Aktuelle Dermatologie 2019; 45(04): 144
DOI: 10.1055/a-0867-4477
Derma-Fokus
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Neurodermitis: erhöhte Salzkonzentration in erkrankter Haut

Matthias J. et al.
Sodium chloride is an ionic checkpoint for human TH2 cells and shapes the atopic skin microenvironment.

Science Translational Medicine 2019;
DOI: 10.1126/scitranslmed.aau0683.
Further Information

Publication History

Publication Date:
15 April 2019 (online)

 

Salz beeinflusst offenbar allergische Immunreaktionen. Ein Team um Christina Zielinski von der Technischen Universität München (TUM) konnte in Zellkulturen zeigen, dass Salz zur Entstehung von Th2-Zellen führt. Diese Immunzellen sind bei allergischen Erkrankungen wie Neurodermitis aktiv. In der Haut von Patienten konnte das Team zudem erhöhte Salzkonzentrationen nachweisen.


#

In Industrieländern ist fast jeder dritte Mensch im Laufe seines Lebens von einer Allergie betroffen, jedes zehnte Kind leidet an einer Neurodermitis. T-Zellen spielen eine wichtige Rolle für solche Immunerkrankungen, wenn sie Fehlfunktionen entwickeln. Th2-Zellen, eine Untergruppe von T-Zellen, können dann allergische Entzündungen der Haut, z. B. eine Neurodermitis verursachen. Dabei werden verstärkt Interleukin-4 (IL-4) und Interleukin-13 (IL-13) ausgeschüttet. Wodurch die Fehlsteuerung ausgelöst wird, ist bislang unbekannt.

Mehr Th2-Zellen durch Einfluss von Natrium-Ionen

Christina Zielinski und ihr Team konnten in ihrer Studie zeigen, dass Natriumchlorid menschliche T-Zellen in einen Zustand versetzen kann, in dem sie vermehrt IL-4 und IL-13 ausschütten. T-Zellen, die eigentlich nicht zu Allergien führen sollten, können durch den Salzeinfluss zu Th2-Zellen umprogrammiert werden. Diese Veränderungen sind rückläufig, sobald die T-Zelle wieder weniger hohen Salzmengen ausgesetzt ist. „Signale der Ionen aus dem Salz spielen somit eine Rolle für die Entstehung und Steuerung von Th2-Zellen“, so Zielinski.


#

Stark erhöhte Salzkonzentrationen in der Haut von Neurodermitis-Patienten

Als Dermatologin interessierte sich Zielinski auch dafür, ob Neurodermitis-Patienten in den erkrankten Hautstellen erhöhte Natriumwerte aufwiesen. Tatsächlich lag der Natrium-Wert in der Neurodermitis-betroffenen Haut bis zu 30-fach höher als in gesunder Haut. Die erhöhten Natriumwerte passen gut zu dem bekannten Phänomen, dass Neurodermitis-Patienten eine starke Anreicherung des Bakteriums Staphylococcus aureus auf der Haut haben. Dieses Bakterium vermehrt sich unter salzigen Bedingungen, während Salz anderen Bakterien der Hautflora schadet. Kombiniert man diese und andere Erkenntnisse mit den aktuellen Forschungsergebnissen, legen sie Zielinskis Ansicht nach eine Verbindung zwischen Salz und dem Auftreten von Neurodermitis nahe.„Bislang konnten wir allerdings nicht nachweisen, wie die hohen Salzmengen in die Haut gelangen“, schränkt Zielinski ein. „Ebenso wenig wissen wir, ob man durch eine salzarme oder salzreiche Ernährung die Entstehung oder den Verlauf der Neurodermitis oder anderer allergischer Erkrankungen beeinflussen kann.“ Diese und ähnliche Fragen wollen die Forscher in zukünftigen interdisziplinären Studien beantworten.

Nach einer Pressemitteilung der Technischen Universität München (TUM)


#
#