Einleitung
In dem ersten Teil dieses Beitrags wurde die Ausprägung des Grundsatzes der persönlichen
Leistungserbringung in der vertragsärztlichen Versorgung dargestellt.[1] Dabei wurden die Möglichkeiten der Delegation von ärztlichen sowie nichtärztlichen
Leistungen umrissen und die Besonderheiten in den Strukturen von Berufsausübungsgemeinschaften
(BAG), Medizinischen Versorgungszentren (MVZ) und Filialen in den Blick genommen.
Der hier folgende zweite Teil wird sich mit den Möglichkeiten einer zulässigen Vertretung
und der Durchbrechung des Grundsatzes der persönlichen Leistungserbringung bei kooperativer
Zusammenarbeit in BAG, MVZ und Filialen sowie Fragen der Abrechnung von vertragsärztlichen
Leistungen, die unter Mitwirkung mehrerer Ärzte erbracht wurden, befassen.
Vertretung in BAG, MVZ und Filialen
Vertretung in BAG, MVZ und Filialen
Gemäß § 32 Abs. 1 S. 1 Ärzte-ZV hat der Vertragsarzt die vertragsärztliche Tätigkeit
persönlich in freier Praxis auszuüben. Bei Krankheit, Urlaub oder Teilnahme an ärztlicher
Fortbildung oder an einer Wehrübung kann er sich innerhalb von zwölf Monaten bis zur
Dauer von drei Monaten vertreten lassen. Die Vertretungsgründe sind für die vertragsärztliche
Versorgung abschließend geregelt. Dies gilt gemäß § 32b Abs. 6 S. 1, 2. HS Ärzte-ZV
für angestellte Ärzte gleichermaßen.
Die Kassenärztlichen Vereinigungen unterscheiden in ihrer jeweiligen Verwaltungspraxis
zwischen „echter“ Vertretung nach § 32 Abs. 1 Ärzte-ZV, sogenannter „unechter“ Vertretung
innerhalb einer Praxis, einer BAG oder eines MVZ sowie der kollegialen Vertretung
in der Praxis des Vertreters.
Ein „echter“ Vertreter im Sinne des Vertragsarztrechts ist ein Arzt, der nicht in
der Praxis, der BAG oder dem MVZ des Vertretenen tätig ist und entweder als Arzt (auch
als angestellter) in einer anderen Praxis, einer anderen BAG oder einem anderen MVZ
an der vertragsärztlichen Versorgung teilnimmt oder nicht (auch nicht als angestellter
Arzt) an der vertragsärztlichen Versorgung teilnimmt.
Im Umkehrschluss ist ein „unechter“ Vertreter ein interner Vertreter, der entweder
als Vertragsarzt gemeinsam mit dem Vertretenen im Rahmen einer gemeinsamen Berufsausübung
an der vertragsärztlichen Versorgung teilnimmt oder als angestellter Arzt in der Praxis,
der BAG oder des MVZ des Vertretenen gemäß § 32b Abs. 1 Ärzte-ZV, § 95 Abs. 9 SGB
V tätig ist.
Die verschiedenen Kassenärztlichen Vereinigungen beantworten die Frage, ob eine „echte“
oder eine „unechte“ Vertretung vorliegt, in Abhängigkeit der Status von Vertreter
und Vertretenem (Vertragsarzt oder angestellter Arzt) jedoch teilweise abweichend,
sodass diesbezüglich stets auf die Verwaltungspraxis der jeweils zuständigen Kassenärztlichen
Vereinigung abzustellen ist.
Eine kollegiale Vertretung (vgl. § 20 Abs. 1 MBO-Ä) liegt auch nach einhelliger Auffassung
der Kassenärztlichen Vereinigungen vor, wenn ein Vertragsarzt in seiner eigenen Praxis
einen anderen Vertragsarzt vertritt.
„Echte“ Vertretung
Ein Vertragsarzt hat eine eigene, bzw. die Abwesenheit eines angestellten Arztes von
mehr als einer Woche der für ihn zuständigen Kassenärztlichen Vereinigung nach § 32
Abs. 1 S. 4 Ärzte-ZV anzuzeigen.
Als „Nicht-Vertragsarzt“ kann jeder beliebige Arzt als Vertreter beauftragt werden,
der als approbierter Facharzt über die erforderlichen Qualifikationen verfügt (vgl.
§§ 32 Abs. 1 S. 5, 3 Abs. 2 Ärzte-ZV), mithin auch ein angestellter Arzt der Praxis,
der BAG oder des MVZ, der lediglich an der privatärztlichen Versorgung teilnimmt.
Der „Nicht-Vertragsarzt“, der als echter Vertreter tätig wird, muss ausreichend qualifiziert
sein. Er muss über eine abgeschlossene Facharztausbildung in dem Fachgebiet des Vertretenen
verfügen. Qualitätsgebundene Leistungen darf er nur erbringen, wenn er ausreichend
qualifiziert ist und über die erforderlichen Abrechnungsgenehmigungen gemäß § 135
Abs. 2 SGB V verfügt bzw. deren Voraussetzungen zumindest theoretisch erfüllt. Nicht
vertragsärztlich tätige Ärzte müssen die erforderlichen Qualifikationen über Testate
nachweisen können.
Der „echte“ Vertreter kann ein Vertragsarzt aus demselben oder einem anderen KV-Bezirk
sein. Die „echte“ Vertretung eines externen Vertragsarztes liegt dann vor, wenn der
externe Vertragsarzt die Vertretung in den Praxisräumen des Vertretenen durchführt.
Abrechnung der „echten“ Vertretung
Die von dem „echten“ Vertreter erbrachten Leistungen sind als Vertreterleistungen
zu kennzeichnen. Es ist das Muster 19 der Anlage 2 BMV-Ä („Notfall-/Vertretungsschein“)
zu verwenden und auf die Vertretung hinzuweisen.
Bei einer „echten“ Vertretung in der Praxis des Vertretenen sind die Vertreterleistungen
mit der Lebenslangen Arztnummer (LANR) des Vertretenen zu kennzeichnen; unabhängig
davon, ob es sich bei dem Vertreter um einen Arzt mit dem Recht zur Teilnahme an der
vertragsärztlichen Versorgung oder um einen „Nicht-Vertragsarzt“ handelt.
Im Rahmen der kollegialen Vertretung sind die Leistungen unter der LANR des (kollegialen)
Vertreters über dessen Praxis abzurechnen.
„Unechte“ Vertretung
Die Vertretung eines Vertragsarztes bzw. angestellten Arztes innerhalb einer Praxis,
einer BAG oder eines MVZ durch einen internen Vertreter, d. h. einen Vertragsarzt
oder einen angestellten Arzt derselben Praxis, derselben BAG bzw. desselben MVZ, stellt
(je nach Verwaltungspraxis der zuständigen Kassenärztlichen Vereinigung) eine sogenannte
„unechte“ Vertretung dar, auf die die Vertretungsregelungen in § 32 Abs. 1 Ärzte-ZV
keine Anwendung finden.
Diese Rechtsauffassung resultiert letztlich aus einem Urteil des Bundessozialgerichts
(BSG), in dem dieses klargestellt hat, dass eine Behandlung durch einen anderen Arzt
einer BAG (einer Praxis oder eines MVZ) nicht als Vertretung im Sinne von § 32 Abs. 1
Ärzte-ZV anzusehen ist.[2]
Zu beachten ist, dass von einigen Kassenärztlichen Vereinigungen die Auffassung vertreten
wird, dass jegliche interne Vertretung innerhalb einer BAG oder eines MVZ, unabhängig
vom Umfang des Versorgungsauftrags des Vertreters, als „unechte Vertretung“ anzusehen
ist, obwohl ein Vertragsarzt oder angestellter Arzt, dem kein voller Versorgungsauftrag
übertragen wurde, über ausreichende Kapazitäten verfügt (exklusive der vertragsärztlichen
Verpflichtungen), um Vertretungen außerhalb und innerhalb der jeweiligen BAG bzw.
des MVZ zu leisten. Entsprechend nehmen andere Kassenärztliche Vereinigungen in dem
Fall, in dem einem intern vertretenden Arzt kein voller Versorgungsauftrag übertragen
ist, einen Fall der „echten“ Vertretung nach § 32 Abs. 1 Ärzte-ZV an, soweit der Vertreter
über den Umfang des ihm übertragenen Versorgungsauftrags hinaus in Vertretung eines
Kollegen vertragsärztliche Leistungen erbringt.
Eine weitere Besonderheit besteht im Zusammenhang mit der Vertretung in den sogenannten
„Versorgerzweigpraxen“, von denen im ersten Teil dieses Beitrags bereits die Rede
war. Diesbezüglich gehen die Kassenärztlichen Vereinigungen wohl überwiegend davon
aus, dass eine „unechte“ Vertretung nur an den Betriebsstätten anzunehmen ist, an
denen eine vertragsärztliche Tätigkeit des Vertreters zulässig bzw. genehmigt ist.
Im Übrigen wird der vertretende Arzt auch innerhalb „seiner“ BAG oder „seines“ MVZ
Leistungen als „echter“ Vertreter erbringen können.
Die Frage, ob ein Fall der „echten“ oder der „unechten“ Vertretung vorliegt, ist auch
deshalb relevant, weil der „unechte“ Vertreter kein Vertreter im Sinne der Ärzte-ZV
ist und folglich für sämtliche Leistungen, die er erbringt, bzw. an deren Erbringung
er beteiligt ist, über sämtliche für die Abrechnung dieser Leistung erforderlichen
Abrechnungsgenehmigungen verfügen muss.
Abrechnung der „unechten“ Vertretung
Soweit es sich bei einer internen Vertretung nach der Verwaltungspraxis der zuständigen
Kassenärztlichen Vereinigung nicht um eine Vertretung im Sinne der Ärzte-ZV handelt,
sind die Leistungen, die im Rahmen der Vertretung erbracht werden, mit der eigenen
LANR des Leistungserbringers zu kennzeichnen.
Die Leistungen als „unechter“ Vertreter sind jedoch nicht als Vertretungsleistung
zu kennzeichnen, da keine Vertretung im Sinne des BMV-Ä vorliegt. Der „unechte“ Vertreter
muss seine Leistungen mit seiner eigenen LANR kennzeichnen.
Vertretung eines PVA
Ein Programmverantwortlicher Arzt im Rahmen des Mammographie-Screening-Programms (PVA)
kann sich gemäß § 32 Abs. 1 Ärzte-ZV vertreten lassen. Es gilt gemäß § 32 Abs. 4 der
Anlage 9.2 BMV-Ä die Besonderheit, dass der Vertreter für die erstmalige Vertretung
im Rahmen des Früherkennungsprogramms die Voraussetzungen nach § 5 Abs. 1 und Abs. 5b)
bis e) und h) der Anlage 9.2 BMV-Ä zu erfüllen hat.
Für weitere Vertretungen müssen die Voraussetzungen zur Aufrechterhaltung und Weiterentwicklung
der fachlichen Befähigung gemäß § 24 Abs. 3 der Anlage 9.2 BMV-Ä erfüllt werden.
Aufteilung vertragsärztlicher Leistungen nach dem EBM
Aufteilung vertragsärztlicher Leistungen nach dem EBM
Unter Beachtung der Ausführungen im ersten Teil dieses Beitrags zum Grundsatz der
persönlichen Leistungserbringung, der zulässigen Beteiligung Dritter an der persönlichen
Leistungserbringung sowie den zulässigen Orten der Leistungserbringung und den Erläuterungen
in diesem zweiten Teil des Beitrags zu der zulässigen Leistungserbringung durch Vertreter,
sind vertragsärztliche Leistungen durch den Vertragsarzt, die BAG oder das MVZ zulässigerweise
erbring- sowie abrechenbar.
Die bisherigen Ausführungen bezogen sich jedoch – mit Ausnahme der Hinweise zur Delegation
an nichtärztliches Personal – auf vollständige vertragsärztliche Leistungen, die mit
einer Gebührenordnungsposition (GOP) nach dem Einheitlichen Bewertungsmaßstab (EBM)
abrechenbar sind, also die Erbringung einer Leistung durch einen Arzt an einem Standort.
In der radiologischen Praxis ist es aber üblich, dass einzelne vertragsärztliche radiologische
Leistungen, die mit einer GOP abrechenbar sind, zwischen verschiedenen Ärzten, Standorten
oder sogar Arztpraxen aufgeteilt werden.
Geht man der Einfachheit halber davon aus, dass sich eine radiologische Leistung in
drei Teile teilen lässt, nämlich in
ist es regelmäßig üblich, dass insbesondere die Befundung durch einen anderen Arzt
zu einem anderen Zeitpunkt und an einem anderen Standort, ggf. sogar in einer anderen
Arztpraxis, als die anderen beiden Leistungsanteile erbracht wird.
Dies geschieht jedoch ohne Klärung der Frage, ob und in welchem Umfang dies in der
vertragsärztlichen Versorgung zulässig ist; diese soll im Folgenden behandelt werden.
Die Besonderheiten der Teleradiologie, bei der ebenfalls eine Aufteilung der radiologischen
Leistung zwischen verschiedenen Orten und Ärzten erfolgt, sollen dabei in diesem Beitrag
unberücksichtigt bleiben.
Leistungsaufteilung zwischen verschiedenen Ärzten
Aus dem Grundsatz der persönlichen Leistungserbringung im Vertragsarztrecht folgt
zunächst, dass eine vertragsärztliche radiologische Leistung nicht beliebig unter
verschiedenen Ärzten aufgeteilt werden darf.
I. Allgemeine Bestimmungen Ziffer 2.1 des EBM sieht vor, dass eine GOP nur berechnungsfähig
ist, wenn der Leistungsinhalt vollständig erbracht worden ist. I. Allgemeine Bestimmungen
Ziffer 2.2 EBM regelt weiterhin, dass eine Gebührenordnungsposition nur berechnungsfähig
ist, wenn der an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmende Arzt die für die Abrechnung
relevanten Inhalte gemäß §§ 14a, 15 und 25 BMV-Ä persönlich erbringt.
Der Grundsatz der persönlichen Leistungserbringung wird in der BAG und im MVZ jedoch
durchbrochen und modifiziert. Die Genehmigung der gemeinsamen Berufsausübung bzw.
die Zulassung als MVZ bewirkt, dass die BAG bzw. das MVZ gegenüber der Kassenärztlichen
Vereinigung wie ein Einzelarzt als einheitliche Rechtspersönlichkeit auftritt.
Zu der Abrechnung einer vertragsärztlichen Leistung, die durch mehrere Ärzte innerhalb
einer Praxis, einer BAG oder eines MVZ erbracht worden ist, bestimmt I. Allgemeine
Bestimmungen Ziffer 2.1 Satz 3 EBM Folgendes:
„Wirken an der Behandlung mehrere Ärzte zusammen, erfolgt die Berechnung durch denjenigen
Vertragsarzt (Arztnummer), von dem die Vollständigkeit des Leistungsinhalts erreicht
worden ist.“
Der EBM geht also offenbar davon aus, dass die Aufteilung einer vertragsärztlichen
Leistung, die mit einer GOP abrechenbar ist, zwischen verschiedenen Vertragsärzten
zulässig ist.[3]
Die Zulässigkeit einer solchen Leistungsaufteilung wird auch von der Kassenärztlichen
Bundesvereinigung bestätigt.
Der Kölner Kommentar zum EBM, der insoweit von Herrn Dr. Casser und damit vom Leiter
des Dezernats Vergütung, Gebührenordnung und Morbiditätsorientierung bei der Kassenärztlichen
Bundesvereinigung verfasst ist, geht ebenfalls von der Zulässigkeit der Aufteilung
einer vertragsärztlichen Leistung zwischen verschiedenen Ärzten aus.[4]
Im Ergebnis wird es deshalb – obgleich dies nicht von sämtlichen Kassenärztlichen
Vereinigungen ohne Weiteres anerkannt wird ‑ bspw. als zulässig anzusehen sein, wenn
eine vertragsärztliche radiologische Leistung in der Weise aufgeteilt wird, dass rechtfertigende
Indikation und technische Durchführung von Arzt A erbracht werden, die Befundung aber
letztlich durch Arzt B erfolgt.
Leistungsaufteilung zwischen verschiedenen Standorten
Entsprechendes wird – obgleich auch dies nicht von sämtlichen Kassenärztlichen Vereinigungen
ohne Weiteres anerkannt wird ‑ für die Aufteilung einer vertragsärztlichen radiologischen
Leistung zwischen verschiedenen Standorten einer Praxis, einer BAG oder eines MVZ
gelten.
Es wird bspw. als zulässig anzusehen sein, wenn eine vertragsärztliche radiologische
Leistung in der Weise aufgeteilt wird, dass rechtfertigende Indikation und technische
Durchführung an Standort A erbracht werden, die Befundung jedoch an Standort B erfolgt.
Zwar enthält der EBM diesbezüglich keine ebenso eindeutige Regelung wie hinsichtlich
der Leistungsaufteilung zwischen verschiedenen Ärzten, dabei ist jedoch zu berücksichtigen,
dass den Formulierungen im EBM weiterhin die Vorstellung der Einzelpraxis mit nur
einem Tätigkeitsort des Arztes zugrunde liegt und der Normgeber bei der Formulierung
des EBM die Möglichkeiten der gemeinschaftlichen Berufsausübung an mehreren Standorten
nicht berücksichtigt hat.
Die Kassenärztliche Bundesvereinigung bestätigt jedenfalls die Zulässigkeit der Aufteilung
einer radiologischen Leistung zwischen verschiedenen Standorten und auch Casser geht im Kölner Kommentar zum EBM von der Zulässigkeit der Leistungsaufteilung zwischen
verschiedenen Standorten aus.[5]
Für diese Auffassung spricht weiterhin, dass die Allgemeinen Bestimmungen des EBM
von der Möglichkeit einer arztpraxisübergreifenden Behandlung, also einer räumlich standortübergreifenden Leistungserbringung ausgehen.[6]
Leistungsaufteilung zwischen verschiedenen Arztpraxen
Aufgrund dieser Rede von einer „arztpraxisübergreifenden Behandlung“ und insbesondere vor dem Hintergrund der Regelungen zur sogenannten Leistungserbringergemeinschaft
in § 15 Abs. 3 BMV-Ä[7], könnte man davon ausgehen, dass auch die Aufteilung radiologischer Leistungen zwischen
verschiedenen Arztpraxen als zulässig anzusehen ist, zumal Casser im Kölner Kommentar zum EBM ebenfalls von der Zulässigkeit einer derartigen Leistungsaufteilung
auszugehen scheint.[8]
Eine Aufteilung vertragsärztlicher Leistungen zwischen verschiedenen Arztpraxen wird
von einigen Kassenärztlichen Vereinigungen zudem durchaus als zulässig akzeptiert.
Eine als zulässig anerkannte arztpraxisübergreifende Leistungsaufteilung kommt beispielsweise
in der Form vor, dass ein Orthopäde, der über die erforderliche Fachkunde im Strahlenschutz
verfügt, zunächst die rechtfertigende Indikation selbst stellt, die technische Durchführung
einer Röntgenuntersuchung von dem benachbarten Radiologen vornehmen lässt, die gefertigten
Aufnahmen hingegen selbst befundet.
Eine derartige Aufteilung vertragsärztlicher Leistungen bedeutet allerdings eine ganz
erhebliche Durchbrechung des Grundsatzes der persönlichen Leistungserbringung.
Die Rechtsberatertagung bei der Kassenärztlichen Bundesvereinigung ist wohl deshalb
im Juni des vergangenen Jahres zu der Rechtsauffassung gelangt, dass die Allgemeinen
Bestimmungen des EBM, soweit sie von der Zulässigkeit einer arztpraxisübergreifenden
Leistungsaufteilung ausgehen, nur Abrechnungsregelungen sind, aus denen nicht hergeleitet
werden kann, dass eine derartige Leistungsaufteilung generell zulässig ist. Vielmehr
müsse die Zulässigkeit einer arztpraxisübergreifenden Leistungsaufteilung in der jeweiligen
GOP geregelt sein.[9]
Von der Zulässigkeit der arztpraxisübergreifenden Aufteilung einer vertragsärztlichen
radiologischen Leistung ist deshalb keinesfalls ohne Weiteres auszugehen. Ohne vorherige
Abstimmung mit der zuständigen Kassenärztlichen Vereinigung und der rechtssicheren
vertraglichen Vereinbarung einer derartigen Kooperation sollte eine arztpraxisübergreifende
Leistungsaufteilung nicht praktiziert werden, um sich nicht dem Vorwurf einer Falschabrechnung
ausgesetzt zu sehen.
Kennzeichnung und Abrechnung der aufgeteilten Leistungen
Kennzeichnung und Abrechnung der aufgeteilten Leistungen
Eine GOP ist nach dem EBM nur berechnungsfähig, wenn der Leistungsinhalt vollständig
erbracht worden ist, vgl. I. Allgemeine Bestimmungen Ziffer 2.1 EBM.
Die Vollständigkeit der Leistungserbringung ist gegeben, wenn die erforderlichen Leistungsinhalte
erbracht worden und die erbrachten Leistungen dokumentiert sind. Die in der Überschrift
zu einer GOP aufgeführten Leistungsinhalte sind immer Bestandteil der obligaten Leistungsinhalte.
GOPen, deren Leistungsinhalt nicht vollständig erbracht wurde, können nicht berechnet
werden. Eine GOP ist nur berechnungsfähig, wenn der an der vertragsärztlichen Versorgung
teilnehmende Arzt die für die Abrechnung relevanten Inhalte gemäß §§ 14a, 15 und 25
BMV-Ä persönlich erbringt, vgl. I. Allgemeine Bestimmungen Ziffer 2.2 EBM.
Bei der Aufteilung einer vertragsärztlichen Leistung zwischen verschiedenen Ärzten,
Standorten und, soweit zulässig, Arztpraxen gilt, dass die Leistungen mit der LANR
des Arztes zu kennzeichnen sind, von dem die Vollständigkeit des Leistungsinhalts
erreicht worden ist und dass die (Neben-)Betriebsstättennummer des Standorts anzugeben
ist, in dem die Vollständigkeit des Leistungsinhalts erreicht worden ist, vgl. I. Allgemeine
Bestimmungen Ziffer 2.1 EBM sowie die Abrechnungsrichtlinien der Kassenärztlichen
Vereinigungen.
Aus diesen Abrechnungsvorschriften ergeben sich jedoch Folgeprobleme, die bei der
Aufteilung vertragsärztlicher Leistungen zu beachten sind und ggf. zu einer Begrenzung
des Umfangs der Leistungsaufteilung führen.
Insbesondere, wenn bei der Aufteilung vertragsärztlicher radiologischer Leistungen
einzelne Ärzte überwiegend nicht mehr mit der Befundung oder im Gegenteil überwiegend
mit der Befundung betraut sind oder an einzelnen Standorten überwiegend befundet oder
im Gegenteil kaum noch befundet wird, können die Folgenden Probleme auftreten:
Diejenigen Ärzte, die kaum noch vertragsärztliche radiologische Leistungen befunden,
erfüllen den ihnen übertragenen Versorgungsauftrag rechnerisch nicht mehr, weil die
Leistungen, an deren Erbringung sie mitwirken, nicht mit ihrer LANR zu kennzeichnen
sind. Nach § 19 Abs. 4 Ärzte-ZV in der seit dem 11.05.2019 geltenden Fassung kann
dies in letzter Konsequenz dazu führen, dass die Kassenärztliche Vereinigung die Zulassung
in dem Umfang, in dem der Versorgungsauftrag nicht erfüllt wird, zu entziehen hat.
Hingegen werden die Zeitprofile derjenigen Ärzte, die überwiegend die Befundung der
vertragsärztlichen radiologischen Leistungen übernehmen, in einer Plausibilitätsprüfung
in erheblichem Maße auffällig sein, weil sämtliche Leistungen, an deren Erbringung
sie durch die Befundung beteiligt sind, mit ihrer LANR zu kennzeichnen sind. Ob und
in welchem Umfang eine Plausibilisierung der deshalb zeitauffälligen Abrechnungen
im Rahmen der Plausibilitätsprüfung möglich ist, hängt dann letztlich von der Verwaltungspraxis
der zuständigen Kassenärztlichen Vereinigung ab.
Bei der Aufteilung einer vertragsärztlichen Leistung zwischen verschiedenen Standorten
sind zudem § 17 Abs. 1a S. 3 und 4 BMV-Ä zu beachten. Nach deren Vorschriften muss
die Tätigkeit am Vertragsarztsitz alle Tätigkeiten außerhalb des Vertragsarztsitzes
zeitlich insgesamt überwiegen (Überwiegenheitsgebot), wobei bei MVZ nicht auf den
einzelnen im MVZ tätigen Arzt, sondern auf das MVZ insgesamt abzustellen ist. Erfolgt
die Befundung vertragsärztlicher radiologischer Leistungen nun überwiegend nicht am
Vertragsarztsitz, ist auch mit einer grundsätzlich zulässigen Leistungsaufteilung
schnell ein Verstoß gegen das Überwiegenheitsgebot des BMV-Ä verbunden.
Fazit
Wird ein Vertragsarzt oder ein angestellter Arzt, der an der vertragsärztlichen Versorgung
teilnimmt, von einem anderen an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Arzt
derselben Praxis, derselben BAG oder desselben MVZ vertreten, ist stets abzugrenzen,
ob es sich bei dieser internen Vertretung um „echte“ Vertretung im Sinne der Ärzte-ZV
oder um sogenannte „unechte“ Vertretung handelt. Diese Abgrenzung ist dafür maßgeblich,
ob die Leistung als Vertreterleistung abzurechnen ist, mit wessen LANR sie zu kennzeichnen
ist und über welche Abrechnungsgenehmigungen der Vertretende verfügen muss. Die Abgrenzung
zwischen „echter“ und „unechter“ Vertretung bereitet jedoch immer wieder Schwierigkeiten
und hängt nach der insoweit uneinheitlichen Verwaltungspraxis der Kassenärztlichen
Vereinigungen oftmals von Detailfragen ab.
Die Aufteilung vertragsärztlicher Leistungen zwischen verschiedenen Ärzten und verschiedenen
Standorten einer Praxis, einer BAG oder eines MVZ dürfte grundsätzlich zulässig sein.
Sicherheitshalber sollte vor einer entsprechenden Aufteilung vertragsärztlicher Leistungen
zwischen verschiedenen Standorten und Ärzten das Einvernehmen mit der zuständigen
Kassenärztlichen Vereinigung erzielt werden.
Die Aufteilung einer vertragsärztlichen Leistung zwischen verschiedenen Arztpraxen
sollte nur in enger Abstimmung mit der zuständigen Kassenärztlichen Vereinigung und
auf Grundlage klarer vertraglicher Bestimmungen erfolgen, um sich nicht dem Vorwurf
der Falschabrechnung ausgesetzt zu sehen.
In jedem Fall der Aufteilung vertragsärztlicher Leistungen zwischen verschiedenen
Ärzten, Standorten oder, soweit zulässig, Arztpraxen sind die Grenzen zu beachten,
die sich aus dem Erfordernis der Erfüllung des Versorgungsauftrags, aus der Verwaltungspraxis
der zuständigen Kassenärztlichen Vereinigung im Hinblick auf die Möglichkeiten der
Plausibilisierung auffälliger Zeitprofile in der Plausibilitätsprüfung und aus dem
Überwiegenheitsgebot des BMV-Ä ergeben.
Prof. Dr. Peter Wigge
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Fachanwalt für Medizinrecht
Jonas Kaufhold
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