Zeitschrift für Phytotherapie 2019; 40(03): 128-131
DOI: 10.1055/a-0879-8918
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Auf der Suche nach Artemisia vulgaris L.

Vom Iran bis zur Kamtschatka – ein Reisebericht
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Publication Date:
10 July 2019 (online)

 

2018 unternahm ich eine Forschungsreise quer durch Asien, um für meine Doktorarbeit Informationen über Anwendungsgebiete des Beifußes [Abb. 1] in verschiedenen Medizinsystemen zu sammeln.


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Die alten persischen Schätze

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Abb. 1  Der Beifuß (Artemisia vulgaris L.) spielt in Deutschland wegen seines allergischen Potenzials keine phytotherapeutische Rolle mehr. In den frühen Kräuterbüchern bis hin zu Madaus (1938) wird er stets genannt. Foto: Christian Fischer

Die Reise begann im Iran. Dank der Unterstützung von Dr. Johannes G. Mayer, Institut für Geschichte der Medizin an der Universität Würzburg, konnte ich einen Besuch in Shiraz an der dortigen Universität in der Fakultät für Traditionelle Persische Medizin absolvieren. Die Iraner forschen schon seit Jahren an ihrem alten Medizinsystem und richteten dafür ein vollständiges Programm mit Promotionsmöglichkeit ein, das Absolventen des medizinischen Fachbereichs eine moderne Weiterbildung auf diesem historischen Gebiet bietet.

Dabei sind die Prinzipien und Vorgehensweise der nationalen Medizin weit verbreitet. Ich hatte ein interessantes Gespräch mit dem Betreiber eines Phytoladens, der im Rahmen seiner Arbeit auch bei der Indikationsstellung zur Seite stand. Dabei fragte er nach Beschwerden im Sinne holistischer Medizin und verwendete z. B. die Paarungen warm – kalt und trocken – feucht. Den Einsatz für Artemisia sah er bei gesundheitlichen Problemen, die mit Kälte und Feuchtigkeit in Verbindung stehen.

Während der gesamten Reise habe ich hauptsächlich in Apotheken nach Informationen gesucht. Da in allen von mir besuchten Ländern der Handel mit Medikamenten und Nahrungsergänzungsmitteln durchaus organisiert war, war ein Apothekenbesuch auch der einfachste Weg, um die länderspezifische Recherche zu beginnen.

Obwohl Artemisia vulgaris im Iran kein Gegenstand der Forschung ist, gibt es auf dem pharmazeutischen Markt sowohl die Rohdroge (Herba) als auch Beifußpräparate. Einer davon ist ein flüssiger Extrakt, der für Menstruationsbeschwerden vorgesehen ist.

Im Iran stehen große Mengen unterschiedlicher pflanzlicher Mittel zur Verfügung, die Wahl von Darreichungsformen ist ebenfalls sehr groß. Die Herstellung von Phytopharmaka hat eine lange Tradition und ist gut dokumentiert, die Vielfalt an Heilpflanzen ist beträchtlich, der Anbau wird groß betrieben. Export in die Nachbarländer spielt hier eine wichtige Rolle.


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„Stane“ – die ehemaligen Sowjetrepubliken

Überraschend gut ist das Angebot von Heilmitteln in den postsowjetischen Ländern. Nach dem Zusammenbruch der Planwirtschaft spiegeln sich jetzt in den Apotheken die Regeln der Marktwirtschaft klar wider. Medizin insgesamt wurde zu einer Branche und der finanzielle Erfolg stellt auch hier die Weichen. Im Klartext bedeutet das, dass die gesamten Kosten der ärztlichen Behandlung und medikamentösen Therapie vom Patienten selbst getragen werden. Der Anteil an Leistungen durch Dritte (z. B. staatliches Gesundheitswesen) ist minimal. In dieser Situation bieten die pflanzlichen Mittel eine gute Alternative, weil sie deutlich billiger sind.

In Turkmenistan, wo eine „weiche“ Diktatur herrscht, hat die Verwendung von Phytopharmaka eine besondere Stellung. Der dortige Präsident und Machthaber Gurbanguly Berdymuhamedov ist Zahnarzt und Verfasser eines Buches über Heilpflanzen Turkmenistans. Im Vorwort unterstreicht er sein Engagement für die Verbreitung der Naturheilkunde in der Nation unter seiner Führung. Unter 7 aufgelisteten Artemisia-Arten in seinem Buch ist der Beifuß aber nicht vertreten.

Sehr viel Charme hatten für mich Besuche in usbekischen Apotheken. Da ich entlang der Seidenstraße unterwegs war, besuchte ich mit Freude Kräuterläden an wunderbaren Standorten innerhalb der Altstädte Khivas, Bucharas und Samarkands. Der Aufschwung der Kräuterheilkunde dort ist der zwischen dem 7. und 13. Jahrhundert herrschenden arabischen Kultur zu verdanken, die sehr großen Wert auf Forschung und Bildung legte. In jeder dieser Städte entstand eine Universität, wo neben Islamlehre auch Medizin studiert werden konnte. Der größte Vertreter und Gründungsvater der medizinischen Schule seinerzeit war Avicenna, der aus der Nähe von Buchara stammt. Seine Porträts mit unterschiedlichen Heilkräutern in der Hand sind überall zu sehen und zu kaufen [Abb. 2]. Es gab leider keines mit Artemisia vulgaris.

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Abb. 2  Der Usbeken Stolz: Porträts von Avicenna sind allgegenwärtig. Foto: Autor

Tadschikistan ist mit Abstand der ärmste „Stan“ auf dem Gebiet der ehemaligen UdSSR. Die Realität medizinischer Versorgung sieht so aus, dass die Patienten z. B. für eine MRT-Untersuchung eine Reise in das Nachbarland Kirgistan unternehmen müssen, um sie dort durchführen zu lassen. Leisten können sich das nur die Reichsten. Ein Beispiel für die kriminellen Verhältnisse im Gesundheitswesen ist die Fälschung von Medikamenten. Während meines Besuches gab es einen Skandal mit einem wirkstofffreien „Antibiotikum“, das in einer Fabrik in Russland hergestellt und legal nach Tadschikistan importiert wurde. Journalisten hatten dies herausgefunden, von der zuständigen Behörde wurde es jedoch unter den Teppich gekehrt.

Unter solchen Umständen wundert es nicht, dass die Behandlung mit Kräutern einen hohen Stellenwert hat. Dabei ist die Natur des Landes im Wesentlichen unberührt und besteht hauptsächlich aus Hochgebirge mit sonnigen Wiesen und kristallklaren Bergquellen. Die Kräuter- und Honigstände sind entlang der Straßen häufig zu finden und bieten ihre Warenpalette zu einem erschwinglichen Preis für Einheimische an, oft unter sehr rustikalen Bedingungen [Abb. 3].

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Abb. 3  Typischer Kräuterstand entlang einer Straße in Tadschikistan. Foto: Autor

Die beschriebene Situation im Gesundheitswesen zwingt viele Ärzte, die Kräuterheilkunde als Standardtherapie zu verwenden. Je ländlicher das Gebiet, desto größer ist der Umfang der Kräuterbehandlung. In Gorno-Badakhshan – einer autonomen Provinz an der Grenze zu Afghanistan – war ich zu Gast bei dem 80-jährigen Landarzt Dr. Schirinbek Davlatmamadov (Schreibweise des Autors). Er leitete früher ein Sanatorium mit Sole- und Mineralquellen und war Koautor des Buches „Medicinal Herbs of Badakhshan and their use“. Seine Praxis, gebaut aus Steinen auf einem Feld, bringt jährlich umgerechnet 200 $. Alle Kräuter für die Therapie werden von ihm selbst gesammelt. Artemisia vulgaris spielt dabei eine große Rolle und wird für menstruations- und verdauungsbedingte abdominelle Beschwerden reichlich verwendet [Abb. 4].

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Abb. 4  Artemisia-Vorrat bei einem alten Landarzt an der tadschikisch-afghanischen Grenze. Foto: Autor

In Kirgistan – in der Region die einzige und noch in Kinderschuhen steckende Demokratie – konnte ich eine „Klinik für alternative Heilungsmethoden“ besichtigen. Illegal betrieben, ohne jegliches Schild (bekannt durch Mundpropaganda), versprach sie eine erfolgreiche Krebsbehandlung aller Arten. Der Hauptbestandteil der Therapie waren drei Pflanzenextrakte, Mischungen aus eigener Herstellung. Ein Blick ins Krankenzimmer, gefüllt mit kachektischen Patienten im Endstadium bösartiger Krankheiten, deutete klar darauf hin, dass die Hoffnung zuletzt stirbt.

Aus Kasachstan blieb mir dagegen eine eher amüsante Erinnerung, die im Rahmen meiner Kräutersuche entstand: Während des Besuches einer großen Apotheke im sehr modernen Einkaufszentrum fiel mir ein kleines, elegantes Metallkästchen mit einem gemalten Motiv ins Auge, das auf etwas wachsendes hindeutete. Bei genauer Betrachtung konnte ich feststellen, dass es sich um ein pflanzliches Potenzmittel Namens „Casanova“ handelte. Den Inhalt bildeten Kapseln mit Auszügen chinesischer Kräuter; Beifuß war nicht dabei.


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Altai-Gebirge – Apotheke der Nomaden

Der chinesische Teil dieses Gebiets liegt in der westlichen Provinz Xinjiang. Da ich ein chinesisches Visum für nur 7 Tage bekam (Transitvisum), wurde meine Suche auf die Großstadt Urumqi eingeschränkt. Mit über 2000 Jahren Tradition der Phytotherapie bietet heutzutage jede Apotheke in China eine riesengroße Auswahl an unterschiedlichsten Präparaten sowohl pflanzlicher als auch tierischer Herkunft. Aufgrund der Sprachbarriere waren die Auskunftsmöglichkeiten stark eingeschränkt. Nach sehr mühsamem Gespräch mit dem gesamten Personal einer großen Apotheke im Stadtzentrum konnte ich feststellen, dass das Angebot an Artemisia-Arten aus A. anomala, A. capillaris (A. scoporia), A. japonica und A. annua besteht; Letztere rückt dank des Nobelpreises für die Chinesin Youyou Tu im Jahr 2015 für ihre Recherche und klinische Forschung zur Wirkung gegen Malaria wieder in den Vordergrund. Artemisa vulgaris hat weder in der chinesischen Materia medica noch in Schubladen chinesischer Apotheken einen Platz gefunden.

Auf der mongolischen Seite des Altais besuchte ich zwei Provinzen (Aimags): Chowd und Bajan-Ölgii. Wegen des sehr kalten Klimas ist in der Mongolei einerseits die Auswahl an Pflanzen im Vergleich zu den Nachbarregionen deutlich kleiner, anderseits bestehen die Indikationen hauptsächlich für die Behandlung von „Kälte”-Krankheiten. Die Nomaden wendeten die bekannten erwärmenden Mittel wie Zimt, Ingwer, Knoblauch oder Senfkorn an. Zu den verwendeten wärmenden Drogen gehörten auch Fructus Gleditsiae (von Gleditsia sinensis), Radix Platycodi (Platycodon grandiflorus), Fructus Evodiae (Evodia rutaecarpa) oder sogar Radix Aconiti, die „toxische Hitze“ hervorruft. Beifuß, dessen Verbreitung im Zusammenhang mit dem Ackerbau gesehen wird, hatte bei der nomadischen Lebensweise der Mongolen keine Chance, genutzt zu werden.

Schamanismus ist bis heute ein Bestandteil der Traditionellen Mongolischen Medizin. Die zeitgenössischen Repräsentanten dieses Berufs sind aber nicht mehr abseits des Dorfes lebende Einzelgänger, sondern etablierte Persönlichkeiten der Gesellschaft, die normalerweise auch eine andere Tätigkeit ausüben. Der von mir besuchte war Kfz-Mechaniker. Eine familiäre Weitergabe esoterischer Künste – der Verbindung mit Geistern – vom Vater auf den Sohn, besteht weiterhin und somit wird diese Tradition am Leben gehalten.

Am Ende meines Aufenthaltes in der Mongolei hatte ich die Möglichkeit, das Institut der Traditionellen Mongolischen Medizin (TMM) in Ulan Bator zu besuchen. Es besteht aus der Forschungsabteilung, einem Krankenhaus für TMM und einem pharmazeutischen Unternehmen, wo Phytopharmaka hergestellt werden. Auf meine Fragen zu Artemisia vulgaris wurde ich auf die Art A. frigida hingewiesen, was mir aber nicht weitergeholfen hat. Als Erinnerung an meine Suche ist mir das Buch von Dr. Bold Sharav: „History and development of traditional Mongolian medicine; 5000 years of medical history”, signiert vom Autor, geblieben. 2017 fand der erste internationale TTM-Kongress in Ulan Bator statt.


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Baikalsee – Kamtschatka – Moskau

Die Behandlung mit pflanzlichen Heilmitteln hat auch in Russland eine sehr lange Geschichte und ist bis heute weit verbreitet. Auf dem Markt befinden sich unzählige unterschiedliche Präparate, die meistens als Nahrungsergänzungsmittel verkauft werden. Dabei entsprechen die Inhalte der Packungsbeilagen bzw. Beschreibungen auf der Verpackung vollkommen den für zugelassene Medikamente vorgesehenen Standards. Viele Hersteller bieten Online-Konsultationen oder kostenfreie Hotlines an. Es gibt einen großen Wettbewerb auf dem Markt. Die Popularität der Phytotherapie spiegelt sich auch im Angebot an Literatur zu diesem Thema wider. Lehrbücher, Lexika, Enzyklopädien, Ratgeber, Nachschlagewerke sind überall erhältlich, sogar in Verkaufspunkten orthodoxer Kirchen.

Mein erster Kontakt mit Heilkräutern in Russland fand im BAM-Museum in Tynda statt. BAM, das ist die Bajkalo-Amurskaja-Magistrale – die Nordlinie der Transsibirischen Bahn, und Tynda ist der Hauptsitz der Geschäftsführung. Die Ausstellung der Pflanzen wurde in den Zusammenhang mit der Geschichte der ersten Zwangsarbeiter des Eisenbahnbaus und deren Lebensbedingungen in den 1930er-Jahren gestellt. Rinde von Linde und Birke spielt dabei eine wichtige Rolle. Die Leiterin des Museums hat mir gesagt, dass die Einheimischen den Gefangenen in der „Kräuterheilkunde“ sehr geholfen haben, obwohl solche Kontakte strengstens verboten waren. Doch die Wächter hätten dies geduldet. Die erste Lektion für Neuankömmlinge war eine Unterscheidung zwischen Heil- und Giftpflanzen.

Der östlichste Punkt meiner Reise war die Halbinsel Kamtschatka. Die Besichtigung eines Naturschutzgebietes mit unmittelbarer Nähe zu freilaufenden Bären hat mich am meisten beeindruckt. Dank Schutzmaßnahmen beträgt deren aktuelle Population über 2000. Ein anderes Säugetier, Stellers Seekuh (Hydrodamalis gigas), hat die Konfrontation mit dem Menschen nicht überlebt und wurde innerhalb von 27 Jahren ausgerottet. Nur sein riesiges Skelett im lokalen Museum kann bewundert werden. Was die Pflanzen betrifft, ist Kamtschatka kein natürliches Verbreitungsgebiet des Beifußes, nichtsdestotrotz lohnte sich eine Unterhaltung zum Thema Phytotherapie in der dortigen Apotheke.

Was die Professionalität der Beratung bezüglich einer Kräuterbehandlung angeht, ist Moskau kaum zu schlagen. Diese Stadt hat eine fast magische Anziehungskraft für alle Bürger der ehemaligen UdSSR, die nach wirtschaftlichem Erfolg suchen. Daher ist hier aus Konkurrenzgründen das qualitativ beste phytotherapeutische Angebot zu finden. Im Stadtzentrum befindet sich der Kräuterladen von Dr. Michail Gordeev – Botaniker und Mitglied der Russischen Akademie der Wissenschaften – mit über 500 Präparaten aus eigener Herstellung. Artemisia vulgaris ist Bestandteil von 4 Kombinationspräparaten und ist auch als Monopräparat erhältlich. Die Indikationen der Mischungen betreffen Menstruations- und menopausale Beschwerden, die Stärkung des Magens und Verdauungstraktes insgesamt sowie die Nikotinentwöhnung. Die Empfehlungen für das Kraut allein beziehen sich außerdem auf Neurosen und Schlafstörungen, was der beruhigenden Wirkung der Pflanze zu verdanken sei.


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Fazit

Artemisia vulgaris ist in den meisten der von mir besuchten Länder vertreten, mindestens in literarischer Auflistung. [Tab. 1] zeigt die möglichen Indikationen, die mit Artemisia vulgaris in den von mir besuchten Ländern behandelt werden. Alle Angaben basieren auf meinen persönlichen Beobachtungen vor Ort, somit sind sie ausschließlich subjektiver Natur. Nichtsdestotrotz versuchte ich, die gewonnenen Informationen entweder mit dem pharmazeutischen Index des Landes bzw. mit der nationalen Materia Medica zu untermauern. In Usbekistan und Afghanistan ist Artemisia vulgaris nicht bekannt, in Turkmenistan, dem westlichen China und in der Mongolei werden andere Artemisia-Arten verwendet.

Tab. 1

 Anwendungsgebiete des Beifußes in den besuchten Ländern.

Menstruationsbeschwerden

postpartum Blutkoagel

menopausale Beschwerden

Verdauungsstörungen

Epilepsie

Iran

X

X

0

0

0

Turkmenistan

0

0

0

0

0

Usbekistan

0

0

0

0

0

Tadschikistan

X

X

X

(X)

(X)

Afghanistan

0

0

0

0

0

Kirgistan

(X)

(X)

0

0

0

Kasachstan

0

0

0

(X)

0

China (Altai)

0

0

0

0

0

Mongolei

0

0

0

0

0

Russland

X

X

X

X

X

X = bekannte und verwendete Indikationsstellung

(X) = bekannte, aber nicht verwendete Indikationsstellung (z. B. wegen des Vorhandenseins besserer Alternativen)

0 = keine Indikationsstellung / Pflanze nicht bekannt oder vertreten


Das Indikationsspektrum im Mittleren und Fernen Osten unterscheidet sich kaum von dem, was in europäischen Kräuterbüchern über diese Pflanze geschrieben wurde. Am meisten entsprechen die Anwendungsbeispiele denen, die in Madaus’ „Lehrbuch der biologischen Heilmittel“ (Georg Thieme Verlag, Leipzig 1938) vorkommen. Verwendet wird die ganze Pflanze, weil Kraut und Wurzel in der Wirkung gleichwertig sind. Die populärste Zubereitungsform ist das Infus, also als teeähnliches Getränk. In Russland mit der traditionellen Vorliebe zum „Tschai“ (Tee), kann das als Ausdruck eines kulturellen Erbes in der Kräuterverwendung gesehen werden.

Als häufigste Gegenanzeige kommt die individuelle Überempfindlichkeit vor, sonst gibt es keine weiteren Sicherheitsbedenken. Daher ist Artemisia als Nahrungsergänzungsmittel bzw. als „Heilkrautmedikament“ zugelassen – hier sind die Vorschriften bezüglich Informationen über Sicherheit und Unbedenklichkeit deutlich milder als für apothekenpflichtige Mittel. Das allergische Potenzial wird, meiner Meinung nach zu Recht, bagatellisiert und sogar für Schwangere werden keine expliziten Warnungen geäußert.

Für die breite Bevölkerung sind Beifuß-Zubereitungen aufgrund des Preises eine günstige Alternative, hauptsächlich bei gynäkologischen und gastroenterologischen Beschwerden.

Pawel Klin, Allgemeinmediziner Bad Windsheim

pawel.klin@wp.pl


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Abb. 1  Der Beifuß (Artemisia vulgaris L.) spielt in Deutschland wegen seines allergischen Potenzials keine phytotherapeutische Rolle mehr. In den frühen Kräuterbüchern bis hin zu Madaus (1938) wird er stets genannt. Foto: Christian Fischer
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Abb. 2  Der Usbeken Stolz: Porträts von Avicenna sind allgegenwärtig. Foto: Autor
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Abb. 3  Typischer Kräuterstand entlang einer Straße in Tadschikistan. Foto: Autor
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Abb. 4  Artemisia-Vorrat bei einem alten Landarzt an der tadschikisch-afghanischen Grenze. Foto: Autor