Aktuelle Dermatologie 2019; 45(03): 128-132
DOI: 10.1055/a-0757-5089
Tagungsbericht
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Sitzung der AGDV und historische Poster auf der 26. Fortbildungswoche in München, Exkursion in das Deutsche Medizinhistorische Museum in Ingolstadt im Juli 2018

Meeting of the AGDV (German Society for the History of Dermatology and Venerology) and Poster Exhibition at the 26. Fortbildungswoche in Munich, Visit to the German Museum for the History of Medicine, Ingolstadt, June 2018
C. R. Löser
1   Hautklinik, Hauttumorzentrum, Klinikum Ludwigshafen
,
M. Lorenz
2   Dermatologische Gemeinschaftspraxis am Stadtpark, Kaiserslautern
› Author Affiliations
Further Information

Korrespondenzadresse

Dr. Christoph R. Löser
Hautklinik, Hauttumorzentrum
Klinikum Ludwigshafen
Bremserstr. 79
67063 Ludwigshafen

Publication History

Publication Date:
02 January 2019 (online)

 

Kongress und Exkursion

Das diesjährige Treffen von zahlreichen an der Medizingeschichte begeisterten Kollegen ([Abb. 1]) begann mit einer Ehrung. Prof. Johannes Ring ist der Arbeitsgemeinschaft seit den Gründungstagen zugetan und hat die Medizingeschichte mit eigenen Publikationen, nicht zuletzt zur Geschichte der Allergologie, bereichert. Jetzt wurde er mit der Ehrenmitgliedschaft der AGDV ausgezeichnet. In einer konzentrierten und kurzweiligen Laudatio von Prof. Gerd Plewig und den anschließenden Dankesworten von Professor Ring kam auch eine Anekdote aus der Historie der Fortbildungswoche zur Sprache. Die Rede war von einem Philologen und einflussreichen Mitglied der Akademie der Künste, den man auf Empfehlung des Jubilars damals eingeladen hatte, beim Gesellschaftsabend den Festvortrag zu halten. Leider hatte er die Aufnahmefähigkeit und Geduld der Dermatologen nach einem langen Kongresstag überschätzt, sodass Frau Professor Jablonska ihm schließlich das Mikrofon entwand. Der tief gekränkte Redner stürmte wutschnaubend aus der Versammlung, nicht ohne die Anwesenden als Banausen zu bezeichnen, sodass Prof. Braun-Falco als verantwortlicher Kongresspräsident um die von ihm angestrebte Aufnahme in die Akademie bangte. Letztlich sei aber alles gut gegangen, der Blamierte war nicht nachtragend, die Aufnahme in die Akademie kam zustande und Professor Ring als Empfehlungsgeber erlitt keinen Karriereknick. Was blieb war eine nette Anekdote. Derart aufgeheitert widmete sich die AGDV dem wissenschaftlichen Teil des Treffens mit mehreren freien Vorträgen ihrer Mitglieder. Eine Auswahl ist in den folgenden vier Beiträgen zusammenfassend dargestellt.

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Abb. 1 Dr. Christoph Löser (Präsident der AGDV) mit einigen Referenten: Prof. Plewig, Prof. Lutz, Dr. Mettenleiter, Dr. Wamser-Krasznai, Prof. Barth und Ehrenmitglied Prof. Ring (v. l. n. r.).

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Alopecia areata in der altägyptischen und persisch-arabischen Medizin

Gerhard Lutz, Bonn

Nach der Überlieferung wurde die Alopecia areata (A. a.) erstmals 400 Jahre v. Chr. definitiv durch Hippokrates beschrieben. Da jedoch vor der antiken griechischen Medizin noch andere Hochkulturen medizinisches Wissen kommunizierten, lag es nahe, in den medizinischen Papyri des alten Ägyptens nach Hinweisen zur A. a. zu suchen. Dabei ergab sich die Frage, inwieweit medizinisches Wissen zur A. a. aus dem alten Ägypten im Verlauf der Geschichte im persisch-arabischen Raum erhalten blieb oder durch die antike griechische Lehrmeinung ersetzt wurde. Was die medizinische Literatur der alten Ägypter betrifft, ist der Papyrus Ebers am relevantesten, da er der umfangreichste ist. Datiert wird er auf die Zeit des mittleren Reiches oder etwas früher. Neben Mitteln gegen das Grauwerden und für den Erhalt der Haare wird in diesem Papyrus explizit ein Rezept erwähnt, um die Haare eines Kahlkopfes wachsen zu lassen. Nach den wissenschaftlichen Studien von Ebbell zum Papyrus Ebers steht das im Ägyptischen als „n s´s´k“ (sprich nesesek) bezeichnete Krankheitsbild für die A. a. Die Annahme bezieht sich auf die Empfehlung, dass nur für „n s´s´k“ gebrannte Stacheln vom Stachelschwein zu verwenden sind, eine Rezeptur die auch Dioskurides für die Alopekia, die A. a., empfahl. Weitere Beweise sieht Ebbell auch in anderen Therapievorschlägen, die Substanzen beinhalten, die griechische Ärzte nur für die Alopekia empfahlen, und den Hinweis, dass ein gewisser Stoff aufgebracht werden soll, nachdem „n s´s´k“ geschnitten worden ist. Die Skarifikation der Kopfhaut mit anschließendem Aufbringen einer Substanz zur Reizung derselben ist nach wie vor eine Empfehlung bei der A. a., die sich bis heute in der naturheilkundlichen Therapie unterschiedlicher Kulturen findet. Recherchen zur der Frage, ob das Wissen der altägyptischen Medizin zur A. a. in der persisch-arabischen Medizin nach Christi Geburt erhalten blieb oder durch die Lehrmeinung der antiken griechischen Ärzte ersetzt wurde, führten zu folgendem Ergebnis. Sowohl die berühmten persischen Ärzte Ali Ibn Al Abbas und Ibn Sina als auch der berühmte arabische Arzt Jahja Ibn Sarafiun beziehen sich in ihren Schriften auf die Lehrmeinung des Hippokrates bzw. Galens. Da jedoch in der antiken griechischen Medizin zur Therapie der A. a. Substanzen empfohlen werden, die teilweise bereits im Papyrus Ebers erwähnt sind, ist davon auszugehen, dass Wissen aus der altägyptischen Medizin zur Therapie der A. a. in der antiken griechischen Medizin erhalten blieb.


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Die Krankheit und das Morbide im Werk von Thomas Mann

Waltraud Wamser-Krasznai, Gießen

Unter den vielen Pathografien Thomas Manns handelt nur eine einzige von einer Krebserkrankung (Die Betrogene, 1953). Häufiger beschäftigen den Autor Infektionskrankheiten. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts war die Tuberkulose noch eine tödliche Bedrohung (Buddenbrooks, 1901; Tristan, 1902; Der Zauberberg, 1924). Nebenschauplätze sind Typhus (Buddenbrooks) und Cholera (Der Tod in Venedig). Von der Syphilis, die ja bekanntlich ebenfalls durch eine Infektion in Gang gesetzt wird, ist Thomas Mann frühzeitig fasziniert, vornehmlich von ihrem vierten Stadium, der Tabes dorsalis (Tristan, 1902) und der Progressiven Paralyse (Doktor Faustus, 1947).

Das Morbide hingegen wandert etwa bei den Buddenbrooks als schleichendes Familienübel durch vier Generationen, bis es sich zerstörerisch ihrer beiden letzten Vertreter bemächtigt. Mit großem Geschick lässt der Schriftsteller seine Protagonisten stets an solchen Krankheiten leiden, die durch das Morbide in ihnen längst vorbereitet sind. Schon beim scheinbar Gesunden äußern sie sich in Form der früher sogenannten Neurasthenie, für deren Symptome wir in unserem heutigen Anglismen-Wahn die Bezeichnung „burnout“ favorisieren. Neben all diesen Szenarien von Krankheit und Kränklichkeit bewahrt sich Thomas Mann sein Vergnügen am Ironisieren.


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Emilie Lehmus, die erste promovierte Ärztin aus Deutschland

Gerd Plewig, München

Im 1874 berichtete die Kölner Zeitung „Fräulein Emilie Lehmus aus Fürth war die erste deutsche Frau, die in Zürich Medizin studierte und in der letzten Woche ihre letzte Examensprüfung mit der Note ausgezeichnet ablegte. Diese Benotung wurde bislang nur 6 männlichen Studenten innerhalb der letzten 10 Jahre gegeben“.

Dieser kurze Zeitungsartikel behandelt einen Wendepunkt der deutschen Hochschulpolitik. Zur damaligen Zeit wurden noch keine Studentinnen an deutsche Universitäten für das Fach Medizin zugelassen. Die Züricher Fakultät nahm sie jedoch auf. Mit Professor Johann Friedrich Horner (1831 – 1886), Lehrstuhlinhaber der Universitätsaugenklinik, fand sie einen fürsorglichen Mentor und konnte die von ihm betreute Inauguraldissertation mit der Note summa cum laude abschließen.

Die Erkrankung der Macula lutea bei progressiver Myopathie. Inaugural-Dissertation vorgelegt der hohen medicinischen Fakultät der Universität Zürich von Emilie Lehmus aus Fürth in Bayern.

Zürcher und Furer, Zürich 1875. 42 Seiten, 22,2 × 15 × 2 cm. Originalbroschur.

Provenienz: Bücherei des Ophthalmologen Dr. med. Carl Theodor Herzog in Bayern/Tegernsee. Bleistiftnotiz auf dem vorderen Einband 124 a.

Lehmus wurde am 30. 8. 1841 in Fürth geboren und starb am 17. 10. 1932 in Gräfenberg bei Forchheim. Nach ihrem Studium in der Schweiz war sie die erste Ärztin in Berlin. Ihr Vater war Pastor Friedrich Theodor Edmund Lehmus. Vor dem Medizinstudium absolvierte sie ein Lehrerseminar und besuchte eine Sprachschule in Paris. Ihre ärztliche Tätigkeit begann 1877, als sie mit ihrer Kommilitonin aus der Züricher Zeit, Dr. Franziska Tiburtius (1843 – 1927) eine „Poliklinik weiblicher Ärzte für Frauen und Kinder“, Alte Schönhauser Straße 23 in Berlin, eröffnete. Der Brauereimeister und Hausbesitzer Julius Bötzow stellte den Damen die Behandlungsräume kostenlos zur Verfügung. Im Jahr 1881 widmeten die Ärztinnen die Räumlichkeiten in eine „Pflegeanstalt für Frauen“ um, später als moderne chirurgische Klinik geführt, mit dem Ziel, junge Ärztinnen auszubilden und Fortbildungsveranstaltungen abzuhalten. Im Jahr 1900 ging sie in den Ruhestand, nachdem sie eine schwere Influenza-Pneumonie überwunden hatte. 1908 wurde die „Vereinigung weiblicher Ärztinnen“ begründet, die Lehmus mit 16 000 Reichsmark unterstützte. Anschließend lebte sie für einige Jahre in München und nach dem 1. Weltkrieg in Gräfenberg bei Erlangen. Ihre Grabstätte ist auf dem Fürther Stadtfriedhof, Erlanger Straße 97.

Am 16.  Juni 2006 wurde eine Erinnerungstafel für Emilie Lehmus und Franziska Tiburtius am Haus in der Schönhauser Straße 23/24 angebracht „Für Frauen und Kinder 10 Pfenninge, für Mittellose Medikamente kostenlos“.


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Alice Naegele-Nördlinger (1890 – 1961) – Dermatologin in Stuttgart und Fürsorgeärztin in New York. Ein Emigrantenschicksal

Andreas Mettenleiter, Würzburg

Die jüdische Dermatologin Alice Nägele, Gattin des seinerzeit bekannten Malers und Grafikers Reinhold Nägele (1884 – 1974), war gesellschaftlich gut integriert und sozial engagiert, bevor sie 1933 durch den Entzug der Kassenzulassung und 1938 den Verlust der Approbation ihre Lebensgrundlage verlor. Kurz vor Kriegsbeginn gelang ihr mit ihrem Ehemann, der, da er eine Scheidung der „Mischehe“ ablehnte, als Künstler geächtet war, und den drei Söhnen die Flucht in die USA: Hier gab es für die Familie anfangs kaum Verdienstmöglichkeiten. Erst nach Erwerb des US-Staatsexamens 1949 konnte Alice Naegele zunächst als Ärztin eines Heims für europäische Flüchtlingskinder und später als Schulärztin in der Bronx/New York arbeiten, wo sie 1961 als US-Bürgerin starb. Ihre ebenfalls jüdische Cousine Lilli Jahn (1900 – 1944), die einen Arztkollegen geheiratet hatte, der dem gesellschaftlichen Druck nicht standhielt und sich von ihr trennte, wurde dagegen 1943 deportiert und 1944 nach Auschwitz verbracht, wo sie umkam. Die erschütternden Briefe aus den Lagern an ihre Kinder wurden vor einigen Jahren in Buchform veröffentlicht.

Der Lebensweg Alice Naegele-Nördlingers ist verhältnismäßig gut dokumentiert und wurde im Vortrag unter Verwendung weiterer Quellen geschildert.


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Posterausstellung

Den Vorträgen schloss sich eine Mitgliederversammlung an mit Ausblick auf die Aktivitäten der AGDV zur 50. Tagung der Deutschen Dermatologischen Gesellschaft in Berlin am 31.  April 2019. Erstmals wird die Veranstaltung bereits am Vortag des Kongresses in der Kaiserin-Friedrich-Stiftung stattfinden, um Überschneidungen mit den Treffen anderer Arbeitsgemeinschaften auszuschließen. Geplant ist außerdem die Enthüllung einer Gedenktafel in der Charité zur Erinnerung an die Opfer unter den jüdischen Dermatologen während des Dritten Reiches.

Nach dem Ende der Sitzung folgte noch die Begehung der Posterausstellung. Diese fand auf der Fortbildungswoche bereits zum zweiten Mal statt und war so Vorreiter einer jetzt erstmalig auch zu anderen dermatologischen Themen durchgeführten Posterausstellung. Während letztere in Form von sog. ePostern präsentiert wurde, war die historische Posterausstellung ganz klassisch mit Din-A0-Ausdrucken auf Stellwänden zu betrachten. Insgesamt wurden 6 Poster angenommen, die 3 hier erstgenannten wurden darüber hinaus mit Posterpreisen der AGDV ausgezeichnet ([Abb. 2]).

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Abb. 2 Dr. Andreas Mettenleiter (Posterjury), Dr. Christian Lechner (Innsbruck, 2. Posterpreis), Beatrice Zahn (Bonn, 1. Posterpreis), Dr. Martin Lorenz (Sekretär der AGDV), Dr. Christoph Löser (Präsident der AGDV) (v. l. n. r.).

Zur Gründung der Innsbrucker Hautklinik und ihrer Moulagensammlung

Christian Lechner, Matthias Schmuth, Innsbruck

Kaiser Franz Joseph genehmigte mit Beschluss vom 26. 09. 1873 die Errichtung einer eigenständigen „Klinik für Syphilis und Dermatologie“ und ernannte den Billroth-Schüler und Chirurgen Eduard Lang (1841 – 1916) zum außerordentlichen Professor und Klinikvorstand.

Langs Nachfolger wurde der Hebra-Schüler Adolf Jarisch (1850 – 1902). Am 20. 12. 1887 zum Extraordinarius ernannt, wechselte Jarisch jedoch 1892 an die Grazer Universität. Ihm folgte in Innsbruck Wladimir von Lukasiewicz (1860 – 1924) als Klinikvorstand nach. Unter seiner Ägide übersiedelte die Syphilitisch-dermatologische Klinik 1894 in das heutige Gebäude.

Johann Heinrich Rille (1864 – 1956) folgte dem 1898 in seine Heimatstadt Lemberg berufenen Lukasiewicz nach und blieb bis zu seiner eigenen Berufung nach Leipzig 1902 in Innsbruck.

Die Innsbrucker Moulagen stammen aus den Jahren 1894 – 1912. Sie tragen die leicht lesbare Unterschrift des in Wien tätigen „Dr. Henning“ mitsamt dem Entstehungsjahr. Von der sicherlich ursprünglich größeren Innsbrucker Lehrsammlung sind heute nur mehr 65 Moulagen, befestigt an 58 Brettern, in zwei Kästen im Besprechungszimmer des Vorstandbereichs untergebracht. Als schützenswertes historisches Lehrmittel wurden diese Moulagen rezent inventarisiert und eine erfahrene Moulagenrestauratorin wurde mit der Begutachtung und der evtl. Konservierung beauftragt.


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Der 1. Weltkrieg und die Haut − Fallbeispiele der Bonner Moulagensammlung

Béatrice Zahn, Jana Ziob, Thomas Bieber, Bonn

Dauer des 1. Weltkrieges: 28. 7. 1914 – 11. 11. 1918; Gründung der Bonner Moulagensammlung: 1910 in der Theaterstraße 5, Bonn Innenstadt; Anzahl der Objekte: 1004 Objekte. Davon wurden ca. 300 im 1. Weltkrieg gefertigt; Sammlungsort während des Krieges: Hautklinik, Theaterstraße 5; Schäden durch den 1. Weltkrieg an der Sammlung: keine; am weitesten verbreitete Hauterkrankung: Syphilis. Aufgrund des Krieges als „Franzosenkrankheit“ benannt. Moulage Nr. 314 zeigt das erste Stadium der Erkrankung.

Selbstverletzungen entstehen durch Kratzen, Scheuern, Reiben, Anwendung von chemischen Substanzen oder sogar Gegenständen. Bezeichnend ist, dass die Hautschädigung im Verborgenen erfolgt. In der Moulagensammlung finden sich Objekte, wie z. B. Nr. 517, die Selbstverletzungen von Soldaten zeigen. Auffällig ist, dass die Diagnoseschilder eine Wertung der behandelnden Ärzte dokumentieren. So steht bei Nr. 517 „Selbstverletzung bei einem Soldaten (geständig!)“.

Moulage Nr. 329 zeigt die Verätzung einer Hand eines Geschossfabrikarbeiters mit Pikrinsäure. Pikrinsäure ist ein leuchtend gelbes Kristall, das lange zur Gelbfärbung von Seide verwendet wurde. Pikrinsäure führt bei raschem Erhitzen oder Zündung zur Detonation, weshalb es ab 1886 als Geschoss-Füllmittel verwendet wurde.

Erich Hoffmann veröffentlichte mit dem Kollegen Habermann 1918 einen Artikel über „Arzneiliche und gewerbliche Dermatosen durch Kriegsersatzmittel (Vaseline Schmieröl) und eigenartige Melanodermatitiden“ in der Deutschen medizinischen Wochenschrift. Die Moulage Nr. 561 zeigt dieses Krankheitsbild.


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Die Hautklinik in Dortmund im Wandel der Zeit − eine 129-jährige Geschichte

Nora Schlecht, Svea Hüning, Ulrike Beiteke, Dortmund

Die Gründung der dermatologischen Abteilung der Städtischen Klinik Dortmund fällt in eine Zeit enormer wirtschaftlicher und demografischer Entwicklungen im Ruhrgebiet, geprägt von Bergbau und Schwerindustrie. Erster Chefarzt der dermatologischen Klinik war Professor Johannes Fabry. 1889 wurde er aus der Königlichen Klinik für Haut- und Geschlechtskrankheiten in Bonn an das Dortmunder Klinikum berufen. Im Jahre 1927 übergibt er die Leitung an Professor Birnbaum, der nach 6 Jahren die Leitung der Städtischen Hautklinik in Nürnberg übernimmt, da dort der Chefarzt Professor Nathan wegen seines Judentums entlassen worden war. Der Oberarzt Dr. Fleischmann übernimmt in den Jahren 1933 – 1945 die Klinikleitung. 1945 – 1955 führt Dr. Bergmann die Klinik. Mit Professor Carrié folgt ein Chefarzt, der die Klinik zu einem modernen Krankenhaus ausbaut und die Erforschung der Hautphysiologie und der Allergologie vorantreibt. Sein Nachfolger, Professor Tronnier, führt in den Jahren 1972 – 1986 die Klinik im Zeichen seiner engagierten Vorgänger weiter. Durch ihn entsteht eine enge Kooperation mit der Universität Witten-Herdecke, wobei er das gemeinsame Institut für experimentelle Dermatologie auch nach dem Ausscheiden aus der Klinik leitet. Im Jahre 1990 übernimmt mit Prof. Frosch ein sehr an internationaler Zusammenarbeit und wissenschaftlicher Forschung interessierter Chefarzt die Klinik. Mit Professor Nashan übernimmt 2011 die erste Frau die Leitung der Hautklinik. Durch den demografischen Wandel des Ruhrgebiets und das wachsende Durchschnittsalter der Bevölkerung entwickeln sich neben der Berufsdermatologie und der breit aufgestellten dermatologischen Versorgung die Dermatochirurgie und Dermatoonkologie als zunehmende Schwerpunkte.


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Moulagensammlung der Universitätshautklinik Bonn

Béatrice Zahn, Thomas Bieber, Bonn

Erich Hoffmann, Entdecker des Syphiliserregers, wurde 1910 von Halle nach Bonn berufen und gründete hier, inspiriert durch andere Sammlungen, seine eigene Moulagensammlung. Die Herstellung der Objekte bezahlte er aus privaten Mitteln bis zu seiner Zwangsemeritierung durch die Nationalsozialisten 1934. Sein Nachfolger Otto Grütz ließ nur wenige Objekte anfertigen. Die Sammlung überlebte die Bombardements des 2. Weltkrieges im Keller der Hautklinik unter strenger Bewachung des Klinikfotografen Michael Delfosse. 1953 wurde die Klinik auf dem Venusberg wieder eröffnet und die Sammlung erhielt einen eigenen Raum. Sie geriet dann bis in die 80er-Jahre in Vergessenheit. Nach aufwendigen Restaurierungen und der Erstellung eines Depots wird sie seit 2016 wieder in der Lehre eingesetzt.


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A Historical Review of Adamantiades-Behçet’s Disease

Christos C. Zouboulis, Dessau

Behçet was aware of the publication of Adamantiades and included it in his references. In 1941, Jensen from Denmark, being aware of Behçet’s work but not of the one of Adamantiades, first used the term “Behçet’s syndrome” to describe a patient with the triple symptom complex and ulcerous haemorrhagic colitis and established the pathergy test as a diagnostic criterium. In 1944, Berlin and Ephraim described simultaneously the disorder in necropsy material of a patient from Tel Aviv and in a patient from Haifa, both referred to the important work of Jensen and used the name of Behçet in the titles of their publications. In 1946, Feigenbaum and Kornblüth first used the term “Behçet’s disease” and considered it as a manifestation of a chronic septic condition connected with a constitutional disorder in their description of 4 additional patients from Jerusalem. However, it was Ollendorff-Curth, former vice chair of the Department of Dermatology, Virchow Hospital in Berlin (Prof. Buschke), and immigrant to the United States knowing the work of Behçet since having met Behçet in Berlin, who made the term “Behçet’s syndrome” popular by two publications which reported on two American patients. By reading the second publication of Ollendorff Curth it becomes obvious that she had gone through the publications of Jensen, Berlin and Ephraim (which were written in English) but she did not have detailed knowledge of Adamantiades’ work (written in French), although she included the latter in her references. Later, many authors, who got access to the work of both authors, added the name of Adamantiades to the one of Behçet.

The term Adamantiades-Behçet’s disease honours both first describers of the disease in modern times and has, therefore, been used for naming this disorder in current editions of major ophthalmological (Foster CS, Vitale AT. Diagnosis and Treatment of Uveitis, Jaypee Brothers, 2013) and dermatological (Goldsmith LA et al. Fitzpatrick’s Dermatology in General Medicine. McGraw Hill, 2012; Griffiths C et al. Rookʼs Textbook of Dermatology. John Wiley & Sons, 2016) books.


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75 Jahre Dessauer Hautklinik: Geschichte und Gegenwart

Christos C. Zouboulis, Hans-Dieter Göring, Klaus Holzegel, Dessau

Die Geschichte der 75-jährigen Dessauer Hautklinik ist eng mit dem Schicksal der Stadt Dessau verbunden, wobei das Krankenhauswesen in der Hauptstadt von Anhalt im 18. Jahrhundert begann. Von 1766 – 1770 wurde ein „Zucht- und Armenkrankenhaus“ erbaut und eingerichtet. 100 Jahre später wurde 1872 das Kreiskrankenhaus eröffnet, dem 1887 ein Erweiterungsbau folgte. Seit dem 1. 5. 1935 gab es in Dessau die Städtischen Krankenanstalten, in denen auch eine Abteilung für weibliche Prostituierte mit 18 Betten und eine Abteilung für Krätzekranke mit 4 Betten existierte. Während des 2. Weltkrieges kam es 1942 in Dessau zur Einrichtung von zwei Baracken für Hautkranke, die von einem Assistenten der Inneren Abteilung betreut wurden. Im Jahr 2017, 75 Jahre nach ihrer Gründung, erhielt die Dessauer Klinik ihre universitäre Taufe und wurde zur Hochschulklinik der Medizinischen Hochschule Brandenburg Theodor Fontane gekürt.


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Am nächsten Abend waren alle Mitglieder und Interessierten auf eine Exkursion der AGDV in das Deutsche Medizinhistorische Museum in Ingolstadt eingeladen ([Abb. 3]). Nach Stehempfang und Begrüßung durch die Direktorin des Museums, Frau Prof. Marion Ruisinger, erwartete die Teilnehmer nicht nur ein Besuch der Sonderausstellung der Deutschen Röntgengesellschaft (DRG) und der Deutschen Gesellschaft für Radioonkologie (DEGRO) zum Thema Radiologie im Nationalsozialismus, sondern auch der Kontakt zu einigen Moulagen mit dermatologischem Bezug und ein seltener Blick hinter die Kulissen des Museumsbetriebs. Unter den Moulagen waren auch seltene Darstellungen von Säuglingsstühlen, deren Kenntnis wichtige diagnostische Hinweise geben konnte. Faszinierend war auch der Aspekt, dass die Moulagen nicht nur Krankheiten darstellen, sondern aufgrund Alterung und Lagerungsmängeln häufig selbst „krank“ werden und einer Therapie in Form von Restauration oder präventiver Konservierung bedürfen. Interessanterweise handelt es sich noch um ein vergleichsweise junges Museum im historischen Gebäude der „Alten Anatomie“ mit liebevoll gepflegtem Arzneipflanzengarten. Während der Haupttrakt gerade renoviert und neu konzipiert wird, erstreckte sich die Führung v. a. über den modernen Erweiterungsbau. Es gibt noch viel zu sehen und so plant die AGDV zur Wiedereröffnung 2020 einen erneuten Besuch.

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Abb. 3 Gruppenbild in Ingolstadt mit Prof. Ruisinger (1. Reihe, 3. von rechts).

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Interessenkonflikt

Die Autoren geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht.


Korrespondenzadresse

Dr. Christoph R. Löser
Hautklinik, Hauttumorzentrum
Klinikum Ludwigshafen
Bremserstr. 79
67063 Ludwigshafen


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Abb. 1 Dr. Christoph Löser (Präsident der AGDV) mit einigen Referenten: Prof. Plewig, Prof. Lutz, Dr. Mettenleiter, Dr. Wamser-Krasznai, Prof. Barth und Ehrenmitglied Prof. Ring (v. l. n. r.).
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Abb. 2 Dr. Andreas Mettenleiter (Posterjury), Dr. Christian Lechner (Innsbruck, 2. Posterpreis), Beatrice Zahn (Bonn, 1. Posterpreis), Dr. Martin Lorenz (Sekretär der AGDV), Dr. Christoph Löser (Präsident der AGDV) (v. l. n. r.).
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Abb. 3 Gruppenbild in Ingolstadt mit Prof. Ruisinger (1. Reihe, 3. von rechts).