Pneumologie 2019; 73(03): 136
DOI: 10.1055/a-0839-6828
Pneumo-Fokus
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Neue Hinweise auf mögliche Risikosteigerung für Bronchialkarzinome durch ACE-Hemmer

Hicks BM. et al.
Angiotensin converting enzyme inhibitors and risk of lung cancer: population based cohort study.

BMJ 2018;
363: k4209
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Publication Date:
12 March 2019 (online)

 

    Inhibitoren des Angiotensin-Converting-Enzyme (ACEI) gehören zu den am häufigsten verordneten Antihypertensiva. Bislang kamen Untersuchungen zu uneinheitlichen Ergebnissen bezüglich onkogener Nebenwirkungen. Die Beobachtungsstudie mit fast 1 Million Patienten spricht für einen Zusammenhang von ACE-Hemmer-Einnahme und Bronchialkarzinomwahrscheinlichkeit. Allerdings wiesen an Lungenkrebs Erkrankte auch andere begünstigende Risikofaktoren auf.


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    ACEI führen zu einer Akkumulation von Bradykinin und Substanz P in der Lunge, die beide proliferationsfördernd wirken. Dies leitete zu der Annahme, dass eine Tumorentstehung begünstigt sein könnte. Frühere Studien wiesen mit u. a. kleinen Gruppengrößen und kurzen Nachbeobachtungszeiten methodische Mängel auf. Die aktuelle populationsbasierte Kohortenstudie enthielt Daten aus dem britischen Clinical Practice Research Datalink, in das Informationen aus mehr als 700 Allgemeinpraxen und von > 15 Millionen Einwohnern einfließen. Bei 992 061 Patienten > 18 Jahre bestand eine neu diagnostizierte, behandlungsbedürftige arterielle Hypertonie. Die Autoren verglichen die Inzidenz von Bronchialkarzinomen (1995 – 2015) in der Gruppe mit einem ACEI (n = 335 135) und mit Angiotensin-Rezeptor-Blockern (n = 29 008; Kontrollgruppe), die eher protektive Effekte haben sollen. 101637 Patienten nahmen Wirkstoffe aus beiden Substanzklassen ein. Insgesamt traten in der durchschnittlichen Nachbeobachtungszeit von 6,4 Jahren 7952 Bronchialkarzinome auf. Dies entsprach einer Inzidenz von 1,3/1000 Personenjahre.

    Verglichen mit den Kontrollen wiesen Patienten mit ACEI Abweichungen auf: Sie waren häufiger männlich, Raucher, hatten mehr alkoholassoziierte Krankheiten und einen höheren Body-Mass-Index. Der Gruppenvergleich ergab eine insgesamt 14 % höhere Wahrscheinlichkeit für Bronchialkarzinome bei ACEI-Einnahme. Der Risikounterschied nahm mit der Einnahmedauer zu:

    • 1 – 5 Jahre HR 1,10 (95 %-KI 0,94 – 1,25; nicht signifikant),

    • 5 – 10 Jahre HR 1,22 (95 %-KI 1,06 – 1,40; signifikant) und

    • > 10 Jahre HR 1,31 (95 %-KI 1,08 – 1,59; signifikant).

    • Die Rauchgewohnheiten modifizierten die Wahrscheinlichkeiten nicht wesentlich. In einer ergänzenden Analyse verglichen die Autoren das Bronchialkarzinomrisiko von Patienten mit ACEI und Thiaziden. Dies ergab eine 6 %-ige Risikosteigerung in der ACEI-Gruppe gegenüber der Thiazidgruppe. Ähnlich wie im ersten Vergleich bestand in den ersten 5 Einnahmejahren keine unterschiedliche Wahrscheinlichkeit. Nach > 10 Jahren erkrankten Patienten mit ACEI 23 % häufiger an Lungenkrebs als diejenigen mit einem Thiazid.

    Fazit

    Die kleinen relativen Effekte dürften sich aufgrund der Verordnungshäufigkeit dennoch in hohen Gesamtzahlen ausdrücken, so die Autoren. Hicks et al. räumen aber ein, dass für die Bestätigung der Beobachtungsstudie weitere Untersuchungen mit längerer Nachbeobachtung notwendig seien. Die genauere Charakterisierung der Rauchgewohnheiten, die Therapieadhärenz, Familienanamnese und andere Einflussfaktoren blieben unberücksichtigt.

    Dr. med. Susanne Krome, Melle


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