Schlüsselwörter akutes Abdomen - Ileus - Neugeborenes - Atresie - Duplikatur
Abkürzungen
ACHE:
Azetylcholinesterase
ANID:
acquired neonatal intestinal diseases
CIPO:
chronische intestinale Pseudoobstruktion
CPAP:
continuous positive airway pressure
FIP:
fokale intestinale Perforation
HD:
Hirschsprung-Erkrankung (Hirschsprung’s disease, Aganglionie des Kolon)
IND:
intestinale neuronale Dysplasie
NEC:
nekrotisierende Enterokolitis
PVP:
Processus vaginalis peritonei
TERPT:
transanal endorectal pull through (Durchzugs-OP bei Hirschsprung-Erkrankung)
Vor der Geburt
Die Einteilung angeborener und erworbener Erkrankungen des Magen-Darm-Trakts kann
unter pathogenetischen und morphologischen Gesichtspunkten erfolgen ([Tab. 1 ]).
Tab. 1
Einteilung gastrointestinaler Fehlbildungen.
Einteilung
Fehlbildung
embryologisch bedingte Fehlbildungen
tracheoösophageale Fistel/Ösophagusatresie
Pylorusatresie
Duodenalatresie bzw. -stenose
Pancreas annulare
Darmrotationsstörung
Duplikatur, Mesenterialzyste
anorektale Fehlbildung
Folgen fetaler Störungen
funktionell bedingte Darmtransportstörungen
Kombination struktureller und funktioneller Faktoren
Neuro-/Myopathien
Aganglionie (Hirschsprung)
neuronale intestinale Dysplasie
Megazystis, Mikrokolon, intestinales Hypoperistaltik-Syndrom
Der pränatale Ultraschall erlaubt die Erkennung von ca. 60 % der Fehlbildungen des
Gastrointestinaltrakts (GIT). Atresien (griechisch atrelos, ohne Öffnung oder Lumen) sind durch einen angeborenen Verschluss oder eine hochgradige
Einengung des Darmlumens gekennzeichnet. Die Entscheidungsfindung und fundierte Information
der Eltern sollte interdisziplinär erfolgen. Berücksichtigt werden ethische Aspekte
und die Risiken einer intrauterinen Gefährdung, die gegenüber einer zu frühen Geburt
zu gewichten sind.
Gastrointestinale Fehlbildungen sind per se mit der Austragung eines Kindes vereinbar.
Pränatale Eingriffe zur Behandlung von gastrointestinalen Fehlbildungen sind nicht
etabliert. Eltern befürchten häufig eine spätere Einschränkung der Lernleistung sowie
des Konzentrations- und Gedächtnisvermögens als Folge von Narkose und Operation. Hier
sollte das Gespräch mit dem Kinderanästhesisten gesucht werden.
Derzeit ist die Datenlage nicht ausreichend, um eine Schädigung des frühkindlichen
Gehirns durch Stress und Anästhetika auszuschließen.
Regionalanästhesiologische Verfahren stehen weniger in der Kritik (Spinal- oder Kaudalanästhesie).
Diese haben sich in den letzten Jahren bei der Leistenherniotomie durchgesetzt [5 ]
[6 ].
Pathophysiologische Grundlagen
Pathophysiologische Grundlagen
Das Neugeborene beginnt bereits vor der Geburt zu schlucken. Röntgenologisch findet
man nach 3 Stunden eine Luftfüllung des gesamten Dünndarms und nach 8 – 9 Stunden
des Colon sigmoideum. Zur Röntgenbeurteilung der Darmluftverteilung nach der Geburt
wird eine Latenzzeit von einigen Stunden abgewartet. Reife Neugeborene setzen innerhalb
von 24 Stunden nach Geburt erstmalig Mekonium ab.
Ein Ausbleiben des Mekoniums über 24 – 48 Stunden nach der ersten Muttermilchmahlzeit
ist ein Hinweis auf eine Darmpassagestörung.
Frühgeborene und insbesondere entwicklungsverzögerte Kinder (small for gestational
age) tragen bei Vorliegen einer Mekoniumretention ein hohes Risiko für gastrointestinale
Komplikationen. Eine rechtzeitige Erkennung eines verzögerten Mekoniumabgangs eröffnet
die Möglichkeit einer frühzeitigen Behandlung. Opioide können die Mekoniumausscheidung
iatrogen verzögern [7 ].
Aufgepfropfte Zeichen einer gestörten Mekoniumpassage sind:
Im Falle therapeutischer Rektaleinläufe sind beim Neugeborenen phosphathaltige Klysmata
streng zu meiden, da eine lebensbedrohliche Hyperphosphatämie, Hypokalzämie sowie
metabolische Azidose drohen [8 ].
Bei akutem Abdomen bzw. Ileus besteht ein intravasales Flüssigkeitsdefizit, bedingt durch Erbrechen, Durchfälle
sowie eine Third-Space-Problematik. Bei ausgeprägter Hypovolämie sind Bolusgaben einer
isotonen glukosefreien Infusionslösung effektiv. Insbesondere ischämiebedingte Schmerzen
sind schwerwiegend und sollten unter Einsatz von Opioiden eingedämmt werden.
Zu den Standardmaßnahmen gehören weiterhin:
Einlage einer ausreichend fördernden naso-gastrischen Sonde in Form einer Heberdrainage,
ggf. Aspiration des Mageninhalts
fakultativ ein transurethraler Katheter
Bei Vorliegen einer systemischen Entzündungsreaktion (systemic inflammatory response
syndrome, SIRS), V. a. Durchwanderung oder Perforation der Darmwand ist eine kalkulierte
Antibiotikatherapie (Spektrum gramnegativ, -positiv sowie anaerob) erforderlich.
Die Magensonde dient der Entlastung des oberen GIT. Sie stellt jedoch keinen Aspirationsschutz
dar.
Grundsätzlich sind Darmresektionen so sparsam als möglich auszuführen. Ziel ist die Bewahrung der enteralen Autonomie,
d. h. Erhalt des Vermögens einer oralen Ernährung ohne zusätzliche parenterale Flüssigkeits-
bzw. Elektrolyt- und Nährstoffsubstitution. Intraoperativ wird die Länge des verbleibenden
Dünndarms, beginnend an der Flexura duodenojejunalis (Treitz-Band), gemessen (Fadenmethode).
Die Ileozökal-Klappe (Bauhin) sollte möglichst erhalten bleiben.
Unter funktionellem Gesichtspunkt resultiert ein Kurzdarm , wenn der erhaltene Darm nicht ausreichend Nährstoffe, Wasser und Elektrolyte zu
absorbieren vermag. Hochkritische Darmlängen liegen unter 40 cm Rest-Dünndarm. Betroffene
benötigen nach überstandenem Akutereignis zunächst eine längerfristige parenterale
Ernährung – jedoch kann ein relevanter Anteil von der parenteralen Ernährung entwöhnt
werden. Die funktionelle Anpassung (enterale Adaptation) des verbleibenden Darmes
benötigt einen Zeitraum bis zu 4 Jahren [9 ].
Ursachen für einen Kurzdarm sind insbesondere:
Besondere Probleme ergeben sich aus der pathogenen mikrobiologischen Besiedlung des
verbleibenden Darmes. Limitierend für das Körperwachstum und die Entwicklung sowie
quoad vitam sind insbesondere die kurzdarmassoziierte chronische Lebererkrankung sowie enterogene
und katheterassoziierte Septitiden.
Pylorusatresie, Magenmembran
Pylorusatresie, Magenmembran
Der Verschluss des Magenausgangs tritt sporadisch oder in Verbindung mit einer Epidermolysis
bullosa auf. Das Röntgenbild zeigt eine überblähte Magenblase mit Flüssigkeitsspiegel.
Distal davon fehlt die Luft (Ausnahme inkomplette Magenmembran). Gefahren leiten sich
aus einer drohenden Magenperforation ab. Die Behandlung kann in einer Pylorusresektion
und End-zu-End-Anastomose oder Seit-zu-Seit-Gastroduodenostomie bestehen.
Duodenalatresie bzw. -stenose, Pankreas annulare
Duodenalatresie bzw. -stenose, Pankreas annulare
Die Häufigkeit beträgt 1,5 – 2 auf 10 000 Geburten. Embryologisch handelt es sich
um die Folge einer gestörten epithelial-mesenchymalen Interaktion bei der Rekanalisierung
des ursprünglich epithelial verschlossenen Duodenums (Tandler- Theorie). Pränatal finden sich ein Polyhydramnion und eine Aufweitung von Magen und
Duodenum.
An die erhöhte Prävalenz eines Vitium cordis sowie einer Trisomie 21 ist zu denken.
Postnatal sind galliges Erbrechen und eine Vorwölbung des Oberbauchs Leitsymptome.
Besonders seltene Atresien oralwärts der Vater-Papille sind mit klarem Rückfluss verbunden. Die Nativ-Röntgenaufnahme des Magens offenbart die doppelte Spiegelbildung von Magen
und Duodenum (double bubble) . Zur besseren Sichtbarmachung können vor dem Röntgen einige Milliliter Luft über
die naso-gastrische Sonde instilliert werden. In unklaren Fällen bringt ein wasserlösliches
Kontrastmittel zusätzlichen diagnostischen Gewinn.
Morphologische Formenvarianten der Duodenalatresie sind Membranen (mit oder ohne Öffnung)
oder die Lumen- bzw. Kontinuitätsunterbrechung ([Abb. 1 ]). Standardmethode der chirurgischen Therapie ist die Duodeno-Duodenostomie in Form
der Diamantanastomose. Sie kann offen oder bei spezieller Expertise laparoskopisch
durchgeführt werden. Eine transnasal eingeführte transanastomotische Sonde erlaubt
eine frühzeitige postoperative enterale Ernährung. Alternativ ist eine Membranexzision
möglich (per Enterotomie oder bei größeren Kindern auch endoskopisch endoluminal).
Abb. 1 Duodenalmembran. Eröffnetes Darmlumen: fleischige Membran vor den Branchen der Pinzette.
Die Magensonde kommt von oben und wird transanastomotisch platziert.
Bei der Membranexzision ist auf die Unverletztheit der Papille strikt zu achten!
Eine Verschmälerung (tapering) eines Megaduodenums ist in seltenen Fällen erforderlich.
Eine präduodenale Pfortader (persistierende linke Vitellin-Vene) kommt bei Heterotaxie
bzw. Situs-Asymmetrie vor. Sie verläuft vor dem Pankreas, und sie ist meist von einer
intrinsischen Obstruktion begleitet.
Das Pankreas annulare als Ursache einer Duodenalstenose resultiert aus einer fehlerhaften Verschmelzung
beider embryonaler Pankreasananlagen. Das Pankreas umschließt das Duodenum ringförmig
([Abb. 2 ]). Die Behandlung besteht in einer Überbrückung in Form der Duodeno-Duodenostomie.
Abb. 2 Pancreas annulare. Der Magen ist mit Haltefäden aufgespannt. Das Pankreas umschließt
ringförmig das Duodenum. Bypass-Anastomose mittels Duodeno-Duodenostomie.
Bei der Ladd-Assoziation bewirken embryonale peritoneale Bänder, ausgehend von einem hochstehenden Zökum (Coecum
altum), eine äußere Duodenalkompression. Die zusätzlich schmalbasige Aufhängung des
Mitteldarms prädestiniert zum Volvulus. Die Operation umfasst neben der Durchtrennung
der Ladd-Bänder die Mobilisation der mesenterialen Verwachsungen und Positionierung
des Darmes in Non-Rotation. In 2 – 7 % der Fälle ist ein Volvulus-Rezidiv möglich.
Auch eine Nahtfixierung des derotierten Darmes bietet keinen sicheren Schutz dagegen.
Die Ladd-Prozedur gibt den Patienten eine größtmögliche Sicherheit gegen ein Volvulusrezidiv,
jedoch bedarf es einer Information über mögliche Symptome und Dringlichkeit bei V. a.
Re-Volvulierung.
Pränatal bestand ein ausgeprägtes Polyhydramnion bei V. a. Double Bubble im Ultraschall.
Wegen mütterlicher Probleme erfolgt die Sectio-Entbindung in der 29. Schwangerschaftswoche
mit einem Geburtsgewicht von 800 g. Diese Diagnose bestätigt sich auch im Nativ-Röntgen
des Abdomens. Nach der Geburt bestätigt sich eine Trisomie 21, und das Herzecho ergibt
einen perimembranösen Ventrikelseptumdefekt. Über die Magensonde ist grünes Sekret
aspirierbar.
Das Frühgeborene ist beatmet, so dass am 4. Lebenstag die Off-Site-Operation im kooperierenden
Perinatalzentrum erfolgt. Es wird eine Oberbauch-Laparotomie rechts vorgenommen. Eine
Durchtrennung des noch offenen Lig. teres hepatis ist nicht erforderlich. Intraoperativ
bestätigt sich eine Duodenalatresie ohne Verbindung zwischen dem dilatierten oberen
Segment und dem „abgekoppelten“ nachgeschalteten, schmalkalibrigen Duodenum. Eine
Rotationsanomalie oder sonstige weitere Auffälligkeiten finden sich nicht. Aufgrund
der lokalen Verhältnisse wird eine Seit-zu-Seit-Anastomose mit Vicryl 7 × 0 unter
lupenchirurgischer Vergrößerung ausgeführt. Nach Fertigstellung der Hinterwand schieben
wir eine 4 CH-Ernährungssonde über die Anastomose.
Der weitere Verlauf ist befriedigend. Das Kind bleibt an der Beatmung. Nach 4 Tagen
erfolgt die Gabe von 5 %-Glukoselösung über die Sonde. Der weitere Nahrungsaufbau
geschieht mit Muttermilch. Eine Spontanpassage über die Anastomose stellt sich ein.
Dünn- und Dickdarmatresie
Dünn- und Dickdarmatresie
Auch hier sind es sekundäre Atresien nach fetalen Gefäßverschlüssen (Embolie, Strangulation,
Segmentverdrehung) des Darmes. Besondere Kausalitäten finden sich bei Kindern mit
schweren Herzfehlern oder nach Zwillingstransfusionssyndrom. Bereits intrauterin kann
die Darmdilatation sonografisch gesehen werden.
Leitsymptome sind die stetig zunehmende Vorwölbung des Bauches und galliges Erbrechen.
Die Nativ-Röntgenuntersuchung zeigt meist mehrere Spiegel und ein luftleeres unteres
Abdomen. Bei Jejunumatresie ist das gefüllte, wandverdickte und stark erweiterte obere
blinde Dünndarmsegment häufig als wurstförmige Resistenz tastbar ([Abb. 3 ]).
Abb. 3 Jejunalatresie. Infolge einer Membran ausgeprägte prästenotische Dilatation und Wandhypertrophie
des Jejunum. Quelle: Nissen M, Dettmer P, Thränhardt R et al. Congenital jejunal membrane
causing transient pseudohypoaldosteronism and hypoproteinemia in a 7-week-old infant.
Klin Padiatr 2017; 229: 302 – 303. doi:10.1055/s-0043-113570.
Morphologisch unterscheidet man membranöse, strangförmige oder komplette Atresieformen
(nach Veccia, Grosfeld und West):
Typ I: intraluminale Membran
Typ II: Strang zwischen beiden atretischen Enden unter Erhaltung des Mesenteriums
Typ IIIa: atretische Enden sind bei Mesenterialdefekt nicht miteinander verbunden
Typ IIIb: Christmas Tree oder Apple Peel
Typ IV: multiple Atresieformen nebeneinander vorliegend ([Abb. 4 ])
Abb. 4 Typ IV einer Jejunalatresie. Die Kontinuität des Jejunums ist mehrfach komplett unterbrochen.
Verkürzung der Gesamtlänge des Dünndarms.
Atresien vom Typ III (aboraler Darm apfelschalenartig um das Zentralgefäß gewunden)
werden pathogenetisch auf einen intrauterinen Volvulus oder Gefäßverschluss im Versorgungsgebiet
der distalen A. mesenterica superior zurückgeführt. Der mittlere Dünndarm ist untergegangen,
a priori besteht eine Kurzdarmsituation. Die Blutversorgung des verbliebenen terminalen
Ileum erfolgt über einen Ast der ileokolischen Arterie.
Die bevorzugte Behandlungsoption bei Dünndarmatresien besteht in der primären Wiederherstellung
der Darmkontinuität mittels End-to-Back-Anastomose. Es ist fast immer erforderlich,
das megalisierte präatretische Segment sparsam zu resezieren. Ein Tapering erlaubt
zusätzlich die Verschmälerung des präatretischen Darmes. Weiterhin kann der postatretische
Darm antimesenterial spatuliert, d. h. längs eingeschnitten werden. Eine transnasal
eingelegte transanastomotische Sonde oder eine temporäre Katheterjejunostomie nach
dem Witzel-Prinzip erlauben die frühzeitige enterale Ernährung. Allerdings gibt es
Untersuchungen, die die Effizienz dieses Vorgehens anzweifeln.
Kolonatresien sind besonders selten. Eine Auftreibung des Bauches und gallig-mekoniumhaltiges Erbrechen
sind die Leitsymptome. Die Behandlungsprinzipien entsprechen dem bereits beschriebenen
Vorgehen, ggf. wird ein temporäres Stoma angelegt.
Wann immer möglich, sollte der ileokolische Übergang mit der Bauhin-Klappe erhalten
werden.
Nach der Operation einer hohen Atresie bewährt sich eine Jejunalsonde zwecks frühzeitigen
enteralen Nahrungsaufbaus. Eine orale Nahrungszufuhr erfolgt in Absprache mit dem
Kinderchirurgen nach einigen Tagen, meist nach Absetzen der ersten Portionen frischen
Stuhls.
Duplikaturen
Duplikaturen kommen entlang des gesamten Darmrohrs vor. Es handelt sich um sphärische
oder zylindrische Doppelungen des Lumens, deren Wand Schleimhaut und Muskulatur enthält.
Duplikaturen sind meist vom Darmlumen getrennt oder können mit dem Lumen in offener
Verbindung stehen.
Die Embryologie ist nicht schlüssig zu erklären, so dass eine Reihe embryologischer
Theorien ins Feld geführt werden:
Die Diagnose erfolgt häufig pränatal durch Ultraschall. Am häufigsten betroffen sind
Ileum und Jejunum, gefolgt von Ösophagus sowie Kolon.
Nach der Geburt bleiben Duplikaturen zunächst asymptomatisch. Durch Größenzunahme,
Sekundärinfektion sowie infolge eingesprengter dystoper Magen- bzw. Pankreasschleimhaut
entstehen Komplikationen, z.B: Darmpassagestörung, Ruptur und Peritonitis. Klinisch
tastet man nicht selten eine gut verschiebliche Raumforderung im Bauch. Meist genügt
ein Ultraschall zur weiteren Spezifizierung.
Eine elektive Operationsindikation besteht aufgrund der zu befürchtenden Komplikationen.
Methode der Wahl ist die kontinuitätserhaltende Resektion, jedoch lässt sich eine
Resektion des betroffen Darmabschnitts nicht immer vermeiden. Differenzialdiagnosen
sind insbesondere Mesenterialzysten, Lymphangiome sowie Ovarialzysten.
Darmrotations- und Fixationsstörungen, Volvulus
Darmrotations- und Fixationsstörungen, Volvulus
Ursächlich sind Störungen im Rahmen der Hernierung des embryonalen Mitteldarms in
das extraembryonale Zölom und der Rückverlagerung in die Bauchhöhle (Nabelschleifenstörung).
Damit verbunden ist die 3-dimensionale und gegenläufige embryonale Darmdrehung, die
zu einer Anhaftung des duodeno-jejunalen Übergangs im linken Oberbauch sowie einer
Lage des ileo-zökalen Übergangs im rechten Unterbauch führt. Wird dieser Prozess gestört,
so resultieren eine Mal- bzw. Non-Rotation, begleitet von einer mangelhaften Fixierung
des Darmes: Mesenterium ileocolicum commune. Ein pendelartig am schmalen Mesenterialstiel aufgehängter Mitteldarm prädestiniert
zur Volvulierung um die Drehachse der oberen Mesenterialgefäße.
Der Formenreichtum intestinaler Fixations- und Rotationsstörungen ist groß. So gibt
es neben der ausbleibenden Rotation (Non-Rotation) Fälle mit inkompletter oder sehr
selten auch inverser Rotation sowie innere Hernien (mesokolische paraduodenale Hernien).
Leitsymptom des Volvulus ist das meist gallige Erbrechen aus dem scheinbaren Wohlbefinden
heraus.
Bei Mitteldarmvolvulus droht die subtotale hämorrhagische Darminfarzierung innerhalb
weniger Stunden!
Bei Früh- und Neugeborenen ist die Schmerzsymptomatik meist gering. Dagegen zeigen
größere Kinder starke Ischämieschmerzen, die zyklisch im Rahmen einer voranschreitenden
Volvulierung eintreten können. In diesem Zusammenhang ist vor Diagnosen wie „zyklisches
Erbrechen, Abdominalmigräne“ oder „psychogenen, hysterischen Anfällen“ zu warnen.
Beim Volvulus spielt der Zeitfaktor eine entscheidende Rolle und im Entscheidungsfalle
ist der klinische Verdacht ausschlaggebend. Das Nativ-Röntgenbild ist in ca. 20 %
der Fälle mit Volvulus unauffällig!
Bei jeder Duodenalobstruktion des Neugeborenen und Säuglings ist ein Volvulus auszuschließen!
Mit dem Ultraschall inklusive farbkodiertem Doppler steht ein zügig anzuwendendes
und sensitives Verfahren zur Verfügung. Prinzipiell liegt die Vena mesenterica superior
rechtsseitig der Arteria mesenterica superior (bei Volvulus liegt die Vene linksseitig
oder vor der Arterie). Das klassische Ultraschallzeichen des Mitteldarmvolvulus ist
das Whirlpool-Zeichen, d. h. die Verdrehung der Gefäße des Mesenterialstiels im Uhrzeigersinn.
Bei oraler Kontrastmittelgabe weist eine Rechtslage der Flexura duodenojejunalis (im
Normalfall linksseitig der Wirbelsäule) auf eine Rotationsstörung hin. Ein hoher Duodenalspiegel
oder Kontrastmittelabbruch in Höhe Pars 3 duodeni sind Zeichen eines Volvulus. Bei
chronischem Verlauf liefern Schnittbildverfahren mit Kontrastmitteldarstellung der
Gefäße die Diagnose. Der retrograde Röntgen-Kolonkontrasteinlauf liefert als Zeichen
des Volvulus ein hochstehendes Zökum und einen Kontrastmittelabbruch im terminalen
Ileum.
Bei Frühgeborenen ist die isolierte Verdrehung einer Darmschlinge in Form des segmentalen Volvulus typisch. Dies ist infolge entwicklungsbedingt laxer und enger Darmaufhängung möglich.
Eine iatrogene Triggerung (z. B. durch CPAP-Atemunterstützung, Bauchmassage oder Beckenrotation)
wird diskutiert. Ein galliger Rückfluss und das eingesunkene, röntgenologisch fast
luftleere Abdomen sowie eine Laktazidose (nicht obligat!) sind hinweisend. Da die
torquierte Darmschlinge häufig nekrotisch ist, stehen Resektion und Anastomose an.
Der Darmverlust gestaltet sich geringer als beim klassischen Mitteldarmvolvulus.
Spätsymptome des Volvulus sind:
Hämatin
Hämochezie
Paralyse des Darmes
Multiple Röntgenspiegel deuten auf eine fortgeschrittene Infarzierung hin.
Bei V. a. Volvulus ist die umgehende Operation (ggf. Laparoskopie, meist offen) unabdingbar.
Häufig sind laparoskopische Manipulationen (LADD-Manöver) aufgrund überdehnter und
rigider Darmschlingen erschwert, so dass laparotomiert werden muss. Bei einem Strangulationsileus
durch angeborene Briden (z. B. Reste der Vitellin-Arterien, Ductus omphaloentericus)
ist die Laparoskopie zielführend.
Bei Mitteldarmvolvulus und hämorrhagischer Infarzierung ist eine Second-Look-Operation
nach 24 – 36 Stunden eine Option zur Erhaltung des Darmes (ggf. ist auch die Clip-and-drop-Technik
anzuwenden).
Kontrovers wird die Entfernung der Appendix bei Rotationsanomalien des Darmes diskutiert.
Aus infektimmunologischen Gründen ziehen wir es vor, die Appendix nicht zu entfernen,
da diese einen Rückzugsort der normalen Darmflora bei Enteritis ist [10 ]. Allerdings sollten Eltern und ggf. auch das verständige Kind auf die Möglichkeit
einer Links-Appendizitis hingewiesen werden.
Hinweis
Weitere Fehlbildungen und Erkrankungen werden in Teil 2 des Beitrags in der nächsten
Ausgabe (2/2019) behandelt.
Fehlbildungen des oberen Gastrointestinaltrakts werden überwiegend pränatal im Ultraschall
diagnostiziert.
Atresien und Darmfixationsstörungen sind am häufigsten anzutreffen.
Galliges Erbrechen ist ein Alarmzeichen mit der Konsequenz einer weiterführenden Diagnostik
sowie der Einlage einer nasogastrischen Sonde.
Typisch für die Duodenalatresie ist die Double Bubble im Ultraschall und auf der Röntgenaufnahme;
die Operation erfolgt mit aufgeschobener Dringlichkeit.
Atresien des unteren Dünndarms und des Kolons manifestieren sich häufig verzögert
durch Auftreibung des Darmes und galliges bzw. fäkulentes Erbrechen.
Multiple Dünndarmspiegel bei fehlender Belüftung des unteren Mittel- und Enddarmes
belegen postnatal eine tiefere Dünndarmatresie.
Bei Dünndarmatresien besteht ein Trend zur primären Anastomose, wenn immer möglich.
Duplikaturen sind initial oft symptomarm, erweisen sich jedoch später als komplikationsträchtig,
so dass eine elektive Operationsindikation besteht.
Darmrotaions- und Fixationsstörungen prädestinieren zum Mitteldarmvolvulus.
Ein V. a. Volvulus erfordert die Abklärung innerhalb einer Stundenfrist. Bei langstreckiger
hämorrhagischer Infarzierung ist nach Detorsion eine Second-Look-Laparotomie zu erwägen.