Bis zum Ende des 18. Jahrhunderts war die klinische Medizin in die beiden Hauptgebiete
Innere Medizin und Chirurgie unterteilt. Patienten mit Hautkrankheiten, damals als
„Krätzige“ bezeichnet, wurden dem internistischen, solche mit Geschlechtskrankheiten,
auch „Syphilitische“ genannt, vornehmlich dem chirurgischen Fachgebiet zugeordnet.
Durch den Wissenszuwachs und die damit einhergehenden neuen Möglichkeiten der Diagnostik
und Therapie in der Medizin spalteten sich im Laufe der Zeit immer mehr eigenständige
Fachgebiete ab. Schon im beginnenden 19. Jahrhundert bildeten sich in Würzburg eigene
medizinische Abteilungen mit entsprechendem Unterricht heraus. Die ersten Lehrveranstaltungen,
in denen auch dermatologische Inhalte vermittelt wurden, hielt der spätere Vorstand
der Medizinischen Klinik, Nikolaus Anton Friedereich (1761 – 1836), ab, der in den Jahren 1795 – 1806 über „Fieberlehre, venerische und
chronische Krankheiten“ las [1].
Im Jahr 1805 wurden die „Geschlechtskranken“ aus dem Elisabethkrankenhaus Würzburg
in eigene Räumlichkeiten innerhalb des Würzburger Juliusspitals überführt. Als Kernstück
der Stiftung Juliusspital Würzburg war der Grundstein des Juliusspitals bereits am
12. März 1576 gelegt worden. Ursprünglich wurde die Stiftung aus dem Privatvermögen
von Julius Echter von Mespelbrunn finanziert, der nach seiner Wahl zum Würzburger
Fürstbischof im Jahr 1573 in seiner Residenzstadt einen Mangel an Armen- und Krankenhäusern
wahrnahm. Zehn Jahre später wurde das Spital fertiggestellt. Erste Erwähnungen einer
Abteilung für Haut- und Geschlechtskrankheiten im Juliusspital gehen auf das Jahr
1849 zurück. Zu diesem Zeitpunkt war die Abteilung jedoch noch der Medizinischen Klinik
unterstellt.
In dieser frühen Phase der Entstehung der einzelnen medizinischen Fachgebiete ist
die Geschichte der Dermatologie in Würzburg mit dem Wirken zweier herausragender Persönlichkeiten
verbunden. Erstmalig wurden Vorlesungen mit rein dermatologischen Themen in den Jahren
1818 – 1830 von Johann Lukas Schönlein (1793 – 1864, [Abb. 1 a]) gehalten, der eine seiner Vorlesungsreihen den „syphilitischen Krankheiten“ widmete.
Besonders am Herzen lag ihm der Unterricht am Krankenbett. Im Jahre 1832 wurde Schönlein
aufgrund seines politischen Bekenntnisses zur Julirevolution von 1830 als „staatsgefährlich“
seines Amtes enthoben und war gezwungen, Würzburg zu verlassen. Seine Lehr- und Forschungstätigkeit
setzte er in Zürich fort, wo ihm im Jahr 1832 die Beschreibung der leukozytoklastischen
Immunkomplexvaskulitis – später Purpura Schönlein-Henoch genannt – und im Jahr 1839
die Erstbeschreibung des Favus-Pilzes gelang, der später nach ihm Trichophyton schoenleinii benannt wurde. Auch förderte er naturwissenschaftliche Methoden und führte in diesem
Zusammenhang das Mikroskop in die Laboratorien der Klinik ein.
Abb. 1 a Johann Lukas Schönlein (1793 – 1864). Quelle: http://resource.nlm.nih.gov/101428449 (Public Domain). b Franz von Rinecker (1811 – 1883). Quelle: Emil Kraepeln: Franz von Rinecker W: Theodor
Kirchhoff (Hrsg.): Deutsche Irrenärzte: Einzelbilder ihres Lebens und Wirkens. Berlin:
Springer Verlag, 1921.
Nach der Ära Schönlein brachte ein weiterer außergewöhnlicher Gelehrter die Dermatologie
in Würzburg maßgeblich voran. Der am 3. Januar 1811 in Scheßlitz (Oberfranken) geborene
Franz von Rinecker ([Abb. 1 b]) engagierte sich nach dem Studium der Medizin in München, Würzburg und Wien besonders
in Würzburg. Als eine der zentralen Persönlichkeiten der Reform der Universität trug
er wesentlich zur Differenzierung unterschiedlicher Fachgebiete der Medizin bei. Daneben
brachte er sich auch aktiv in den klinischen Alltag ein. Sein vielseitiges Wirken
zeigte sich u. a. in der Ausübung einer umfassenden Lehrtätigkeit sowie in der Leitung
der Medizinischen Poliklinik und der psychiatrischen Abteilung. Außerdem geht sowohl
die Gründung des Physiologischen Instituts Würzburg als auch der weltweit ersten eigenständigen
Kinderklinik auf Rinecker zurück.
Rineckers Reformgeist und Erfolg trafen in der Würzburger Kliniklandschaft des 19. Jahrhunderts
nicht nur auf Sympathien. Einerseits wurde er 7-mal zum Dekan und 2-mal zum Rektor
der Universität gewählt, andererseits stießen seine Ideen und Praktiken auf teils
harten Widerstand. So wurde im März 1852 nach einem Vortrag über seine Versuche zur
„Ansteckungsfähigkeit der konstitutionellen Syphilis“ sogar ein Disziplinarverfahren
wegen fahrlässiger Körperverletzung gegen Rinecker eröffnet [1] und er erhielt eine Senatsrüge aufgrund seiner Impfversuche [2].
Diese Rückschläge bremsten Rinecker jedoch nicht und so wurde auf seine Initiative
hin nach Intervention im Bayerischen Staatsministerium des Innern im April 1872 erstmals
„auf Seiner Majestät allerhöchsten Befehl“ [1] eine selbstständige dermatologische Abteilung, damals die „Abteilung des Juliusspitals
für Syphilis und Hautkrankheiten“ der Universität Würzburg gegründet. Diese befand
sich erstmals unter der Leitung eines speziell hierfür zuständigen Institutsdirektors,
nämlich Rineckers selbst, der die Abteilung, die jeweils 3 Räume mit 34 Männer- und
27 Frauenbetten umfasste, bis zu seinem Tod am 21. Februar 1883 im Alter von 72 Jahren
führte. Seine letzte dreistündige Vorlesung über Syphilis und Hautkrankheiten hielt
er 16 Tage zuvor. Aus der Rinecker-Ära sind noch Diarien erhalten, die die stationären
Aufnahmen bspw. „männlicher syphilitischer Hautkranker“ dokumentieren ([Abb. 2]).
Abb. 2 Aufnahmebuch der Abteilung für „männliche & syphilitische Hautkranke“, 1865/1866.
Albert Neisser beschrieb die Situation in den 1870er-Jahren in einem 1894 verfassten
Rückblick auf die Entwicklung der Dermatologie in Deutschland folgendermaßen: „Ein
eigener Unterricht fehlte (...) in Deutschland fast ganz. Die einzigen Universitäten
mit namhaften Krankenabteilungen waren bis in die 70er Jahre München, Würzburg und
Berlin.“ [2] – ein Verdienst, das in hohem Maße Franz von Rinecker zukommt.
Nach dem Tod Rineckers kam es in Würzburg zu einem dramatischen Rückschritt des dermatologischen
Fachgebiets. Die durch Rineckers Bestrebungen entstandene eigenständige Hautabteilung
wurde erneut der Medizinischen Klinik unterstellt. Dieser Zustand hielt über einen
Zeitraum von immerhin 24 Jahren an, bis die „Abteilung für Haut- und Geschlechtskrankheiten“
am 01.10.1907 mit der Unterbringung in der Kurie Tannenberg erstmals einen separaten Standort [2] und so das Fach wieder den Stellenwert erhielt, den es zu Rineckers Zeiten innehatte.
Die Kurie Tannenberg, einer der in der Würzburger Altstadt gelegenen Domherrnhöfe,
bildete die südliche Begrenzung des Domplatzes, dem heutigen Paradeplatz. Beim Bombenangriff
auf Würzburg am 16. März 1945, in dem die Altstadt nahezu vollständig zerstört wurde,
wurde auch die Kurie Tannenberg vernichtend getroffen.
Als Ordinarius der Medizinischen Fakultät und Vorstand der Klinik für Haut- und Geschlechtskrankheiten
wurde Otto Seifert (1853 – 1933) berufen, der von 1887 bis zu seiner Emeritierung im Jahr 1909 die dermatologische
Abteilung leitete und Vorlesungen über Hautkrankheiten hielt. Seifert rückte die Lehre
wieder mehr in den Fokus und hielt bereits ab dem Jahr 1903 im Hörsaal des Juliusspitals
ein „Ambulatorium für Haut- und Geschlechtskranke“ ab [1]. Seiferts medizinisches Interesse galt außerdem der Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde.
Als er 1909 einen Ruf auf die Leitung der Hals-Nasen-Ohrenklinik in Breslau erhielt,
verließ er Würzburg.
Nachfolger Seiferts wurde Karl Zieler (1874 – 1945) [1]. Dieser hatte seine Ausbildung bei Albert Neisser in Breslau und Joseph Doutrelepont
in Bonn genossen, bevor er im Sommer 1909 aus Breslau nach Würzburg berufen wurde
[3]. Die Klinik hatte die gleiche Größe wie zu Zeiten Rineckers und befand sich zunächst
weiterhin in den Räumlichkeiten der Kurie Tannenberg [1]. Zieler etablierte jedoch rasch eine eigene dermatologische Poliklinik, die im zweiten
Obergeschoss eines Privathauses am Paradeplatz 2 über der im ersten Stockwerk befindlichen
ambulanten Zahnklinik untergebracht war [1]. Die Poliklinik bestand aus 9 seinerzeit hochmodernen Räumen inklusive eines histologischen
und fotografischen Labors und einer Lichtabteilung [1].
In den Jahren 1912 bis 1921 wurde im Stadtteil Grombühl eine im Gegensatz zum bestehenden
Juliusspital konfessionell ungebundene Krankenanstalt errichtet. Mit der Fertigstellung
des nach dem Prinzregenten benannten „Luitpoldkrankenhauses“ endete die langjährige enge Verbindung zwischen Medizinischer Fakultät und Juliusspital
[4], auch die dermatologische Abteilung wurde in einen separaten Neubau überführt ([Abb. 3 – 5]) [5]. Hiermit kam es auch zu einer räumlichen Vereinigung der ambulanten und stationären
Patientenversorgung mit 110 Betten [1]. Der Standort war durchaus günstig, da im Jahr 1926 dank einer großzügigen Spende
des zunächst in Würzburg tätigen und dann in die USA ausgewanderten Augenarztes Dr.
Josef Schneider (1845 – 1927) die Anbindung des Luitpoldkrankenhauses an das Straßenbahnnetz
und damit an den Stadtkern möglich wurde.
Abb. 3 Direktionsflügel der Hautklinik im Rohbau, Winter 1920/1921 (Foto: privat).
Abb. 4 Hautklinik des Luitpoldkrankenhauses kurz nach der Fertigstellung in den 1920er-Jahren
(aus: [5]).
Abb. 5 Luitpoldkrankenhaus kurz nach der Fertigstellung. Die Hautklinik ist in der linken
Bildhälfte im Vordergrund zu erkennen (aus: [5]).
Im Jahr 1921 wurde Karl Zieler in Würzburg als erster ausschließlich dermatologischer
Spezialist zum Ordinarius ernannt [3]. Seine Interessensgebiete waren v. a. die allgemeine Pathologie und Therapie der
Hauttuberkulose und der Syphilis sowie die Impfmalaria. Über diese und andere Themen
verfasste Zieler eine beachtliche Zahl an Publikationen und Lehrbüchern. Unter anderem
entstammt seiner Feder das in 7 Auflagen erschienene Werk „Lehrbuch und Atlas der
Haut- und Geschlechtskrankheiten“ ([Abb. 6 a und b]) [6].
Abb. 6 Zielers Lehrbuch und Atlas der Haut- und Geschlechtskrankheiten (a) mit Abbildungen von Moulagen verschiedener Varianten der Psoriasis (b) (aus: [6]).
Von 1919 bis 1933 war Zieler Mitglied der Deutschnationalen Volkspartei und ab 1936
der Nationalsozialistischen Deutschen Arbeiterpartei (NSDAP). Seine politische Haltung
wird als national-konservativ und deutlich antisemitisch beschrieben [2]. Zieler war von 1933 bis zum Kriegsende 1945 Vorsitzender der Deutschen Dermatologischen
Gesellschaft (DDG) und damit eine der einflussreichsten Persönlichkeiten in der deutschen
Dermatologie während der Zeit des Nationalsozialismus. Als Vorsitzender des „Ausschusses
zur Begutachtung des fachlichen Nachwuchses“ beeinflusste Zieler wichtige Entscheidungen
bei der Besetzung von Lehrstühlen und über die Teilnahme an Kongressen im Ausland
maßgeblich [2]. Zieler durfte als einer von wenigen deutschen Wissenschaftlern dieser Zeit die
deutsche Dermatologie im Ausland repräsentieren; so reiste er beruflich nach Budapest
(1935), Kairo (1938), Bologna (1940) und Padua (1942) [2]. Schon im Jahr 1903 hatte Zieler auch Studienreisen nach Paris, London und Wien
unternommen, wo er die besten Moulagensammlungen seiner Zeit vorfand. Ein großes Kontingent
an Exponaten des bekannten Mouleurs Alfons Kröner lieferte den Grundstock für den
Aufbau einer eigenen Würzburger Moulagensammlung (s. u.) [7]. Im Jahr 1939 stellte Zieler den Antrag auf Emeritierung, nachdem er die Hautklinik
Würzburg über 30 Jahre lang geleitet hatte. Am 2. April 1945 wählte er als bekennender
Nationalsozialist kurz vor dem Ende des Zweiten Weltkrieges gemeinsam mit seiner Lebensgefährtin
Margarethe Beier in Schönau bei Gemünden am Main den Freitod [1].
Zielers Wunsch entsprechend wurde seinem Oberarzt Karl Hoede (1897 – 1974) am 5. April 1939 die kommissarische Leitung der Klinik anvertraut. Am
1. Januar 1940 wurde Hoede zum ordentlichen Professor und Leiter der Klinik ernannt.
Dies stellte eine von nur zwei Hausberufungen auf einen dermatologischen Lehrstuhl
zur Zeit des Nationalsozialismus dar [2]. Hoedes Forschungsschwerpunkte bildeten neben der Hauttuberkulose [3] die genetischen Grundlagen von Dermatosen, insbesondere der Psoriasis [2]. Er untersuchte Hautkrankheiten im Hinblick auf die Anwendbarkeit des „Gesetzes
zur Verhütung erbkranken Nachwuchses“ und hielt in diesem Zusammenhang bekenntnishafte
Vorträge zum Thema „Hautarzt und Erbpflege“: „Dringend erwünscht ist eine Entscheidung
darüber, bei welchen Hautkrankheiten eine Verheiratung nicht im Interesse der Volksgemeinschaft
liegt“ [1].
Die politische Ausrichtung Hoedes ist dennoch nicht zweifelsfrei als nationalsozialistisch
einzuordnen. Aufgrund seiner Zugehörigkeit zu einer Freimaurerloge in den Jahren 1920
bis 1933 konnte Hoede kein Mitglied der NSDAP werden und sollte daher seitens der
Parteistellen vom Hochschuldienst ausgeschlossen werden. Im Zusammenhang mit seiner
Berufung fand daher eine Prüfung statt, die ihm eine „einwandfreie Gesinnung gegenüber
dem nationalsozialistischen Staat“ bestätigte und so seinen Verbleib an der Universität
sicherte. Hoedes politisches Verhalten in der Zeit des Nationalsozialismus könnte
auch als kompensatorisches, karriereorientiertes Verhalten interpretiert werden [2]. Er leitete die Hautklinik der Universität Würzburg über einen Zeitraum von 7 Jahren
bis zum Jahr 1946, als er im Rahmen der Entnazifizierungsmaßnahmen als „Mitläufer“
in die Gruppe der „Minderbelasteten“ eingestuft wurde und die Leitung der Klinik abgeben
musste.
Hoedes Nachfolge trat im Jahr 1946 Karl Hermann Vohwinkel (1900 – 1949) an, der sein Medizinstudium an den Universitäten zu Göttingen, Marburg
und Jena absolviert hatte. Seine Anstellung als habilitierter Privatdozent und Oberarzt
am Universitätsklinikum Tübingen verließ er im Jahr 1937 „aus politischen Gründen“,
um als Sanitätsoffizier der Wehrmacht [8] und zuletzt als Oberfeldarzt und „Heeresbordellarzt“ [9] tätig zu sein. Als kommissarischer Direktor der Universitäts-Hautklinik Würzburg
war Vohwinkel bis zum Jahr 1948 aktiv. Am 22. September 1949 starb er in Würzburg
[8]. Seinen Namen verewigte Vohwinkel durch die Erstbeschreibung einer hereditären Palmoplantarkeratose
(Keratosis palmoplantaris mutilans, Vohwinkel-Syndrom).
Im Jahr 1948 übernahm Hans Schuermann (1908 – 1962) die Leitung der Würzburger Hautklinik [10]. Nach seinem Studium der Medizin in Freiburg, Rostock und Düsseldorf leistete er
seine Facharztausbildung in Rostock und zuletzt in Berlin ab, wo er sich über das
Erkrankungsbild der Dermatomyositis habilitierte. Im Zweiten Weltkrieg bekleidete
er eine Oberarztposition in Marburg/Lahn. Die Würzburger Hautklinik leitete Schuermann
über ein Jahrzehnt lang, bis er im Jahre 1958 als Ordinarius nach Bonn wechselte.
Vier Jahre später, im Alter von nur 54 Jahren, verstarb Schuermann überraschend an
einer Lungenembolie. Sein Name ist verbunden mit der Schuermannschen Erkrankung (Plasmocytosis
circumorificialis), die im Jahre 1960 durch ihn erstbeschrieben wurde. Hierbei handelt
es sich um eine Sammelbezeichnung für chronische plasmazelluläre Entzündungen an den
Grenzbereichen von Haut und Schleimhaut. Außerdem geht auf ihn die „Schuermannsche
Regel“ zurück, die das Auftreten von mehr als fünf Aphthen der Mundschleimhaut als
Indiz für einen Morbus Behçet beschreibt [10].
Arthur Leinbrock (1908 – 1991) trat im Jahre 1959 Schuermanns Nachfolge als Direktor der Würzburger
Hautklinik an [11]. Nach einem Studium an der Technischen Hochschule Dresden, die er als Diplomingenieur
verließ, studierte Leinbrock Medizin in Bonn, wo er auch seine Promotion im Juni 1942
abschloss und von 1938 bis 1943 Assistenzarzt am Hygieneinstitut war. Leinbrock war
zur Zeit des Zweiten Weltkrieges Mitglied der NSDAP und des NS-Dozentenbundes, engagierte
sich allerdings offenbar nicht über das für seine Universitätslaufbahn Erforderliche
hinaus in der Partei und wurde im Rahmen der Entnazifizierungsmaßnahmen im Jahre 1948
in die Kategorie V („Entlastete“) eingestuft [11]. Im Jahr 1951 wurde der seit dem 1. Oktober 1945 als Oberarzt an der Bonner Hautklinik
wirkende Leinbrock zum außerplanmäßigen Professor ernannt. Die Leitung der Würzburger
Hautklinik hatte Leinbrock über einen Zeitraum von 5 Jahren inne, bis er 1964 als
Ordinarius zurück nach Bonn wechselte [12]. Sein Hauptforschungsgebiet stellte v. a. die Morphologie von mikrobiologischen
Organismen und Proteinen dar, die Leinbrock u. a. mittels Elektrophorese analysierte
[11].
Der im Jahre 1920 in München geborene Helmut Röckl verpflichtete sich im Jahr 1939 als Soldat in einer Studentenkompanie, in welcher
er gleichzeitig Kriegsdienst ableisten und sein Medizinstudium absolvieren konnte.
Letzteres schloss er im Jahre 1945 in Innsbruck ab. Im gleichen Jahr wurde Röckl mit
einer Arbeit über den „Krebs an der Ohrmuschel“ promoviert. Zehn Jahre später schloss
er seine Habilitation mit einer Arbeit über das mikrobielle Ekzem an der Hautklinik
der Ludwigs-Maximilians-Universität (LMU) München ab, wo er wenig später zum Privatdozenten
ernannt wurde. Der Schwerpunkt seiner wissenschaftlichen Tätigkeit lag seit diesem
Zeitpunkt auf der Venerologie und auf bakteriellen Hauterkrankungen. V. a. setzte
Röckl sich intensiv mit Tuberkuloiden der Haut auseinander und verfasste wegweisende
Arbeiten über die Beziehung zwischen Infektionserregern und entzündlichen Dermatosen,
wodurch er die Mikrobiologie als festen Bestandteil der Dermatologie etablierte. Im
Jahre 1961 wurde Röckl zum außerplanmäßigen Professor an der LMU München berufen,
die er vier Jahre später zugunsten der Nachfolge von Arthur Leinbrock als Leiter der
Würzburger Hautklinik verließ.
In Würzburg war Röckl von seiner Berufung am 1. April 1965 bis zu seiner Emeritierung
im Jahr 1988 fast ein Vierteljahrhundert lang Direktor der Universitätsklinik für
Haut- und Geschlechtskrankheiten. In diesem Zeitraum vergrößerte Röckl die Klinik
in dem denkmalgeschützten Gebäude auf nahezu 200 Betten. Von 1969 – 1984 war Röckl
Ärztlicher Direktor und in den Jahren 1969 und 1970 gleichzeitig Dekan der Medizinischen
Fakultät der Universität Würzburg, wofür er den Bayerischen Verdienstorden erhielt.
Diese Auszeichnung soll er vor seinen Mitarbeitern mit den trockenen Worten „Nun darf
ich umsonst auf den bayerischen Seen Schifflein fahren“ kommentiert haben. Röckl war
von 1974 – 1985 Vorstandsmitglied der DDG und hielt in Würzburg Vorlesungen, in die
sich gerüchteweise auch Studierende vollkommen anderer Fachgebiete hereinschlichen,
um einmal seinen legendären Ausführungen beiwohnen zu können. Sein Zitat „Die Haut
vergisst keinen Sonnenstrahl“ ist heute sicherlich noch genauso aktuell wie zu Röckls
aktiven Würzburger Zeiten. Zeitgenossen charakterisieren Röckl als kauzigen Typen,
aber auch als disziplinierten Kliniker mit klarem Blick und Mut zur Auseinandersetzung,
für den der Patient immer im Zentrum des Handelns stand. Sein Führungsstil kann mit
den Schlagworten Disziplin, Stringenz und Kontinuität zusammengefasst werden. Bei
seinen Mitarbeitern legte er höchsten Wert auf klar durchdachte Diagnostik- und Therapieansätze
und gewährte ihnen Freiheiten in dem von ihm abgesteckten Rahmen. Helmut Röckl starb
am 6. April 2008, wenige Wochen nach seinem 88. Geburtstag [13].
Im Amt des Direktors der Universitätsklinik für Haut- und Geschlechtskrankheiten in
Würzburg folgte Günter Burg (*1941). Burg studierte in Bonn und Marburg Medizin und verbrachte das erste Jahr
seiner Facharztweiterbildung in Homburg/Saar, bevor er an die LMU München wechselte,
wo er den Großteil seiner Weiterbildung bei Otto Braun-Falco absolvierte. In München
habilitierte er sich im Jahre 1975 und wurde dort C3-Professor. 1988 erhielt Burg
den Ruf nach Würzburg, wo er von 1988 – 1991 tätig war. Im April 1989 wurde unter
Burgs Leitung die Gründungsversammlung der Würzburger Dermatologischen Gesellschaft
(WDG) abgehalten und im selben Monat fand die erste Tagung der WDG statt [14]. Hiermit etablierte Burg eine feste Institution; im November 2018 wurde in Würzburg
bereits das 56. Kolloquium der WDG abgehalten. Sein besonderes Interesse galt der
Dermatoonkologie und der Dermatohistopathologie, wobei die Erforschung kutaner Lymphome
mittels neuer Methoden wie der seinerzeit gerade eingeführten Immunhistologie im Vordergrund
stand. Burg war Präsident der International Society of Dermatopathology und der International League of Dermatopathology [15]. Auch heute, viele Jahre nach seiner Emeritierung, engagiert er sich international
für die studentische Lehre und Weiterbildung in der Dermatologie.
Zu Burgs Würzburger Zeiten wurden sowohl die Bibliothek der Klinik renoviert und ausgebaut
als auch ein Radionuklid-Labor eingerichtet. Des Weiteren begannen in diesen Jahren
die Planungsarbeiten für größere Umbaumaßnahmen, welche die folgenden Jahre der Würzburger
Hautklinik prägen sollten [14]. Nach nur 3 Jahren in Würzburg wurde Burg 1991 auf den dermatologischen Lehrstuhl
der Universität Zürich berufen. Ihm folgte nach einem einjährigen Interregnum die
erste Lehrstuhlinhaberin der Universität Würzburg.
Eva-Bettina Bröcker, geb. Vogel (*1946) studierte Medizin in Kiel und Leeds und schloss 1971 das Studium und ein
Jahr später ihre Promotion an der Universität Kiel ab. Von 1973 – 1975 verbrachte
sie eine immunologische Forschungszeit in Kiel und Basel, bevor sie ihre Facharztweiterbildung
zur Dermatologin an der Universitäts-Hautklinik Münster unter der Leitung von Egon
Macher begann [2]. 1984 habilitierte sich Bröcker für das Fach Dermatologie und Venerologie und wurde
2 Jahre später zur Professorin auf Zeit (C2) in Münster ernannt. 1991 wurde sie auf
den Lehrstuhl der Würzburger Hautklinik berufen, die sie über einen Zeitraum von fast
2 Jahrzehnten leitete.
An ihrem ersten Arbeitstag in Würzburg, dem 1. März 1992, schrieb Bröcker die Worte
„Qualität“ und „Zufriedenheit“ an die Hörsaaltafel. Ihr Ziel war es, beide Ansprüche
für Patienten und Mitarbeiter in Diagnostik und Therapie umzusetzen. Die Mitarbeiter
trafen bei ihrer „Chefin“ stets auf ein offenes Ohr und es herrschte ein harmonisches
Betriebsklima. Vielleicht ist dies einer der Gründe dafür, dass die Hautklinik zu
Bröckers Zeiten augenzwinkernd den Ruf eines Eheanbahnungsinstitutes genoss; nicht
weniger als 15 Ehen unter Mitarbeitern wurden geschlossen.
Bei Dienstantritt traf Bröcker auf eine überaus junge Ärzteschaft mit lediglich einer
anderen Fachärztin, Christa Lurz. Dies verstand sie aber auch als Vorteil, da sie
die individuellen Begabungen erkennen und nach Kräften zum Wohle der Patienten, der
Mitarbeiter und der Forschung unterstützen wollte. Hierbei lautete ihr Credo „fördern
und fordern“, und so mancher Assistent bekam dabei redensartlich „Zuckerbrot und Peitsche“
zu spüren. Die Früchte ihrer Arbeit sind u. a. daran abzulesen, dass aus Bröckers
Schule 18 Habilitationen und 12 Professuren hervorgingen, davon 7 Lehrstühle im In-
und Ausland.
Eva-Bettina Bröcker wird von ihren ehemaligen Mitarbeitern als energiegeladene, im
besten Sinne neugierige Meisterin des Multitasking beschrieben, die über ein überaus
detailliertes klinisches und histologisches Wissen mit immunologischem Hintergrund
verfügt [16]. Als erfolgreiche Wissenschaftlerin und Mutter von drei Töchtern lag Bröcker die
Förderung forschungsinteressierter Frauen besonders am Herzen. So habilitierten sich
zu Bröckers Zeiten 4 Frauen, 3 schlossen das MD/PhD-Programm der Würzburger Universität
erfolgreich ab.
Bröckers wissenschaftliches Arbeitsgebiet war die Dermatoonkologie, wobei die Tumorbiologie
und -immunologie des Melanoms den Schwerpunkt bildete. Sie etablierte gemeinsam mit
ihrem Oberarzt Jürgen Becker (heute Essen) eine interdisziplinäre, 2004 – 2011 von
der DFG geförderte klinische Forschergruppe, die zum Tumormikromilieu forschte. In
dieser Zeit wurde an der Würzburger Hautklinik das Hauttumorzentrum gegründet und
später in das neu gegründete Comprehensive Cancer Center (CCC) Mainfranken eingebettet.
Arbeitsgruppen der damaligen Oberärzte Boris Bastian (heute San Francisco), Thomas
Rünger (heute Boston), Detlef Zillikens (heute Lübeck), des leider früh verstorbenen
Martin Leverkus (später Direktor der Univ.-Klinik für Dermatologie Aachen), Reinhard
Gillitzer (heute Kempten), Eckhart Kämpgen (heute Berlin), Peter Friedl (heute Nijmegen/Utrecht/Houston),
Michael Schön (heute Göttingen), Enno Schmidt (heute Lübeck), Gerhard Weyandt (heute
Bayreuth), Axel Trautmann, Johannes Mayer, Annette Kolb-Mäurer und des aktuellen Würzburger
Lehrstuhlinhaber Matthias Goebeler forschten auf den Gebieten der dermatologischen
Onkologie, der Entzündung, Autoimmunität, Allergologie oder Infektiologie. In der
Histologie, der Immunhistologie und der molekularen Diagnostik arbeiteten die Pathologen
und Dermatologen Christian Rose (heute Lübeck) und Hermann Kneitz. In der pädiatrischen
Dermatologie und Dermatogenetik etablierte sich Henning Hamm als leitender Oberarzt,
der 1992 als Dermatochirurg Bröcker aus Münster nach Würzburg folgte und dort zum
C3-Professor berufen wurde.
Bröckers Leistungen fanden Niederschlag in zahlreichen Auszeichnungen, u. a. dem Bundesverdienstkreuzes
am Bande (1997) und dem Bayerischen Maximiliansorden (2001) [16]. Sie wirkte in vielen Gremien mit, so im Wissenschaftlich-Technischen Beirat der
Bayerischen Staatsregierung, in der European Organisation for Research and Treatment
of Cancer (EORTC), der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) und der Wilhelm-Sander-Stiftung,
im Universitätsrat Schleswig-Holstein und im Wissenschaftsrat. Sie wurde 2002 in die
Bayerische Akademie der Wissenschaften und in die Nationale Akademie der Naturforscher
Leopoldina aufgenommen. In den Gründungsjahren des Journals der Deutschen Dermatologischen
Gesellschaft (JDDG) war Bröcker gemeinsam mit Peter Fritsch (Innsbruck) Herausgeberin
[16]. In späteren Jahren nahm sie die Funktion der Ombudsperson der Medizinischen Fakultät
Würzburg und nach der Emeritierung den Vorsitz der Ethikkommission der Universität
wahr.
Matthias Goebeler (*1963) absolvierte sein Medizinstudium an der Westfälischen Wilhelms-Universität
Münster und wechselte nach mehrjähriger Tätigkeit am dortigen Institut für Experimentelle
Dermatologie im Jahr 1993 für die Weiterbildung zum Facharzt an die Würzburger Hautklinik.
Daran schlossen sich ab 1999 eine Oberarzttätigkeit und 2001 die Habilitation an.
Im Jahr 2004 nahm er den Ruf auf eine C3-Professur für Klinische und Molekulare Dermatologie
an der Medizinischen Fakultät Mannheim der Universität Heidelberg an und im Februar
2009 folgte er dem Ruf auf den Lehrstuhl für Dermatologie und Allergologie der Universität
Gießen. Im Oktober 2011 kehrte Goebeler an seine langjährige Ausbildungs- und Wirkungsstätte
zurück und trat die Nachfolge seiner ehemaligen Chefin als Direktor der Klinik und
Poliklinik für Dermatologie, Venerologie und Allergologie des Universitätsklinikums
Würzburg an. Goebeler betonte zu Dienstantritt, dass ihm die Ausbildung seiner jüngeren
Mitarbeiter und der Würzburger Medizinstudierenden in diesem visuell-morphologischen
Fach ein besonderes Anliegen sei. Dies bestätigte er u. a. durch die Publikation zweier
Lehrbücher. Das aktuellste, gemeinsam mit Henning Hamm herausgegebene und in Zusammenarbeit
mit 4 Würzburger Ärztinnen in den ersten Jahren ihrer dermatologischen Weiterbildung
verfasste Werk mit dem Titel „Basiswissen Dermatologie“ erschien im Jahr 2017 im Springer-Verlag
und zielt darauf ab, dermatologisches Grundwissen möglichst alltagstauglich zu vermitteln
[17]. Ein weiteres wichtiges Anliegen Goebelers ist die Förderung des wissenschaftlichen
Nachwuchses an der Medizinischen Fakultät, dem er sich als Sprecher des Interdisziplinären
Zentrums für Klinische Forschung (IZKF) und als Prodekan widmet. Schwerpunkte seines
wissenschaftlichen Interesses liegen auf den Gebieten der natürlichen Immunität, der
chronisch-entzündlichen und Autoimmunerkrankungen der Haut und der Kontaktallergie.
Die Klinik und Poliklinik für Dermatologie, Venerologie und Allergologie des Würzburger
Universitätsklinikums im Jahr 2019: klinische und wissenschaftliche Schwerpunkte
Das denkmalgeschützte Gebäude der Hautklinik, das zu Röckls Zeiten noch nahezu 200
stationäre Patienten beherbergte, die in großen Schlafsälen mit bis zu sieben Betten
untergebracht waren, wurde in den vergangenen 25 Jahren grundlegend modernisiert.
Die von ihrem Grundriss her nicht veränderbaren Krankenzimmer wurden bspw. in Ein-
bis Dreibettzimmer umgewandelt und mit Bädern versehen; die Stationen sowie der Operationstrakt
wurden vollständig saniert. Die letzte größere Baumaßnahme bestand in der Sanierung
des sog. Direktionstrakts (mit Hörsaal, Bibliothek, diagnostischen und Forschungslaboratorien);
hiermit konnte die Modernisierung des Bauwerks 2016 vorerst abgeschlossen werden.
Der aufwendige Umbau hat sich gelohnt: Nun entspricht das fast 100 Jahre alte, charmante
Gebäude auch im Inneren den Anforderungen einer modernen Klinik der Maximalversorgung,
die gleichzeitig – unter einem Dach – über alle für die Forschung und Lehre erforderlichen
Räumlichkeiten verfügt ([Abb. 7]).
Abb. 7 Eingangsbereich der Hautklinik nach abgeschlossener Sanierung 2016 (Foto: M. Goebeler).
Hatte die Würzburger Hautklinik 1992 bei Bröckers Dienstantritt noch 119 Betten, so
stehen jetzt im vollstationären Bereich 60 Betten und im teilstationären Bereich 10
Betten zur Verfügung. Die stationären Liegenzeiten haben sich seit Anfang der 1990er-Jahre
mehr als halbiert, die Zahl der stationär betreuten Patientinnen und Patienten im
Jahr 2018 hat sich hingegen auf knapp 2900 erhöht. Den aktuellen Erfordernissen Rechnung
tragend wurden in den letzten Jahren wichtige Schwerpunkte weiter ausgebaut: Vor dem
Hintergrund des demografischen Wandels und neuer therapeutischer Möglichkeiten wurde
bspw. der Ausbau der Dermatochirurgie und einer leistungsfähigen, interdisziplinär
vernetzten Tumortherapie vorangetrieben. Die Klinik ist sowohl nach DIN EN ISO 9001:2015
als auch nach KTQ zertifiziert.
2012 wurde das Allergiezentrum Mainfranken gegründet, welches die allergologische
Diagnostik, Therapie und Forschung am Universitätsklinikum Würzburg unter der Leitung
von Axel Trautmann und Johanna Stoevesandt koordiniert und unter einem Dach konzentriert.
Das große Spektrum an verschiedenen Allergiekrankheiten, die in diesem Zentrum diagnostiziert
und behandelt werden, kann dem Lehrbuch „Allergologie in Klinik und Praxis“ entnommen
werden, das Axel Trautmann zusammen mit Jörg Kleine-Tebbe (Berlin) verfasst hat [18]. Schwerpunkte der klinischen und wissenschaftlichen Tätigkeit sind die Bienen- und
Wespengiftallergie, die Allergen-Immuntherapie, anaphylaktische Reaktionen, das allergische
Kontaktekzem sowie allergische und nichtallergische Arzneimittelreaktionen.
Henning Hamm, der Stellvertreter des Klinikdirektors, hat einen weit über die Region
hinaus sichtbaren Fokus auf dem Gebiet der pädiatrischen Dermatologie. Neue interdisziplinäre
Schwerpunkte wurden zudem auf dem großen Feld der seltenen Erkrankungen gesetzt, bei
denen unter dem organisatorischen Dach des Würzburger Zentrums für Seltene Erkrankungen
(ZESE) sog. Typ-B-Zentren u. a. auf den Gebieten der blasenbildenden Autoimmundermatosen
und der Sarkoidose etabliert wurden.
Die diagnostischen Labore, zu denen eine große Dermatohistologie mit Einsendelabor,
ein autoimmunologisches Labor mit Schwerpunkt auf der Diagnostik von blasenbildenden
Autoimmunerkrankungen, ein serologisches Labor sowie die Mykologie gehören, wurden
neu strukturiert, DAkkS-akkreditiert und an das klinikumsweite Krankenhausinformationssystem
angebunden.
Zum 1. Februar 2017 trat Bastian Schilling, vormals Essen, eine W2-Professur für dermatologische
Onkologie an. Er betreut gemeinsam mit der Oberärztin Anja Gesierich die onkologischen
Patienten des zertifizierten Hautkrebszentrums. Die Oberärztinnen Dagmar Presser und
Ina Stolze leiten die Dermatochirurgie. Die Oberärzte Hermann Kneitz, Andreas Kerstan
und die Oberärztin Marion Wobser sind für die histopathologische und immunhistochemische
Diagnostik verantwortlich. Marion Wobser befasst sich überdies schwerpunktmäßig mit
dem Spektrum der kutanen Lymphome. Andreas Kerstan betreut die Tagesklinik, die ein
wichtiges Bindeglied zwischen stationärer und ambulanter Behandlung darstellt, und
leitet das Labor für spezielle allergologische Labordiagnostik. Auf dem Feld der chronisch-entzündlichen
Hauterkrankungen liegt in Würzburg ein besonderer Fokus auf der Psoriasis, mit welcher
sich Sandrine Benoit auseinandersetzt, und auf der Acne inversa, in deren Behandlung
sich die operative Oberärztin Dagmar Presser überregionale Anerkennung erarbeitet
hat. Sandrine Benoit befasst sich des Weiteren schwerpunktmäßig mit Autoimmunerkrankungen
der Haut und leitet gemeinsam mit ihrem Chef das Zentrum für blasenbildende Autoimmundermatosen.
Annette Kolb-Mäurer leitet die Serologie und die Mykologie der Hautklinik und hat
als Infektiologin besonderes Interesse an den übertragbaren Erkrankungen des Fachgebiets.
Vor dem Hintergrund der weiter zunehmenden Komplexität molekularer, zellbiologischer
und immunologischer Fragestellungen wurden zur Stärkung der dermatologischen Forschung
weitere naturwissenschaftliche Positionen eingerichtet und inzwischen verstetigt.
So bekleidet Marc Schmidt seit 2012 die neu geschaffene W2-Professur für molekulare
Dermatologie, die sich intrazellulären Signaltransduktionsmechanismen im Kontext von
Hauterkrankungen widmet. Die Biologen Roland Houben und David Schrama leiten das tumorbiologische
Forschungslabor, das sich insbesondere mit dem Merkelzellkarzinom befasst. Weitere
Laborforschungsgruppen beschäftigen sich mit dem Melanom (B. Schilling), den kutanen
Lymphomen (M. Wobser), den Mechanismen der Allergen-Immuntherapie (A. Kerstan, A.
Trautmann) und der Psoriasis (A. Kerstan, M. Goebeler). Unterstützung erfahren die
wissenschaftlichen Aktivitäten regelmäßig durch Sachbeihilfen der Deutschen Forschungsgemeinschaft
(DFG), der Deutschen Krebshilfe, der Wilhelm-Sander-Stiftung sowie durch intramurale
Mittel des IZKF der Medizinischen Fakultät. Forschungsinteressierte Ärztinnen und
Ärzte in Weiterbildung werden durch Rotations- und Clinician Scientist-Programme des
IZKF und des Würzburger Else-Kröner-Forschungskollegs für interdisziplinäre translationale
Immunologie unterstützt. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Hautklinik tragen jährlich
im Schnitt zu mehr als 60 wissenschaftlichen Publikationen bei, die auch in über das
Fachgebiet hinausgreifenden, hochrangigen Fachzeitschriften veröffentlicht werden.
Als Angehörige einer Universitätsklinik engagieren sich die Dozentinnen und Dozenten
in der curricularen Lehre für Studierende der Medizin, Zahnmedizin, Biomedizin sowie
verschiedener Master-Studiengänge und sind der Weiterbildung junger Ärztinnen und
Ärzte verpflichtet.
Als eine Institution in einer eher ländlich geprägten Region mit großem Einzugsgebiet
(mit mehr als 2 Millionen Menschen) ist es zentraler Anspruch der Klinikleitung, das
Spektrum der Dermatologie, Venerologie und Allergologie in seiner Gesamtbreite auf
höchstem Niveau zu vertreten, welches sich nicht zuletzt in der Vielfalt des Angebotes
an Spezialsprechstunden widerspiegelt. Die vertrauensvolle Zusammenarbeit mit niedergelassenen
Dermatologinnen und Dermatologen und anderen Fachdisziplinen ist uns dabei ein wichtiges
Anliegen. Unser Ziel ist es, eine patientenorientierte, von Menschlichkeit geprägte
Medizin anzubieten und zu leben, die sich am aktuellen Stand des medizinischen Wissens
orientiert. Als universitäre Einrichtung möchten wir auch in Zukunft dazu beitragen,
aus der Erforschung der Pathomechanismen dermatologischer, onkologischer und allergologischer
Krankheitsbilder neue Erkenntnisse für verbesserte Diagnose- und Therapiemöglichkeiten
zu gewinnen.
Exkurs: Die dermatologische Wachsmoulage
Bei Moulagen handelt es sich um farbige, dreidimensionale und lebensgroße Abformungen von Körperteilen
zur naturnahen Wiedergabe menschlicher, insbesondere dermatologischer Krankheitsbilder
[19]. Die dermatologische Wachsmoulage war vor der Etablierung der Farbfotografie ein
wichtiges Medium zur Dokumentation dermatologischer Hautbefunde und Unterrichtsmaterial
in der Ausbildung von Studierenden der Medizin, da durch die Dreidimensionalität ein
plastischer Eindruck mit einzigartigem didaktischem Effekt entsteht.
Um dieses wertvolle Lehrmittel nicht in Vergessenheit geraten zu lassen, sind in einigen
deutschen Hautkliniken weiterhin Moulagensammlungen vorhanden, so auch in Würzburg.
Hier umfasst die Sammlung an die 300 Exponate, die ein großes Spektrum dermatologischer
Erkrankungen zeigen und teils bemerkenswert gut erhalten sind, teils durch Alterungsprozesse
stärker beschädigt wurden [7].
Auf dem Trägerbrett jeder Moulage ist die jeweilige Diagnose vermerkt; die Terminologie
ist nach heutigem Wissensstand zwar teilweise überholt, wird aus medizinhistorischen
Gründen jedoch nicht verändert. Die meisten Würzburger Moulagen sind mittels Signatur
eindeutig einem Mouleur zuzuordnen. Das Herstellungsjahr ist nur auf wenigen Stücken
vermerkt, weshalb eine exakte Datierung oft nicht möglich ist. Einige Moulagen tragen
den Namenszug „Prof. Zieler“ und sind so den ersten Stunden der Würzburger Moulagensammlung
zuzuordnen. Überwiegend handelt es sich um Werke des berühmten Breslauer Mouleurs
Alfons Kröner, die mit 194 Objekten das größte Kontingent der Würzburger Sammlung
ausmachen. Diese Moulagen wurden im ersten Jahrzehnt des 20. Jahrhunderts angefertigt
und zeigen größtenteils syphilitische Hautveränderungen, wodurch die damalige Bedeutung
dieser Infektionskrankheit deutlich wird ([Abb. 8]). Da Kröner kein reines Bienenwachs verwendete, vergilbten diese Exponate leider
teils stark. Aus der Sammlung des Deutschen Hygiene-Museums in Dresden gelangten 7
Flachmoulagen nach Würzburg. Zwölf sehr gut erhaltene Exponate können dem Berliner
Mouleur Fritz Kolbow zugeordnet werden und wurden wahrscheinlich während des Zweiten
Weltkrieges im militärischen Unterricht verwendet. Achtzehn Modelle wurden von Otto
Vogelbacher als Duplikate der Sammlung der Universitäts-Hautklinik Freiburg angefertigt,
weitere 51 Moulagen stammen von Marcus Sommer, der betont feingearbeitete Darstellungen
anfertigte ([Abb. 9]) [7].
Abb. 8 Tuberoserpiginöses Syphilid, Moulage von Alfons Kröner aus der Sammlung der Würzburger
Hautklinik (Foto: G. A. Krämer).
Abb. 9 Neurofibromatose Typ 1, Moulage von Marcus Sommer aus der Sammlung der Würzburger
Hautklinik (Foto: G. A. Krämer).
Unter der Betreuung von Karen Nolte, heute Direktorin des Instituts für Geschichte
und Ethik der Medizin der Universität Heidelberg, Matthias Goebeler und Henning Hamm
wurde die Würzburger Moulagensammlung in den letzten Jahren aufwendig aufgearbeitet
und sortiert. Die Sammlung wurde im Jahr 2017 von der Mouleurin Johanna Lang aus München
fachgerecht trockengereinigt und etwa 60 Exponate wurden von ihr aus Mitteln der Medizinischen
Fakultät für die Lehre und auf Klinikkosten individuell restauriert [20]. Die Sammlung ist nun in eigens für die Exponate maßgefertigten, säurefreien Kartons
mit Lagerungs- und Ausstellungsfunktion in einem eigenen Raum untergebracht. Seit
Kurzem werden die Moulagen auch wieder im Rahmen von Studentenseminaren für Lehrzwecke
genutzt. So wird den Moulagen in Würzburg wieder die Wertschätzung entgegengebracht,
die ihnen aus kunst-, kultur- und medizinhistorischer Sicht zusteht.