Schlüsselwörter
regionale Versorgung - zahnärztliche Versorgung - Versorgung im ländlichen Raum -
Professionsforschung
Key words
regional health care - dental health care - health care in rural areas - research
on professions
Einleitung
Im allgemeinmedizinischen Sektor ist ein seit Jahren anhaltender Versorgungsengpass
zu beobachten, v. a. in ländlichen Regionen wird über einen Ärztemangel geklagt [1].
Der Sachverständigenrat zur Begutachtung der Entwicklung im Gesundheitswesen stellte
in seinem Gutachten von 2014 „zunehmende Schieflagen zwischen Ballungsgebieten und
der Fläche“ für die Versorgungssituation fest [2]. Dabei liegt kein absoluter Ärztemangel vor, doch die vorhandenen Ärztinnen und
Ärzte verteilen sich zu ungünstig über die Fläche, als dass überall wohnortnah eine
optimale Versorgung gewährleitet werden kann [3]. Zudem wandert eine nicht unerhebliche Zahl von ausgebildeten Ärztinnen und Ärzten
in versorgungsferne Berufe oder dauerhaft ins Ausland ab [1]
[4]
[5].
Vor dem Hintergrund des Versorgungsengpasses im allgemeinmedizinischen Sektor stellt
sich die Frage, ob im zahnärztlichen Sektor eine ähnliche Entwicklung zu erwarten
ist. Einerseits scheinen sowohl ein absoluter als auch ein relativer Zahnärztemangel
zunächst nicht zu befürchten zu sein, neben der kontinuierlich steigenden Zahl der
aktiv tätigen Zahnärztinnen und -ärzte steigt auch die Zahnarztdichte [6]
[7]. Auch in einer Studie mit Zahnmedizinstudierenden ergaben sich keine Hinweise darauf,
dass eine zahnärztliche Unterversorgung zu erwarten ist [8]. Für alle Regionen Deutschlands und auch sowohl für den eher ländlichen als auch
den städtischen Raum gaben die Studierenden an, sich dort zukünftig eine Tätigkeit
vorstellen zu können. Andererseits steigt das Durchschnittsalter aktiv tätiger Zahnärztinnen
und -ärzte landesweit kontinuierlich an. Zurzeit fallen in Ostdeutschland bereits
knapp die Hälfte aller Niedergelassenen in die Altersgruppe der 50- bis 60- Jährigen
[6].
Um langfristig einschätzen zu können, ob weiterhin flächendeckend ausreichend zahnärztlicher
Nachwuchs zur Sicherstellung der Versorgung vorhanden sein wird, kann ein Blick auf
die beruflichen Pläne junger Zahnärztinnen und -ärzte und ihre Vorstellungen bezüglich
des Tätigkeitsorts hilfreich sein. Erste Befragungen von Zahnmedizinstudierenden [8] konnten zunächst nur Aussagen zu weitläufig gefassten Regionen treffen, wurden inzwischen
jedoch weitergeführt, so dass Angaben von berufstätigen Zahnärztinnen und -ärzten
auf kleinräumigerer Ebene vorliegen. Von diesen jungen Zahnärztinnen und -ärzten präferierte
Tätigkeitsorte und ihre Verteilung auf Stadt und Land wurden in der vorliegenden Studie
untersucht.
Methodik
Studiendesign
In der longitudinalen deutschlandweiten Studie „Y-Dent: Berufsbild angehender und
junger Zahnärzte“ werden junge Zahnärztinnen und -ärzte über drei Befragungswellen
hinweg zum Ende ihres Studiums sowie in den ersten Berufsjahren befragt.
Setting
Die erste Erhebung (Welle 1) erfolgte im Winter 2014/15. Eine ausführliche Beschreibung
der Methodik findet sich unter [9].
Die zweite Erhebung (Welle 2) erfolgte im Frühjahr 2017 als Online-Befragung. Sie
gliederte sich in 31 Fragen zu den Themengebieten „Berufsbild“, „Berufswege“ und „Arbeitsbedingungen
und -belastungen“ sowie soziodemografische Fragen.
Auf die Frage nach der präferierten „Region“ waren die 17 Kammerbereiche/Bereiche
der Kassenzahnärztlichen Vereinigungen (KZV) in Deutschland als Antwortmöglichkeiten
vorgegeben. Diese 17 Bereiche wurden im Rahmen der Auswertung zu vier Regionen gruppiert:
-
Norden: Bremen, Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachen, Schleswig-Holstein;
-
Osten: Berlin, Brandenburg, Sachsen, Sachsen-Anhalt, Thüringen;
-
Süden: Baden-Württemberg, Bayern;
-
Westen: Hessen, Nordrhein, Rheinland-Pfalz, Saarland, Westfalen-Lippe.
Die untersuchten Ortsklassengrößen orientierten sich an der Einteilung des Bundesamtes
für Bau- und Raumordnung [10]:
-
Landgemeinde (unter 5000 Einwohner);
-
kleine Kleinstadt (5000 bis unter 10000 Einwohner);
-
größere Kleinstadt (10000 bis unter 20000 Einwohner);
-
kleinere Mittelstadt (20000 bis unter 50000 Einwohner);
-
größere Mittelstadt (50000 bis unter 100000 Einwohner);
-
kleinere Großstadt (100000 bis unter 500000 Einwohner);
-
große Großstadt (500000 Einwohner und mehr).
Bei den Angaben zur Beschäftigungsregion und zur Ortsklassengröße war eine beliebige
Anzahl von Mehrfachantworten zugelassen. Der Fragebogen kann bei den Autoren angefordert
werden.
Die dritte Befragung (Welle 3) ist für das Frühjahr 2019 geplant.
Studienteilnehmer
Die Studie war konzipiert als Vollerhebung unter allen 1972 Studierenden der Zahn-,
Mund-, Kieferheilkunde im 9. und 10. Semester (WS 2014/15) in Deutschland. Von den
1367 Teilnehmenden der Welle 1 erhielten diejenigen 1220 Studienteilnehmenden per
Mail je einen Link zur Teilnahme an der Onlinebefragung in Welle 2, die ihr Einverständnis
zur Wiederbefragung gegeben hatten. Die longitudinale Zuordnung der Antworten der
Studienteilnehmenden wurde mithilfe eines persönlichen Codes gewährleistet.
Studienendpunkte
Primärer Studienendpunkt war (1) die Abbildung der gewünschten dauerhaften Tätigkeitsregion.
Als sekundäre Endpunkte wurden untersucht, (2) welche Ortsklassengröße junge Zahnärzte
und Zahnärztinnen für ihre zukünftige Tätigkeit präferierten und (3) inwiefern die
Heimatregion mit der gewünschten Tätigkeitsregion zusammenhing.
Statistische Methoden
Durchgeführt wurde die Auswertung mit IBM SPSS Statistics Version 22 am IDZ, ausgewählte
Fragen wurden einer deskriptiven univariaten Analyse unterzogen. Als Signifikanzgrenze
wurde p<0,05 gewählt.
Ergebnisse
Charakterisierung der Studienteilnehmenden
Von den 1220 angeschriebenen ehemaligen Zahnmedizinstudierenden beteiligten sich 625
(51,2%) an der Befragungswelle 2. In der vorliegenden Publikation wurden ausschließlich
die Antworten der 599 Teilnehmenden einbezogen, die alle für die Auswertung notwendigen
Angaben gemacht hatten. Eine soziodemografische Übersicht bietet [Tab. 1].
Tab. 1 Charakterisierung der Studienteilnehmenden zum Zeitpunkt der Befragungswelle 2.
|
gesamt
|
weiblich
|
männlich
|
Geschlecht
|
n=599
|
70,8%
|
29,2%
|
Alter (MW in Jahren)
|
27,5
|
27,3
|
28,1
|
Beschäftigungsform*
|
Vorbereitungsassistenz
|
n=508
|
85,1%
|
84,5%
|
Weiterbildungsassistenz
|
n=43
|
6,6%
|
8,6%
|
Sonstiges, Entlastungsassistenz, Angestellt, Auszeit, Studium
|
n=95
|
15,6%
|
16,6%
|
Bisherige Dauer der Beschäftigung als „Vorbereitungsassistenz“ (MW in Monaten)
|
11,1
|
10,5
|
12,7
|
Herkunftsregion
|
Norden
|
n=88
|
18,0%
|
16,0%
|
Osten
|
n=129
|
19,3%
|
17,7%
|
Süden
|
n=169
|
29,1%
|
26,3%
|
Westen
|
n=191
|
29,8%
|
37,2%
|
Ausland
|
n=21
|
3,8%
|
2,9%
|
* Mehrfachantworten möglich
(1) Präferierte Beschäftigungsregion
Die bei jungen Zahnärztinnen und -ärzten beliebtesten zukünftigen Beschäftigungsregionen
lagen in Süddeutschland. Während sich in den großflächigen nordwestlichen Kammer-/KZV-Bereichen
Nordrhein, Westfalen-Lippe und Niedersachsen sowie in Hamburg noch mindestens jede/-r
Siebte eine Tätigkeit vorstellen konnte, wurden andere, kleinflächige sowie bevölkerungsärmere
Bereiche von weniger als jeder oder jedem Zehnten als Tätigkeitsregion in Betracht
gezogen ([Abb. 1]).
Abb. 1 Wie viele junge Zahnärzte/-innen können sich ihre zukünftige Berufstätigkeit im jeweiligen
Kammer-/KZV-Bereich vorstellen? Anzahl der Nennungen je Region (Anteil der Nennungen
einer Region an der Gesamtzahl der Befragten. Mehrfachnennungen möglich, daher Summe
größer als 100%) .
Etwa ein Drittel (35,1%) nannte nur einen in Frage kommenden Bereich, etwa ein weiteres
Drittel (29,3%) gab hier genau 2 Bereiche an. Nur 4,7% (n=27) der Befragten waren
bereit, in einem beliebigen Kammer- oder KVZ-Bereich dauerhaft tätig zu werden.
Den Wunsch, dauerhaft ins Ausland zu gehen, äußerten 1,8% der Teilnehmenden. Eine
Tätigkeit in versorgungsfernen Berufen konnten sich 1,6% vorstellen.
(2) Präferierte Ortsklassengrößen
Als zukünftige Tätigkeitsräume kamen für die jungen Zahnärztinnen und -ärzte v. a.
kleinere Großstädte sowie größere Mittelstädte in Frage. Dem gesamten mittelstädtischen
Raum wurde der Vorzug gegenüber Groß- und Kleinstädten gegeben. Dennoch konnte sich
jede/-r vierte bis fünfte Studienteilnehmende vorstellen, auch im ländlicheren Raum
dauerhaft tätig zu sein. Der Anteil derjenigen, die sich durch nur eine Nennung auf
eine Ortsklassengröße festgelegt hatten, überstieg in keinem Fall den Anteil der Wohnbevölkerung,
die sich in 2015 auf die entsprechende Ortsklassengröße verteilte [10] ([Abb. 2]).
Abb. 2 Anzahl der Nennungen je präferierter Ortsklassengröße durch junge Zahnärzte/-innen
und Verteilung der Wohnbevölkerung auf die Ortsklassengrößen.
Mehr als die Hälfte der Studienteilnehmenden (53,1%) gab maximal 2 von 7 möglichen
Ortsgrößen als präferierten Arbeitsraum an. 3,0% war die Ortsgröße gleichgültig.
(3) Abhängigkeit der Präferenz von der Heimatregion
Mindestens die Hälfte der jungen Zahnärztinnen und Zahnärzte aus je einem Kammer-/KZV-Bereich
gab an, sich zukünftig auch dort wieder eine Tätigkeit vorstellen zu können. Die überregionale
Mobilität war wenig ausgeprägt, in Frage kamen neben der Heimatregion alternativ oft
nur benachbarte Kammer- und KZV-Bereiche ([Abb. 3]).
Abb. 3 Prozentuale Häufigkeiten der Teilnehmer/-innen, die sich vorstellen können, zukünftig
in ihrem Heimatbundesland tätig zu werden. Pfeile markieren Bekundungen, in anderen
Regionen tätig zu werden, von≥25% der Teilnehmenden aus der jeweiligen Heimatregion
heraus.
Diskussion
Beliebte Kammer-/KZV-Bereiche bei jungen Zahnärztinnen und -ärzten für eine dauerhafte
Tätigkeit liegen v. a. im Süden und im Westen Deutschlands. Ostdeutsche sowie kleinflächigere
Bundesländer werden seltener als mögliche Beschäftigungsregion genannt. Etwa die Hälfte
der Teilnehmenden kann sich vorstellen, im mittelstädtischen Raum zu arbeiten, doch
auch ländliche Gebiete kommen für einen Teil der Befragten in Betracht. Die Mehrheit
kann sich vorstellen, in der Heimatregion tätig zu werden.
Die aktuellen Bekundungen der Studienteilnehmenden zeigen, dass für jeden Kammer-
und KZV-Bereich potenziell interessierter zahnärztlicher Nachwuchs vorhanden ist.
Das Interesse für die nordöstlich gelegenen Bereiche ist dabei geringer als bspw.
für die süddeutschen Bereiche. Doch verringert sich in östlichen Bereichen zugleich
die Wohnbevölkerung: Trotz geringer zahnärztlicher Zugänge stieg die Zahnarztdichte
auch dort in den letzten Jahren [7].
Zu beachten ist, dass die Daten sich auf die Ebene der gesamten Kammer/KZV beziehen
und nicht auf kleinere Bezirke übertragbar sind. Darüber hinaus gaben einige Teilnehmende
mehrere in Frage kommende Kammern/KZVen an, werden sich jedoch bei ihrer späteren
Tätigkeit nur für eine der Regionen, oder eventuell sogar eine ganz andere, entscheiden.
Dennoch kann davon ausgegangen werden, dass bis zu 97% aller ausgebildeten Zahnärztinnen
und -ärzte auch in der Versorgung in Deutschland ankommen.
Im Vergleich dazu können sich mehr als ein Drittel der Medizinstudierenden bereits
vor dem Einstieg in die Praxis eine versorgungsferne Tätigkeit grundsätzlich vorstellen.
Eine Tätigkeit im Ausland planen etwa 5% der Medizinstudierenden definitiv und sie
ist für nahezu die Hälfte eine attraktive Option [11]. Die Beliebtheit der Regionen in Deutschland unterscheidet sich dagegen zwischen
jungen Zahnärztinnen und -ärzten und Medizinstudierenden kaum: Von beiden wird der
Süden, Nordrhein-Westfalen sowie Hamburg präferiert. Eine Tätigkeit im Osten wiederum
können sich etwa 20% der Medizinstudierenden vorstellen, ähnliche Bekundungen waren
auch von den Teilnehmenden der vorliegenden Studie zwei Jahre zuvor gemacht worden,
als sie im Studium waren [8].
Der Wunsch sehr vieler junger Zahnärztinnen und -ärzte ist, in kleineren Groß- sowie
größeren Mittelstädten tätig zu werden. Die Verteilung der angegebenen möglichen Tätigkeitsräume
entspricht somit in Teilen nicht der Verteilung der Wohnbevölkerung [10]. Die jungen Zahnärztinnen und -ärzte sind frei in der Ortswahl, denn seit 2007 die
Zulassungsbeschränkung für Zahnärztinnen und -ärzte aufgehoben wurde (§103 Abs. 8
SGB V), ist die Niederlassung auch in ausreichend versorgten Gebieten möglich und
kein Ausweichen auf weniger gut versorgte Gebiete notwendig.
Betrachtet man nur die Angaben derjenigen Teilnehmenden, bei denen durch eine Einfachnennung
bereits eine eindeutige Präferenz vorliegt, kann zunächst für keine Ortsklassengröße
von einer ausreichenden zahnärztlichen Versorgung ausgegangen werden. Ob es dadurch
mittelfristig zu einer zahnärztlichen Unterversorgung bspw. im ländlichen Raum kommt,
ist aus den vorliegenden Daten jedoch nicht ableitbar: Würden alle Teilnehmenden,
die bekundet haben, in ländlicheren Regionen tätig zu werden, dies auch realisieren,
würde es dort anteilsmäßig sogar zu einer Überversorgung kommen.
Während das Interesse der Teilnehmenden am ländlichen Raum im Studienverlauf steigt
(vgl. [8]), scheint im Vergleich der ländliche Raum für Mediziner wesentlich unattraktiver
zu sein: Bei einer Studie unter Medizinstudierenden schwankte die Attraktivität einzelner
Räume in Rheinland-Pfalz zwischen 23% im sehr ländlich geprägten Raum und 77% im stärker
urbanisierten Raum [12]. Medizinstudierende streben oft eine Tätigkeit in Großstädten an [13], etwa ein Drittel kann sich definitiv keine Tätigkeit in kleineren Kleinstädten
oder Landgemeinden vorstellen [11]. Und auch für nicht einmal jeden zehnten Arzt und jede zehnte Ärztin käme eine Tätigkeit
auf dem Land infrage [14], wobei diejenigen, die in einer ländlichen Region aufgewachsen sind, sich noch eher
vorstellen können, aufs Land zu gehen [15].
Die Beliebtheit der Herkunftsregion als zukünftiger Arbeitsstandort hat sich mit dem
Berufseinstieg kaum geändert, schon in der ersten Befragungswelle wurde diese von
den Zahnmedizinstudierenden mehrheitlich präferiert [8]. Auch bei Medizinstudierenden ist eine „Heimatorientierung“ erkennbar. Je über 70%
der Befragten gaben in einer 2014 durchgeführten Studie an, in der Heimatregion und
auch im Heimatbundesland arbeiten zu wollen, wenn doch außerhalb, dann in benachbarten
Regionen [11].
Die Mobilität der jungen Zahnärztinnen und -ärzte hat nach dem Berufseinstieg abgenommen
und beschränkt sich auf klar umrissene Regionencluster. Damit könnte sich die Rekrutierung
zahnärztlichen Nachwuchses aus weiter entfernten Regionen gerade für weniger beliebte
Standorte als schwierig erweisen. Erfolgversprechender wäre voraussichtlich die gezielte
Ansprache von Zahnärztinnen und -ärzten, die einen Bezug zu der Region haben. Neben
dem Heimatbezug sind jungen (Zahn-)Ärztinnen und -ärzten andere Faktoren, wie ein
familienfreundliches Umfeld und eine Arbeitsstelle für den Lebenspartner, wichtig;
beides wünschen sich besonders diejenigen, die eine Niederlassung auf dem Land in
Erwägung ziehen [15]
[16]. Doch konnte bisher allein die Existenz von Maßnahmen zur Verbesserung der Vereinbarkeit
keine nachweisbare Verbesserung der Gesundheitsversorgung im ländlichen Raum erwirken
[17]. Kenntnisse über die Wirksamkeit von Maßnahmen zur Attraktivitätssteigerung der
(zahn-)ärztlichen Tätigkeit als sogenannter „Land(zahn)arzt“ könnte eine zielgerichtete
Rekrutierung ermöglichen [18].
Eine Stärke der Studie ist die longitudinale Konzipierung als Vollerhebung, ein Gesamtjahrgang
wird über verschiedene berufliche Phasen hinweg begleitet. Bei der Interpretation
der Daten ist jedoch zu beachten, dass es sich bisher um bekundetes Verhalten handelt.
Durch die Möglichkeit, Mehrfachantworten zu geben, wird eine präzise Vorhersage erschwert.
Andererseits wurde so kein Antwortverhalten „erzwungen“, welches die Realität nur
teilweise widerspiegelt. Für welchen Standort sich die Studienteilnehmenden im Laufe
ihres Berufslebens schließlich entscheiden werden, bleibt zu beobachten, ist aber
durch das longitudinale Studiendesign grundsätzlich möglich.
Die in der Studie geäußerten Präferenzen zum zukünftigen Tätigkeitsstandort sind als
„Seismograf“ hilfreich: Die Daten können einen ersten Ansatzpunkt liefern, in welche
Richtung sich die Verteilung der Zahnärztinnen und -ärzte auf Tätigkeitsräume und
-regionen entwickeln kann. Vorhersagen auf Planungsbereichsebene sind nicht möglich,
hierfür wird auf das Projekt „Zahnärztlicher Versorgungsatlas 2030“ [19] verwiesen, welches zurzeit im Institut der Deutschen Zahnärzte (IDZ) durchgeführt
wird. Um die Frage nach dem Sicherstellungsauftrag beantworten zu können, ist die
Betrachtung auch der Bedarfsseite vonnöten. Die beruflichen Entscheidungen junger
Zahnärztinnen und -ärzte werden in einer dritten Befragungswelle weiter beobachtet,
um zukünftig Entscheidungsprozesse zur Standortwahl noch besser nachvollziehen zu
können.
Ein Versorgungsengpass, der dem im ärztlichen Bereich gleichkommt, ist nach den Bekundungen
des zahnärztlichen Nachwuchses zunächst nicht zu befürchten: Grundsätzlich ist ein
Teil von ihnen gewillt, auch in weniger stark bevölkerten Regionen und Ortsgrößen
tätig zu werden. Die jungen Zahnärztinnen und -ärzte an die entsprechenden Orte zu
binden, ist eine Herausforderung an die Zahnärzteschaft und Kommunen gleichermaßen.