Geriatrie up2date 2019; 1(01): 35-52
DOI: 10.1055/a-0830-7641
Neurologie und Psychiatrie
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Delir beim alten Menschen

Walter Hewer
Weitere Informationen

Korrespondenzadresse

Prof. (apl.) Dr. med. W. Hewer
Klinikum Christophsbad
Faurndauerstraße 6 – 28
73035 Göppingen

Publikationsverlauf

Publikationsdatum:
27. März 2019 (online)

 

Das Delir ist ein durch eine akute Hirnfunktionsstörung verursachtes psychopathologisches Syndrom. Aufgrund der vielgestaltigen Pathogenese und Symptomatologie und seines akuten Verlaufs mit assoziierten Risiken stellt es diagnostisch und therapeutisch eine fachübergreifende Herausforderung dar. Da ältere und alte Menschen am häufigsten betroffen sind, steht diese Altersgruppe im Mittelpunkt dieses Beitrags.


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Krankheitsbild

Die nach jetzigem Stand noch bis Ende 2021 gültige ICD-10-Klassifikation definiert das Delirsyndrom durch folgende diagnostische Kriterien [1]:

  • Bewusstseinstrübung, Störung der Aufmerksamkeit

  • globale kognitive Dysfunktion (Störungen von Auffassung, Denkvermögen, Mnestik, Orientierung etc.)

  • Störungen der Psychomotorik („hyperaktives“ – „hypoaktives Delir“)

  • Störung des Schlaf-Wach-Rhythmus

  • affektive Störungen (z. B. Depression, Angst, Euphorie)

Zusätzlich gefordert werden ein akuter Beginn, ein fluktuierender Verlauf sowie eine 6 Monate nicht überschreitende Krankheitsdauer. Für die Diagnosestellung nicht entscheidend, so doch häufig das klinische Bild bestimmend, können psychotische Symptome hinzukommen mit Wahnsymptomatik und typischerweise optischen Halluzinationen. Adrenerge vegetative Symptome wie Mydriasis, Tachykardie, Blutdruckanstieg, Hyperhidrosis, Tremor sind typisch für das auch im Alter zu beachtende Alkoholentzugsdelir. Andererseits sind aber auch Symptome zu beachten, die auf ein anticholinerges Delir hindeuten können: Mydriasis und Tachykardie, trockene Haut und Schleimhäute, gastrointestinale Hypomotilität.

Das oben beschriebene Kernsyndrom des Delirs kann nach ICD-10 entweder unter den organischen psychischen Störungen (F05.x – nicht substanzgebundenes Delir) oder den durch den schädlichen Gebrauch bzw. die Abhängigkeit von psychotropen Substanzen bedingten psychischen und Verhaltensstörungen klassifiziert werden (F1x.4 – substanzgebundenes Delir). Bei den letztgenannten Störungsbildern sind im Alter v. a. die Entzugsdelirien bei Alkohol- und Benzodiazepinabhängigkeit klinisch relevant. Daneben müssen aber auch intoxikationsbedingte Delirien beachtet werden [2]. Im Alter sind hier v. a. Benzodiazepine und (fast immer ärztlich verordnete) Opioide als Ursachen hervorzuheben [3].

In den seit 2013 geltenden Diagnosekriterien des DSM-5 wird bezüglich des ersten oben genannten ICD-10-Kriteriums ein deutlicher Akzent auf die Aufmerksamkeitsstörung gesetzt und dabei folgende Komponenten genannt: Ausrichten, Fokussieren, Aufrechterhalten und Lösen der Aufmerksamkeit [2]. Trotz der Unterschiede zwischen den beiden Klassifikationssystemen können als wesentliche Gemeinsamkeiten in Bezug auf die Kernsymptomatik festgehalten werden:

  • eine akute Störung des Bewusstseins und der Aufmerksamkeit,

  • die sich über eine kurze Zeitspanne entwickelt und hinsichtlich ihres Schweregrades fluktuiert,

  • weiterhin eine Verschlechterung kognitiver Leistungen (z. B. Gedächtnisdefizite, Desorientiertheit, Sprach- und Denkstörungen), die signifikant über den Grad ggf. vorbestehender Einschränkungen hinausgeht (s. [Fallbeispiel 1]),

  • sowie der Nachweis ätiopathogenetisch relevanter Faktoren, die in einer klinisch plausiblen Weise mit der Manifestation des Delirs in Verbindung gebracht werden können.

Fallbeispiel 1

Es stellt sich ein 86-jähriger zu Hause lebender Patient vor. Bei einem Schlaganfall vor 2 Jahren wurde eine leichtgradige vaskuläre Demenz diagnostiziert. Begleiterkrankungen sind: Hypertonie, Diabetes mellitus und Prostatahyperplasie. Im Rahmen eines Herpes zoster vor 3 Monaten mit Entwicklung einer Post-Zoster-Neuralgie verschlechterte sich der Gesundheitszustand deutlich. In den 2 Wochen vor stationärer Aufnahme in der Gerontopsychiatrie verschlechtert sich die Kognition mit zunehmender Desorientierung im häuslichen Umfeld. Zusätzlich besteht eine psychomotorische Unruhe mit Tag-Nacht-Umkehr.

Medikation bei Aufnahme (Tagesdosen): Gabapentin 200 mg, Amitriptylin 25 mg, Metamizol 1875 mg, Memantin 10 mg, L-Dopa 100 mg, Buprenorphin 35 ug/h, Enalapril 10 mg, Tamsulosin 0,4 mg, Clopidogrel 75 mg, Pantoprazol 20 mg.

Aufnahmebefund/vorläufige Diagnose

Patient in stabilem Allgemeinzustand, fluktuierende Bewusstseinstrübung, zu allen Qualitäten desorientiert, psychomotorische Unruhe, Resthemiparese links/hyperaktives Delir.

Labor: im Laborstatus keine richtungsweisenden Normabweichungen; cCT: alter ischämischer Infarkt rechtshemisphärisch, mehrere Lakunen in beiden Hemisphären.

Verlauf

Da die Zoster-Neuralgie mittlerweile weitgehend abgeklungen war, wurde die entsprechende Medikation schrittweise ausgeschlichen, Absetzen von L-Dopa (Restless-Legs-Symptomatik aktuell nicht mehr vorhanden) und Memantin. Es erfolgte die nichtmedikamentöse Delirbehandlung plus Melperon zum Schlafanstoß. Die Entlassung erfolgte nach 25 Tagen bei remittiertem Delir und folgender Medikation (Tagesdosen): Metamizol 1875 mg, Enalapril 10 mg, Tamsulosin 0,4 mg, Clopidogrel 75 mg, Pantoprazol 20 mg, Melperon 25 mg.

Epikrise: Patient mit leichtgradiger vaskulärer Demenz, der bei Polypharmazie ein medikamentös induziertes Delir entwickelte. Nach substanzieller Reduktion der Medikation, insbesondere dem Ausschleichen diverser ZNS-wirksamer Pharmaka, kommt es zur Remission des Delirs.

Merke

Akut aufgetretene und fluktuierende Störungen von Aufmerksamkeit und Bewusstsein stellen die Kernsymptomatik des Delirs dar.


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Epidemiologie

Delirien manifestieren sich typischerweise bei Patienten mit entsprechend erhöhter Vulnerabilität, wobei akute somatische Erkrankungen eine ursächliche bzw. auslösende Rolle spielen (s. [Kasten]). Die bedeutsamsten Risikofaktoren sind hohes Lebensalter, vorbestehende Demenz und Multimorbidität. Dies ist die Erklärung dafür, dass das Krankheitsbild am häufigsten bei klinisch behandelten Alterspatienten auftritt, von denen etwa 30% betroffen sind. Dabei wird unterschieden zwischen der Prävalenz (bei Aufnahme nachweisbar) und der Inzidenz (Entwicklung im stationären Verlauf) des Delirs. Naturgemäß variieren die Ergebnisse der Studien erheblich, wobei insbesondere Unterschiede in den Stichprobenmerkmalen und den angewandten Diagnosekriterien (z. B. DSM-IV/DSM-5 oder ICD-10) eine wesentliche Rolle spielen [3]. Aufgrund einer systematischen Literaturübersicht kann im Mittel von einer Prävalenz und einer Inzidenz von jeweils etwa 15% ausgegangen werden [4].

Hintergrundwissen

Delir – prädisponierende und auslösende Faktoren

Faktoren modifiziert und verkürzt nach [4].

prädisponierende Faktoren

  • Demenz

  • kognitive Störungen

  • Delir in der Vorgeschichte

  • funktionelles Defizit (Alltagsaktivitäten)

  • Seh-/Hörminderung

  • schwere somatische Komorbidität

  • Depression

  • Schlaganfall oder TIA in der Vorgeschichte

  • Alkoholmissbrauch/-abhängigkeit

  • Alter > 75 Jahre

auslösende Faktoren

  • Einnahme multipler Medikamente

  • Einnahme psychotroper Pharmaka, speziell Sedativa/Hypnotika

  • Fixierungsmaßnahmen

  • liegender Blasenkatheter

  • pathologisch veränderte Laborparameter: Harnstoff, Harnstoff/Kreatinin-Quotient, Albumin, Natrium, Kalium, Glukose, metabolische Azidose

  • Infektionen

  • iatrogene Ereignisse

  • große chirurgische Eingriffe (z. B. Neuro-/Thoraxchirurgie, Aortenaneurysma)

  • Aufnahme Traumatologie

  • Notfallaufnahme

  • Koma

Nachdem in den letzten 2 Jahrzehnten in Pflegeheimen der Anteil hochaltriger und multimorbider Menschen, die oft auch von einer Demenz betroffen sind, deutlich zugenommen hat und gleichzeitig eine zunehmende Zahl von Patienten aus Kliniken bei sehr kurzen Verweildauern dorthin verlegt wird, verwundert es nicht, dass hier teilweise Häufigkeiten in einem zweistelligen Prozentbereich erreicht werden [3]. Besonders häufig tritt das Delir in spezifischen Behandlungskontexten auf, wie z. B. in der Intensivmedizin, in der Palliativversorgung oder in der Alterstraumatologie [3].

Merke

Delirien sind bei systematischer Erfassung bei ca. 30% der klinisch behandelten Alterspatienten feststellbar; steigende Prävalenzen werden aus Pflegeheimen berichtet.


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Pathophysiologie

In Verbindung mit der bei alten Menschen in der Regel bestehenden Multimorbidität sind für die Pathogenese der zum Delir führenden Hirnfunktionsstörung typischerweise multiple Risikofaktoren, Ursachen und Auslöser relevant. Es ist dabei von einer Wechselbeziehung zwischen vorbestehenden Vulnerabilitätsfaktoren und auslösenden Noxen auszugehen. Nach dem Schwellenkonzept von Inouye [4] können bei sehr vulnerablen Patienten bereits relativ geringe zusätzliche Schädigungen ein Delir auslösen (s. [Fallbeispiel 2]), während es umgekehrt bei nicht oder nur leicht erhöhter Vulnerabilität stärkerer bzw. massiver die Hirnfunktion beeinträchtigender Einwirkungen bedarf (Fallbeispiel 3).

Fallbeispiel 2

Die 87-jährige Patientin mit seit 3 Jahren bekannter Alzheimer-Demenz im mittelschweren Stadium lebt in einem Haus mit ihrer Tochter. Die Versorgungssituation ist bisher stabil; seit 3 Tagen zeigt die Patientin Unruhezustände, einen gestörten Tag-Nacht-Rhythmus und eine deutlich verschlechterte Orientierung; sie drängt „nach Hause“ (obwohl sie sich dort aufhält).

Medikation: Candesartan 16 mg/d, Hydrochlorothiazid 12,5 mg/d, Torasemid 10 mg/d, Metoprolol 47,5 mg/d, ASS 100 mg/d, Pantoprazol 20 mg/d, Sitagliptin 100 mg/d, Donepezil 10 mg/d (Medikation seit > 4 Wochen unverändert).

Psychischer Befund/vorläufige Diagnose

Bei stationärer Aufnahme auf die gerontopsychiatrische Station ist die Patientin wach, jedoch mit verminderter Aufmerksamkeit; sie ist zu allen Qualitäten desorientiert; hyperaktives Delir bei vorbekannter Demenz.

Nebendiagnosen:

  • Hypertonie (mit intermittierend hypotonen Werten)

  • Herzinsuffizienz NYHA II – III (mit leichter Lungenstauung und peripheren Ödemen)

  • permanentes Vorhofflimmern (zentrale Frequenz ca. 100/min., Pulsdefizit 10 – 15/min.)

  • Diabetes Typ 2 (stabil eingestellt, HbA1c 7,4%)

  • leichte Hyponatriämie (130 mmol/l)

  • Harnwegsinfekt mit Nachweis von E. coli (ohne Fieber bzw. systemische Entzündungsreaktion)

Behandlung

Einleitung der erforderlichen internistischen Maßnahmen (bezüglich o. g. Nebendiagnosen, Diabetestherapie unverändert); nichtmedikamentöse Delirbehandlung, 25 mg Melperon zur Nacht.

Verlauf

Bei Abklingen des Delirs kann die Patienten nach 2 Wochen nach Hause entlassen werden mit im Vergleich zu dem Zustand vor Delir verschlechterter kognitiver Kompetenz; ihre Begleiterkrankungen sind stabilisiert.

Epikrise: Entwicklung eines Delirs in Verbindung mit Multimorbidität; somatische Begleiterkrankungen jeweils ohne schwere Dekompensationen. Das Delir wurde mutmaßlich ausgelöst durch eine Summation mehrerer somatischer Störungen in Verbindung mit einer niedrigen Delirschwelle bei seit mehreren Jahren bestehender Demenz.

[Abb. 1] stellt ein stark vereinfachtes, teilweise durch klinische und neurobiologische Befunde gut gestütztes hypothetisches Modell zur Pathophysiologie des Delirs dar [3], [7]. Danach unterliegt das Gehirn als Ort des pathophysiologischen Geschehens bereits aufgrund von Alterungsprozessen des gesamten Organismus einem erhöhten Delirrisiko. Kommen krankhafte Vorschädigungen hinzu, steigt das Risiko deutlich an. Von den oben genannten Risikofaktoren verdienen demenzielle Prozesse, die mit einem Anstieg der Delirwahrscheinlichkeit auf etwa das 2- bis 5-Fache verbunden sind [4], besondere Aufmerksamkeit.

Fallbeispiel 3

Ein 64-jähriger Patient mit vorbekannter bipolarer Störung wird aus der internistischen Klinik übernommen. Die Behandlung erfolgte dort wegen einer Lithiumintoxikation und entgleistem Typ-2-Diabetes; Verlegungsgrund waren wechselnde affektive Zustände.

Psychischer Befund/vorläufige Diagnose/Verlauf

Patient wach, orientiert, kognitiv unbeeinträchtigt/affektiver Mischzustand

Am Tag 6 entwickelt der Patient innerhalb weniger Stunden eine Störung der Aufmerksamkeit und Desorientierung, er klagt nicht über körperliche Beschwerden, hat jedoch spontanen Abgang kleiner Urinmengen. Der somatische Befund: Fieber > 39 °C, Blasenhochstand; sonografisch ermitteltes Blasenvolumen > 1000 ml.

Behandlung und weiterer Verlauf

Es erfolgte die unmittelbare Verlegung in die urologische Klinik. Nach antibiotischer Behandlung und Prostataresektion kommt es zur körperlichen und psychischen Restitution.

Nach der Verlegung eintreffende Befunde beinhalten den Nachweis von E. coli in Urin- und Blutkulturen sowie eines deutlich erhöhten Procalcitonin und sichern damit die Diagnose einer Urosepsis.

Epikrise: Patient mit psychiatrischer Vorerkrankung ohne Anhaltspunkte für neurodegenerative oder vaskuläre zerebrale Schädigung, aber mit signifikanter somatischer Komorbidität. Delir als Initialsymptomatik einer lebensbedrohlichen Erkrankung. Nach deren erfolgreicher Behandlung komplette Restitution.

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Abb. 1 Pathophysiologie des Delirs in Interaktion mit Alterungsprozessen und Vorerkrankungen (ergänzt nach [5], [6]).

Verschiedenste akut oder subakut auf das Gehirn einwirkende Faktoren treten in Interaktion mit den genannten prädisponierenden Merkmalen, und zwar

  • ein breites Spektrum akuter zerebraler und systemischer Erkrankungen (s. unten), und

  • von außen kommende Einflüsse, wobei neben pharmakologisch wirksamen Substanzen mutmaßlich auch durch biologische und psychosoziale Einwirkungen (z. B. perioperativer Stress, Orientierungsprobleme in fremder Umgebung) ausgelöste Stressreaktionen eine bedeutsame Rolle spielen [3], [4], [8].

Die in diesem Rahmen ablaufenden pathophysiologischen Prozesse führen zu Störungen neuronaler Netzwerke und synaptischer Funktionen sowie Imbalancen des Neurotransmittergleichgewichts [7], die nach derzeit geltender Vorstellung in der gemeinsamen Endstrecke des Delirs münden.

Merke

Der zum Delir führenden Hirnfunktionsstörung können vielfältige pathophysiologische Mechanismen – einzeln oder kombiniert – zugrunde liegen.

Aus klinischer Perspektive sind – im Hinblick auf die zu diagnostizierenden ursächlichen und auslösenden Störungen – die folgenden Pathomechanismen hervorzuheben [3], [4], [7]:

  • Störung des oxidativen neuronalen Stoffwechsels (z. B. bei Sauerstoffmangel, Anämie, globaler oder fokaler zerebraler Ischämie).

  • Störungen im Neurotransmittergleichgewicht, v. a. eine cholinerge/dopaminerge Imbalance (cholinerges Defizit bei gleichzeitig erhöhter dopaminerger Aktivität), aber auch Störungen anderer Systeme wie Serotonin, Melatonin, Glutamat, GABA, Noradrenalin (beide letztgenannte Systeme bei Entzugsdelirien, speziell bei Alkoholabhängigkeit von wesentlicher Bedeutung).

  • Inflammatorische Prozesse mit Zytokinen (Interleukine, Interferone, TNF-α) als wichtigen Mediatoren.

  • Metabolische Störungen: Dysbalancen des neuronalen Flüssigkeitshaushalts (Dehydratation, Hypo-/Hypernatriämie mit konsekutiver Verschiebung von freiem Wasser über die Blut-Hirn-Schranke), Hypo-/Hyperglykämie, Vitaminmangelzustände etc.

  • Verschiedene: Aktivierung der Stresshormonachse, oxidativer Stress, Störung der zirkadianen Rhythmik.

Auch wenn das Delir i. d. R. als Folge einer globalen zerebralen Funktionsstörung anzusehen ist, so können doch auch umschriebene Hirnschädigungen pathogenetisch bedeutsam sein, so z. B. im präfrontalen Kortex oder parietal lokalisierte Läsionen. Bezüglich der Ätiologie des postoperativen Delirs, das je nach Eingriff bei 10 – 60% der Betroffenen auftritt [9], wird ein Zusammentreffen verschiedener, teilweise mit dem Eingriff, teilweise auch unabhängig davon bestehender Faktoren diskutiert ([Tab. 1]).

Tab. 1 Postoperatives Delir – pathophysiologisch relevante Faktoren [3].

Faktor

Beispiele

perioperative Faktoren

  • inhalative Anästhetika

  • perioperative Blutverluste

  • Blutdruckabfälle

  • Störungen der Hirndurchblutung

postoperative Belastungen

  • Schmerzen

  • verschiedene Stressfaktoren (z. B. Aufenthalt Intensivstation, Störung Tag-Nacht-Rhythmus, Immobilisation)

  • Entzündungsreaktionen

  • unerwünschte Arzneimittelwirkungen (z. B. Opioide, Benzodiazepine, Antibiotika)

Auswirkungen der zur Operation führenden Erkrankung

  • Fraktur

  • akuter Blutverlust

  • begleitende Infektionen

  • durch das Gewebetrauma ausgelöste Stress- und Schmerzbelastung

vorbestehende Vulnerabilitätsfaktoren

  • demenzielle Prozesse

  • Substanzabhängigkeiten (beides häufig nicht diagnostiziert)

Merke

Hohes Alter und verschiedenste Vorschädigungen des Gehirns und anderer Organsysteme senken die Delirschwelle.


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Diagnostik

Syndromale Diagnostik

Im ersten Schritt gilt es, auf der psychopathologischen Ebene das Syndrom Delir zu identifizieren. Während bei Patienten, die das Vollbild des Syndroms bieten, die Diagnosestellung im Allgemeinen nicht schwierig ist, wird das Delir im Alltag der Versorgungspraxis häufig auch übersehen. Aufgrund epidemiologischer Untersuchungen geht man davon aus, dass dies für mindestens 30% der Fälle gilt. Wesentliche Gründe dafür sind:

  • der fluktuierende Verlauf des Krankheitsbildes, der mit intermittierender Symptomfreiheit einhergehen kann,

  • eine dominierende hypoaktive Symptomatik und nicht zuletzt

  • die Schwierigkeiten, die sich bei der Diagnose eines Delirs bei vorbestehender Demenz ergeben können [3].

Als brauchbares Instrument für die Unterstützung der Delirdiagnostik hat sich die Confusion Assessment Method (CAM) erwiesen. Sie wurde entwickelt von der Arbeitsgruppe von Sharon Inouye im Jahre 1990 und von Christine Thomas et al. für den deutschen Sprachraum validiert [3]. In Form eines Algorithmus werden 4 Merkmalsbereiche überprüft:

  1. akuter Beginn und schwankender Verlauf der Symptomatik.

  2. Vorliegen einer Aufmerksamkeitsstörung; neben den weiter oben genannten qualitativen Merkmalen (s. Ausführungen zu DSM-5) kann die Aufmerksamkeit zusätzlich auch in standardisierter Form überprüft werden, z. B. durch Aufzählen der Monate rückwärts oder Varianten des Continuous Performance Tests (Handzeichen bei Nennung eines bestimmten Buchstabens).

  3. Desorganisiertheit des Denkens; in der von C. Thomas vorgelegten Operationalisierung sind formaIe Denkstörungen (z. B. Verlangsamung, Beschleunigung, Umständlichkeit), aber auch Merkmale im Sinne eines beeinträchtigten Abstraktionsvermögens genannt (Unterschied Treppe/Leiter, Kind/Zwerg).

  4. Vorliegen einer quantitativen Bewusstseinsstörung, wobei neben einer Minderung der Wachheit auch hypervigilante Zustände relevant sind.

Der von Inouye definierte Algorithmus beinhaltet, dass die Verdachtsdiagnose Delir gestellt werden kann, wenn die Merkmale 1 und 2 sowie 3 und/oder 4 erfüllt sind. Es versteht sich, dass eine schematische Anwendung bzw. Interpretation der CAM nicht ratsam ist, sondern dass das Ergebnis mit der notwendigen fachlichen Expertise im Kontext der vorliegenden anamnestischen Daten und klinischen Befunde bewertet werden muss. Dazu gehört auch ein nach üblichen Kriterien erhobener, psychopathologischer Befund mit einer gezielten Prüfung von Orientierung und Mnestik. Sinnvoll ist auch eine orientierende kognitive Testung, z. B. mittels des Mini-Mental-Status.

Wenn man für die Diagnosestellung des Delirs die ICD-10-Kriterien anlegt, wird in der CAM-Version nach C. Thomas (I-CAM) zusätzlich zu den aufgeführten 4 Kriterien auch der Nachweis einer gestörten Psychomotorik gefordert. Dazu sei ergänzt, dass verschiedene Studien gezeigt haben, dass bei etwa 90% der Delirien eine entsprechende Symptomatik vorliegt; bei ca. 10% zeigt die Psychomotorik keine (eindeutige) Abweichung von der Norm [3].

Merke

Von den Patienten mit gestörter Psychomotorik zeigen jeweils etwa 30% ein hyper-, hypoaktives oder gemischtes Bild.

Klinisch relevant, z B. im Hinblick auf gehäufte Komplikationen im Vergleich zu nicht von einem Delir betroffenen Patienten (weitere Ausführungen dazu s. unten), sind auch sog. subsyndromale Delirien. Dies sind Zustandsbilder, bei denen Delirsymptome vorliegen, ohne dass alle diagnostischen Kriterien erfüllt sind (z. B. eine neu aufgetretene nur zeitweise bestehende, als „Verhangenheit“ imponierende leichte Aufmerksamkeitsstörung).

Ähnliche Symptomatologie

Bei der syndromalen Differenzialdiagnose werden Krankheitsbilder mit ähnlicher Symptomatologie abgegrenzt:

  • psychotische Störungen: Wie erwähnt, können paranoide bzw. halluzinatorische Symptome das klinische Bild prägen (Fallbeispiel 4). Dabei überwiegen im Delir optische Halluzinationen, eine Wahnsymptomatik ist im Gegensatz zu primär psychotischen Störungen typischerweise flüchtig und nicht systematisiert. Die Abgrenzung des Delirs zu psychotischen Störungen im Alter kann zwar im Einzelfall Schwierigkeiten bereiten, gleichwohl gelingt sie in der Regel, wenn gezielt nach Leitsymptomen des Delirs gesucht wird, insbesondere den Störungen von Bewusstsein, Aufmerksamkeit und Orientierung. Es ist jedoch zu berücksichtigen, dass diese markanten Auffälligkeiten bei syndromtypischer Fluktuationsneigung nicht durchgängig vorhanden sein müssen.

  • Für die Differenzialdiagnose zu affektiven Störungen gelten die gleichen Prinzipien wie für psychotische Erkrankungen beschrieben. Emotional-affektive Symptome sind gemäß ICD-10-Kriterien Teil des Krankheitsbildes, wobei im Einzelnen „Depression, Angst oder Furcht, Reizbarkeit, Euphorie, Apathie oder staunende Ratlosigkeit“ aufgeführt werden [1].

Fallbeispiel 4

Anamnese

Ein 73-jähriger Patient wird aus der internistischen Klinik in die Gerontopsychiatrie eingewiesen worden mit der Verdachtsdiagnose: „akute Psychose“ (seit 1 Tag lebhafte optische Halluzinationen). Vorbekannt: metastasierendes Kolonkarzinom. Die psychiatrische Vorgeschichte ist leer.

Aufnahmebefund/vorläufige Diagnose

Der Patient zeigt sich in schlechtem Allgemeinzustand mit Orthopnoe, Zyanose, einer Atemfrequenz von 30/min und Körpertemperatur von 38,8 °C. Psychopathologisch: somnolent, psychomotorische Unruhe, Exploration nicht möglich, außer einzelnen Worten und Satzbruchstücken erfolgen keine verbalen Äußerungen.

Wesentliche Befunde: Sauerstoffsättigung < 80%, das Röntgenthoraxbild zeigt ausgedehnte beidseitige Verschattungen durch Metastasen, Infiltrate und einen Pleuraerguss links.

Behandlung und Verlauf

Es erfolgte eine Notfallversorgung mit Sauerstoffgabe und anschließender Rückverlegung in die internistische Klinik.

Epikrise: Patient mit fortgeschrittener onkologischer Erkrankung. Vorübergehend stand eine optische Halluzinose im Vordergrund; der Zusammenhang mit der bestehenden sehr schweren somatischen Beeinträchtigung wurde nicht erkannt. Bei Würdigung des klinischen Bildes als Ganzem hätte sich die Zuweisung in die Gerontopsychiatrie erübrigt.

Vorbestehende psychische Erkrankungen können die Differenzialdiagnose erschweren, da die bestehende psychopathologische Symptomatik naturgemäß leicht der Vorerkrankung zugeordnet wird (Fallbeispiel 5). Auch hier gilt, dass die sorgfältige psychopathologische Befunderhebung i. d. R. die Diagnose des Delirsyndroms erlaubt. Auf der somatischen Ebene sollte der Nachweis prädisponierender Erkrankungen immer auch an die Möglichkeit eines sich zusätzlich manifestierenden Delirs denken lassen.

Merke

Das EEG ist ein klinisch verfügbarer Biomarker des Delirs: Insbesondere eine Verlangsamung der Grundfrequenz sowie eine gestörte Blockadereaktion weisen auf ein Delir hin [10].

Fallbeispiel 5

Eine 83-jährige Patientin wird stationär aufgenommen mit V. a. Rezidiv einer vor einigen Jahren erstmals aufgetretenen Depression. Sie berichtet über zunehmende Kraftlosigkeit und Müdigkeit seit einigen Wochen bis Monaten.

Ambulante Medikation: Tilidin 100/8 mg ret. 2 × 1, Novaminsulfon 4 × 500 mg, Amlodipin 1 × 5 mg, Carvedilol 2 × 25 mg, ASS 100 1 × 1, Thyronajod 75 1 × 1, Telmisartan comp 40/12,5 mg 1 × 1, Citalopram 1 × 20 mg, Sertralin 1 × 50 mg.

Psychischer Befund (Aufnahmetag): wach, voll orientiert, keine eindeutigen kognitiven Beeinträchtigungen, Stimmung depressiv, Antrieb deutlich reduziert.

Vorläufige Diagnose

Schwere depressive Episode bei rezidivierender depressiver Störung.

Etwa 24 h nach der stationären Aufnahme wird die Patientin zunehmend hypoaktiv und ist nicht mehr voll weckbar. Die zeitgleich erfolgende Laboruntersuchung zeigt eine Hyponatriämie (105 mmol/l).

Verlauf

Es erfolgt die notfallmäßige Verlegung auf die Intensivstation. Nach Ausgleich der Hyponatriämie wird die gerontopsychiatrische Behandlung fortgesetzt (medikamentös: Verzicht auf Hydrochlorothiazid, Verordnung eines SSRI) bis zur Remission der Depression.

Epikrise: Am Aufnahmetag wurde die Symptomatik mit einem Rezidiv der bekannten affektiven Störung erklärt; am Folgetag kam es zur raschen Entwicklung eines hypoaktiven Delirs bei schwerer Hyponatriämie, die sicherlich auch schon am Tag zuvor bestanden hatte. Im Verlauf erfolgte eine komplette Erholung ohne aus der Hyponatriämie resultierende Folgeschäden.


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Demenzsyndrom

Die klinisch mit Abstand wichtigste Differenzialdiagnose stellt das Demenzsyndrom dar, insbesondere das Erkennen eines Delirs bei vorbestehender Demenz. Erschwert wird die Abgrenzung nicht zuletzt dadurch, dass im klinischen Kontext häufig Patienten gesehen werden, bei denen bis dahin eine Demenz noch nicht diagnostiziert war, obwohl sie zu einem späteren Zeitpunkt bei retrospektiver Betrachtung des Krankheitsverlaufs relativ eindeutig nachvollzogen werden kann. In [Tab. 2] sind wichtige, die Diagnosestellung unterstützende Kriterien zusammengefasst. Aus den bereits angesprochenen Gründen kann die Unterscheidung der beiden Syndrome im Querschnitt schwierig oder sogar unmöglich sein. Deshalb gilt die klinische Maxime, dass wegen der damit verbundenen diagnostischen und therapeutischen Konsequenzen im Zweifelsfall die Verdachtsdiagnose „Delir“ Vorrang genießt. Zu beachten ist auch, dass das Leitsymptom der Aufmerksamkeitsstörung mit dem Fortschreiten schwerer Demenzen zunehmend weniger als Unterscheidungskriterium herangezogen werden kann.

Tab. 2 Differenzialdiagnose Delir – Demenz (mod. nach [11]).

Delir

Demenz

Psychopathologie – (sub)akute Manifestation

+

Störung Aufmerksamkeit – Bewusstsein

+

Störung Kognition

+

+

Störung Psychomotorik

+

Fluktuationen

+

Hirnfunktionsstörung, (sub)akut

+

Hirnfunktionsstörung, chronisch

±

+

Schließlich sei auf die Differenzialdiagnose des Delirs zur Demenz mit Lewy-Körperchen hingewiesen, die aufgrund ihrer charakteristischen Merkmale mit deutlicher Überschneidung in der Symptomatologie besonderer Aufmerksamkeit bedarf ([Tab. 3]).

Tab. 3 Differenzialdiagnose Delir – Demenz mit Lewy-Körperchen (DLB; mod. nach [12]).

Delir

DLB

Beginn und Verlauf akut

+

Beginn und Verlauf chronisch progredient

+

kognitive Störung (mit Fluktuationen)

+

+

optische Halluzinationen

+

+

Wahn

+

+

affektive Störungen

+

+

Parkinson-Symptome

+

REM-Schlaf assoziierte Störungen

+

Neuroleptikasensitivität

-/(+)

+


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Erkennen ursächlicher und auslösender Erkrankungen

Der zweite Schritt des diagnostischen Prozesses zielt auf den Nachweis der relevanten Erkrankungen der zugrunde liegenden Hirnfunktionsstörung. Nachfolgend werden ausgewählte Krankheitsbilder aufgelistet, die im klinischen Alltag regelmäßig auftreten bzw. wegen ihrer Akuität und ihrer vitalen Bedrohlichkeit besonderer Aufmerksamkeit bedürfen [3]; dabei muss immer die Multimorbidität der Patienten bedacht werden, die es mit sich bringt, dass das Zusammentreffen mehrerer auslösender Erkrankungen eher die Regel als die Ausnahme darstellt:

  • ZNS-Erkrankungen: Schlaganfall, Hirnblutungen, entzündliche Prozesse, epileptische Anfälle (u. a. Status nonconvulsivus), Schädel-Hirn-Traumen.

  • Systemische Erkrankungen: kardiale Ischämien (am häufigsten NSTEMI) und Dekompensationen, Arrhythmien, Infektionen (insb. von Lunge und Atemwegen sowie der Harnwege; Cave: Sepsis, am häufigsten Urosepsis), dekompensierte COPD, ausgeprägtes Schlafapnoesyndrom, Störungen des Wasser- und Elektrolythaushalts (Dehydratation, Hypo-/Hypernatriämie; Störungen des Kalium-, Kalzium- und Magnesiumhaushalts), Leber- und Niereninsuffizienz, Anämien, diabetische Entgleisungen, endokrine Erkrankungen (Schilddrüse, Nebenschilddrüse etc.), Malnutrition (typischerweise mit Vitaminmangelzuständen – v. a. der B-Vitamine – verbunden), Harnverhalt/Koprostase, traumatologische Läsionen (Frakturen, versteckte, z. B. retroperitoneal lokalisierte Hämatome), Hyper- und Hypothermie, postoperativer Status.

  • Medikamentös-toxische Ursachen: eine Vielzahl von Medikamenten – sowohl solche mit primär zentralem als auch solche mit primär systemischem Angriffspunkt – kommen hier in Betracht ([Tab. 4]); besondere Hervorhebung verdienen Pharmaka mit anticholinergen Wirkungen (u. a. viele Psychopharmaka, Urologika); weiterhin sind die in ihrer Komplexität meist nicht überschaubaren Auswirkungen der bei Alterspatienten häufigen Polypharmazie zu bedenken (Fallbeispiele 1 und 5, [Abb. 2]); schließlich sind auch schwere zum Teil idiosynkratische Nebenwirkungen von Medikamenten, wie das maligne neuroleptische und Serotoninsyndrom zu bedenken [13].

Tab. 4 Medikamente mit erhöhtem delirogenen Potenzial (Auswahl [3], [9], [13]).

Arzneimittelgruppe

Wirkstoffe

Neuropsychopharmaka

  • Antidepressiva (v. a. Trizyklika), aber auch andere!

  • Antipsychotika (prinzipiell alle, v. a. anticholinerg wirkende)

  • Lithium

  • Sedativa/Hypnotika (v. a. Benzodiazepine)

  • Antiparkinsonmittel

  • Antikonvulsiva (u. a. Valproat, Carbamazepin, Phenytoin, Levetiracetam)

Internistika und andere

  • Analgetika (Opioide, nichtsteroidale Antirheumatika)

  • Anticholinergika: Atropin, Urologika (z. B. Oxybutinin, Tolterodin), Spasmolytika (z. B. Butylscopolamin)

  • Antihistaminika, z. B. Dimenhydrinat, Diphenhydramin, H2-Blocker

  • Antiinfektiva: u. a. Penicilline, Chinolone, Malariamittel, Virustatika

  • Kortikosteroide

  • Verschiedene: Furosemid, Digitalis, einige Antiarrhythmika und Zytostatika, Interferone, u. v. a. m.

  • Entzugssyndrome von Alkohol und Benzodiazepinen (Cave: Entzugsanfälle) und – seltener – von Opioiden.

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Abb. 2 Mitgebrachte Medikamente eines allein lebenden 70-jährigen Mannes mit leichter Alzheimer-Demenz, der wegen eines Delirs stationär aufgenommen wurde. Die Modalitäten der häuslichen Medikamenteneinnahme ließen sich nicht klären. Nach initialer Pause und anschließender Bereinigung der Medikation kam es zur Remission des Delirs innerhalb weniger Tage.

Das breite Spektrum potenziell ursächlicher und auslösender Erkrankungen, das aus dieser Aufzählung hervorgeht, macht deutlich, dass die ätiologische Diagnostik unter einer generalistischen, fachübergreifenden Perspektive erfolgen muss und im Einzelfall auch umfangreiche Zusatzdiagnostik erfordern kann (s. [Kasten „Untersuchungsgang“]).

Praxis

Untersuchungsgang beim Delir des alten Menschen [3], [9]*

Initial

Hinweise auf somatischen oder psychiatrischen Notfall (Vitalparameter stabil?)

Anamnese

  • Eigen- und Fremdanamnese (psychiatrische und somatische Vorgeschichte)

  • Entwicklung der aktuellen Symptomatik

Syndromale Diagnostik

  • psychopathologischer Befund mit Überprüfung der diagnostischen Kriterien (z. B. nach ICD-10)

  • Optional: Anwendung eines Instruments zum Delirscreening bzw. zur Diagnosestellung, z. B. CAM; EEG-Befund als Biomarker des Delirs

  • Differenzialdiagnostik zu anderen psychopathologischen Syndromen

Erkennen ursächlicher und auslösender Erkrankungen – bei jedem Patienten

  • internistisch-neurologischer Befund

  • Labor: CRP, Diff.-Blutbild, Elektrolyte, Nieren-/Leberfunktionsparameter, Glukose, CK, Troponin, Gesamteiweiß, TSH, Vitamin B12, Urinbefund

  • EKG

Erkennen ursächlicher und auslösender Erkrankungen – gemäß individueller Indikation

  • cCT oder MRT

  • Röntgenthorax, Röntgen Skelett (bei Frakturverdacht), Ultraschalldiagnostik (z. B. Herz, Abdomen)

  • weiterführende Labordiagnostik: z. B. erweiterter Elektrolytstatus (Magnesium, Phosphat), NTproBNP, HbA1c, Medikamenten-/Vitaminspiegel

  • Liquor

  • EEG

  • weitere Untersuchungen: bei spezieller Indikation

* Einzelheiten im Text


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Diagnostisches Vorgehen

Der Untersuchungsgang gibt einen Überblick über die wesentlichen Elemente der syndromalen und ätiologischen Delirdiagnostik (s. [Textkasten]).

Merke

Im ersten Schritt wird das Syndrom Delir diagnostiziert, es folgt im zweiten Schritt die Diagnostik der ätiologisch bedeutsamen Faktoren.

Die folgenden Aspekte sollen dabei hervorgehoben werden:

  • Zunächst gilt es, mit dem Krankheitsbild einhergehende akute Gefährdungen zu erkennen. Diese können einerseits verhaltensbezogen entstehen, so etwa Eigengefährdungen durch hyperaktive Zustände mit Desorientierung („Weglaufen“), aber auch durch Verweigerung notwendiger medizinischer Maßnahmen, selten auch Fremdgefährdungen, z. B. bei Personenverkennung und damit verbundener Fremdaggression; anderseits sind vielfältige akute Risiken in Verbindung mit den initial u. U. noch nicht erkannten Grunderkrankungen zu bedenken (Fallbeispiel 3).

  • Die Anamnese stellt, wie in allen Bereichen der Medizin, die Grundlage jeglicher Diagnostik dar. Aus krankheitsinhärenten Gründen bleibt sie aber bei kognitiv beeinträchtigten und häufig auch allein lebenden Patienten lückenhaft. Umso wichtiger ist es, fremdanamnestische Quellen, wo irgend möglich zu nutzen und ggf. wichtige Aspekte der Vorgeschichte auch mehrfach zu explorieren. Weiterhin sollte besonderes Augenmerk gerichtet werden auf Aspekte, die erfahrungsgemäß besonders kritisch sein können, wie nicht spontan berichtete Stürze oder die Medikamentenanamnese (z. B. Mehrfachverordnungen durch verschiedene Ärzte, längerfristige Einnahme von Benzodiazepinen, die erst bei gezielter Nachfrage angegeben wird).

  • Ein kompletter psychopathologischer und internistisch-neurologischer Befund ist obligater Bestandteil der Delirdiagnostik; sollte dieser bei der Erstuntersuchung aus Gründen mangelnder Kooperation nicht erhoben werden können, muss dies zeitnah nachgeholt werden.

  • Zusatzdiagnostik: Im dargestellten Untersuchungsgang wird nach obligaten und fakultativ erforderlichen Verfahren unterschieden. Die in der Akutsituation meist indizierten Maßnahmen (insb. Labor, aber auch kranielle Bildgebung und EKG) müssen unter Berücksichtigung der individuell einzuschätzenden Dringlichkeit zeitnah durchgeführt werden. Speziell bei ambulant behandelten Patienten, insbesondere Bewohnern von Pflegeheimen, ist individuell zu entscheiden, ob der zu erwartende diagnostische Gewinn durch die vorgesehenen Maßnahmen in einem angemessenen Verhältnis zu der mit ihrer Durchführung verbundenen Belastung steht. Aus weiter oben bereits dargelegten Gründen bedarf es bei Patienten mit anzunehmender geringer vorbestehender Vulnerabilität einer intensiven weiterführenden Diagnostik, wenn durch die Routineuntersuchungen keine befriedigende Erklärung für die Manifestation des Delirs festgestellt werden konnte.

  • Bei erhöhter physischer und psychischer Vulnerabilität bei der Mehrzahl der Patienten sollte weiterhin ein geriatrisches Assessment erfolgen; dabei sollten u. a. Mobilität, Sturzgefährdung, Ernährungsstatus und sensorische Funktionen überprüft werden, da sie für die Behandlungsplanung von Bedeutung sind [3], [14].

Nicht unerwähnt bleiben soll, dass bei einem kleinen Anteil der Patienten (< 10% der Fälle) trotz adäquater Diagnostik eine für das Delir ursächliche Erkrankung nicht definiert werden kann. Diese Patienten müssen im Verlauf genau beobachtet und es müssen bestimmte diagnostische Maßnahmen (z. B. kranielle Bildgebung, EEG) ggf. wiederholt werden.

Merke

Ein diagnostisches Vorgehen mit einer überschaubaren Zahl von obligaten Elementen, ergänzt durch weiterführende Untersuchungen gemäß individueller Indikation, hat sich bewährt.


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Verlauf und Prognose

Die Prognose des Delirs variiert sehr stark in Abhängigkeit von der Schwere der vorbestehenden Vulnerabilitätsfaktoren, der Art und Schwere der akuten Auslöser und davon, ob frühzeitig eine gezielte Behandlung eingeleitet wird. Am einen Ende des Spektrums finden sich Patienten, die sich nach erfolgreicher Behandlung der ursächlichen somatischen Erkrankung komplett erholen (z. B. Fallbeispiele 3 und 5). Andererseits ist es nicht selten, dass delirante Patienten im Laufe ihrer Akuterkrankung oder wenige Wochen oder Monate danach versterben. In der Palliativmedizin hat sich in diesem Zusammenhang der Begriff des terminalen Delirs eingebürgert.

Zahlreiche Studien haben mit großer Übereinstimmung einen Zusammenhang zwischen dem Auftreten eines Delirs und einer signifikant erhöhten Sterblichkeit im Vergleich mit Nichtbetroffenen aufgezeigt. Es wurde über mittlere Sterblichkeitsraten von 38% über 2 Jahre berichtet [3], in einer Hochrisikostichprobe (gebrechliche Delirpatienten) betrug die mediane Überlebenszeit sogar lediglich 88 Tage [15]. Bei der Bewertung dieser Daten bleibt allerdings derzeit noch offen, ob die nachgewiesene Übersterblichkeit ausschließlich zulasten der Risikofaktoren und Akuterkrankungen geht, bzw. welchen Beitrag das Delir als solches zur erhöhten Mortalität leistet.

Weiterhin liegen konsistente Ergebnisse vor, wonach die Wahrscheinlichkeit der Aufnahme in einem Pflegeheim nach durchgemachtem Delir im Mittel auf das 2,5-Fache erhöht ist. In die gleiche Richtung gehen Daten im Sinne durchschnittlich längerer Klinikverweildauern und höherer Krankheitskosten.

Merke

Es besteht eine klare Assoziation des Delirs mit ungünstigen Verlaufsmerkmalen, die nicht zuletzt auch sozialpolitisch bedeutsam sind [3].

Mehrere Studien haben in den zurückliegenden Jahren gezeigt, dass das Auftreten eines Delirs mit eindeutigen negativen Effekten in Bezug auf die Entwicklung von Demenzerkrankungen verbunden ist. Nach diesen Ergebnissen ist davon auszugehen, dass sich bei mehr als 50% der Delirpatienten im Verlauf eine Demenz manifestiert. Ferner wurde über eine Steigerung des Demenzrisikos auf das 5-bis 6-Fache und z. T. noch darüber hinaus berichtet [3], [16]. Nicht abschließend geklärt ist bisher, ob ein Delir eine sich entwickelnde, bis dahin noch nicht symptomatische bzw. nicht erkannte Demenz zur Manifestation bringt oder ob es eine eigene pathogenetische Rolle spielt, d. h. den Demenzprozess als solchen ätiologisch beeinflusst oder gar bestimmt. Unbestritten ist jedoch, dass bei Patienten mit vorbekannter Demenz nach einer Delirepisode häufig eine deutlich raschere Demenzprogression als davor zu verzeichnen ist [3].

Schließlich ist klinisch bedeutsam, dass Delirpatienten aufgrund ihrer Vulnerabilität im Behandlungsverlauf gehäuft geriatrietypische Komplikationen entwickeln, wie z. B. Stürze, Dekubitalulzera, nosokomiale Infektionen, Inkontinenz, Schluckstörungen oder Malnutrition [3].

Merke

Die Prognose des Delirs wird dadurch getrübt, dass erhöhte Risiken für Sterblichkeit, interkurrente Komplikationen und andere ungünstige Ausgänge, wie z. B. Pflegebedürftigkeit, zu verzeichnen sind.


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Therapie

Die Behandlung des Delirs beim alten Menschen beruht auf 3 Prinzipien, die nachfolgend näher besprochen werden:

  • kausale Behandlung

  • medizinische Basismaßnahmen/nichtmedikamentöse Maßnahmen

  • Pharmakotherapie

Vorab ist zu klären, ob bestimmte Maßnahmen im Sinne einer Notfallintervention erforderlich sind (z. B. ständige Überwachung unruhiger und desorientierter Patienten, Behandlung einer Hypoglykämie, u. U. auch eine Akutmedikation) und – im Zusammenhang damit – welches das geeignete Behandlungssetting darstellt (spezialisierte somatische Behandlung bei entsprechenden Grunderkrankungen, Aufnahme in einer geriatrischen oder gerontopsychiatrischen Klinik, Verbleib im Pflegeheim).

Tipp für die Praxis

Es ist wünschenswert, dass die rechtlichen Rahmenbedingungen frühzeitig geklärt werden, da die Patienten krankheitsbedingt zu einer freien Willensbildung nicht in der Lage sind. In diesem Zusammenhang kann es sehr hilfreich sein, wenn – speziell bei hochaltrigen Patienten mit fortgeschrittener Multimorbidität – Informationen über den mutmaßlichen Patientenwillen in Bezug auf weitreichende Behandlungsentscheidungen vorliegen.

Kausale Behandlung

Es liegt auf der Hand – und wird so auch in der Literatur und beispielsweise in der britischen Delirleitlinie [17] übereinstimmend gefordert – dass die Beseitigung von delirauslösenden Noxen erste Priorität genießt ([Abb. 3]). Dies wird durch die Fallbeispiele 1, 3 und 5 eindrücklich unterstrichen. Allerdings sind auch in solchen Fällen die nachfolgend besprochenen unterstützenden Maßnahmen grundsätzlich relevant. Diese rücken in den Vordergrund, wenn eine kausal orientierte Behandlung nicht (alleine) zum gewünschten Ziel führt, für das Delir ursächliche Erkrankungen nicht eindeutig identifiziert werden können oder nicht korrigierbare Vulnerabilitätsfaktoren (z. B. fortgeschrittene Demenz) das Krankheitsgeschehen wesentlich bestimmen.

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Abb. 3 Hierarchie der Behandlungsmaßnahmen beim Delir (nach [17]).

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Medizinische Basismaßnahmen/nichtmedikamentöse Maßnahmen

Im Wesentlichen geht es hier um Interventionen mit dem Ziel des Erhalts bzw. der Wiederherstellung der physiologischen und psychologischen Homöostase vulnerabler Alterspatienten. Meist kommt ein Bündel z. T. sehr unterschiedlicher Maßnahmen zum Einsatz, die Übergänge zu den präventiven Interventionen sind fließend.

Praxis

Ausgewählte nichtmedikamentöse Therapiemaßnahmen beim Delir [3]

Für Sicherheit sorgen: Beobachtung, Überwachung, Vorbeugung von Gefährdungen

Orientierung verbessern: Reorientierung im Gespräch, überschaubare Umgebung, Aktivierung und Tagesstrukturierung, Regulierung des Tag-Nacht-Rhythmus, Ausgleich sensorischer Defizite (Brille, Hörgerät …)

Angst mildern: Konstanz der Bezugspersonen, möglichst Einbeziehung der Angehörigen, Vermeidung von Reizüberflutung ebenso wie Reizdeprivation

Allgemeinmedizinisch: Schmerzbehandlung, gute Oxygenierung, Gewährleistung adäquater Ernährung und Flüssigkeitszufuhr, Regulation von Miktion und Stuhlgang, Mobilisierung, Medikamentencheck

Vermeidung iatrogener Probleme: möglichst keine Verlegungen, restriktiver Umgang mit Fixierungen, Kathetern, Polypharmazie

Aus somatischer Perspektive besteht dabei ein wichtiges Ziel darin, der Manifestation bzw. der Verschlimmerung geriatrischer Syndrome, wie Inkontinenz, Immobilität, Sturzneigung, Malnutrition, Dehydratation etc. entgegenzuwirken. Wesentlich ist auch eine regelmäßige Überwachung relevanter physiologischer Parameter, wie Puls, Blutdruck, Oxygenierung, Blutzucker, Nierenfunktion, um sich anbahnende Normabweichungen frühzeitig zu erkennen und damit entsprechende Dekompensationen möglichst zu vermeiden. Weiterhin ist die Überprüfung der dem Patienten verordneten Medikation zu nennen, was bei einer Rate von mindestens 10% medikamentös (mit)verursachter Delirien naheliegt [18]. Dies gilt insbesondere bei Verordnungen im Sinne einer Polypharmazie (definiert als Einnahme von fünf und mehr Medikamenten).

Merke

Mindestens 10% der Delirien sind medikamentös verursacht.

Hinsichtlich des psychischen Zustands der Kranken gilt es, Gefährdungen aufgrund der beeinträchtigten Kognition durch engmaschige Kontakte bzw. Überwachungsmaßnahmen, ebenso wie durch ein Umfeld, das eine Reorientierung und die Wiederherstellung des zirkadianen Rhythmus erleichtert, entgegenzuwirken.

Tipp für die Praxis

Regelmäßige Ansprache unter Berücksichtigung der Prinzipien des Umgangs mit kognitiv beeinträchtigten Menschen (z. B. Validation) trägt wesentlich dazu bei, Ängste und Stresserleben abzubauen bzw. in hypoaktiven Zuständen die notwendige Aktivierung und Mobilisierung zu fördern.

Ein entsprechend gestaltetes therapeutisches Milieu bietet auch gute Aussichten, in schwierigen Situationen, z. B. bei agitiert-wahnhaften Exazerbationen, deeskalierend auf den Patienten einzuwirken. Wichtig ist dabei generell eine möglichst hohe Konstanz in der personellen Betreuung. Dieses Prinzip schließt eine möglichst enge Einbindung der Angehörigen mit ein. Diese sollten frühzeitig und in angemessenem Umfang über das vorliegende Krankheitsbild informiert werden, um Missverständnissen vorzubauen, die bei fluktuierenden und schwierigen Krankheitsverläufen leicht entstehen.


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Pharmakotherapie

Bei der Indikationsstellung für eine medikamentöse Behandlung muss zwischen nicht substanzbedingten und substanzbedingten Delirien unterschieden werden. Bei Entzugsdelirien (Alkohol, Sedativa, hier insbesondere Benzodiazepine) besteht eine zwingende Indikation für eine entsprechende Medikation, üblicherweise ein Benzodiazepin, das bedarfsadaptiert individuell dosiert und im Verlauf ausgeschlichen wird, ergänzt durch verschiedene supportive Maßnahmen, wie Vitaminsubstitution, Elektrolytausgleich etc. Die Anwendung von Benzodiazepinen bei dieser Indikation stellt eine pathophysiologisch nachvollziehbare Intervention dar, insoweit die inhibitorische Wirkung GABAerger Pharmaka in spezifischer Weise in das Krankheitsgeschehen eingreift [19].

Die Situation ist beim nicht substanzbedingten Delir ungleich komplexer. Wie oben ausgeführt, sind neben Dysbalancen unterschiedlicher Transmittersysteme eine Reihe weiterer pathophysiologischer Mechanismen bekannt, ebenso wie zahlreiche, verschiedene Organsysteme betreffende somatische Erkrankungen ätiologisch bedeutsam sind. Insofern kann es nicht verwundern, dass positive Einflüsse psychotroper Medikamente auf das nicht substanzbedingte Delirsyndrom nicht bei jedem Patienten gleichermaßen erwartet werden können.

Benzodiazepine können bei alten Menschen, insbesondere bei vorbestehenden kognitiven Beeinträchtigungen, die Kognition substanziell verschlechtern, selbst delirogen wirken und erhöhen das Sturzrisiko [19]. Antipsychotika erscheinen aufgrund ihrer Dopamin-antagonistischen Wirkung grundsätzlich geeignet. Allerdings wird in jüngster Zeit eine intensive und kontroverse Diskussion über ihre Wirksamkeit beim Delir geführt und diese insbesondere bei Palliativpatienten und in der Intensivmedizin infrage gestellt [20]. Hinzu kommen die bekannten unerwünschten Wirkungen, die bei vulnerablen Alterspatienten bereits bei niedrigen Dosierungen auftreten können, wie extrapyramidale Störungen, Verschlechterung der Kognition, Sedierung, Hypotonie, Stürze, anticholinerge Wirkungen. Da viele Patienten von demenziellen Prozessen betroffen sind, muss auch die für diese Population nachgewiesene Steigerung der Mortalität durch Antipsychotika bedacht werden [20], [21].

Merke

Unerwünschte Arzneimittelwirkungen können bei älteren Menschen beträchtliche Probleme bei der Behandlung eines Delirs auslösen.

Ein jüngst erschienener Cochrane-Review kommt zu dem Schluss, dass die vorliegenden Evidenzen weder eine Wirksamkeit von Antipsychotika bei hospitalisierten, nicht intensivmedizinisch behandelten Patienten noch das Gegenteil belegen [22]. Andererseits hat eine Umfrage unter Delirexperten ergeben, dass diese mehrheitlich medikamentöse Maßnahmen (üblicherweise Antipsychotika) als Mittel erster Wahl („first line“) in Kombination mit nichtmedikamentösen Verfahren zur Anwendung bringen. Dabei nehmen sie eine Differenzierung vor in Bezug auf die psychomotorische Symptomatik. 70% der Befragten sehen eine „First-line“-Indikation für Antipsychotika bei hyperaktiven Delirien, im Falle hypoaktiver Delirien sind dies immerhin noch 30% [23]. In dem Zusammenhang ist auch zu beachten, dass die für eine umfassende nichtmedikamentöse Versorgung der Delirpatienten erforderlichen personellen und organisatorischen Voraussetzungen zumindest nicht flächendeckend vorhanden sind.

Merke

Bestimmte Antipsychotika kommen zur Behandlung des nicht substanzgebundenen Delirs in Betracht; zuvor sollten jedoch die Möglichkeiten kausaler bzw. nichtmedikamentöser Maßnahmen ausgeschöpft worden sein.

Tab. 5 Empirische Pharmakotherapie des Delirs im Alter: Anhaltspunkte zur Dosierung (in Anlehnung an [3], [9]).

Substanz

Startdosis (mg)

Tagesdosis (mg)

Haloperidol

0,5 – 1

0,5 – 2 (− 6)

Risperidon

0,25 – 0,5

0,5 – 2

Quetiapin

12,5 – 25

25 – 50 (− 200)

Olanzapin

2,5

2,5 – 5 (− 10)

Aripiprazol

1 – 3 (Lösung)

2 – 5 (− 10)

Pipamperon

20 – 40

60 – 120

Melperon

25 – 50

50 – 150

[Tab. 5] gibt eine Übersicht über die Substanzen, die für die Behandlung des Delirs in Betracht kommen. Auf folgende Aspekte sei speziell hingewiesen [3], [19]:

  • Antipsychotika kommen grundsätzlich im Rahmen eines Gesamtbehandlungskonzepts zur Anwendung bei gleichzeitiger Ausschöpfung der oben besprochenen Behandlungsprinzipien.

  • Die Verordnung sollte sich möglichst im Niedrigdosisbereich bewegen, die Dauer der Behandlung möglichst eine Woche nicht überschreiten [17].

  • Niederpotente anticholinerge Substanzen, wie Chlorprothixen oder Promethazin, sind zu vermeiden. Für Olanzapin, das ebenfalls eine anticholinerge Begleitwirkung aufweist, liegen jedoch Daten vor, die eine Anwendung grundsätzlich rechtfertigen [9]. Bei Patienten mit Synukleinopathien (v. a. Morbus Parkinson, Demenz mit Lewy-Körperchen) kommen wegen der hier bestehenden Neuroleptikasensitivität nur Quetiapin oder Clozapin als Antipsychotika in Betracht (wobei hier die anticholinerge Begleitwirkung von Clozapin beachtet werden muss).

  • Es liegen keine überzeugenden Daten vor, die eine Überlegenheit bestimmter in [Tab. 5] genannter Substanzen gegenüber den anderen belegen. Deshalb wird die differenzielle Indikationsstellung durch die unterschiedlichen Profile von erwünschten und unerwünschten Wirkungen der in Betracht kommenden Pharmaka bestimmt. Haloperidol und Risperidon wirken gut antipsychotisch und damit dämpfend auf durch psychotisches Erleben ausgelöste Erregtheit bei eher geringer Sedierung.

Cave

Eine Tagesdosis von > 3 mg Haloperidol sollte nur in gut begründeten Ausnahmen verordnet werden.

  • Dass Haloperidol i. m. (unter bestimmten Voraussetzungen auch s. c.) appliziert werden kann, ist für Situationen relevant, in denen eine Notfallmedikation verabreicht werden muss. Quetiapin wirkt im Vergleich zu den beiden vorgenannten Substanzen stärker sedierend. Bei i. d. R. geringen bis fehlenden extrapyramidalen Nebenwirkungen muss auf die Möglichkeit eines Blutdruckabfalls geachtet werden. Aripiprazol in niedriger Dosis kommt als weiteres Antipsychotikum der 2. Generation in Betracht. In den zurückliegenden Jahren wurden einige Studien vorgelegt, die eine Verträglichkeit dieser Substanz beim Delir aufgezeigt haben.

  • Für die beiden niederpotenten Antipsychotika vom Butyrophenontyp (Melperon, Pipamperon) liegen nahezu keine heute geltenden Kriterien entsprechende Studien vor; gleichwohl haben sie sich in der klinischen Praxis aufgrund ihrer sedierenden und schlafanstoßenden Wirkung bewährt. Beide Pharmaka haben keine klinisch relevanten anticholinergen Wirkungen, Melperon zeichnet sich durch eine fehlende Senkung der Krampfschwelle aus.

  • Im Normalfall wird eine Monotherapie durchgeführt. Grundsätzlich kann aber auch Haloperidol mit Melperon oder Pipamperon kombiniert werden (z. B. um durch eine der beiden niederpotenten Substanzen den Nachtschlaf zu unterstützen und die Dosis von Haloperidol möglichst niedrig zu halten).

  • Es versteht sich, dass die Patienten sorgfältig und regelmäßig in Bezug auf unerwünschte Wirkungen der Antipsychotika überwacht werden müssen (Immobilität, Stürze, Schluckstörungen, Blutdruckabfälle, QTc-Verlängerung etc.).

  • Unter medizinrechtlichem Aspekt ist zu beachten, dass die neueren Pharmaka („Atypika“) nicht für das Delir zugelassen sind und es sich somit um eine „Off-label“-Anwendung handelt, während die Zulassungen für die älteren Substanzen (z. B. Haloperidol, Melperon, Pipamperon) deutlich weiter gefasst sind.

Neben den Antipsychotika soll auch der Stellenwert weiterer Stoffgruppen kurz zusammengefasst werden:

  • Cholinesterasehemmer: Unter theoretischen Erwägungen (Bedeutung eines cholinergen Defizits in der Pathogenese des Delirs) erscheint es plausibel, dieses Wirkprinzip zur Geltung zu bringen. Evidenzbasierte Empfehlungen können allerdings nicht ausgesprochen werden [24]. Bei Patienten, die wegen einer Demenz mit einem entsprechenden Präparat behandelt werden (Donepezil, Galantamin, Rivastigmin) sollte dieses während eines Delirs im Regelfall fortgeführt werden [3].

  • Zentrale Alpha-2-Agonisten: Relevant sind hier Clonidin und dessen Weiterentwicklung Dexmedetomidin. Diese Substanzen verbinden eine sedierende Wirkung mit dämpfenden Effekten auf sympathikoadrenerg vermittelte vegetative Symptome. Sie werden in erster Linie in der internistischen und operativen Intensivmedizin eingesetzt [25], Dexmedetomidin ist auch nur für diesen Bereich zugelassen.

  • Benzodiazepine (Lorazepam oder Oxazepam): Wegen ihres delirogenen Potenzials sollte deren Einsatz vermieden werden, wenn keine Abhängigkeitsproblematik bzw. ein regelmäßiger Konsum von Alkohol oder Benzodiazepinen bekannt ist. Eine adjuvante, niedrig dosierte Verordnung kann in Betracht gezogen werden bei ängstlich-agitierten Bildern, im Einzelfall auch mit der Zielsetzung, die Antipsychotikadosis möglichst niedrig zu halten.

Merke

Hinsichtlich der Verträglichkeit der eingesetzten Pharmaka muss man die Patienten sorgfältig überwachen. Für Entzugsdelirien gelten spezielle Richtlinien.


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Prävention

Die Erkenntnisse zu negativen Verlaufs- und Prognoseaspekten des Delirs legen nahe, eine Prävention des Delirs anzustreben, um idealerweise dessen Manifestation zu verhindern oder zumindest die Verläufe günstig zu beeinflussen [17]. Angesichts der zahlreichen Einflussfaktoren liegt es dabei aus altersmedizinischer Perspektive nahe, der Komplexität der ätiopathogenetischen Prozesse gerecht werdende Interventionen zu entwickeln. Bei den auf der Basis entsprechender Multikomponentenmodelle [3] entwickelten Programmen kommt unmittelbar patientenbezogenen Maßnahmen eine zentrale Bedeutung zu (s. [Kasten zu nichtmedikamentösen Maßnahmen]).

Merke

Sog. Multikomponentenprogramme gelten als wirksam hinsichtlich einer Delirprävention.

Darüber hinaus besteht ein wesentliches Element solcher Interventionen in einer systematischen Erfassung der Risikofaktoren und einem Delirscreening, um Risikopatienten bzw. das Krankheitsbild in einem frühen Stadium zu erfassen. Voraussetzung dafür ist eine Qualifizierung des Personals mit entsprechenden Schulungen. Validierte, speziell auch durch Pflegekräfte anwendbare Screeninginstrumente sind neben der bereits erwähnten CAM z. B. die Nursing Delirium Screening Scale (Nu-DESC) und Intensive Care Delirium Screening Checklist (ICDSC) [3].

Weiterhin können auf Prävention des Delirs ausgerichtete Programme auch architektonische Maßnahmen beinhalten. Diese zielen ab auf eine Gestaltung der Räumlichkeiten, die Orientierung und Aktivierung der Patienten fördert, aber auch ihren Ruhebedürfnissen gerecht wird. Der bekannteste, die angesprochenen Prinzipien umsetzende Ansatz ist das von der Arbeitsgruppe Inouye entwickelte HELP-Programm [3]. Dieses hat die Arbeitsgruppe C. Thomas in Deutschland erstmals in Bielefeld implementiert. Erwähnenswert aus dem deutschsprachigen Raum sind weiterhin vergleichbare Programme, die in Münster, Berlin und Basel umgesetzt werden. Es liegt auf der Hand, dass die beschriebenen Interventionen eine beachtliche personelle Präsenz erfordern. Fachkräfte erfahren dabei durch geschulte Freiwillige und eine Einbeziehung von Angehörigen wesentliche Unterstützung [3].

Nach einem 2016 erschienenen Cochrane-Review wirken Interventionen auf der Grundlage von Multikomponentenmodellen delirpräventiv. In den im Review einbezogenen Studien wurde im Mittel eine Risikominderung um 30% erreicht. Allerdings ist nicht sicher, ob Patienten mit vorbestehender Demenz ebenfalls profitieren. In dem gleichen Review wird auch die medikamentöse Delirprävention behandelt. Hier kommen die Autoren zu dem Schluss, dass eine entsprechende Wirksamkeit von Cholinesterasehemmern, Antipsychotika und Melatonin nicht nachweisbar ist [26].

Merke

Gesicherte Erkenntnisse zur medikamentösen Vorbeugung von Delirien liegen derzeit nicht vor.


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Ausblick

Das deutlich gestiegene Interesse am Delir des alten Menschen hat sich in den letzten Jahren in einer stetig wachsenden Anzahl von Studien niedergeschlagen. Diagnostik, Therapie und Prävention erfordern einen fachübergreifenden altersmedizinischen Ansatz. Da aus demografischen Gründen mit einer Zunahme der bereits heute sehr hohen Patientenzahlen zu rechnen ist, bedarf es fortgesetzter Anstrengungen in der Grundlagen- und klinischen Forschung, beispielsweise um die Evidenzbasierung medikamentöser Interventionen zu verbessern. Die Weiterentwicklung und Implementierung innovativer Versorgungskonzepte stellt eine besondere Herausforderung dar, auch wegen der damit verbundenen Konsequenzen für die Organisation von Kliniken und der Zuteilung personeller Ressourcen.


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Kernaussagen
  • Das Delir ist die häufigste organische psychische Störung mit akutem Verlauf. Es stellt aufgrund der Vielzahl und Schwere ursächlicher und begleitender somatischer Erkrankungen eine besondere Herausforderung im psychiatrischen Alltag dar.

  • Hohes Alter und verschiedenste Vorschädigungen, wie z. B. eine Demenzerkrankung oder ein durchgemachter Schlaganfall, senken die Delirschwelle, d. h. es kann dann bereits bei weniger schweren akuten Auslösern zu einer Delirmanifestation kommen.

  • Die Diagnostik des Delirs erfordert obligat sowohl eine psychopathologische als auch eine internistisch-neurologische Befunderhebung. Die Mehrzahl der Alterspatienten mit Delir kann auf der Basis einer fundierten klinischen Untersuchung, ergänzt durch eine überschaubare Zahl von Zusatzverfahren, adäquat abgeklärt werden.

  • Die Behandlung des Delirs ist multimodal: Neben akutmedizinischen Interventionen ist insbesondere eine alten und multimorbiden Menschen gerecht werdende Pflege, ergänzt durch nichtmedikamentöse Maßnahmen, essenziell. Der Einsatz von Antipsychotika beim nicht substanzgebundenen Delir wird kontrovers diskutiert.

  • Evidenzbasierte Maßnahmen zur Delirprävention sind verfügbar. Angesichts der ungünstigen prognostischen Implikationen des Delirs ist ihre flächendeckende Implementierung zu fordern.

Wissenschaftlich verantwortlich gemäß Zertifizierungsbestimmungen

Wissenschaftlich verantwortlich gemäß Zertifizierungsbestimmungen für diesen Beitrag ist Prof. Dr. med. Walter Hewer, Göppingen.


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Erstveröffentlichung

Dieser Beitrag wurde erstveröffentlicht in: PSYCH up2date 2018; 12: 447–464.


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Autorinnen/Autoren

Walter Hewer

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Prof. (apl.) Dr. med. Medizinstudium in Essen, Glasgow und Gießen. Facharztweiterbildungen (Innere Medizin, Psychiatrie und Psychotherapie), Zusatzweiterbildung Geriatrie. Über Jahre Oberarzt am Zentralinstitut für Seelische Gesundheit, Mannheim, Habilitation für Psychiatrie. 2000 – 2014 Chefarzt des Zentrums für Gerontopsychiatrie, Vinzenz-von-Paul-Hospital, Rottweil. Seit 2014 Chefarzt der Klinik für Gerontopsychiatrie am Klinikum Christophsbad in Göppingen.

Interessenkonflikt

Der Autor gibt an, dass keine Interessenkonflikte vorliegen.

  • Literatur

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Korrespondenzadresse

Prof. (apl.) Dr. med. W. Hewer
Klinikum Christophsbad
Faurndauerstraße 6 – 28
73035 Göppingen

  • Literatur

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  • 26 Siddiqi N, Harrison JK, Clegg A. et al. Interventions for preventing delirium in hospitalised non-ICU patients. Cochrane Database Syst Rev 2016; (03) CD005563

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Abb. 1 Pathophysiologie des Delirs in Interaktion mit Alterungsprozessen und Vorerkrankungen (ergänzt nach [5], [6]).
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Abb. 2 Mitgebrachte Medikamente eines allein lebenden 70-jährigen Mannes mit leichter Alzheimer-Demenz, der wegen eines Delirs stationär aufgenommen wurde. Die Modalitäten der häuslichen Medikamenteneinnahme ließen sich nicht klären. Nach initialer Pause und anschließender Bereinigung der Medikation kam es zur Remission des Delirs innerhalb weniger Tage.
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Abb. 3 Hierarchie der Behandlungsmaßnahmen beim Delir (nach [17]).