Hicks BM.
et al.
Angiotensin converting enzyme inhibitors and risk of lung cancer: population based
cohort study.
BMJ 2018;
363: k4209
ACEI führen zu einer Akkumulation von Bradykinin und Substanz P in der Lunge, die
beide proliferationsfördernd wirken. Dies leitete zu der Annahme, dass eine Tumorentstehung
begünstigt sein könnte. Frühere Studien wiesen mit u. a. kleinen Gruppengrößen und
kurzen Nachbeobachtungszeiten methodische Mängel auf. Die aktuelle populationsbasierte
Kohortenstudie enthielt Daten aus dem britischen Clinical Practice Research Datalink,
in das Informationen aus mehr als 700 Allgemeinpraxen und von > 15 Millionen Einwohnern
einfließen. Bei 992 061 Patienten > 18 Jahre bestand eine neu diagnostizierte, behandlungsbedürftige
arterielle Hypertonie. Die Autoren verglichen die Inzidenz von Bronchialkarzinomen
(1995 – 2015) in der Gruppe mit einem ACEI (n = 335 135) und mit Angiotensin-Rezeptor-Blockern
(n = 29 008; Kontrollgruppe), die eher protektive Effekte haben sollen. 101637 Patienten
nahmen Wirkstoffe aus beiden Substanzklassen ein. Insgesamt traten in der durchschnittlichen
Nachbeobachtungszeit von 6,4 Jahren 7952 Bronchialkarzinome auf. Dies entsprach einer
Inzidenz von 1,3/1000 Personenjahre.
Verglichen mit den Kontrollen wiesen Patienten mit ACEI Abweichungen auf: Sie waren
häufiger männlich, Raucher, hatten mehr alkoholassoziierte Krankheiten und einen höheren
Body-Mass-Index. Der Gruppenvergleich ergab eine insgesamt 14 % höhere Wahrscheinlichkeit
für Bronchialkarzinome bei ACEI-Einnahme. Der Risikounterschied nahm mit der Einnahmedauer
zu:
-
1 – 5 Jahre HR 1,10 (95 %-KI 0,94 – 1,25; nicht signifikant),
-
5 – 10 Jahre HR 1,22 (95 %-KI 1,06 – 1,40; signifikant) und
-
> 10 Jahre HR 1,31 (95 %-KI 1,08 – 1,59; signifikant).
-
Die Rauchgewohnheiten modifizierten die Wahrscheinlichkeiten nicht wesentlich. In
einer ergänzenden Analyse verglichen die Autoren das Bronchialkarzinomrisiko von Patienten
mit ACEI und Thiaziden. Dies ergab eine 6 %-ige Risikosteigerung in der ACEI-Gruppe
gegenüber der Thiazidgruppe. Ähnlich wie im ersten Vergleich bestand in den ersten
5 Einnahmejahren keine unterschiedliche Wahrscheinlichkeit. Nach > 10 Jahren erkrankten
Patienten mit ACEI 23 % häufiger an Lungenkrebs als diejenigen mit einem Thiazid.
Die kleinen relativen Effekte dürften sich aufgrund der Verordnungshäufigkeit dennoch
in hohen Gesamtzahlen ausdrücken, so die Autoren. Hicks et al. räumen aber ein, dass
für die Bestätigung der Beobachtungsstudie weitere Untersuchungen mit längerer Nachbeobachtung
notwendig seien. Die genauere Charakterisierung der Rauchgewohnheiten, die Therapieadhärenz,
Familienanamnese und andere Einflussfaktoren blieben unberücksichtigt.
Dr. med. Susanne Krome, Melle