Abb. 1 Ob im vorgestellten Kooperationsmodell die Hebamme wie hier im Bild oder die Gynäkologin
den Bauchumfang kontrolliert, hängt auch davon ab, in welcher SSW der Vorsorgetermin
stattfindet. Die gelungene Zusammenarbeit basiert auf einer klar geregelten Aufgabenverteilung
und Ablaufplanung. Zudem müssen die Partnerinnen in wichtigen Fragen der Schwangerenvorsorge
übereinstimmen bzw. ihre Kompetenzen klar abgrenzen. (Quelle: Kirsten Oborny / Thieme
Mediengruppe)
Hintergrund
Es gibt verschiedene Formen der kooperativen Betreuung von Schwangeren. Meist wird
sie von niedergelassenen Gynäkologinnen angeboten, wenn die Frauen zu den ersten Beratungen
in der Praxis erscheinen. Aus dem Kolleginnenkreis sind uns sehr unterschiedliche
Kooperationsmodelle bekannt. Manche Hebammen sind in der Praxis angestellt und übernehmen
auch Aufgaben der Medizinischen Fachangestellten (MFAs). Andere arbeiten ungeregelt,
je nach Bedarf, in einer gynäkologischen Praxis mit. Diese konzeptfreien Kooperationsmodelle
spiegeln sowohl die Unklarheiten und Unsicherheiten in der Interpretation der Mutterschaftsrichtlinien
als auch in der Abrechenbarkeit der Leistungen von Hebammen und Gynäkologinnen wider.
Die berufspolitische Auseinandersetzung um das Thema ist bekannt und hat in den vergangenen
Jahren zur Auflösung von Gyn-Hebammen-Kooperationen geführt.
Im Folgenden möchten wir darstellen, mit welchem Konzept und nach welchen Regeln wir
als Hebammen mit Gynäkologinnen die Schwangerenvorsorge gemeinsam anbieten. Es ist
die Essenz aus unseren über Jahre gesammelten Erfahrungen.
Die Praxis-Kooperation der Hebammen
Beide Autorinnen kooperieren mit gynäkologischen Praxen:
Christine Laß arbeitet seit 15 Jahren in der Praxis von Julia Tilgner in Northeim (vormals bis
2013 Praxis Dr. med. Claudia Schumann [4]) und seit 2018 zudem in der gynäkologischen Praxis Dr. med. Kathrin Tepper-Wessels
in Göttingen.
Juliette Becker lernte das Kooperationsmodell als Praktikantin vor der Hebammenausbildung kennen.
Auch sie kooperiert aktuell mit zwei Gynäkologinnen – seit 2017 in der Praxis Dr.
med. Mirjam Marwedel und Dr. med. Isabell Kampmann-Küster in Hann. Münden sowie seit
2013 in der Praxis Marc-Oliver Blaschke in Göttingen.
Die Entscheidung für eine Kooperation war für beide Hebammen eine bewusste Entscheidung.
Sie ist nicht aus einer Not heraus entstanden, sondern aus der Überzeugung, dass dieses
Modell der Schwangerenbetreuung auch für die Frauen das Beste ist. Mit dem Konzept
werden Frauen erreicht, die sonst erst kurz vor der Geburt eine Hebamme kennenlernen,
weil ihnen die Möglichkeit der Schwangerenvorsorge durch eine Hebamme vorher nicht
bekannt war.
Der erste Vorsorgetermin bei der Hebamme findet im vorgestellten Kooperationsmodell
planmäßig in der 10.-12. SSW statt (vgl. [Tab. 1]). Bis dahin ist die Schwangerschaft festgestellt und in der Sonografie bestätigt.
Die Ärztin hat die Anamnese durchgeführt und die Schwangere zu Ernährung, Arbeit,
Nikotin- und Alkoholkonsum sowie Pränataldiagnostik beraten.
Der erste Besuch bei der Hebamme in der Praxis ist für viele Frauen etwas Besonderes,
obwohl sie schon oft in dieser Praxis waren. Schließlich besiegelt er noch einmal
die bestehende Schwangerschaft. Ihr Bauch und somit ihr Kind wird ertastet. Sie hört
die kindlichen Herztöne und lässt sich über das Leistungsspektrum der Hebammen informieren.
Es ist viel Raum für Fragen, es werden Kurse und auch die Wahl der Geburtsklinik besprochen.
Zurzeit werden in den kooperierenden Praxen alle Graviden, die es wünschen, auch von
den beiden Hebammen mitbetreut. Sind es sehr viele Schwangere, wird die Arbeitszeit
in der Praxis entsprechend verlängert.
Warum eine Kooperation sinnvoll ist
Warum eine Kooperation sinnvoll ist
Unseres Erachtens bietet die Kooperation Vorteile gegenüber dem alleinigen Angebot
der Vorsorgeuntersuchungen in eigener Hebammenpraxis:
-
Wir gehen in eine bestehende, laufende (Gynäkologinnen-)Praxis. Räume sowie Ausstattung
sind vorhanden.
-
Für die Terminplanung und damit für den reibungslosen Ablauf in der Praxis sind die
MFAs zuständig.
-
Bei Krankheit der Hebamme oder Urlaub der Praxis werden die Vorsorgen von der jeweils
anderen Kooperationspartnerin durchgeführt. Die schwangere Frau bleibt in der Betreuung
der Praxis.
-
Bei in der Vorsorge erkannten Problemen, z. B. wenn die Schwangere von belastendem
Stress mit dem Arbeitgeber erzählt, oder gar bei festgestellten Pathologien ist eine
schnelle Hinzuziehung der Gynäkologin möglich. Die Gravide wird nicht zu einem anderen
Arzt oder in die Klinik geschickt, was in einer Hebammenpraxis in einem solchen Fall
notwendig wäre.
Diese Art des Vorgehens verschafft der Patientin, Ruhe, Sicherheit und Vertrauen.
Sie führt auch bei der betreuenden Hebamme zu mehr Zufriedenheit mit der Arbeit. Die
Frau wird von zwei Fachfrauen gesehen, Probleme werden zusammen besprochen und bestenfalls
direkt gelöst. Auch das weitere Vorgehen wird besprochen und von beiden getragen.
Die Verantwortung lastet nicht allein auf den Schultern der Hebamme oder der Gynäkologin.
Den schwangeren Frauen gibt dies Sicherheit, wie sie auf Nachfrage bestätigen.
Das sagen die Frauen
Die Vorteile für die Graviden sollen hier beispielhaft anhand von Zitaten aufgezeigt
werden:
„Hebamme oder Ärztin bei der Vorsorge? Ich hatte beides und fand es super. Und das
alles in der gewohnten Praxis meiner Frauenärztin mit ihrem netten und kompetenten
Team. In Kooperation mit einer Hebamme, die wie in meinem Fall miteinander gut kommunizieren,
ist das Rundum sorglos-Paket komplett. Durch die Kooperation konnte ich meine Hebamme,
welche mich im Wochenbett betreuen sollte, schon vorher gut kennenlernen und fühlte
mich sicher und gut aufgehoben. Als meine Ärztin im Urlaub war, konnte ich zu meiner
vertrauten Hebamme gehen und musste nicht zu einer fremden Ärztin.“
Frau M., betreut in der Praxis Dr. med. Kathrin Tepper-Wessels / Christine Laß in
Göttingen
„Meine Hebamme ist mit in meiner Frauenarztpraxis angesiedelt. Ich finde das sehr
gut und unkompliziert. Schon früh in der Schwangerschaft konnte ich einen unverbindlichen
Kennenlern-Termin mit der hausinternen Hebamme vereinbaren. Ganz unkompliziert und
praktisch – falls ich mich nicht wohlgefühlt hätte, hätte ich mir auch außerhalb jemanden
suchen können. Für mich war auch ein ausschlaggebender Punkt, dass die Hebamme meine
Akte aus der Praxis kannte und direkt Vorsorge-Termine übernehmen konnte. Ich konnte
während der normalen CTGs schon mal die eine oder andere Frage oder Unsicherheit besprechen.
Dafür hätte ich vermutlich nicht extra einen Termin mit einer externen Hebamme gemacht
oder jemanden angerufen. Auch von der Akupunktur bin ich ein Fan. Ich bin überzeugt,
dass diese meine schnelle Geburt durchaus begünstigt hat. Das Kennenlernen vor der
Geburt war super, da ich nach der Geburt direkt jemanden hatte, dem ich schon vertraute.
So hatte ich keine Hemmungen, mich nach der Geburt als emotionales Hormonbündel zu
präsentieren. Die Nachsorge war für mich Gold wert, ich habe mich auf jeden Termin
gefreut und hoffe, dass wir weiter in Kontakt bleiben.
Frau T., betreut in Praxis Julia Tilgner / Christine Laß in Northeim
Das sagt die kooperierende Gynäkologin
Das sagt die kooperierende Gynäkologin
Gynäkologin Julia Tilgner hat 2013 die Praxis von Dr. Claudia Schumann in Northeim
übernommen, mit der Christine Laß bereits seit rund zehn Jahren kooperiert hatte.
Die Kooperation führt sie seitdem fort und beschreibt deren Nutzen aus ärztlicher
Sicht so:
„Die Vorteile sind die Zusammenarbeit in der Schwangerenvorsorge und der damit gegebene
Austausch. Nachteile gibt es für mich als Gynäkologin nicht. Ich empfinde die Heb-Ärzte-Kooperation
als absolute Bereicherung der Gyn-geburtshilflichen Arbeit.
Die Frauen erleben 2 Seiten unserer Arbeit, die sich gut ergänzen. Insbesondere weil
viele Hebammen erst nach der Geburt zur Wöchnerin kommen, ist die Kontaktaufnahme
und Betreuung in der Schwangerschaft sehr wichtig und hier sehr beliebt: Viele Fragen
werden geklärt, für die sonst wenig Zeit ist, viele Zusatzangebote von Akupunktur
über Taping werden genutzt. Die Frauen fühlen sich sicherer, vermeiden Krankenhausaufenthalte
durch kontinuierliche Anleitung und gutes Körpergefühl.
Für mich stellt die Kooperation auch eine Arbeitsentlastung dar – weniger Kontakte,
aber mit der Möglichkeit, Problemfälle zu besprechen – auch hier vermeiden wir oft
unnötige Kontrollen im Krankenhaus, wenn wir uns absprechen und die Verantwortung
splitten.“
Julia Tilgner, niedergelassene Gynäkologin, Northeim
Basis der Kooperation
Die Kooperationspartnerinnen müssen gut gewählt sein. Für eine gute Zusammenarbeit
braucht es neben Sympathie auch die Anerkennung des Könnens der jeweils anderen. In
der Einstellung zu wichtigen Anteilen der Schwangerenvorsorge, wie etwa Verfahren
der Pränataldiagnostik, Sonografie oder dem Einsatz des CTGs, muss in den meisten
Punkten Konsens herrschen. In Fragen, die eine Sache der Abwägung sind, werden Vereinbarungen
getroffen, z. B. dass sich die Hebamme bei strittigen Themen wie der Grippeimpfung
aus der Beratung und Durchführung heraushält.
Sind diese Punkte für beide Parteien geklärt und zufriedenstellend geregelt, gilt
es, den Rahmen der Zusammenarbeit festzulegen. Dies beinhaltet etwa:
Dies wird im Kooperationsvertrag fixiert. [Abb. 1] zeigt beispielhaft einen von einer Autorin genutzten Vertrag. Es kann ebenso die
Vorlage des Hebammenverbandes genutzt werden.
Abb. 2 Mustervereinbarung Zusammenarbeit Hebamme und Arzt / Ärztin (Quelle: eigene Darstellung)
Wer macht was?
Der Ablauf und die Aufgaben- und somit auch Terminverteilung müssen festgelegt werden.
Dies dient den MFAs als Grundlage für eine sinnvolle Terminvergabe (bei anstehendem
Sonografie-Termin bei der Ärztin).
Ein Ablaufplan bietet den Rahmen, in dem sich die Terminvergabe, Intervall und auch
die Frage bewegen, wem der jeweilige Termin zugeordnet wird (Ärztin oder Hebamme).
Ereignisse, die einen Extratermin notwendig machen, kommen auch ohne Ablaufplan vor.
Sobald wie möglich wird wieder an dem Plan festgehalten. [Tab. 1] zeigt beispielhaft einen Ablaufplan der Autorinnen:
Tab. 1
Ablaufplan Schwangerenvorsorge Hebamme und Arzt / Ärztin im Sinne einer Praxiskooperation.Bei jedem Termin / Kontakt: Frage nach subjektivem Befinden und nach Sorgen oder Beschwerden.Bei Beschwerden: vaginale Untersuchung, pH-Bestimmung oder Cervixsonografie.
SSW
|
Untersuchungen in Anlehnung an Mutterschaftsrichtlinien
|
Blutentnahmen / Labor
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Wer?
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05.–07.
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-
Feststellung der Schwangerschaft
-
Bestimmung des voraussichtlichen Geburtstermins
-
Erhebung der Anamnese und Beratung über die Ernährung, Veränderungen in der Schwangerschaft,
Beratungsstellen
|
-
Blutgruppenbestimmung
-
Ak-Suchtest
-
Röteln, HB, Lues, Chlamydien
-
HIV (möglich)
-
Toxoplasmose, Listerien, CMV und Parvovirus auf Wunsch möglich
|
Arzt
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08.–12.
|
-
Übergabe Mutterpass
-
I Ultraschallscreening, evtl. Cervixsonografie
-
Ggf. NT-Messung, Harmony-Test
-
Kontrolle der Vitalparameter der Frau (Kontrolle: Gewicht, BMI, Urin, Blutdruck, Ödeme,
Varikosis)
-
Ausführliches Beratungsgespräch über Hebammenhilfe, Wochenbettbetreuung, Hilfe bei
Schwangerschafsbeschwerden, Kurse
|
|
Arzt
Arzt
Arzt
Hebamme
Hebamme
|
16.–18.
|
-
Beratung / Gespräch
-
Kontrolle der Vitalparameter der Frau
-
Kontrolle kindlicher Herztöne (mit Sonicaid) und Fundusstand, Symphysen-Fundusabstand,
Bauchumfang
|
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Hebamme
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18.–22.
|
-
II Ultraschallscreening
-
Herz- und Organultraschall, ggf. Geschlechtsbestimmung
-
Kontrolle der Vitalparameter der Frau
-
Kontrolle kindlicher Herztöne und Fundusstand Symphysen-Fundusabstand, Bauchumfang
|
|
Arzt
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24.–28.
|
-
Kontrolle der Vitalparameter der Frau
-
Kontrolle kindlicher Herztöne und Fundusstand Symphysen-Fundusabstand, Bauchumfang
-
oraler Glukosetoleranztest
|
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Hebamme
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28.–32.
|
-
III Ultraschallscreening
-
Kontrolle der Vitalparameter der Frau
-
Kontrolle kindlicher Herztöne und Fundusstand, Symphysen-Fundusabstand, Bauchumfang
|
|
Arzt
Hebamme
Hebamme
|
32.–34.
|
-
Kontrolle der Vitalparameter der Frau
-
Kontrolle kindlicher Herztöne (CTG)
-
Kontrolle Fundusstand, Symphysen-Fundusabstand, Bauchumfang
-
Bescheinigung über Mutterschutz
|
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Arzt/Hebamme
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34.–36.
|
-
Kontrolle der Vitalparameter der Frau
-
Kontrolle kindlicher Herztöne (CTG)
-
Kontrolle Fundusstand, Symphysen-Fundusabstand, Bauchumfang
-
ggf. vaginale Untersuchung
|
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Hebamme
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36.–38.
|
-
Kontrolle der Vitalparameter der Frau
-
Kontrolle kindlicher Herztöne (CTG)
-
Fundusstand, Symphysen-Fundusabstand, Bauchumfang
-
Abschluss Arztgespräch
|
|
Arzt/Hebamme
|
38.–40.
|
-
Kontrolle der Vitalparameter der Frau
-
Kontrolle kindlicher Herztöne (CTG)
-
Fundusstand, Symphysen-Fundusabstand, Bauchumfang
-
Abschlussgespräch Hebamme
|
|
Hebamme
|
vgl. Mutterschaftsrichtlinien Gemeinsamer Bundesausschuss 2016 [2]
Dieser Plan ist individuell für Praxen anpassbar. Die hier angeführten Termine für
die Abschlussgespräche sind keine fixen Termine. Dies bedeutet, dass die Betreuung
auch über den errechneten Entbindungstermin hinaus fortgeführt werden kann. Einfluss
auf das weitere Procedere haben der Verlauf der Schwangerschaft, schwangerschaftsbedingte
Erkrankungen oder auch Vorerkrankungen der Frau sowie die zeitliche Erreichbarkeit
der Praxis (Wochenende, Feiertage, Praxisurlaub).
Der Ablaufplan, der den MFAs, der Ärztin sowie der Hebamme vorliegt, mindert das Risiko,
dass etwas vergessen wird, z. B. eine Laboruntersuchung oder die Gabe von Anti D.
Bei jedem Treffen wird kurz abgeglichen (Mutterpass, Praxiskarte und Ablaufplan),
ob alle Untersuchungen zeitgerecht durchgeführt wurden.
Er bietet auch eine gute Basis für die Evaluation in der Praxis. Bei den Teamsitzungen
und den Fallbesprechungen wird schnell deutlich, wo etwas versäumt wurde, fehlerhaft
war und was verbessert werden kann.
Darüber hinaus macht jede Hebamme ihre eigene Evaluation für ihr internes Audit.
Abb. 3 Das abschließende Arztgespräch ist im vorgestellten Ablaufplan für die 36.-38. SSW
vorgesehen, das Abschlussgespräch mit der Hebamme für die 38.-40. KW. (Quelle: drubig-photo – stock.adobe.com)
Abrechnung
Ein heikler Punkt bei der Kooperation ist die Abrechnung. Wer darf was abrechnen?
Macht die Ärztin Verlust, wenn die Frauen zur Hebamme gehen? Entsprechend ist es oft
die erste Frage, welchen Gewinn oder Nutzen die Praxis durch eine etwaige Kooperation
hat.
Die Angst, dass es für die Praxis ein Verlustgeschäft wird, ist der Hauptgrund, warum
viele Gynäkologinnen die Kooperation ablehnen, oft noch nicht einmal darüber nachdenken.
Die Angst vor einem Regress steht sofort im Raum. Diese Bedenken spiegeln die Unklarheiten
bzw. Unsicherheiten bei der Abrechnung wider (vgl. oben). Sind die Abrechnungsfragen
geklärt, entspannt sich die Situation und die Vorteile einer Kooperation treten in
den Vordergrund.
Im Folgenden stellen wir die Möglichkeiten der Abrechnung dar. Dies kann auch als
Argumentationshilfe bei einem ersten Kooperationsgespräch genutzt werden.
Der Grundsatz lautet: Jede Kooperationspartnerin rechnet das ab, was sie leistet.
Wird ein suspektes CTG von der Hebamme geschrieben und von der Ärztin mit beurteilt,
rechnen es beide ab (Ziffer 0600).
Ein weiteres Beispiel: Eine schwangere Frau war zur Vorsorge bei der Ärztin. Dort
wurde eine beginnende Symphysenlockerung diagnostiziert. Die Ärztin bietet ihr an,
sich am folgenden Tag bei der Hebamme mit einem Kinesiotape behandeln zu lassen. Da
das Hilfsangebot niedrigschwellig und schnell umzusetzen ist, wird es von den Frauen
sehr gern angenommen. Die Hebamme kann in diesem Fall die Ziffer 0500 Hilfe bei Schwangerschaftsbeschwerden abrechnen. Der Termin hierfür wird von den MFAs vergeben.
Die Ziffern 0200 / 0230 sollten nur dann abgerechnet werden, wenn die Hebamme auch
die Wochenbettbetreuung übernimmt.
Tab. 2
Abrechnungsfähige Ziffern in Rahmen der Schwangerschaftsvorsorge
Nummer 0300
|
Vorsorgeuntersuchung der Schwangeren
|
30,92 Euro
|
Nummer 2500
|
Entnahme von Körpermaterial
|
7,87 Euro
|
Nummer 0500
|
Hilfeleistung bei Schwangerschaftsbeschwerden oder Wehen
|
20,70 Euro
|
Nummer 0600
|
Kardiotokographische Überwachung
|
8,85 Euro
|
Nummer 0100
|
Beratung der Schwangeren auch mit Kommunikationsmedium
|
8,00 Euro
|
Nummer 0400
|
GDM Screening
|
9,83 Euro
|
Nummer 0200
|
Individuelle Basisdatenerhebung und Leistungsauskunft
|
32,02 Euro
|
Nummer 0230
|
Individuelles Vorgespräch über Fragen der Schwangerschaft und Geburt
|
44,60 Euro
|
Quelle: Hebammenhilfevertrag 2018 [3]
Vorteile der Kooperation von Hebamme und Ärztin
Viele positive Aspekte der Kooperationen wurden von uns beschrieben. Das Modell weist
klare Vorteile für die Hebamme auf. Wir sparen Zeit, Praxisräume und Ausstattung können
mitgenutzt werden, die Terminvergabe geschieht durch die MFAs, das QM der Schwangerenvorsorge
wird gemeinsam mit der Praxis durchgeführt.
Auch die Gynäkologin profitiert von der Kooperation, u. a. durch eine Arbeitsentlastung
(weniger Kontakte) und die Möglichkeit, Problemfälle direkt mit der Hebamme zu besprechen
(Vermeiden unnötiger Krankenhauskontrollen).
Im Fokus der gemeinsamen Betreuung steht die schwangere Frau: Die frauenorientierte
Schwangerenberatung ist förderlich für das Selbstwertgefühl der Frau und ihr Vertrauen
in die Funktion und Kraft des eigenen Körpers. Ihr Kohärenzgefühl wird gestärkt, im
Sinne von Antonovsky [1]. Die Schwangere erfährt, was sich in der Schwangerschaft verändert, warum sich etwas
ändert und wie sie damit umgehen kann. Dies ist auch eine gute Vorbereitung auf die
anstehende Geburt, weil Ungewissheit und Ängste vor Schmerzen und Kontrollverlust
gemindert werden und das Vertrauen in die eigene Selbstwirksamkeit gestärkt wird.
In diesem Sinne werden auch Themen wie „Wunschkaiserschnitt“, Geburtsvorbereitungskurse,
Wochenbettbetreuung oder der Einsatz von Familienhebammen frühzeitig besprochen.
Beide würden wir unseren Kolleginnen vorbehaltlos zu diesem Kooperationsmodell raten.