nicht
placebokontrollierten, internationalen, multizentrischen Studie mit 1221 Probanden
mit sensitiver und zu Rosazea neigender Haut zeigte sich nach 4 Wochen mit 2-mal täglicher
Applikation eine Besserung der untersuchten Symptome (z. B. Rötung und Erythem) [50]. Das Testprodukt wurde auch gut vertragen (Eucerin® AntiRÖTUNGEN Beruhigende Pflege).
Quassiaholzbaum (Quassia amara)
Von den in dem Review von Fisk et al. [48] aufgeführten Phytotherapeutia war ein 4 %iger Quassia amara-Extrakt der einzige, der eine Reduktion der Teleangiektasien zeigen konnte. Es wurden
30 Probanden mit Stadium-I – IV-Rosazea über eine Dauer von 6 Wochen 2-mal täglich
mit einem Quassia amara-Extrakt-haltigen Gel behandelt. Die untersuchten Parameter Flush, Erythem, Teleangiektasien,
Papeln und Pusteln waren alle bei der Abschlussvisite signifikant verringert. 37 %
der Probanden erreichten eine fast vollständige bis vollständige Remission, wobei
ein besserer Therapieerfolg bei Probanden mit ausgeprägter Rosazea erzielt wurden.
Es wurden keine Nebenwirkungen wie Pruritus, Ödem oder ein brennendes Gefühl beobachtet,
welche bei konventionellen Lokaltherapien auftreten können. Der Grad der erreichten
Symptomkontrolle war vergleichbar mit publizierten Daten von konventionellen Lokaltherapien
mit Metronidazol-Creme und Azelainsäure [52]. In der Studie gab es jedoch keine Kontrollgruppe.
Blutwurz (Potentilla officinalis)
In einer Patchtestreihe zeigte ein Blutwurzextrakt mit dem Ellagitannin Agrimoniin
ähnlich wie Hydrokortison einen sog. Blanching-Effekt, worunter man das Abblassen
der Haut versteht [19]. Der exakte Mechanismus dieses Effektes ist zwar nicht vollständig aufgeklärt, doch
es ist bekannt, dass dafür die glatten Muskelzellen der Haut verantwortlich sind,
die sich kontrahieren und dadurch den Blutfluss im Testareal reduzieren [53]. Blutwurzextrakt vermittelt die vasokonstriktorische Wirkung zumindest teilweise
über die Neutralisierung von vasodilatorisch wirkenden Stickoxiden und die Hemmung
der endothelialen NO-Synthase (eNOS), die konstitutiv aktiv ist. Aufgrund dieser gefäßtonisierenden
Wirkung mit eNOS-inhibitorischen Eigenschaften könnte der Blutwurzextrakt auch zur
Behandlung der Rosazea erythematosa eingesetzt werden, weil bei der Rosazea die Rötung
der Gesichtshaut zumindest teilweise durch NO vermittelt wird. Die NO-Synthese wird,
z. B. durch die Aktivierung der induzierbaren NOS (iNOS) nach einer Infektion mit
Haarbalgmilben, angeregt. Dieser Ansatz wurde von Sauermann bereits mit dem topischen
NO-Inhibitor L-NAME (NG-nitro-L-Arginin-Methylester) verfolgt, indem eine Creme mit 1 % L-NAME 2-mal täglich
für 3 Wochen bei Rosazea-Patienten angewendet wurde. Am Ende der Studie konnte eine
Reduktion des Erythems gezeigt werden [54]. Eine klinische Studie, ob Blutwurzextrakt tatsächlich die Rötung bei der Rosazea
reduziert, steht allerdings noch aus.
Akne vulgaris
Die Akne vulgaris ist charakterisiert durch hyperaktive Talgdrüsen, epidermale Hyperproliferation
und perifollikuläre Entzündung. Zu den Pathogenen, die mit Akne assoziiert sind, zählen
z. B. Propionibacterium acnes (P. acnes) und Staphylococcus aureus (S. aureus).
Teebaum (Melaleuca alternifolia)
In einer einfach verblindeten randomisierten Studie wurde 5 % Teebaumöl im Vergleich
zu 5 % Benzoylperoxid bei 124 Aknepatienten in topischer Applikation geprüft. Nach
3 Monaten Behandlung waren die Symptome mit beiden Zubereitungen deutlich gebessert,
ohne dass zwischen beiden Therapien ein Unterschied nachweisbar war [55]. Eine vehikelkontrollierte, randomisierte, über 45 Tage durchgeführte Doppelblindstudie
mit 60 Aknepatienten konnte die Wirksamkeit eines Gels mit 5 % Teebaumöl bestätigen
[56].
Grüntee (Camellia sinensis)
Die Wirksamkeit einer Lotion mit 2 % Grüntee-Extrakt konnte in einer prospektiven,
nicht randomisierten Studie mit 20 Aknepatienten gezeigt werden, die diese Präparation
2-mal täglich über einen Zeitraum von 6 Wochen anwendeten [57].
Hopfen (Humulus lupulus)
Extrakt aus Hopfen ([Abb. 2]) wirkt antioxidativ und antientzündlich. Im Mikrodilutionstest hemmt Hopfenextrakt
außerdem das Wachstum von P. acnes und S. aureus bereits in Konzentrationen von jeweils 3,1 und 9,4 µg/ml. Ein Gel mit 0,3 % Hopfenextrakt
zeigte im Agardiffusionstest einen antibakteriellen Effekt gegen P. acnes und S. aureus mit einem Hemmhof von jeweils 5,5 mm und 3 mm. Hopfenextrakt könnte eine alternative
Behandlungsoption für zu Akne neigender Haut sein (VELAN® Reine Haut Akut-Gel) [58]. Doch klinische Studien müssen diesen Effekt noch bestätigen.
Abb. 2 Hopfen (Humulus lupulus). (Quelle: Ursel Bühring)